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Dieses Blatt erscheint Dienstags u. Freitags ' und kostet Vierteljahr-1 lich lO Rgr., wofür es i durch alle Postanstal ten und Buchhanvlun- l gen zu beziehen ist. Luser»,'» »lledArt O /W O > O werden mit ü Pfeui WeißertH-ZettMg. Z-s« r - D Zeitung angenommen. Ein unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Sandmann. Verleger: Redakteur: In Commission: Carl Aehne in Dippoldiswalde. vr. I. Schladebach in Dresden. H. H. Grimm L Comp. in Dresden. SM—MMM«. > M«> > SWMM" ! 7l Aus dem Vaterlande. Dresden, 30. April. Heute fuhren die hohen Herrschaften mit einem Extrazuge der sächsisch -böhmischen Eisenbahn nach Königstein, von wo sie sich nach der Bastei begeben werden. Dort empfängt sie ein Dampfschiff, das diesen Morgen um 1V Uhr hier abging. Es war mit den Wimpeln aller Nationen geschmückt, und hatte ein Musikchor an: Bord. Auch die Bootsleute waren in festlicher Kleidung. Das Dampfschiff wird die hohen Herrschaften nach Pillnitz und nach des Königs Weinberg, dann aber nach Dresden zurücksühren. Nächsten S. Mai begiebt sich dann — wie wir hören — Se. Maj. der König und Ihre Maj. die Königin auf den Weinberg. Gleichzeitig reisen die hohen Neuvermählten nach Charlottcnburg ab. Prinz und Prin zessin Johann nebst Familie werden sie bis Riesa begleiten, und dann sich nach Jahnishausen begeben. Eben so werden die Prinzessinnen Amalie und Auguste von hier abrciscn und thcilö nach Loschwitz, theilS nach Jahnishausen gehen. ES wird also während der wiedcrkchrenden Schreckenstage Niemand von der königl. Familie hier anwesend sein. Dresden. (Sitzung der 2. Kammer am 30. April.*) Nach Vortrag der Rcgistrande ging man sofort über zudem von Funk- hänel erstatteten Berichte über den von Joseph eingebrachten Gesetz entwurf, die Ersetzung der durch §. 8 der Grundrechte abgeschafften Todesstrafe betreffend. Der Gesetzentwurf ist in der 1. Kammer bereits mit 35 gegen 0 Stimmen angenommen worden. Der Aus schuß nimmt in seinem Bericht auf die Publikation der Grundrechte in Sachsen Bezug und auf den dabei ausgesprochenen Grundsatz, daß sie das geringste Maß der dem sächsischen Volke gewährten Freiheiten enthalten sollten. Sö^on die Achtung vor dem Königl. Worte mache es daher nöthig, daran festzuhalten. UebrigenS seien sie jedenfalls ein Theil der sächs. Verfassung geworden, und daher nur durch zwei Drittheil Mehrheit abzuändcrn. Die Grundrechte seien der Ausdruck des RechtSbewußtscinS der deutschen Nation gewesen, und die sächs. Gesetzgebung habe, durch deren Annahme, ausdrücklich anerkannt, daß sie der rechte Ausdruck gewesen. Der Ausschuß widerlegt dann die von der Regierung und sonst gegen die ungesäumte Abschaffung der Todesstrafe geltend gemachten Gründe und räth schließlich die Annahme des Joseph'schen Gesetzes mit Vorbehalt der zu beantragenden Mo difikationen. Die Debatte beginnt!). Kalb. Er habe den gründlichen Bericht über diesen Gegenstand mit Genugthuung gelesen, weil er den Volks vertretern vor Allem den Standpunkt deS ehrlichen Mannes anweise. Durch diesen Bericht sei cö unzweifelhaft fcstgestellt, daß wer die Gültigkeit der Grundrechte in Frage stelle, an der Verfassung selbst frevle. So verschieden auch der politische Standpunkt der Einzelnen sein möge, auf diesem Felde müßten Alle sich zusannuenfindcn. Er habe schon früher sich über die Abschaffung der Todesstrafe ausgesprochen. — Er sei ans politischen Gründen dagegen, aus religiösen Gründen dafür. Gegen die Abschaffung habe ihn außerdem eingenommen, daß inan dieselbe gewissermaßen als eine „Assekuranz" gegen neue Verirrungen betrachte, und die Sentimentalität, mit der man das Leben als das höchste Gut des Menschen betrachte. Das Leben sei aber nur Mittel ') Diese Sitzung war eine so außerordentlich wichtige und viel leicht so erfolgreiche, daß wir eine» ausführliche» Bericht darüber z» geben nicht unterlassen dürfen. zu einem höhern Zwecke, welcher über daS irdische Leben hinauSreiche. Dessenungeachtet sei er jetzt unbedingt für Abschaffung der Todesstrafe, weil sie in den Grundrechten einmal ausgesprochen sein. Er schloß mit dem Wunsche, daß der religiös-sittliche Geist im Volke sich iminer mehr stärken möge. Hering ebenfalls für den Ausschuß. Die Grundrechte seien' unter dem Namen de» Königs eingeführt, sie hingen daher mit der Ehre des königl. Wortes, mit dem Vertrauen deS Volks auf ein königl. Wort eng zusammen. Wer eS also wohl meine mit dem König und dem Vaterlanec, müsse für Durchführung der Grundrechte stimmen. UebrigenS stelle die Religion den Tod als einen „Hingang zum Vater" dar, wie könne man also daraus eine Strafe und zwar die höchste Strafe machen wollen? > Nachdem dann auch Wigand sich für den Ausschuß ausgesprochen hatte, ergriff Biedermann das Wort. Er widerlegt die Annahme, al» ob die Grundrechte dadurch verloren hätten, daß ein deutsche» Reich nlcht zu Stande gekommen. Wolle man übrigens auf der einen Seite eine Eontinuität deS alten Bundestags mit der Centralgewalt annchmen und Gesetze der letzter» um deswillen fortbestehen lassen, weil man sie (wie z. B. die Erhöhung des Militärs) als Gesetze de» Bundes ansehe, so müsse man dies auch bei anderen Gesetzen und namentlich auch bei den Grundrechten gelten lassen. Er beleuchtete dann den Einfluß, den möglicherweise das Zustandekommen einer anderen deutschen Verfassung — welche die Regierung, trotzdem, daß sie sich auch von der Verfassung vom 26. Mai wieder losgesagt habe, im Auge zu haben scheine— haben könne, und erkannte dabei an, daß der Ausschuß ganz recht habe, wenn er die Grundrechte als Theil der Verfassung betrachte, denn sie seien in Sachsen nicht eingeführt worden um ihres Ursprungs, sondern um ihre» Inhalts willen, wie dies der Ausschuß so treffend, und schön gesagt habe. Er legte dann schließlich die Widerrechtlichkeit und Nutzlosigkeit her Todes strafe dar. v. Polenz kann eS nicht unternehmen, dem Vorredner an Rcdnertalcnt gleichen zu wollen, will aber wenigstens einigt praktische Bemerkungen machen. Wolle man denn den Brandstifter, den Ver- räther, der daS ganze Land unglücklich mache, den. Mörder unserer Familie noch ferner ernähren? Wolle man die Gefängnisse und Zucht häuser noch mehr erweitern und noch mehr Geld darauf wenden? Man könne die Todesstrafe nicht entbehren und daher müsse man sie beibe- halten. Wohl aber sei er dafür, daß man sie auch ferner — wie bis her — mit Maaß auSübe. Wigand und Kalb zur Wider legung. Letzterer bemerkte, daß v. Potenz daS System der Rache, das jus talionis in die Gesetzgebung einführen wollt. Wie man übrigens eine Todesstrafe „mi t Ma aß auSüben" könne, begreife er nicht, v. Polcnz entgegnete darauf ganz ernsthaft, daß er nicht die Vollziehung der einzelnen Todesstrafen dabei im Sinne gehabt habe. Minister v. ZschinSky njmmt auf da» in nächster Zeit erscheinende Criminalgcsetzbuch Bezug und erklärt, daß ehen in Rücksicht darauf die Regierung vor der Hand wHh 'ein AuSftihrungSgesetz in dieser Beziehung vorlegen, noch ein solches von den Kammern annehmen werde. Dann fügte kr hinzu und wir geben die folgende Er klärung wörtlich: „Die Regierung werde— Wik er erkläre — die Bestimmungen der Grundrechte, welche sie für heilsam und zu- iräglich erachte, gewissenhaft auSfnhren helfen, sie wkrdc e» aber