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und Landmann. - n Verantwortlicher Redacteur: Carl Jrhne in Dippoldiswalde. .—-7- 7 Zum Jahresschluffe. 29. Pecember 1854. lJnseevte werdeckiblt 8 Pf.- für »i. Zeile berechn« ch u. in allen SZ« peditionen an» genommen. ' ^7, /reitag. Srscheint !//, 7 Di/nstäg« unb!7^^ Freitag«. Zu^MMW »«zieh«, rdurch M D D i alle Pöstüntlal» MlIWlD i ten. Ptei« pro Quart. lONgr Ein unterhaltendes Wochenblatt für -en Bürger ij, . . . . - ' r- MerytaiS hat die Erde ihren großen Kreislauf um die Sonne vollendet, abermals stehen wir an der Pforte finfS neuen Jahres. Der Zeitraum eines Jahres, so kurz und traumartig er uns auch dünkt, wenn wir ihn zurückgelegt Hahe», «jn so wichtiger Zeitabschnitt ist er doch im menschlichen Lehen, da wir unsere Tage nicht nach Jahrhunderten, sondern nach Decennien zählen, und „eS führet schnell dahin, als flögen wir davon." Schauen wir also noch einmal prüfenden Blicks auf die Stunden de- entschwundenen Jahres und preisen wir den Herrn nnserS Lebens sür alle Huld und Gnade, die ep uns erzeigt, und bekennen wir heute gerührt: Herr, wir sind zu geringe aller Barmherzigkeit und Treue, die du an uns gethan. — Vielen hat das vergangene Jahr auch herbe Wunden geschlagen; da fehlt in einem Fami lienkreise ein geliebtes Kind, das der unerbittliche Tod aus den Armen der treuen Eltern riß, da führte der schwarze Fürst der Schatten die treu liebende Mutter der Kinder von der Seite des Gatten, da neigte der redlich sorgende Familienvater sein Haupt zum letzten Schlummer, und schon geht der kalte Nord über die Gräber. Aber auch dann, wenn unser Auge heiße Thränen weint, liebt »ns die ewige Liebe nicht minder, als in den heitern Tagen der Freude, und wir wissen ja, es giebt über den Sternen rin treues, treues Herz, welches auch durch die Nacht der Lriden dringt und aus Thränensaat einst Freuden- »rndte sprossen läßt. Das verflossene Jahr ist reich gewesen an Trauer und Thränen für gar Viele. Wie viele Tausende und aber Tausende haben ihr Leben im Elend auf Schlacht feldern oder in verpesteten Lazarethen zum Theil ohne Pflege, fern von der Heimaih, fern von den Ihrigen, auf fremdem Boden ausgehaucht. Wie viele Tausende sind in den verschiedensten Gegenden Europa s von der astatischen Pest deS schmerzvollsten Todes dahingerafft worden. Mehrere AuSwandcrerschiffe sind im vergangenen Jahre thxilS mit Man», und Maus untergegangen, theils haben die wenigen Geretteten nur das nackte Leben flüch ten können, und welch ein herzzerreißender Anblick, wenn am Ufer, wo die Brandung antoble, eine Mutter hände ringend ihr Kind vergeblich suchte, oder wenn Kinder nach ihre» in den Finthen umge'ommcnen Eltern schrieen. Jn der Rächt vom 8. zum S. Juli siel ein solcher wolken- druchähnlicher Gewitterregen in ganz Sachsen, daß alle kleineren Flüsse zu rauschenden Strömen anschwollen, Brücken wegrisscn, fruchtbares Ackerland mit fortnahmen. Wiesen verwüsteten. Im August schwoll die Oder in Schlesien kn Folge furchtbarer anhaltender Gewittergüsse so an, wie »ine so schreckliche Fluth die Annalen der Oder noch nicht zu berichten wußte»; meilenweit nach Heiden Usern hin glich die Gegend einem dahinbrausenden See, kein Hau-, keine Mauer, keine Brücke war dem wüthenden Element zu fest, die fruchtbarste Ackererde, die schönste Lrndte wurde mit sortgerissen, und als nach Wochen sich die lobenden Gewässer verlaufen hatten, da sah man einen Gräuel der Verwüstung, ein namenloses Elend. /wie es keine Adder zu. beschreiben vermag. Auf 6 Millionen THaler wiikde der angerichtete Schade geschätzt. Auch ans Sachsen ruhte die Hand des Allmächtigen schwer: Sebnitz, Zöblitz, Geyer gingen zur Zeit eines heftigen Sturmes, der die Flammen wüthend fachte, zum größten Theile in Feuer aus. Urber 2000 Menschen, die schon vorher den Mangel und das Elend empfunden hatten, standen am Grabe ihrer Habe und sahen bei dem einbrechenden Winter ihre Woh nungen in einen Schutthaufen verwandelt, ihr Körper war mit Lumpen bedeckt, der Hunger trat in gräßlicher Ge stalt auf, es fand sich sür die Meisten keine Gelegenheit zum Erwerb, dir Noth, welche in jenen Städten ohnehin sich schon früher.^inen Wohnsitz aufgeschlagen hatte, stieg bis zu einem schaurigen Grade. Dazu kommen nun di« Schrecknisse des Winters! Hier geht der Ruf zur Barm herzigkeit mit Flammenschrift an jedes Christenherz. Wer nur irgend kann, übe Samariterpflicht. Unser Christen- thum muß nicht blos im Beobachten der äußerlichen christ lichen Gebräuche bestehen, sondern wir müssen durch reich liche und wiederholte Gaben der Liebe unsern un glückliche» Mitbrüdern in ihrem Elende beispringen. Da- Ehristenthum empfiehlt auf jedem seiner Blätter- Werk« der Lwbe und Barmherzigkeit. Wie Jesus umhergezogen ist und wvhlgethan hat, so sollen auch wir segnende Engel unsern ärmer» Brüdern' werden. DaS größte Gebot, welches »nS der Meister hinterlassen hat, ist das Gebot der Liebe, und am jüngsten Tage wird er fragen, ob wir herrlich und in Freuden gelebt haben, während Lazaru« vor unsrer Thür geschmachtet hat; er wird fragen: Hast du die Hungrigen gespeist, die Nackten gekleidet? Und was wir an unsern ärmern Mitbrüdern gethan, will eis ansehen, als sei es ihm geschehen. Selig sind die Barm herzigen, denn sie werden Barmherzigkeit von Gott er langen. D Auch in der nächsten Umgebung ergeht der ernste Nus Gottes zur Barmherzigkeit an u»S. Das ganze Jahr hindurch blieben die Getreibepreise auf einer ung-wöhi^ lichen Höhe, unter ü Thlr. war der Scheffel Korn nicht zu erkaufen. Die nährende Frucht der Armen, die Kar toffeln, mißriethen im letzten Sommer durch die anhalten den Regengüsse gänzlich und das Getreide lägerle durch die Nässe und brachte nur schwache Körner. Hatten die Arme», hatte der Mittelmann schon.im Jahre I8S3 den letzten Sparpfennig zugesetzt, um nur Nahrung für die Familie zu erschwingen, so steigerte sich die Notb im gair- zen Lande durch die anhaltende Tyenernng. Dazu kam