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Nr. 69 9. März 1844 Sonnabend WM Deutsche Allgemeine Zeitung. WM Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Ueberblick. Deutschland. ^Äus Preussen. Die Gustav-Adolfstiftung. * München. Nachrichten ans Athen. * Dresden. Namenstag des Königs. — König liche Armenspende in Hannover. *Uon der overn Fils. Ein militai- rischer Priester. Uebertritt eines protestantischen Pfarrers zur katholischen Kirche. — Berufung eines außerordentlichen Landtags und neue Wahlen in Koburg. Große Empfangsfeierlichkeit beim Herzoge. Preußen. ABertin. Zur Verständigung, *Halle. Das Studcntenmu- seum. Die Untersuchungen. Die Gustav-Adolf-Vereine- * Posen- Die Anspection der Militairpferde. Die Polen. Kefterreich. * Brünn. Die ständische Akademie. Frhr. v- Rothschild. Portugal. * Lissabon. Rcgcnwctter. Der Aufstand. Englische Kriegs schiffe- Die Bank. Costa-Cabral- Großbritannien. Die Chartisten- Die irische Frage. Die Ducllgcsetz- gebung- g-London. Die Polen. Frankreich. Deputirtcnkammcr: die Befestigung von Paris--sParis. Die Festungswerke. — Ein Religionskatechismus. Italien, -s kom- Verwundung eines Engländers. Die Tiber. Der Groß herzog von Schwerin. Griechenland. Verfassungsverhandlungen in Athen. Südamerika. Verfahren gegen Fremde in Mejico. Wissenschaft und Munft. * Berlin. Die Aufführung der „6apt>H" des Plautuß. * Dorpat. Mad- Clara Schumann. * Leipzig. Die Bild nisse der deutschen Könige und Kaiser. Handel und Industrie. * Frankfurt a. M. Die finanziellen Gesetz entwürfe in de» Niederlanden. Die spanische üproc. Rente- Launuscisen- bahn-Actien. * Bukarcscht. Bergbau. — Berlin. Neueste Nachrichten. Karlsruhe- Schreiben des Staatsministeriums. Paris. Militairverschörung- Die Legitimisten. Cabinctsfrage. Die Köni gin Christine. Ankündigungen. Deutschland. cX Aus Preussen, 6. März. Nicht ohne Erstaunen ersah man hier, mit welcher Lebhaftigkeit ein Schreiben aus Sachsen (Nr. 65) sich über Preußens Thcilnahmc an der Gustav-Adolf-Stiftung aussprach. Eine solche Auffassung von Verhältnissen, die nun doch einmal da sind und sich durch dergleichen Anfeindungen am allerwenigsten ändern las sen, hätte Alle, die es mit der Sache wohlmcincn, wahrhaft betrü ben können, wäre nicht zu gleicher Zeit augenscheinlich gewesen, daß je nem Schreiben neben mancherlei thatsächlichcn Jrrthümern auch eine völ lige Verkennung der. politischen Verhältnisse zum Grunde läge. Seine Hauptbcschwcrden scheinen zu sein, daß die Leitung der ganzen Sache nicht ausschließlich Privatleuten überlassen geblieben sei und daß man bei einem evangelischen Wohlthätigkcitsvcreine die politischen Grenzen der Staaten nicht unberücksichtigt gelassen habe. Den erstem Einwurf hat die Erfahrung bereits widerlegt, wenn wirklich Jemand hi unserer Zeit noch so unbefangen sein konnte, erst eines thatsächlichcn Entgcgentrctens zu be dürfen, um zu der Einsicht zu gelangen, daß eine wirksame Unterstützung protestantischer Brüder, wie fic der Gustav-Adolf-Verein, wenn nicht in feinen bisherigen Anfängen, doch in seiner künftigen Ausbildung zu leisten vermögen wird, sehr häufig und grade dort, wo man ihrer am meisten bedarf, auf einen Widerstand stoßen werde, der von Privatleuten kaum immer vorherzusehen, noch weniger aber zu umgehen oder zu beseitigen sein dürfte, und wenn dann der Gustav-Adolf-Verein ohne alle eigne Verschuldung in solche Verwickelupgcn gcrathcn wäre und im Bewußtsein seiner reinen Absichten nach Nath und Beistand hcrumblicken würde: wem hätte vorzugsweise die Pflicht obgclcgcn, nach Kräften ihm hülfreich zu werden? Wer aber vorausschcn kann, daß ihm die Aufgabe zufallcn werde, Verwickelungen, die nicht ausbleibcn können und zuweilen große Bedeutung erlangen möchten, zu lösen: sollte der dieselben von Privat personen aus Unkcnntniß der jedesmaligen Verhältnisse oder aus Mangel an geeigneten Mitteln unnvthigcrwcise immer erst herbeiführcn lassen und nicht vielmehr wünschen müssen, ihnen durch Auskunft und Vermittelung vorzubcugcn? Nur eine allzu bescheidene Meinung von der Wichtigkeit des Gustav- Adolf-Vereins, nur ein allzu günstiges Urtheil über die Verhältnisse, welche ihn nöthig gemacht und ins Leben gerufen haben, nur ein völlig unstatthaftes Zurücktretcn der Sache vor der Persönlichkeit würde diese Fragen bejahen können. Was läßt sich nun aber gar von dem zweiten Einwurfe sagen! Wie, Preußen sollte verkennen, welche Bedeutsamkeit ein kräftiges Erwachen des Bewußtseins der protestantischen Einheit habe? Preußen sollte nicht einsehen, von welcher Wichtigkeit dieses Bewußtsein für seine Stellung in der protestantischen Welt sei? Preußen sollte aus Klcinmuth oder aus Eigennutz zurückweiscn, was cs nur aus „Rücksicht" nicht annehmcn will? Wahrlich, diese Beschuldigung ist neu, und das Gegenthcil wurde noch neuerdings in einer andern Beziehung wenigstens eben so leidenschaftlich behauptet. Nein, nicht Preußen braucht das Be wußtsein dieser Einheit zu furchten; nicht Preußen kann Zwiespalt in die Wirksamkeit des Gustav-Adolf-Vereins zu bringen wünschen. Verge bens versuchen die „Lchrartcn" sich als Günstlinge oder als Märtyrer darzustellcn; „Eintracht des Handelns" ist die Fahne, um die Volk und Fürst sich scharen, der selbst die Eiferer folgen müssen, um nicht verein zelt zurückzubleiben. * München, 4. März. Rach mehrtägigem Harren ist endlich die sen Morgen unsere Neugier auf den Inhalt der Briefe aus Athen vom 21. Febr. befriedigt morden. Die Zahl der hierher gelangten Briefe scheint zwar keine große zu sein, aber da ein Thcil derselben dem gleichzeitig aus Athen zurückgekchrtcn Grafen v. Rcchbcrg anvertraut gewesen sein soll, so dürften sie meist von Personen stammen, auf deren Urtheil man ihrer besondcrn Stellung halber cm größeres Gewicht legen kann. Was ich vorläufig zu berichten vermag, besteht in Folgendem. Die Gesandten Englands und Frankreichs, von denen übrigens auch diese Post wieder Depeschen an ihre Amtsgenossen an unserm Hof überbracht hat, verhan delten mit dem Ministerpräsidenten in fast täglichen Zusammenkünften, sowie sie auch wiederholt vom König empfangen wurden, und zwar nicht mehr, wie nach dem 15. Sept, immer, bloß in Gegenwart Metaxas', sondern auch ohne von diesem cingeführt worden zu sein. Die griechischen Blätter nicht, noch weniger aber unsere Korrespondenten, machen ein Hehl daraus, daß somol Sir E. Lyons als Hr. Piscatory bei jeder Gelegenheit den Ministerprä sidenten und durch diesen alle Tonangcber in und außerhalb der Natio nalversammlung unumwunden darauf aufmerksam machten, daß mit der Beendigung der Bcrathung über den Vcrfassungsentwurf das Werk der Herstellung einer Charte noch keineswegs geschehen sei, daß vielmehr von dem Könige die Pflicht der Revision und der Emcndation geübt werden müsse, und daß vor Allem alle und jede Bestimmungen aus dem Entwürfe, bevor dessen Erhebung zum Grundgesetz ausgesprochen werden könne, ent fernt oder modisicirt werden müßten, welche weiter gingen als die vor handenen Verträge oder mit diesen sonst nicht in gehöriger Uebcrcin- stimmung ständen. Die Wirkung dieser Sprache der beiden Schlitz ¬ mächte, mit denen sich die dritte am Ende doch wol in Allem verstän digen wird, konnte nicht ausbleiben, und ihr hat man cs unstreitig beizu- mcsscn, wenn die Führer der Parteien in der Nationalversammlung und in der Tagespreise sich auf einmal ausnchmen wie Leute, welche iamm- sromm sind, nachdem sie sich erst tüchtig ausgcschriccn und abgctobt ha ben. Metaxas regiert übrigens allein und wird wol auch diesen auö- schließendcn Einfluß auf die Verwaltung fortübcn, bis uns irgend eine Eventualität die Möglichkeit zur Bildung eines andern als des gegen wärtigen Gesammtmimsteriums bringt. Die öffentliche Ordnung war nicht gestört worden. Handel und Verkehr lagen nach wie vor danieder. *Dresdm. 6. März. Wir begingen gestern die Feier des Namens tages des Königs. In frühester Morgenstunde durchzogen mehre Musik chore die Straßen, Mittags fand ein festliches Carousselrciten in der gro ßen Reitbahn des Cadcttenhauscs statt, das, mit dem Prinzen Johann und dem Prinzen zur Lippe an der Spitze, von noch 14 der gewandte sten Reiter unserer Cavalcric ausgeführt ward und den lebhaftesten Bei fall der glänzenden und zahlreichen Versammlung fand. Jubelruf em pfing den König, als er Abends im Hoftheater erschien. — Die k. hannoversche Hand - und Chatoullkaffc-Vcrwaltuiig hat am 2. März auf Befehl des Königs dem Landdrost v. Dachcnhausen die Summe von 2»0 Thlr. zur sofortigen Vertheilung an wahrhaft Hülfsbedürf- tige der Residenz und ihrer nächsten Umgebung zugcfcrtigt. Es ist das derselbe Betrag, welchen die verewigte Königin an diesem Tage den Ar men zuzuwendcn pflegte. (H- Z-) *üon der ober» Fils, 3. März. „Wunderliche Sprünge, wenn der Gaishirt ausfährt", ist ein Sprüchwort in diesem Thälchen, das man das Gaisthal nennt. Vor kurzem hat die Deutsche Allgemeine Zeitung (Nr. 21) aus unserer Nachbarschaft einen solchen Bockssprüng berichtet von dem Pictistcngeneral Schrade aus Laichingen (nicht Lenhingcn) auf der benachbarten Alb, der so viele Frauen und Jungfrauen sarko- pneumatisch beglückte und dem dann der pietistische Dekan Kaps von Mün singen eine Schandprcdigt halten sollte, welche sich aber unter der Hand in eine Dithyrambe für die Pietistcrci verwandelte. Jetzt hat die katho lisch gebliebene weiland Hclffcnsteinschc Grafschaft ein Spcctakcl erlebt, das an Erbaulichkeit nicht bedeutend hinter dem erwähnten Vorgänge zu-