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Schönburger Tageblatt Aeschetm iüg ich «tt «uSnayme v?r Tagc nach Sonn- und Festtagen. Innahlne von Inseraten für die nächster» scheinende Numm-. b" nachmittags 2 Uhr. lb» XbonnementSpreiS beträgt vierteljähr lich 1 Rk. SS Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Tinges. 20 Pf. SUtedition. Waldenburg, Obergasse 2S1e. —— und Waldenburger Anzeiger. MMM für den Stadttch M WaldtubNg. Filialen: In Sltstadtwaldcnbnrg bei Herrn Kaufmann Otto FSrster; in Penig bei Herrn Kaufmann Rob. Härtiq, Mandelgasss; in Rochsburg bei Herrn Paul Zehl; in Lunzenau bei Hrn, Buchhändler E. Dietze; in Wechselburg bei Herrn Schmied Webei; in Lichtenstein b. Hrn. Buchh. I. Wehrmann. —— Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenstein-Calluberg Md in dm Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirkc: Ntstadt-Waldenburg, BrLunSdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen« lvtba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Obergräfenhain, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und Ziegelheim. HL9. Donnerstag, den 11. Juli 1888. Witterungsanssichten für den 11. Juli: Meist heiteres und trockenes Wetter, zeitweise bewölkt. Temperatur fortdauernd sehr warm. Barometerstand am 10. Juli, nachmittags 3 Uhr: 760 mm. Gefallen. "Waldenburg, 10. Juli 188^. Die allgemeine Politik eines Staates, so hat die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" jüngst in einem allgemein bemerkten Artikel erklärt, entscheide die Frage, ob Krieg oder Frieden, nicht aber militärische Kreise oder eine sogenannte Militärpartei. Und dann ist das Organ des Reichskanzlers noch einen Schritt weiter gegangen und hat den Satz ausgesprochen, daß auch der Krieg selbst nicht allein nach militärischen, sondern mehr noch nach diplomatischen und allgemeinen politi schen Rücksichten zu führen sei. Diese Ausführungen entsprechen ganz unzweifelhaft der Ueberzeugung des Reichskanzlers, der es eigentlich in der neueren Zeit erst gewesen ist, welcher dic>em Grundsatz Geltung verschafft hat. Früher war der Spruch gang und gäbe, von der Feder, die verderben könnte, was das Schwert errungen; Fürst Bismarck hat die „Feder" zu Ehren gebracht und gezeigt, daß das Schwert allein nicht der ausschlaggebende Moment ist. Es wird spä ter erst bekannt werden in seinen Einzelheiten, welche heftigen Kämpfe 1866 zwischen der damaligen stram men Militärpartei und der weitausschauenden allge meinen Politik des preußischen Ministerpräsidenten Grafen Bismarck stattgefunden haben; in Schloß Nikolsburg war man dermaßen an einander gerathen, daß Graf Bismarck seinen Unmuth unverhohlen Luft machte. Endlich gelang es ihm ja bekanntlich, seine Pläne durchzusetzen. 1870/71 waren die Verhältnisse weit einfacher. Der damalige Bundeskanzler warf jeden Wiederstand nieder, und Kriegsführung und all gemeine Politik gingen im Großen und Ganzen durch aus friedlich neben einander her. Diese Verschiedenheit der Auffassung ist es unstreitig, welche die beiden größten Heerführer aus der neusten Zeit unterscheidet: Friedrich der Große war neben dem Feldherrn ein ausgezeichneter Diplomat, Napoleon I. dagegen, ob gleich groß als Feldherr, doch nur ein brutaler Po litiker. Und dies Brutale in seinem Wesen war es, welches endlich seinen Untergang herbeiführte. Militärparteien oder Kriegsparteien, im Grunde genommen, war es dasselbe, hat es in allen größeren Staaten gegeben, und giebt es in gewissem anderem Sinne auch heute noch. Auch wir in Deutschland haben unsere Militärpartei, bei den bekannten Ver handlungen über die Artillerievorlage im vorigen Jahre ist sie ziemlich deutlich in den Vordergrund getreten, aber der Einfluß dieser Partei, wenn wir sie so nen nen wollen, erstreckt sich nur auf militärische Fragen und hat auf die auswärtige Reichspolitik keinen Ein fluß. Dasselbe ist heute so ziemlich bei allen anderen Großmächten der Fall, und Fürst Bismarck ist es wiederum gewesen, welcher durch den Abschluß des Friedensbundes die Militärpartei desjenigen Staates niedergezwungen hat, welche am eifrigsten den Krieg wünscht, die Rußlands. Rußland ist zweifellos der Staat, in welchem die Militärpartei den größten und unheilvollsten Einfluß auf die auswärtige Politik aus- übt, die fortwährenden militärischen Bewegungen an der russischen Westgrrnze haben Europa lange genug in Unruhe gehalten. In Frankreich besteht nur um deswillen keine besondere Militärpartei, weil der all gemeine Wunsch ein siegreicher Revanchekrieg ist. Der Zweifel an der Erfüllung dieses Wunsches ist es eben, welcher zum Schweigen zwingt. Pariser Blätter sind es besonders, welche von der Militärpartei in Berlin zu reden lieben und ganz falsche Nachrichten darüber verbreiten. Was unter Militärpartei zu verstehen, sind die Kreise der Armee verwaltung, welche ein durchaus schlagfertiges Heer wünschen, und dafür vielleicht etwas weitgehende For derungen aufstellen; aber diesen Kreisen steht die Ent scheidung durchaus nicht zu. Das Ergebniß der Ar tillerievorlage hat gezeigt, daß die Militärverwaltung nicht einseitig vorgeht, denn der Betrag dieses Gesetz entwurfs war weit geringer, als ursprünglich ange nommen wurde. Selbstverständlich haben militärische Autoritäten ein hervorragendes Wort in solchen Fra gen zu sprechen, aber es werden alle Autoritäten ge hört, und nicht nur einzelne. Solche Meinungsver schiedenheiten über militärische Fragen finden sich in allen Hauptstädten, in Wien hat die dortige Militär partei ein ganzes Stück von ihren Forderungen nach geben müssen und in Paris geschah das schon sehr ost. Aber auf die auswärtige Politik der Staaten des Friedensbundes wirken schlachteneifrige Offiziere nie und nimmer ein, und Kaiser Wilhelm II. hat es selbst zu wiederholten Malen ausgesprochen, daß der Lorbeer des Friedens ihm weit schöner dünke, als der eines blutigen Krieges. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Ueber das Befinden des Kaisers während seines Aufenthaltes in Norwegen lauten die Nachrichten, welche am Berliner Hofe eingegangen sind, durchaus erfreu lich. Der Aufenthalt in der stärkenden nordischen Lust ! bekommt dem Kaiser vortrefflich und es ist deshalb j anzunehmen, daß der Kaiser die für diesen Aufenthalt bestimmte Zeit bis zur äußersten Grenze ausnutzen wird. Ist auch im Großen und Ganzen über den s Erholungsaufenthalt des Kaisers Verfügung getroffen, ! so ist doch immerhin die Möglichkeit offengehalten, be züglich der letzten Tage eine Ausdehnung oder Aen- derung eintreten zu lassen. In dem durch sein Regen wetter bekannten Bergen hat den Kaiser auch sein Hohenzollernwetter in Stich gelassen; der Stadt soll j ein genauer Besuch auf der Rückreise abgestattet wer den. Die Reise geht jetzt in Tagesfahrten nach Dront- heim. Zunächst bleibt der Kaiser in Gudvangen bis zum 12. d. M. Fürst Bismarck hat in seiner Eigenschaft als preu ßischer Handelsministcr die Handelskammern auf unter dem Namen „Gassens Kunstkaffee" in den Han del gebrachte künstliche Kaffeebohnen aufmerksam ge macht. Die Bohnen sind den gebrannten natürlichen Kaffeebohnen so ähnlich, daß eine betrügerische Bei mischung zu den letzteren stattfinden kann. Die zu ständigen Behörden sind veranlaßt worden, darauf zu achten, daß im Falle der Verwendung jener Bohnen zu betrügerischen Zwecken auf Grund des Nahrungs mittelgesetzes eingeschritten werde. Ein neuer Bergmannsstreik ist im Saargebiet ausgebrochen. In Folge der Entlassung ihrer Dele- girten haben gegen 1500 Arbeiter im Neunkirchener Bezirk die Arbeit eingestellt. Aus London kommt die Meldung, Reichscommissar Wißmann habe mit Unterstützung der Marine das stark befestigte Pangani erstürmt, die Aufständi schen total geschlagen und eine Anzahl von Rädels führern, angeblich auch Buschiri selbst, gefangen. Der Ort ist zerstört. Genaue Angaben über die Ver luste fehlen zur Stunde noch. Oesterreietz-Ungaru. Die in Böhmen und Mähren streikenden Arbeiter versuchen auf preußischem Gebiet Versammlun gen abzuhalten, sind aber durch die Gendarmerie ge hindert. Der Streik der Textil-Arbeiter dehnt sich immer weiter aus. Die deutschen Blätter feiern lebhaft die Frauen von Budweis. Der Wahlsieg der Deutschen in die ser Stadt ist wirklich nur dem überaus thatkräftigen Eingreifen der deutschen Frauen zu danken. In Prag veranstalteten die aus Paris heimgekehr ten czechischen Turner franzosenfreundliche Kund gebungen; die Marseillaise wurde gespielt und die französische Trikolore entfaltet. Die Polizei nahm aber die Fahne fort. Frankreim. Der zur Zeit am Genfer See weilende Graf von Paris will unmittelbar nach Schluß der Kammern ein Manifest erlassen, welches das Bündniß mit den Boulangisten für den Wahlkampf offen proclamirt. In der Deputirtenkammer erklärte Admiral Krantz wiederholt, daß für die französische Küstenverthei- drgung in ausreichender Weise Sorge getragen werde. Nur auf die Vermehrung der Kriegsmarine selbst müsse noch Bedacht genommen werden. Im Departement Dordogne haben Sonntag und Montag anläßlich einer von den boulangistischen Agi tatoren Laguerre und Deroulede dorthin unternomme nen Reise lärmende Kundgebungen stattgefunden. In Montero» kam es zwischen Boulangisten und Re publikanern zu stürmischen Prügeleien. Das Senatsgericht wird Sonnabend über die Ver setzung Boulangers in den Anklagezustand be schließen. Das Ürtheil erfolgt erst Mitte August. Der König von Griechenland und Milan von Serbien werden die Pariser Ausstellung in den nächsten Tagen incognito besuchen. Der Ministerrath hat die französischen Vertreter in Berlin und München angewiesen, daß sie um die Erlaubniß bitten, die Ueberreste Carnots und La Tour d'Auvergnes ausgraben und nach Paris brin gen zu lassen. Schweiz. In Basel haben Studentendemonstrationen gegen den dortigen Geschichtsprofessor vr. v. Pflugk stattgefunden. Derselbe hatte einige Artikel für den „Hamburger Correspondenlen" geschrieben, in welchen verschiedene Zustände der Schweiz beleuchtet wurden. Daraus entstand die Annahme, Pflugk sei auch der Verfasser eines Artikels in dem genannten Blatt ge wesen, in welchem die Theilung der Schweiz vorge schlagen wurde. Hieraus entstanden die Kundgebungen. Professor Pflugk hat aber mit jenem Artikel nicht das Mindeste zu thun. Der Bundesrath hat dem deutschen Gesandten in Bern seine Antwort auf die letzte Note des Reichs kanzlers übergeben. Demnächst sollen alle schweizerischen Noten publicirt werden. England. Die Festlichkeiten, welche dem Schah in London ge geben wurden, haben horrende Summen verschlungen. Die Theatervorstellung, welche die Firma Sassoon dem persischen Herrscher veranstaltete, kostete allein 50,000 Thaler. Das Bankhaus Sassoon hat in Per sien wichtige Interessen und hat also eine effectvolle Reclame erzielt. Jetzt besucht der Schah die einzelnen englischen Großstädte. Rußland. Der „Köln. Ztg." wird gemeldet, daß in den lei-