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Nummer 1 — 25. Jahrgang r-nal wöch. Bezugspreis: silr Januar 8.— -4l cinschl. Bestellgelo. Anzeigenpreise: Die Igesp. Prtitzeile 89L. Stellengesuche L9 .Z. Die Petttreklomezelle. 89 Milli« meler breit. 1 Osfertengedühren für Selbstabholer 20 L. bei Uebersenbung durch die Post außerdem Portozuschlag. Einzel-Nr. 10 L, Sonntags-Nr. 15 L. Geschäftlicher Teil: Tockes Fohmann. Dresden. SMsWe Freitag, 1. Januar 1926 ung v. Schaoeneriatz. Für undeutl. u. d. Fern« ruf übermitt. Anzeigen übernehmen wir keine Per« antivortung. Unverlangt eingefandt« u. m. Rückporto nicht versehen« Manuskripte werd. nicht aufbewahrt Sprechstunde d. Redaktion 5 bis S Uhr nachmittag»' Hauptschriftleil.: Dr. Joseph Albert. Dresden. volMLÄmg Leitlenkaus »vl »elmsiß,,' ksllmai-kl 8 0 »eliieeilsli »lilliediteSer »smto o er«. ttcsch<ift>ftklle, Lrurk und Berta» > Saroiiia- t-ttckidrucker-i GmbH-, DreSdcu-A. lS, Holbelnstrntze<6. .vernr»! 3272S. Postscheckkonto Dresden I47Ü7 i-nnkkonlo: Bnsscnqc 8 psrt«sckie, Dresden. Für christliche Polilik und Kuliur Redaktion der «Schslschen VolkSrettuna Dresden, klltst. 16, Holbelnstratze tv, Fernrnt Ü272L und SNM. Die Kochwasser-Kalastrophe Der Rhein noch immer im Steigen — Ein Aeberfluten -es Bo-ensees zu befürchten — Auch die Donaulün-er tn Gefahr — Parlamentartfche Kitfsaktion Jahreswende '-.re Neujahrsnacht hat eine sonderbare Gewalt über die Menschen. Irgendwie geschieht es, daß alle von einem ungewöhnlich starken Lebenswillen erfaßt werden, daß sie in einer Form sich geben, die man sonst durchaus nicht an ihnen beobachten kann. Gewiß ist diese Kund gebung des Lebens so überaus verschieden, und während die einen im Kreise der Familie in gehobener Harmonie und Liebe des Stundenschlages warten, ergehen sich an dere in ungebändigter Lust, um auch dem winzigen Rest des verklingenden Jahres noch den Freudenbecher zu reichen Und dann in jenem Augenblick des zwölften Glockenschlages: die einen tief in sich und in das Leben ihrer Jahre hineinversenkt, nur äußerlich den Gang der Uhr vernehmend, die anderen auf Straßen und auf öf fentlichen Plätzen mit ungeheurem Lärm die Mitternacht begrüßend. So sehr diele Nacht allen Menschen zunächst als ein reines Naturereignis erscheint, so fühlen sie doch allzu deutlich einen Zusammenhang mit ihrem eigenen Leben. Und es gibt in der Tat kaum einen Augenblick im gan zen Verlauf des Jahres, der uns eindringlicher daran mahnen könnte, daß wir Teile jener großen Ord nung sind, die wir Weltsystem nennen. Die Natur hat ihre ganz bestimmte Richtung, ihre Grenzen, ihre Ausgeglichenheiten. Streng nach dem Gesetz der Har monie erfüllt das Einzelne den Dienst am Ganzen. Es gibt kein Hin und Her, kein führerloses Irren in Raum und Zeit, und nicht allein die Sterne des Himmels, oder die Golfflut des Meeres oder jene unermeßlichen Ströme der Luft, die über die Ebene wie über den Ozean in glei chem Rhythmus sich bewegen, haben ihr Ziel und ihre ausgeprägte Stetigkeit — auch das winzigste Kraut um Wege steht immer wieder gerade und himmelwärts ge richtet, wenn der Sturm es an die Erde schlug. Und die ganze Natur wäre ein elendes Werk, wenn nicht das einzelne Ding an seinem Platze stände, und diese einzelnen Dinge schließlich alle ineinanderklän- gen. Wenn nicht das Brausen der Meere sich vereinte mit dem Gesang der Winde, oder in dem winzigen Tropfen des Taues am Morgen nicht das ganze Bild der Sonne lägei Um die Gesamtheit aller dieser Dinge kreist die Zeit, sie bringt die vier Gezeiten und schließt in einer Winternacht das Jahr. In dieses Weltsystem sind alle Menschen ein geschlossen. Und wer in der Silvesternacht nur eine Mi nute lang den Blick durch das geöffnete Fenster in die Ferne richtet — in die sternenvolle Welt — wird jene schauervolle Ahnung haben, daß auch er selbst nichts anderes soll und kann, als das Gesetz der Ordnung ganz erfüllen. Gleichzeitig aber wird ihn das Gefühl des Schauers fast erdrücken, wenn er bedenkt, daß innerhalb dieser Ordnung gerade er — der Mensch der Trä ger der Vernunft, des freien Willens, jenes Gesetz in höchstem Mas; vollenden soll. Zwischen zwei Jahre gestellt, in die Mitte der Nacht hinein findet er sein We sen zurück. Seine Persönlichkeit! Dieses Wort Persönlichkeit wird so oft in die De batte geworfen. Wir wollen seinen Sinn kurz folgender maßen umschreiben: Der Mensch muß als Einzel wesen etwas bedeuten. Nichts ist für unsere Zeit beschämender als die Tat sache, daß der größte Teil der Menschen — auch der „kultiviertesten" — nur Herdenmenschen sind. Sehen wir uns um in der Welt und wir werden lange suchen müssen, bis uns ein Charakter, eine in sich geschlossene Persönlichkeit begegnet. Nur selten, auf ganz verborgenen Wegen, zuweilen auch inmitten des brausenden Lebens, treten sie uns gegenüber. Aber die anderen? Eine große blutleere Masse, hin- und herge worfen von jeder Sensation. Immer nach anderen htn- ibersehend, ob diese nicht die Verantwortung ür die Dinge tragen. Immer nach neuer Mode greifend, a nicht die Saison versäumend, damit man Gelegenheit rat, mit dem Mantel der Aeußerlichkeit das leere, blöde Innere zu verdecken. Es fährt sich so gut und ohne An strengung im Strom« der Zeit, man braucht keine Hin dernisse zu überwinden, man braucht sich niemand ent- aegenzustellen, weil man ja keine Meinung besitzt und keine Prinzipien zu verteidigen hat. Und es ist um so leichter, auf diesem Wege zu gehen, weil man ja kaum zu fürchten braucht, daß irgend jemand käme und einem die Maske herunterrisse. Man findet aber gleichzeitig Muße und Zeit, die Ordnung der Welt zu krttisieren und die berühmte These aufzustellen, daß man alles viel besser könne. Dafür sorgt ja auch der gutmütige demokratische Staat, daß niemand ein Haar gekrümmt und zur Raison erzogen wird, der lieber aus dem Hinterhalt des Lebens seine Pfeile schleudert, an statt zu tun wie etwa jene dummen Minister, die — weil sie Persönlichkeiten waren — sich über den Hau fen schießen ließen. Wir sind heute so weit, daß man ruhig die Behaup tung aufstellen kann: wer nicht in den Augen der Welt Der Eiffelturm stark beschädigt Paris, 31. Dezember. Die Nein« Antenne des Eisel- turmes ist gestern abend wieder znsammengebrochen. Die große Antenne ist ebenfalls stark beschädigt »nv droht gleichfalls einznstiirzen. Der Funkverkehr des Eifelturmes ist unterbrochen. Durch das Steigen der Flüsse infolge der starken Regenfälle verursachten Ucberschwemmunge» nehmen zu. Aus ganz Frankreich werden neue große Ueberschwem- mungen gemeldet. Die Seine steigt sehr stark, so daß auch für Paris Hochwassergefahr droht. Amsterdam, 31.'Dezember. Die Maas hat bereits mehrere Dörfer völlig überschwemmt, so daß verschiedene Truppenteile zur Hilfeleistung eingesetzt werden mußten. Amsterdam, 31. Dezember. Der „Nieuwe Notterdamsche Courant" meldet aus Brüssel: Das Hochwasser hat auf dem bel gischen Lauf der Maas katastrophalen Umfang an genommen. Bereits am Dienstag stand die Maas bei Iambes auf 3,50 Meter über dem gewöhnlichen Stand. In Dl na nt stehen viele Straßen unter Wasser. Alle kleinen Inseln in der Maas find verschwunden. In Huy, Andenne, Ampsin, Plomale und Kinkenpois ist der angerichtete Hochwasserschaden sehr groß. Auch aus vielen Tellen Hollands wird Hochwasser gemel det. Alle tiefer gelegenen Gebiete sind große Strecken weit mit Wasser überflutet, da-, meist bis an die vereinzelten Gehöfte heranrekhi. London, den 39. Dezember. Die Blätter berichten über furchtbare Stürme im Atlantischen Ozean. Außer dem Dampfer „Coronado", der. wie bereits gemeldet, gestern drahtlose Not signale gesandt hat, wird auch das Schwesternschiff des „Coro nado", „Casanaro" vermißt. In der Nähe von Beachyhead stran dete ein Schiss. dessen Mannschaft von der Küstenwache gerettet wurde. Ueber London fielen innerhalb einer Stunde 11 Mil lionen Tonnen Regen. Die Schneeschmelze in benAlpen München. 80. Dezember. Dos Hochwasser der Donau hat auf der Strecke von Regensburg bis Passau katastro phale Ausmaße angenommen. In Regensburg wurden vormittags 8 Uhr 355 Zentimeter gemessen. Aus allen Teilen Bayerns laufen Nachrichten von großen Ueberschwemmungen ein. So hat die Donau bei Regensburg weite Strecken unter Wasser gesetzt. Talabwärts gleichen die Wiesen und Felder riesigen Seen. Der reißende Strom führ» Holz und anderes mit sich. Rott und Inn sind zu reihenden Strömen geworden. In Neu haus wurden bereits die Häuser geräumt. Der fortwährend« Rogen und die Schneeschmelze in den Bergen haben ein starkes Steigen des Bodensees verursacht. Ein Ueberufertreten des Sees ist zu befürchten. — Heute liegt die Grenze der Schnee- schiiielze im Gebirge über 2599 Meter. Selbst die Zugspitze hatte am Mittwoch eine abnorm hohe Temperatur. An, Dienstag stand dort das Thermometer noch auf minus 8,4 Gr. Heute hat es fast v Grad erreicht. In den meiste,, Orten in den bayerischen Bergen wurden am Mittwoch durchschnittlich 13 Grad Wärme verzeichnet. Budapest, 31. Dezember. Die Regierung Plant eine sofortige Einb«n«fnng der Nationalversammlung, nm die Hochwasserschäden zu besprechen. Die Katastrophe wird als ein großes nationales Unglück bezeichnet. Die Presse tveift daraiuf hin, daß sie nur deshalb so gros; ge worden sei, weil der Frtedensvertrag von Triano» Un garn diese ungünstigen Grenzlinien gegeben habe. st Köln, den 31. Dezember. fDrahtbericht.) Der Rhein steigt stündlich noch um vier Zentimeter, nachdem er bereits am Vor abend den Stand von 8,25 Metern überschritten hatte. Auch von Koblenz wird stetiges Steige» des Masters gemel det. Ebenso ist die Mosel in beängstigender Weis« gestiegen. Größere Teile der Stadt Trier bis zum Stadttnneren sind vom Wasser überflutet. Das ganz« Trierer Becken gleicht einem großen See, der den Verkehr nach auswärts vollständig unter bindet. Gestern abend ging in der Umgegend von Saarbrücken zwischen 9 und 19 Uhr eln starker Wolkenbruch nieder, der Beu rig-Saarbrücke» und Obermoselbahnhos-Wvnerschingen vollstän- — in den Augen der sog. Allgemeinheit — ein Sonder ling ist, ist ein unpersönlicher, ein charakterloser Mensch. Oder sind das schon Persönlichkeiten, die irgendwo in der Gesellschaft, oder bei entsprechender Gelegenheit das nachgesttkulieren, was der „Lebensart des Tages" ent spricht? Oder jene, die auf den Stühlen der Gelehrsam keit dazu verurteilt sind, ihren ganzen dürftigen Vorrat des Geistes in magischem Lichte den Hörern zu bieten. Oder^schließltch auch jene allzu vielen, die in Fabriken und Werkstätten nie eine eigene Meinung haben und lie ber irgendeinem „Verbände" zuliebe oder gar aus Furcht ^vor den anderen" ihre besten Gefühle verletzen lassen. Solange jemand nicht den Bannkreis des heutigen Lebens big unter Wasser setzte. Infolge der von den Bergen abströmen den Wassermenge wurde» teilweise die Bahngeleise durch die Schlamm - und Erdmassen überschüttet, so daß der Verkehr zeitweise nur eingleisig aufrechterhalten werden konnte. Auch auf der Strecke Frankfurt a. M.—Köln zwischen Lautersdorf und Neuwied wird der Betrieb infolge des Hoch wassers nur eingleisig durchgesührt. Köln, 31. Dezember. In Düsseldorf hat das Hoch wasser Teile der im Vau befindlichen Gesolei-Ausstellungsgebäude überflutet. In Duisburg mußten die Schleusentore im Parallelhafen geschlossen werden. Am Marientor werden Not schleusen gebaut, da man damit rechnet, daß der Fluß über die Ufer tritt. Von den Anlagen der Rheinallee ragen nur noch die Baumkronen aus dem Wasser. Der Hafen Hamborn-Alsum ist vollständig überschwemmt. Auch von den Nebenflüssen liegen Meldungen über stark steigendes Wasser infolge anhaltender Niederschläge vor. So betrug in Frankfurt am Main der Pegelstand des Mai» heute 4,25 Meter gegen 3.80 gestern. Im Innern des Frankfurter Altstadtgebietes ist das Wasser bereits über die Ufer getreten und hat in den tiefer gelegenen Straßen um den Dom die Keller mit Wasser überschwemmt. Zur Aufrechterhallung des Verkehrs sind auf der Frankfurter Straße hölzerne Nolstege geschlagen worden. Aus der Strecke Hanau—Bebra mußte der Bahnhof Wertheim wegen des Hochwassers gesperrt werden. Bon den Nebenflüssen des Main lwt die Nidda und die Kinzig ihren Höchststand erreicht. Die Niederungen sind weithin über schwemmt. Das Hochwasser der Wupper ist in den letzte» S.unoci, so gestiegen, daß die von Elberfeld nach Barmen führende Haupt verkehrsstraße an vielen Stellen unter Wasser steht. I», oberen Sauerland ist durch die anhaltenden Niederschläge der letz ten Tage der Schnee auch in den höchstgelegenen Berggipfeln geschmolzen, wodurch ein erhebliches Steigen der Ruhr verursacht wurde. Hagen, 31. Dezember. Das Hochwasser derBol m e nimmt immer bedrohlichere Formen a». Obwohl der bis herige höchste Wasserstand vom Jahre 1890 bereits erheblich überschritten ist, steigt das Wasser infolge des anhaltenden strö menden Regens stündlich um mehrere Zentimeter. Einige Brük- ken in der Stadt Herden schon von den Fluten überspült und sind stark gefährdet. In Hage» stehe» die Häuser zu beiden Seiten der Volme bereits zu einem große» Teil unter Wasser. In den Spätnachmittagsstuiidcn drang das Wasser in die beiden Tunnels -es Hauptbahnhofes ein. Für de» Fall, daß das Was ser der Volme in dem bisherigen Tempo weiter steigt, besteht ernste Gefahr, daß morgen der gesamte Eisenbahnverkehr von Hagen nach Esse», Dortmund, Schwerte und Altona zum Erliegen kommt. Der Fernsprechverkehr von Hagen nach dem Industrie gebiet ist gestört, da die meisten Fernsprcchkabel unlcr Wasser liegen und unbrauchbar geworden sind Das Elbskromgebie- Dresden, 31. Dezember. (Drohtbericht WSL.) Nachdem am heutigen Vormittag die Elbe einen Pegelstand von 2,20 Meter über Null erreicht hat. ist für morgen mit einem Pcgelstand von 2,65 Meter über Null und weiterem langsamen Steigen der Elbe zu rechne». Prag, 31. Dezember. In Prag betrug gestern früh die Temperatur 13 Grad Celsius. Die dauernden Regen güsse bewirkten ein beständiges Steigen der böhmischen Flüsse, besonders der Moldau. Durch den Eisgang wurde ein Sandkahn ohne Bemannung die Moldau herabgctricbcn, prallte gegen einen Brückenpfeiler und wurde von den nachfolgenden Eismassen zertrümmert. Leipzig, 31. Dezember. Aus Jena wird gemeldet: Im Flußgebiet Jena —Eamburg ist die Saale teilweise aus dem Flußbett herausgetretei, und überflutet dort die Wiesen und Straßen. In Eamburg selbst ist das Hochwasser bereits in die Straßen des unteren Stadtteils gedrungen. In Rudolstadt, ivo man gestern das Fallen des Wassers erwartete, trat das Gegen teil ein. Die städtischen Anlagen sind überschwemmt. Die Werra bildet zwischen Bache und Mehla einen riesigen See, so daß der Sirvßenboh,werkehr teilweise unterbunden ist. Dabei singt das Wasser nach den letzten Berichten zusehends. Die vom Thürin ger Wald zum Mai» führenden Waldslüsse haben säst durchweg ihren Höchststand erreicht und führen dem Obermaiir riesige Wassermengen zu. durchbricht und sich zum Verächter der Meinung des großen Haufens, der protzen Gesellschaft, der großen Reklame macht, ist er nichts weiter als jener Harlekin, der ehedem in der „guten alten Zeit" zum Ergötzen jener, die selbst nicht klüger waren als er, seine Possen trieb. Die Vergangenheit hat leider große Fehler in der Heranbildung der Persönlichkeit begangen. Uns wur den falsche Bilder schon in der Schule vorgezau bert. die niemals würdig waren, erstrebt zu werden. An statt uns auf die Kräfte hinzulenken, die in uns selbst gelegen sind, wurde uns der Glanz und die Pracht irgendeines geschichtlichen Ereignisses vorge- gaukelt. Wir bekamen viel von Prinzen und Prinzes-