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Zchönburger Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tag« nach Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis nachmittags 2 Uhr. Der Abonnemsntspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. S5 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Pf. »lpedition: Waldenburg, Kirchgasse 255. und aldenburger Anzeiger. Amtsblatt für den Aadtrath zu Waldenburg. Filialen: in Altstadtwaldenburg bei Herrn Kaufmann Max Liebezeit; in Penig bei Herrn Kaufmann Rob. Härtig, Mandelgaff«; in Rochsburg bei Herrn Suchhalter Fauth; in Lunzenau bei Hrn. Buchhdlr. E. Dietze; in Wechselburg bei Herrn Schmied Weber; in Lichtenstein b. Hrn. Buchh. I. Wehrmann. —— Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenstein-Callnberg und in dm Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Bräunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchurs oorf, Langen leuba-Niederham, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Obergräfenhain, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und Ziegelheim. ^182. Ticnstag, den st. August 1887. Witteruagsaussichteu für de« S. August: i Bei wechselnder Windrichtung theils heiter, theils bewölkt mit wenig veränderter Temperatur. Barometerstand am 8. August, nachmittags 3 Uhr: 76t mm. "Waldenburg, 8. August 1887. Als s. Z. Schnäbele an der Grenze von deutschen Polizisten verhaftet wurde, gab es in Paris ein furcht bares Lamendo über deutsche Brutalität und wie die schönen Redensarten alle hießen. Der vielbesprochene Fall Weisbach zeigt so klar, wie selten, wie in Frank reich das Recht geachtet wird. Es verlohnt sich, ge nau den Sachverhalt klar zu legen: Die seit dem Jahre 1873 zu Straßburg bestehende Firma der Ge brüder Weisbach, Kurz- und Spielwaarenhandlung, hat im Jahre 1881 zu Embermönil bei Lüneville, in Französisch-Lothringen, eine Fabrik gekauft, in welcher früher Korbfabrikation getrieben wurde, und hatte dort eine Fabrik von Kinderpuppen errichtet, deren Products von Grossisten, sowie Puppenankleidern in Frankreich gekauft wurden. Vor Eröffnung dieser Fabrik hatten die Gebrüder Weisbach durch den Bürgermeister von Embermönil, an welchen sie empfohlen waren, alle nöthigen Förmlichkeiten zur Erlangung einer Bau- und Betriebsbewilligung und eines Gewerbepatentes erfüllen lassen. Die betreffenden Papiere wurden ihnen von diesem Bürgermeister zugestellt, und so dachten sie, daß alles in bester Ordnung sei. Embermönil liegt einige Kilometer von der deutschen Grenze ent fernt, zwischen der viel genannten Grenzstation Arri- court und Lüneville. Bis zur Gründung der Fabrik der Gebrüder Weisbach gab es in Frankreich kein ähnliches Geschäft. Die französischen Grossisten und Puppenankleider ließen sich bis dahin die Puppenleiber aus Deutschland kommen und auch jetzt giebt es nur ein concurrirendes Geschäft in Frankreich. Wegen der hohen Eingangszölle hatten die Gebrüder Weis bach ihre Fabrik in Frankreich gegründet und ihre Concurrenz richtete sich nicht gegen dieses Land, son dern gegen Deutschland. Ihre Rohstoffe bezogen sie, soweit erhältlich, aus Frankreich, außerdem kauften sie jährlich in Frankreich für 50,000 Mk. Kurzwaaren ein, die für ihr Straßburger Geschäft bestimmt waren. In der ersten Zeit waren die Gebrüder Weisbach genöthigt, in ihrer Fabrik zu Embermönil fast aus schließlich deutsche Arbeiter zu verwenden, weil sie in Frankreich, aus dem bereits angegebenen Grunde, keine fanden, die mit dieser Arbeit vertraut waren. Nach und nach bildeten sie aber französische Arbeiter heran, und in der letzten Zeit waren von den etwa hundert Personen, die sie beschäftigten, nur noch etwa zwei Fünftel deutschen Ursprungs. Schon vor einiger Zeit war die Weisbach'sche Fabrik von dem Pariser Jour nal „France" als eine nicht zu duldende deutsche Nie derlassung denunzirt worden. Da sich aber die Ge brüder Weisbach nicht mit Politik, sondern nur mit ihrem Geschäfte abgaben, so glaubten sie vor beson deren Maßregeln sicher zu sein, als am 30. Juli ein Gendarm erschien und ihnen einen Beschluß des Prä- fecten Herrn Schnerb zu Nancy kundgab, der vom 6. Mai datirt war und den auf ein Gesetz von 1791 über die Zollgrenze gestützten Befehl enthielt, daß die Fabrik binnen 24 Stunden geschlossen werden müsse. Dieses Gesetz soll nämlich vorschreiben, daß für Fabri ken in der Zollregion außer der gewöhnlichen Bau- und Einrichtungsbewilligung noch eine besondere Er mächtigung der Zollbehörde erforderlich ist, und bei der Errichtung der Fabrik scheint diese Förmlichkeit unterblieben zu sein. Daß die ganze Sache nur auf Schikanirerei hinausläuft, liegt natürlich auf der Hand. Die Gebrüder Weisbach erhielten 1881 die amtliche Niederlassungserlaubniß, und wenn diese anfechtbar ! war, so hätte doch die zuständige Zollbehörde Protest s erheben müssen, da die Fabrik dicht vor ihrer Nase : lag. Ein Vorgehen nach 6 Jahren entspricht den i Forderungen der Billigkeit und des Rechtes entschieden s nicht. Und nun das Maaß voll zu machen, sind alle - deutschen Arbeiter der Fabrik, die binnen drei Tagen s keine Arbeit gefunden, mit Ausweisung bedroht. Das i spricht doch deutlich genug für den Geist der Maß- s regel. Die Reichsregieruug hat sich natürlich der Ge- ! brüder Weisbach angenommen, und man kann nun - gespannt sein, welches Resultat die Verhandlungen neh- z men werden. Feststeht freilich schon jetzt, daß den s Eigenthümern der Fabrik durch die Schließung der ! letzteren ein großer Schade erwachsen ist. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Die Kaiserzusammenkunft in Wildbad Gastein ist in diesem Jahre in besonders herzlicher Weise und ohne jedwede Störung verlaufen. Sonnabend Nach mittag '/»2 Uhr ging in dem festlich geschmückten Wildbad die telegraphische Nachricht ein, daß Kaiser Franz Joseph die letzte Station, Hofgastein, verlassen habe. Auf dem Plateau vor dem Eingänge des Bade schlosses sammelte sich die Begleitung Kaiser Wilhelms, sowie der Botschafter Prinz Reuß, der am Vormittage aus Wien angekommen ivar. Im Vestibüle des Hotels Straubinger stand die Empsangsdeputation mit dem Statthalter Grafen Thun an der Spitze bereit. Es fehlten noch einige Minuten an der festgesetzten An kunftszeit, als die ersten Hochrufe vom Thale heraus erschollen: Der österreichische Kaiser hatte das Weichbild Gasteins betreten. Das Gefolge Kaiser Wilhelms trat ins Schloß, um beim Empfange den Kaiser zu um geben. Gleich darauf fuhr der Wagen des österreichi schen Herrschers heran, die Kurkapelle stimmte die s Volkshymne an, aus tausend Kehlen kamen stürmische Hochrufe und dann ward es wieder stille. Man drängte die eigenen Empfindungen zurück, um den beiden Monarchen den Moment des Wiedersehens nicht zu stören. Kaiser Franz Joseph ging, nachdem er dem Wagen entstiegen, beschleunigten Schrittes die Treppe hinan, reichte dem Grafen Perponcher die Hand und erkundigte sich nach dem Befinden Kaiser Wilhelms. Der österreichische Monarch trat dann ins Vestibüle und stand auch sogleich dem Kaiser Wilhelm gegenüber, welcher seinem erlauchten Verbündeten entgegen gegangen war. In sichtlicher Ergriffenheit standen sich eine Sekunde lang die beiden Kaiser gegenüber, dann folg ten wiederholte Küsse und Umarmungen. Nach der Vorstellung des Gefolges blieben die beiden Herrscher einige Zeit allein. Zur Vermeidung aller Anstrengun gen trugen diesmal beide Kaiser und ebenso die Herren ihrer Umgebung Civil. Vom Badeschloß begab sich Kaiser Franz Joseph ins Hotel Straubinger und nahm dort die Begrüßung der Behörden entgegen. Eine Stunde später waren beide Kaiser bei der Hof tafel im Badeschlosse, zu welcher auch die Suiten ge laden waren, vereint. Toaste wunden nicht ausgebracht, beide Monarchen stießen mit den Gläsern an. Um 6 Uhr unternahmen die beiden Majestäten gemeinschaft lich eine Fahrt nach Böckstein. Kaiser Wilhelm fuhr bei dem Hotel Straubinger vor, woselbst Kaiser Franz Joseph bereits wartete und in den Wagen stieg. Wäh rend der ganzen Fahrt wurden die beiden Kaiser be geistert begrüßt. Am Abend war ganz Gastein glän zend illuminirt; auf allen Bergen brannten Freuden ¬ feuer. Kaiser Wilhelm nahm die Illumination vom Badeschloß in Augenschein, während Kaiser Franz Joseph unter lebhaften Ovationen noch einen Spazier gang unternahm. Am Sonntag früh machten beide Kaiser nach dem Bade abermals eine Promenade, nach mittags war Tafel. Die Abreise Kaiser Franz Josephs erfolgte am Spätnachmittage. Das Publikum zeigte den größten Enthusiasmus, denn kaum jemals ist die herzliche Freundschaft der beiden Monarchen so sichtbar zu Tage getreten, wie bei dem diesmaligen ungezwun genen Besammensein, das frei von aller Etiquette war. Kaiser Wilhelm reist am Mittwoch über Salzburg nach Schloß Babelsberg bei Potsdam, wo am Freitag Vormittag die Ankunft erfolgt. Des Kaisers Befinden ist andauernd vortrefflich. Aus Gastein wird vom Sonntag weiter telegraphirt: Kaiser Wilhelm wohnte dem Gottesdienst in der evangelischen Kapelle, Kaiser Franz Joseph der Messe in der katholischen Kirche bei. Kaiser Franz Joseph hat unmittelbar nach der Be- - gegnung im Badeschlosse ein Telegramm über seine s glückliche Ankunft und die vortreffliche Gesundheit des l deutschen Kaisers an die Kaiserin Elisabeth abgesandt. Sonntag Nachmittag verweilten beide Kaiser nach der Tafel noch längere Zeit bei einander. Der österreichische Herrscher hatte große Neigung, noch länger in Gastein zu bleiben, verzichtete aber darauf, um die Kur Kaiser Wilhelm's nicht zu stören. Sämmtliche Wiener Blätter enthalten spaltenlange Schilderungen der Gasteiner Kaiser-Begegnung. Am Bemerkenswerthesten sind die Worte, welche die beiden Monarchen nach den ersten Umarmungen gewechselt. Kaiser Wilhelm sagte: „Du hast nicht geglaubt, mich noch einmal hier zu sehen," worauf Kaiser Franz Joseph die Rechte Kaiser Wilhelms ergriff und in in- j nigem Tone antwortete: „Du kannst versichert sein, daß ich mich über dieses Wiedersehen herzlich freue." Zum Diner waren die Monarchen, sowie die Wür denträger in Fracks und Klapphüten erschienen. Unge- : mein warm verabschiedeten sich die beiden Herrscher abends vor dem Auseinandergehen, indem Beide sagten: „Morgen aus Wiedersehen." Alle Wiener Blätter besprechen die Kaiserzusam menkunft in Gastein als ein bedeutungsvolles i Ereigniß und rechnen es beiden Monarchen zum s hohen Verdienste an, daß sie durch ihre Zusammen- - kunft den friedensbedürftigen Völkern eine große Be- - ruhigung gewähren. Dabei kommt allgemein die Ueber- - zeugung zum Ausdruck, daß das deutsch-österreichische ; Bündniß, das sich auch bisher schon auf das Beste s bewährt, unter den gegenwärtigen Verhältnissen mehr s denn je eine Nothwendigkeit geworden und den stärk- s sten Pfeiler für den Frieden Europa's bildet. Nur eine Anzahl czechischer Blätter in Böhmen läßt ihrem Deutschenhasse die Zügel schließen und läßt es an aller lei hämischen Angriffen nicht fehlen. Besonders bedeut sam ist eine Auslassung der „Nordd. Allg. Ztg." aus Anlaß des wichtigen Ereignisses: „Deutschland und Oesterreich-Ungarn, verkörpert in den herrschgewaltigen Personen ihrer erhabenen Souveräne, reichen sich auch heute wiederum die Hand zur Erneuerung jenes Bru derbundes, der, in guter Stunde zuerst geschlossen, seinen segensreichen Einfluß vorbeugenden und aus gleichenden Wirkens schon so manchesmal zur Geltung gebracht hat. Durch gemeinsames Bündniß, gemein same Neigung, gemeinsame Interessen auf Bethätigung einer friedlichen Politik hingewiesen, haben die mittel europäischen Kaiserreiche sich dieser ihrer Mission mit