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Preis für da« Vierteljahr LV, Lhlr.; jede etn^lne v Nummer » Ngr DsmPI^R» Di« Zeitung erfcheiau muAu«»ahme de« Monlaa« täglich und wird Nachmittag« ä Uhr ans- gegeben. Rr. 168. 2». Juli 18S« Deutschc Mgmti«t Zcitmig. «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Zu beziehen durch alle Postämter de« Zn- und Auslande«, sowie durch die Expedition in Leipzig (Ouerstruße Nr. 8). JnserttonSgebühr für den Raum einer Zeile S Ngr. D e«tfchla«d. Preußen. ^Belktin, 18. Juli. Bei dem allgemeinen Interesse, welches dje Ereignisse in Spanien in Anspruch nehmen,, ist nur zu h«- dauern, daß dieselben für uns wenigstens bis zu diesem Augenblick noch in einem gewissen Nebel liegen. Auf di« über Paris gekommenen telegraphi schen Depeschen ist zur Beurtheilung auch nur der äußerlichen Lage der Dinge gar nichts zu geben. Wenn es z. B. heißt, ganz Spanien sei in Belagerungszustand erklärt worden, so ist das geradezu lächerlich. Wenn man ganz Sp-ni'en in Belagerungszustand erklären will, so muß man zu- nächst Herr der Situation sein und zwar in aller und jeder Beziehung. Wenn «S nun aber auch wirklich wahr ist, daß die Emeute in Madrid un terdrückt worden, so ist es andererseits doch auch wieder nicht minder wahr, daß bl« Insurrektion in den Provinzen noch sortdauert oder vielmehr erst recht beginnt, und da es bekannt ist, daß in solchen Angelegenheiten die Provinzen in Spanien «ine weit größere Rolle spielen und Wichtigkeit ha- den als die Hauptstadt d«S Landes, so liegt die Lächerlichkeit jener sonder- baren Angabe auf der Hand. Gerade der Marschall O'Donnell war es jq, der unS noch vor einigen Jahren, indem er damals mit den Jnsurrec- tioncklen aus Madrid auSzvg, den Beweis geliefert hat, daß der Hauptcoup der Revolutionen in Spanien in den Provinzen entschieden wird. ES ist darum auch auf di« andere Mitcheilung, daß die Jnsurrection in Madrid besiegt worden sei, selbst auch dann, wenn es sich mit der Sache wirklich so verhalten sollte, kaum «in Gewicht zu legen. Das Weitere bleibt abzu- warten. Hat aber jene sonderbare Mittheilung, daß ganz Spanien in Be- lagerungszustand erklärt worden sei, wirklich eine positive Bedeutung, so kann dieselbe im Hinblick auf den offenbaren Widerspruch dieser Mitthei- lung den thatsächlichen Verhältnissen in den Provinzen gegenüber nur im Sinne einer argen Verl^enheit der Regierung und namentlich des angeb lich obsiegenden Marschalls O'Donnell zu deuten sein. Es sind hier in Ber lin nach einige weitere Depeschen als die biSjeht durch die Zeitungen ver- öffentlichteo angekommen. In Bezug auf das angeblich Thatsächliche stim- mm sie mit den übrigen Depeschen im Allgemeinen zwar überein; doch wird in denselben das „Angebliche" jener Meldungen stark hervorgehoben, und eS werden gleichzeitig ganz entschiedene Zweifel darüber ausgedrückt, daß sich die Dinge in Wirklichkeit so verhalten sollen. Von den angeblich republikanischen Rufen, die während der Emeute in Madrid gehört worden sein sollen, wird in diesen Depeschen nichts erwähnt. Sollten indessen solche Rufe wirtlich lautgeworden sein, so waren sie doch jedenfalls nur sehr ver- «inzelt, und es kann darum von denselben auf den Charakter der Bewegung umsoweniger geschloffen werden, als darüber ja nicht der entfernteste Zweifel obwaltet, daß es sich hier in der Hauptsache lediglich um einen Kampf zwischen O'Donnell und Espartero handelt. Hinsichtlich des Letzter» melden die betreffen den Depeschen endlich noch, daß man in Paris bestimmt erwarte, daß derselbe die ihm ergebenen Truppen in den Provinzen zusammenziehen und mit den selben gegen Madrid marschiren werde. Die hiesige spanische Gesandtschaft hatte bis heute Mittag noch keine dircclen Mittheilungen aus Madrid, son dern nur Berichte aus Paris erhalten — ein Umstand, der für die Be denklichkeit der Lage der Dinge in Madrid zu sprechen wol geeignet sein dürfte. — Auf die letzten Vorstellungen Englands und Frankreich in Nea pel hat die neapolitanische Regierung, wie übrigens auch schon aus den jüngsten Parlamentsverhandlungen über die italienische Frage hervorgegan gen ist,, geantwortet. Was wir von unterrichteter Seite über die Natur dieser Antwort venuhmcn, ist nicht besonders freundlich für die Westmächte. Die neapolitanische Negierung erklärt nämlich, daß der König von Neapel in Sachen seiner eigenen Landes- und Negierungsangelegenheiten eben selbst zu bestimmen und sich keine Einmischung, von welcher Seite sie auch komme, gefallen zu lassen habe. Könne der König beider Sicilien Gnade willfah ren lassen, so werde er es lhun, gegen jede fremde Einmischung aber, unter welcher Form sie auch immer auftrcte, müsse er sich auf das allerentschie- denste verwahren. Hier hätten wir also gleichzeitig auch eine Probe von dem Erfolge, welche die angeblichen Mahnungen Oesterreichs zu Neapel ge habt haben. Doch hierüber bedarf cs wol keines Worts weiter. Entschie den und bestimmt ist die neapolitanische Antwort nun allerdings, das kann man ihr nicht absprechen; daraus folgt aber fürs erste nur, baß die Ver hältnisse der Westmächle, und namentlich Frankreichs, zu Neapel nur noch um so gespannter werden. Wir glauben nicht, daß die Assertionen der nea- polstanischen Regierung über angebliche muratlstischr Umtriebe der französi- fchen Negierung unbekannt geblieben sein dürften. Ob und inwiefern die neapolitanisch« Regierung diese angeblichen Umtrieb« mit den Reformnoten der Westmächte, resp. Frankreichs, direct in Verbindung bringt, wissen wir nicht; aber unter allen Umständen möchte das betreffende Moment nur ge- «ignet sein, der schon an und für sich so schwierig«« Stimmung Frankreichs noch «in« gute Portion wrst««r Gereiztheit hinzuzufügen. — Wenn ein Fremder nach Berlin kommt und er sich unter Anderm auch das Rath- haus zeigen läßt, so muß er sich nicht wenig wundern, daß eine Stadt wie Berlin ein so Unansehnliches, altes und gewissermaßen halb verfallenes NathhauS besitzt. Das Projekt, «in neues RachhauS zu bauen, ist auch schon lang« gehegt, aber nie zur Ausführung gebracht worden. Jetzt ab« soll endlich Ernst gemacht werden. Der Magistrat hat nämlich zu dem beab sichtigten Bau dos ganze Viereck von der KönigSstraße bis zur Nagelgasse, einschließlich der Häuser, welche sich in dem betreffenden Bereich in der Kö nigsstraße, der Spandaucrstraße, der Jüdenstraße und der Nagelgasse be finden, um den Preis von circa 600,000 Thlrn. angekauft, und es sind die bezüglichen Contracte bereits abgeschlossen. Di« betreffenden Häuser sollen indessen erst im Jahre 1860 geräumt werden, wo der Bau beginnen soll. Man beabsichtigt, ein Gebäude von der größten Pracht, einen wahren Stadtpalast hinzustell«n. — Wir haben bereits früher einmal eines interes santen Steuerprocesses gegen die Volks-Zcitung Erwähnung gethan. Dieses Blatt hat nicht nur ein Vierteljahrs-, sondern auch ein Monats- und ein Wochenabonnement. Hieraus folgt, daß die Auflage dieser Zeitung von Monat zu Monat, ja von Woche zu Woche einer Fluktuation unter worfen ist. Daher kann dieses Blatt auch am Beginne des Vierteljahrs, wenn die Aeitungsstcuer entrichtet werden muß, unmöglich genau wissen, wie viele Exemplare im Laufe des Vierteljahrs gedruckt werden, und der annähernde Maßstab ihrer Bcsteu«rung kann darum nur diejenige Höhe ihrer Auflage sein, welche sie an dem Tage, wo die Steuer entrichtet wer den muß, druckt. Nun traf cs sich, daß im Laufe eines Quartals die Auflage der Volks-Zeitung um einige Hundert Exemplare gestiegen war, weshalb der Fiscus einen Proceß wegen Stcuerdefraudalion gegen das Blatt erhob. Von Seiten der Volks-Zeitung wurde eingewendet, erstens, daß sie am Beginn eines Quartals unmöglich wissen könne, wie viele Abonnenten im Laufe des Quartals noch hinzutreten würden, und zweitens, daß die meisten der neu hinzutretenden Abonnenten aus Wochenabonnenten bestän- den, die oft nach acht Lagen wieder abgingen, und daß für das Wochen- exemplar einer Zeitung doch unmöglich die Vierteljahrssteurr verlangt wer den könne. Mit diesen Gründen, di« in der Natur der Sache liegen, schien die Sache für die Volks-Zeitung auch gut zu stehen, indessen hat, auf ein- gelegte Appellation, das Obcrtribunal jetzt ciitschieden, daß für jedes einzelne Aritungseremplar, welches innerhalb eines Quartals, und wenn auch nur ein einziges mal, erscheine, die volle Quartalstcuer bezahlt werden müsse, und es wurde die VolkS-Zeitung hiernach vcrurtheilt. Diese Entscheidung ist von Wich tigkeit für die ganze Zeitungspressc. Zwar sind die größern Blätter, die kein Wo chenabonnement haben, nicht in der besondcrn Lage der VolkS-Zcitung; aber auch sie werden darum nicht minder von den Anomalien, die in dem Zeitungsstruer- gcsetz liegen, betroffen. So wird z. B. gesagt, daß eine Zeitung für die nicht abgesetzten Exemplare am Schluffe des Quartals die bezahlte Steuer wieder zurückcrhalten soll. Zu dieser Rückzahlung ist die Steuerbehörde auch bereit, aber sie federt vorher die Vorlegung der vollständigen Viertcljahrs- nummern. Wenn nun ein Verleger am Ende des ersten Monats im Quar- tal einsicht, daß er so und soviel Exemplare nicht absehcn werde, wird er die betreffenden Exemplare dann gleichwol noch fortdrucken lassen, blos um, zur Zurückerhaltung der Steuer, am Schluffe des Quartals der Steuer behörde vollständige Exemplare vorlrgen zu können? Dann würde er, für Papier und Druckerlohn, ja viel mehr ausgebcn müssen, als die Steuer beträgt. Solche Anomalien liegen nun gewiß nicht in der Absicht des Zci- tungsstcuergcsctzes, aber eben darum tritt auch die Nothwcndigkcit nur um so entschiedener hervor, daß daö ganze Gesetz einer entsprechenden Revision unterzogen werde. < Berlin, 18. Juli. In Betreff der Ergebnisse der Mün zconferenz in Wien sollen die Nachrichten nicht'so günstig lauten, als man erwartet hatte. Indessen hegt man hier die Hoffnung, daß die Bedeutung und die aus den Verhältnissen entspringende Unentbehrlichkeit der Sache selbst für den gejammten Deutschen Bund die Schwierigkeiten, welche einer vollstän digen Einigung noch entgegenstchen, überwinden werden. Es ist bei dieser Gelegenheit noch hervorzuhcben, daß von dem glücklichen Erfolge der wie ner Münzconferenz die Verwirklichung des in Paris bei der dortigen Welt- auSstellung angeregten Gedankens hinsichtlich der Einführung eines überein- fiimmcndkn Münz-, Maß- und Gewichtssystems in sämmtlichcn Staaten Europas gleichsam abhängig ist. Die Aufmerksamkeit des europäischen Han- dclsstandeS ist deshalb auf das Ergebniß der Berathungen in Wien ge richtet, die einen mächtigen Grundstein zur Errichtung des ganzen großen Baus legen sollen. — Die Aeltesten der hiesigen Kaufmannschaft haben, „von dem immer lebhafter gefühlten und nach Einführung des neuen Con- cursverfahrens noch klarer hervorgetrekenen Bedürfniß der Errichtung eines Handelsgerichts am hiesigen Platz« durchdrungen", der königlichen Staats- ' rcgierung einen Entwurf zur Abänderung des Gesetzes vom 8. April 1847