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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.05.1878
- Erscheinungsdatum
- 1878-05-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187805219
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18780521
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18780521
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1878
-
Monat
1878-05
- Tag 1878-05-21
-
Monat
1878-05
-
Jahr
1878
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.05.1878
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Bahn b«. kuni 135'/, 138 ^ bq. September- ündigunzs t« X na- Nulter-! dert. o und I: > —20.75 Kilo Frutti ai 18.80 bil I 85 Zuli-Aua >er-Oktober! co 84.0 ^ r Mai-Ju« i 63.2—8» I ^1 bez. «8 >1 ocv 24.7 ^l,I der 25.4 bü 8—25.6 -l saß 51.8 ^,1 : per Ml 1.8-52 ^,1 ., per Juli-I ^Tevlemb«! )ctober 53.il tündiqungi- cten-Ben<I»I rinflusse dn gen Tendeilj! )ie GetreitrI Standvunal töne Quak bis 220 ^,1 bis IW 4 er 150 bil! votier 28,1 Erbsen! >o. Victori»! i, Bobnen.! 7 bis 18 Kiloqram«.! l, weiß, II! brS 18.50 >t. > Kiloqraimü.I r Altenburo j! :reqe», > Sonmknd !es Ani>ed»l,I Roqo afer 147 kilo; Lei, Sir. 0 18.» «, Sir. 0/11 Weizenkleie! n 2—2.50. per 50 Erscheint tL^tch früh 6'/. Uhr. M»««»» «l> »ePtbttto, Johcumts-afse »». »prrchKmtdc, krr »od«ctt»,r vornnttag« 10—12 Uhr. Nachmittags 4—8 Uhr. U«m»«e der ftlr die nächst. Nummer bestimmten au Wochentage« dis hmtttags. an Sonn- ze« früh bis'/,S Uhr. M »er Fittale» stk Zok. A»mch»r: Ott» Klemm. UnrversttLtSstr. 22, tmts LHsche^Kat^arEnstr. 18.P. nur dt« Uhr. KipMtr JageblaN Anzeiger. Organ für Politik, Local-eschichtc, Handels- und GtschWvnkehr. «kh-«-l>»»k lö.L»«. Lbaaar»e,t»»rrt« viertelt. 4^ Btt, mcl. Bruiacrwha 5 Mt. durch die Post bezogen s Mi. Jede einzelne Nummer 2s Ps. Bclegrxkmplar 10 Pf. Gebührcu für Extrabeilag« «h«e Pvftbe'Vrderung 36 «L Mit Postbeftrderung 4b Mi. Ziemte barsp Petitzeil« 2« Pf. «rbtzem Schriften laut unserem Pretdoerzeichniß — Labellartfcher Satz nach höherem Tarif. Urcla»e» »ater de« »tdaettamßtt- dir Spaltzril« 40 Pf. Inserate find stets an d. Teßedttt»» zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlm »der durch 141. DieuSlag den 2l. Mai t878. 72. Jahrgang. Bekanntmachung. Die diesjährig« Lftermeffe endet mit den» 25. Mat. Ln diesem Tage find die Buden und Stände aus den Plätzen der inner« Stostt bis 4 Uhr Nach- mttaaS vollständig zu räumen und bis spätesten- 8 Uyr Morgens des 86. Mai zu entfernen. Die auf dem Ausnftnsptntze und auf den öffentlichen Wegen und Plätzen der Vorstadt befindlichen Huden und Stände find bi- Abends 8 Uhr deS 25. Mai zu räumen und von und mit Sonntag dem 2«. bis ast W. Mai, jedoch ledialtch miihrend der Tagesstunden von 6 Uhr Morgens di» 7 Uhr «dendS ab- plbrechen und wegzuschaffen. Mit dem Abbruche der Buden auf der Nordseite des Augustusplatzes darf nicht vor dem 26. Mai begonnen werden. ES bleibt auch diesmal nachgelaffen, die Schaubuden noch am 26. Mai geöffnet zu halten. Dieselben, wofern sie auf Schwellen errichtet, ingleichen die Carrousiels und Zelte sind bis Abends 10 Ubr deS 28. Mai, diejenigen Buden aber, rücksichtlich deren daS Eingraben von Säulen und Streben gestattet und eine längere Frist zum Abbruch nicht besonder- erlheilt worden ist, bis längstens den 1. Juni Abends 8 Uhr abzubrechcn und von den Plätzen zu entfernen. Zuwiderhandlungen gegen diese Vorschriften, für welche beziehentlich auch die betreffenden Bauhand werker oder Bauunternehmer verantwortlich sind, werden mit Geldstrafe bis zu 15V Mark oder entsprechen der Haft geahndet werden. UeberdieS haben Säumige auch die von Obrigkeits wegen zu verfügende Be festigung der Buden rc. zu gewärtigen. Leipzig, am 11. Mai 1878. Der Nath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Wangemann. Gewerbekammer Leipzig. Heute, de« 21. »S. Nachmittags 5 Uhr öffentliche Sitzung i« Saale der Erste» »Rrgerschttle. Tagesordnung: 1) Rcgistranden-Vortrag; 2) Gutachten des Finanz-AusschuffeS über ». eine Ministerial-Lerordnung, de Mangel an Ein- und Zweimarkstücken betreffend, sowie d. über die vom Central-Berein zur Bekämpfun der ZahlunaSmißbräuche nachgesuchte Unterstützung; 3) Bericht über die hier stattgefundene Delegirten-Ver» sammlung deutscher Gewerbekammern, die Abs " - ng deutscher Gewerbekammern, die Abänderung der Gewerbeordnung betreffend; 4) Gutachten deS Ausschüsse- für Verkehrswesen, betreffend die Unterstützung des Vereins für Erforschung d den ng Leipzig, den 14. Mai 1878. r.<"' °rs. des inneren Afrika. Herzog. Eecr. Bekanntmachung. deS diesjährigen ReichS-GesetzblatteS ist bei^ uns eingeqangen und wird HK z»m Ra " " -- - - DaS II. Stück 5. künft. Monats auf dem Rathhaussaale öffentlich auShängen. Dasselbe enthält: Nr. 1237. Gesetz, betreffend den Bau von Eisenbahnen in Lothringen. Bom 8. Mai 1878. Leipzig, den 18. Mai 1878. »er Nath her Stadt Leipzig. vr. Georgi. Lerutti. rse. rüh: 87/lll ger, loco isch-galiM > 212-225. do. gen» , loco hie! 140-145^ t bez. u. 1 do. osi hiesige 1? utter- 130 160-180 bez. u. Br. 140-153. ez. u. Br., . 126-140 nach - 156-180. ö bez. u. '-25'". X io ohne F irz-April6S. bez. e )saß mav loco 53.30 den 15. o 53 enmehl Nr.l Nr. I 27 . - Verband, > rack, loco ».1 loco 12 ^ll > 8wt«a». gramm. Pfer „N, rndpost en. «troffen: Taqanroq: dam; in H ool (15./5 ) > I>" von N« )om La Plc «"; in Q» lcutta (15< in New-ff > (8./5.): i", beide >»tg. ^ Lamberger über Vereins- un- preßmaßregelungen gegen -ie Zocial-emokratie. Der in Vorbereitung begriffene Gesetzentwurf gegen die Socialdemokratie war in anderer Fonn schon früher einmal da. Es war dieS die famose Strafgesetznovelle, die seiner Zeit vom Reichstage mit erdrückender Majorität a^eworfen wurde. Damals beleuchtete der Abg. Bamberger in längerer trefflicher Rede in der Reichstags sitzung vom 27. Januar 1876 den Sinn und ! Zweck oder vielmehr die Zwecklosigkeit solcher Re- pressivmaßreaeln. Der Redner erkannte die Gefahr der socialistifchen Bewegung und die Nothwendigkeit ihrer energischen Bekänipfung vollkommen an. aber ler fuhr fort: „Wir stehen aus dem Standpunkt Iver historischen Erfahrung, die unS sagt, daß alle »diese kleinen HauSmittelchen mit Preßparagraphen ImS nicht helfen können in solchen Fragen. Wir ! haben ja diese Geschichte feit 50 Jahren in der I ganzen Welt gesehen. Zur Zeit, als rum ersten Male leine lebhafte socialistische Partei aus dem Eontinent lsuskam, zur Zeit deS Grafen St. Simon, wie I wurden sie da verfolgt! Sie haben jahrelang in Iden Gefängnissen gesessen und nichts desto weniger list die Sache weiter gegangen. Wie wurde unter lder Julirevolution Verfahren? Da wurden alle jAngriffe der socialistifchen Literatur auf daS Einigste verfolgt. Dieses Gesetz, das man uns beute vorschlägt, ist nichts als die ganz sklavische Copie der sogen. Septembergesetze aus dem Jahre 1834. Nun, meine Herren, was hat eS denn geholfen'? Im Jahre 1848 zeigt die Juni« schlacht, welche ungeheure Masse von commu- Bitterkeit, viel mehr condensirte Kraft gesammelt hatte, alS eine freie Discussion gegeben hätte. Ich Idin nicht der Ansicht deS Herrn Abg. Lasker, daß !«an sich absolut darauf verlassen kann, daß bei I freier DiScussion Überhaupt und überall die Wahrheit Viag, l Helsen nichts. Die Junischlacht war mit Mühe I geschlagen, die französische Gesellschaft athmete für !cme Zeitlana aus; unter dem Königthum war doch Imrklich die Presse nicht übermäßig frei. ES gab laich damals keine absolute Freiheit der Versamm Ikag in Frankreich, aber unter dem Kaiserthum !>var sie absolut nicht möglich. Jede Vereinigung Ivon zwanzig Personen, die nicht autorisirt war, ver fiel sofort dem Strafgericht. WaS war dir Folge? !Sie haben eS gesehen, welchen massenhaften Stoff Idie Commune auSspie in einem einzigen Moment. 1ll»d in welchem Moment, meine Herren? In » Moment, wo die höchste Gefahr daS Vater- bedrängte, wo jeder Mensch, der noch einen »ken von Patriotismus im Herzen trug, in wkreich daS gemeinsame Unglück gemeinsam hätte en mittraaen helfen; in einem Augenblicke, wo I- man mochte noch so kommunistisch und socia- Msch gesinnt sein — im Angesicht der Feinde und deS Iriedergetretenen Vaterlandes der Haß hätte schweigen " i. Nein, so grimmig war, trotz de- Drucks des Ironischen Verbots der Versammlungen, die Llatt -- ye §* lAuumen aufgehen zu lasten drohten." — Diese ! Erfahrungen enthalten eine Warnung so eindring- I sicher Art, daß selbst Diejenigen, welche sich über j theoretische Einwändc mit grundsätzlicher Ber- müßten. zen werden, noch ver- »merv; keinesfalls würden sie dazu beitragen, > Leich populärer zu machen. Darum Vorsicht! Tagesgeschichüiche Ueberficht. Lelpzl«. 20. Mai. Gegen die heraufziehende Reaktion bringt tue „Nat.-Ztg." einen ergreifenden WarnungSartikel, worin eS heißt: Mit tief empfundenen Worten hat der Kaiser dem Gefühl geantwortet, das voll und ungetheilt in Liebe und Verehrung ihm ans Aller Herzen entgegenquillt. Wo ist innerhalb dieser erhebenden Bewegung ein einziger Mißklang vernommen worden ? Jede Par teiung hat eine Weile aufgehört; eS gab nur die Partei der ehrlichen Leute und eine kleine Schaar unreifer Buben und feiger Prediger des Tyrannen- mordcs. Wir wollen noch nicht glauben, daß dieses welches der friedlosen Welt das einigen, um seinen Fürsten und in den schönsten Tagen des großen Sturm der Begeisterung gescbaartcn ein häßliche- Nachspiel erhalte, ein Nach- lM )olkes zeigte, ' " für daS schwarze Nachtgevögel, mit ünberechen- auf gewisse ie Reaction Schauspiel, Bild eines Helden wie ahreS N spiel für barem AuSgang. Denn an halten, Kreise beschränken läßt sich d nicht. Für die augenblickliche Unterdrückung der demagogischen Wühlerei tauscht man für die Zukunft unbekannte Nebel ein. Den festen Wall, den gerade jetzt der gesunde Sinn des Volkes dagegen zu er richten begann, untergräbt man; gewaltsam treibt man durch Notbgesetze und außerordentliche Maßregeln die liberalen Parteien des Bürgerthums zum Widerstand gegen eine Staatskunst, die das Reich, das durch die Besieaung und Vernichtung des napoleonischen Cäsarenthums begründet wurde, mit den Mitteln und Werkzeugen dieser Herrschaft, im Bündnis mit dem orthodoxen Priestertyum, schützen will. Kein Gesetz wird für die Ewigkeit gegeben und wenn in der Handhabung des allgemeinen Wahl rechts, in der Freiheit der Versammlung, in dem Uehermuth der Rede sich Mißbräuche, Mißstände, Unzuträgllchkeiten herausgestellt haben, so wrrd kein Verständiger die Untersuchung derselben und im Falle ihre Schädlichkeit nachgewiesen wird, ihre Beseitigung verweigern. Die Hand des Gesetzes zu stärken wo nöthig, ist man allseitig bereit, aber nickt die Willkür will man Hereinrufen. Und solche Vorschläge ge winnen noch ein ganz anderes Ansehen, sobald sie, noch glühend in der Farbe des Unwillens und der Leidenschaft, gleichsam als Antwort auf eine freche Herausforderung vor das Volk hintreten und die gesetzliche Weihe für sich fordern. Die Schuldigen treffe die ganze Strenge deS Gesetzes, aber der Gesetzgeber verleugne niemals seine Weisheit und Würde. Er vermeide auch den leisesten Argwohn, den schwächsten Schein, als könnte seine Forde rung von seiner Erregung, sein Gebot von seinem Zorne beeinflußt sein. Daß ein Wahnsinniger oder ein Bube, ein letzter Römer oder ein Prahl hans des Verbrechens das Leben eines Fürsten bedroht, wird kein Gesetz zu verhindern im Stande sein; in der Versammlung des Senats siel Cäsar, auf einem Maskenball traf Gustav 1U. die mörderische Kugel. Mit einem besseren Schutz als jede Wache, jede Strafbestimmung umgiebt noch immer die Liebe des Volke- einen Fürsten, fester als auf jedem Gesetz buch ist die Herrschaft unsere- Kaisers auf diesem „rovber 6e dronre stabiliret". Auf Freiheit, Recht und Billigkeit hat er selbst unser Reich gegründet; wenn diese Grundlagen nicht mehr dauerhaft genug erscheinen, wie könnten eS Polizeimaßregeln, Unter- drückungsparaqraphen, die nur den guten Bürger schrecken und hindern, während sie der schlechte ge schickt zu umgehen weiß! Mit solchen Verboten, die angeblich nur zur Er haltung der Ordnung, zum Schutze de- EigenthumS erlassen werden, fing die Reaction im Jahre 1849 an und wo endete sie! In einer schreck lichen Versumpfung aller politischen und religiösen Verhältnisse, in der Katastrophe von Bronzcll, in der Lahmlegung de- preußischen Staates, in einer Falsch münzerei der Frömmigkeit und der Loyalität, die den gerechten Unwillen und die.Sorge des damaligen Prinzen von Preußen erregte. «IS er die Regentschaft antrat. Gegen die heillose Verwirrung jener Tage, die Erstarrung jeder politischen Thätigkeit in unserem Staate, gegen die Herabwürdigung des preußischen Staates gehalten, w»e unbedeutend erscheinen di« Aus schreitungen einer Partei, die zur guten Hälfte aus Unmündigen und Bethörten besteht. Seit dem 2. Sep tember 1870 hat eS keinen Taq gegeben, wo das deutsch« Volk sich so fest und innrg mit seinem Kaiser verbunden fühlte, so rückhaltlos ihm vertraut«, wie er unS vertrauen konnte, so freudig ihm zuiauckzte, als den II. Mai 1878. Und dieser Tag sollte zu dem verhäng-, nißvollen Ausgangspunkt einer Staatskunft werden, die, mit der Unterdrückung einer Partei beginnend, mit der Vernichtung jeder Freiheit aufhören muß! Andere Zeichen gesellen sich dazu — über der Be völkerung liegt daS Gefühl, als ser die ganze Tendenz der Regierung in das Rollen nach RechtS gekommen, immer weitere Kreise zurücklaffend und von sich stoßend. Ein Minister, der die Geistesthaten deS neuen Reiches wie kein Anderer vertritt, dem man einzig vorwerfen kann, daß er Priesterherrschast und Ver finsterung nicht unter dem Deckmantel der Religion herrschen lassen wollte, bereitet sich zu gehen — wie Vieles würde er auf seinem Gang mitnehmen. Welch ein Zusammentreffen: jener Abgang, der tief in das Herz der Bevölkerung trifft, die eben noch ihrem Kaiser zuiauckzte, und die Proclamirun« von drohen den Ausnahmemaßregeln. Ist es ein Wunder, wenn das Wort „Reaktion" auf Aller Lippen ist ? Mögen die unsichtbaren Mächte, die bisher den Kaiser und das Reich beschützt, diese Wendung, die noch gefähr licher für die Zukunft sein würde, als sie beklagens- wcrth für die Gegenwart ist, von ihm und unS ab wenden. Daß die Socialdemokratie selbst sich bei der gegen sie angekündigten allgemeinen Hetze voll- kommen wohl befindet, lehrt ein Artikel ihres Ber liner Organs, der höhnend sogar schon die Hinter-- thüren aüfzählt, durch welche die verfolgte Partei entschlüpfen werde. Die „Berliner Freie Presse" schreibt: „Man verbiete unsere Versammlungen; gut, dann treten wir in die bürgerlichen Bezirksvereine ein und tragen unsere Lehren dort vor. Jede Werk statt, jeder Keller, zede Dachwohnung, jede Kneipe bietet uns ein Mittel zur Agitation; wir werden diese Mittel energischer im Geheimen benutzen, wenn man unsere öffentliche Agitation unmöglich macht; außer dem würde unseren Agitatoren eine längere Ruhe pause (Sommerferien) zur Erholung und Kräftigung recht dienlich sein. Das sollten die Gegner doch längst eingesehen haben; mit solchen kleinlichen Polizeimaß regeln ist einer großen, weltgeschichtlichen Idee nicht beizukommen. Will man unS in der Thal vernichten, ist man wirklich der Ansicht deS Herrn Karl Braun, daß der Socialismus eine Pest sec, die vom Erdboden vertilgt werden müsse, dann fasse man die Sache auch ordentlich an. Die reactionaircn Blätter fordern in verschämter Weise ja schon lange zu einem blutigen Vorgehen gegen uns auf; wozu die krummen Wege? Sage man das geplante Mittel doch ehrlich heraus! Ern lustig Sckießen soll uns hoch erfreu'n! Der Socialist soll uns're Scherbe seinl Aus den Verhandlungen deS BezrrkSvereins deS Kövnicker Stadtviertels ist unS bewiesen, daß man aus der Polizei eine Liste über die Gesinnung der Berliner Bürger führt vielleicht läßt sich diese Liste so erweitern, daß man ein Berzeichniß aller Socialisten Berlins bekommt. Diese Leute muß man vernichten. Nur kein schwächliches Erbarmen." Dre Angabe, daß die Entscheidung im preußischen Staatsministerium in Betreff der Vorlage gegen die Ausschreitungen der Socialdemokratie durch Abstimmung erfolgt sei, sowie die Bezeich nung von Mitgliedern, welche eine Minorität gegen die Vorlage gebildet hätten, wird durch ein Tele gramm von Berlin auS für unbegründet erklärt; vielmehr sei daS StaatSministerium nach wieder holter und eingehender Berathung in völliger Uebereinstimmuug und mit Einhelligkeit zu dem Beschlüsse gelangt, die Vorlage einzubringen. Die „Post" schreibt: Welche Gründe auch immer für daS AbschirdSgesuch maßgebend gewesen sein mögen, welche- der Minister Falk eingereicht haben soll, — so viel können wir auf Grund zu- verlässiger Information versichern, daß eS nicht Differenzen im Schooße deS StaatSministerium« gewesen sind. Zwischen Herrn Falk und den übrigen Mitgliedern de- StaatSministerium«, namentlich auch dem augenblicklich abwesenden Präsidenten desselben sind auf dem gesammten Gebiete der TageSfragen Meinungsverschiedenheiten nicht zu Tage getreten. Man telearavhirt der „Köln. Ztg " au» Berlin vom 19. Man ES wird nachträglich bekannt, daß die Mittheilung von dem EntlaffungSgesuch de» Eultus Ministers Vr. Falk bis gestern aller Welt unbe kannt war und zuerst durch ein dem Minister nahe stehendes Mitglied deS preußischen Abgeordneten hauses weitere Verbreitung gefunden hat. Es gewinnt den Anschein, alS ob selbst die übrigen Minister von dem Schritte ihreS College» keine Kcnntniß gehabt hätten Jedenfalls hätte vr. Falk daS Entlaffungesuch ohne vorherige- Einvernehmen init seinen Cvllegcu eingereicht. Nicht ohne Eindruck ist es geblieben, daß das Vorgehen Falk'S weitere EntlaffungSgesucke nach sich ziehen soll. In den Kreisen, aus denen Minister Falk als Parlamentsmitglied in daS Ministerium getreten ist, gilt es als auSgemachte Sache, daß die Bestätigung seiner Entlassung den Rücktritt deS Ministers für die landwirthschaftuchen Angelegenheiten vr. Friedenthal und möglicher Weise auch jenen de- Finanzministers HobreLt zur Folge haben iverde. Man will deshalb annehmen, daß das EntlaffungSgesuch vielleicht seine Be stätigung nickt finden werde. Erst die Ankunft deS Fürsten BiSmarck soll die Entscheidung be züglich dieser Angelegenheit bringen. Da« „Deutsche MtgSbl." bringt folgende Mit theilung aus gouvernenientalen Kreisen, die eS selbst vertreten möge: „DaS EntlaffungSgesuch des Minister- vr. Falk wurde trotz der ofsiclösen Gegenversicherungen in Wahrheit erst um die Mitte der letzten Woche eingereicht und wird, fall- eS angenommen werden sollte, die weitgehendsten Fol gen nach sich ziehen. Die äii imuores mögen un berücksichtigt vlerben, damit wir unS gleich der Hauptsache zuwenden können: Es soll sich nämlich den oben erwähnten Gerüchten zufolge für den Fall, daß vr. Falk'S Entlassung angenommen würde, um nichts mehr und nichts weniger als den Rück tritt deS Fürsten BiSmarck handeln. Mit dem Scharfblicke nämlich, welcher denselben bei allen Dingen der auswärtigen Politik auszeichnet, er kennt er in dem etwaigen, jetzt erfolgend' Rück tritte des Ministers Falk den ersten Schritt zu einem Zurückweichen im Kampfe mit der Kirche oder vielmehr mit dem Clerus, dem unbedingt, weil innerer Notwendigkeit entspringend, andere folgen muffen. Nach wie vor hält er aber fest an seinen Worten: „Nach Canossa gehen wir nicht!" Eher geht er selbst." Die Mitteilung, daß Graf Herbert BiS marck von Friedrichsruhe in Berlin eingetroffen sei, beruht auf einem Jrrthuin. ES sind daher "stich auch die en, welche an dieselbe _ ^ bezüglich der Rückkehr deS Reichskanzlers geknüpft wurden, hinfällig. Eine der von dem Attentäter Hödel abge- schoffenen Kugeln soll nach der „Nat.-Ztg." auf dem südlichen Straßcndamm der Linden, nahe dem russischen Botschaft-Hotel im Staube gefunden worden sein. — Mit welcher Frechheit der Atten täter Hödel zu Werke geht, beweist folgende von ihm am Sonnabend gemachte Aeußerung gegen einen der nnt ihm in Berührung kommenden Be amten: „Man wird hier wie ein Hund behan delt," redete er denselben an; „nicht einmal eine Zeitung kriegt man hier, sorgen Sie dafür, daß ich morgen eine Zeitung erhatte" u. s w. — Die Zeugenvernehmungen wurden am Sonnabend fortge setzt und waren gegen 2 Uhr beendigt, dieselben bringen nicht- wesentlich Neues. Hödel bleibt bei seiner Behauptung fest stehen, daß er nicht den Kaiser, sondern sich habe erschießen wollen. Wie man auS Fulda meldet, hat Hödel im vorigen Jahre eine Zeit lang dort gelebt, wo er bei dem Alempnermeister und Lampenfabrikanten E. Bellinger in Arbeit stand. Viele «ollen sich seiner Persönlichkeit noch genau erinnern und be im Uebrigen aver in meiancrwtticyer Abgeschlosien- heit gelebt habe. Der genannte Verein huldigt nichts weniger als social-demokratischen Tendenzen, so daß eS wahrscheinlich ist, daß Hödel uur durch denselben seinen socialistifchen Ideen bei den Ar-
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