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MWeißeritz-Zeitung.M Amts- »ad Mei-e-Mt der KSmglichn» Gerichtsämter »»> Itadträthe z» Dippoldiswalde, /raukakleia «ad Alleaberg. Lcrantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Zum Gesetz, die Einführung eines allge meinen Landesgewichts betreffend. Mit dem l. November diese- Jahre- wird in Sachsen ei» ganz neue- Gewicht-system eingeführt »erden. Da die« in der ersten Zeit nicht wenig Der- wirrung Hervorrufen und nicht b!o- auf die Ruhe und Ordnung de- Wochenmark,e-, sondern selbst auf die de- häu-lichen Dasein- von Einfluß sein wird, so wollen wir jedem gute» Hau-vater, der sein Wochengeld pünktlich zahlt, und jeder guten Hausfrau, die eS auf dem Wochen markte und beim Kaufmann« gut anlegt, rechtzeitig den Rath ertheilen, daß sie die häuslichen, parlamentarischen Debatten darüber schon jetzt eröffnen, damit nicht dann erst die Angelegenheit besprochen wird, wenn die Sache schon auf das Gebiet der Ausführung getreten ist. Der conservative Sinn, der Eigensinn, das heißt in vielen Fällen der schleudrianmäßige Hang am Alten, ist in diesen Beziehungen so gewaltig, daß man sich in der That nicht zeitig genug auf Reformen vorbereiten kann. Wer bedenkt, welche Reihe von Jahren wir schon die neue Münzeinthrilung nach Decimalcourar.t haben, und daß trotzdem nicht blo- die Hausfrauen, sondern auch Männer nach alten Groschen rechnen; wer es weiß, daß unsere Frauen immer noch „Viergroschenbrode" und der Tabakraucher immer noch seine» „vier- oder achtgroschigen" Tabak beim Kaufmann holt, der wird begreifen, welche Aufregung auf dem Markte oder im Hause cs machen könnte, wenn die gute Frau am l. November und die folgenden Tage ein Pfund Butler einkauft und in den Zeitungen liest, daß zwei Loth daran fehlen, da da neue Pfund nur 30 Loth Hal! Was würde eS unter solchen Umständen helfen, wenn man dann die noch so gut gemeinte Versicherung geben wollte, daß die Regierung und der Landtag sehr einsichtsvoll gehandelt haben, daß sie ein neues Gewicht-system eingeführt. Die Hausfrau wird sich einfach an den Satz halten: „Ich habe ja nur 30 Loth, statt 32, und soll dafür auch noch mehr geben, al- früher; nein, was doch die Landstände für komische- Zeug auSmachen!" Es wird daher gar nicht unpassend sein, wenn wir uns die Sache in Zeiten und mit ruhigem Blute vor dem eigentlichen Kampfgefecht ansehen. Um jede Leidenschaft, die da- ruhige Nachdenken stört, von vornweg fern zu halten, wollen wir versichern, daß die Angelegenheit keine deutsche ist, daß sie auch nicht vom deutschen Bunde au-geht und nicht so viel Zurüstung erfordern wird, wie di« schleswig-holsteinische Frage, die noch manches Jahrzehnt der Lösung harren wird, da der deutsche Bundestag mit großer Weisheit sich vor allen Uebereilungen bedachtsam hütet. Ehedem gab eS in Deutschland, wie sich das von selbst versteht, so viele verschiedenartige Gewicht«, wie e- GenSdarmen, oder richtiger, wie viel «S Baterländchen und größere Städte gab; Schleiz, Greiz und Lobenstein hatte ebenso gut sein eigenthümlicheS Gewicht, wie Bücke burg und das große Homburg; Altenburg batte ein andere- Gewicht, al- Leipzig, und das mußte so sein; denn wie hätten sich die Länder und Länderchen von einander unterscheiden sollen? Unterscheidung aber mußte sein, wenn Schwarzburg-Sonder-Hausen nicht von seinem größer» Nachbar aufgespeist werden sollte, wie ein Hering von einem Wallfische. Endlich aber brachte die unaufhalt sam fortschreitende Zeit auch in diese- Chao- der Gewichte etwas Ordnung. Bereit- im Jahre 1840, als der Zoll verein wegen der Zölle eine Ausgleichung der Gewichte nöthig machte, empfand man da- Bedürfniß, ein Zoll gewicht einzuführen, dessen Centner in >00 Pfunde eingetheilt wurde. Zu diesem einen Hebel kam noch ein zweiter, die Eisenbahnen nämlich, die jetzt mit ihren uner müdlichen Dampfrossen durch alle Grenzen und Grenzchen der deutschen Vaterländer jagen, ohne sich um die bunte Farbenkarte zu kümmern, welche Deutschland darstellt; man mußte also ein gemeinsame- Gewicht haben, welche- für Güter und Frachten durchgehend gültig ist; der immer größeren Ausdehnung de- Handel- nmßte »S nur hinder lich sein, wenn alle zwei Meilen in Deutschland «in und derselbe Waarenballen al- verschieden an Gewicht, je nach dem einzelnen Vaterland«, bezeichnet «erden sollte. Da- Bedürfniß nach einem gemeinsamen übereinstimmenden Gewicht wuchs daher immermehr, bi- sich endlich Preußen, Sachsen und einige süddeutsche Staaten dahin geeinigt haben, eine Gewichtseinheit darzusiellen; mehrer« nord deutsche Staaten haben die Zusicherung gegeben, daß sie sich ausschließen werden. Um de- VortheilS willen, daß wir auf diesem Wege eine Uebereinstimmung des Gewicht erlangen werden, muß man sich die kleinen Unbequemlich keiten. die die Einführung de- qeuen Gewicht- in seinem Gefolge haben wird, gefallen lassen. Zu dieser Einigung war aber unser jetzige- sächsische- Gewicht nicht geeignet. Frankreich hat schon seit seiner ersten Revolution rin höchst rationelle- Maß- und GewichtS- system, welche- dort und in Belgien, Holland, einem Theile Italien-, über ein halbe- Jahrhundert in Anwendung ist, und von allen Großhandlungen gekannt und in Uebung ist. Unser alte- Pfund bot kein einfache- Verhältniß zu diesem sehr au-gebreiteten französischen Gewicht. Unser neue- Gewicht-system bietet einen sichern Anknüpfungspunkt an da- französische Gewicht. Vom l. November I8S8 an wird unser dann eingeführte- neue- Pfund genau die Hälfte eine- französischen Kilvxrnmm sein; wir werden also die Ausgleichung der Gewichte in einem be trächtlichen Theile Europa'- haben, und die übrigen Staaten werden endlich diesem Beispiele folgest müssen, wenn sie