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Hohenstemer Tageblatt Aen Wochentag abends für den folgenden "'»men die Expedition v,r Vorm. 10 Li. Lag und kostet durch die Austräger pro W^AAU M KM WM UW M GDW MK^U MAMA U U'wu 'ürAuswänr alle Austräger, de^ Quartal Mk. 1.40; durch die Post Mk. 1.50 U WMG- U d alle Annoncenexpeditionen zu Origim»' frei ins Haus. ' M-M Preisen entgegen. f«r Hohenstein-Ernstthal, OberlUngwitz, Gersdorf. Lngau Hermsdorf, Bernsdorf, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf Rußdorf, Wüstenbrand, Grün», Mittelbach, Ursprung, Leukersdorf, Seifersdorf, Erlbach, Kirchberg, Pleitza, Reichenbach, Grumbach, Callenberg, Tirichkew Kuhschnappel, St. Egidien, Hlittengrund u. s. w. Amtsblatt für den Verwaltungsbezirk des Stadtrathes z« Hohenstein. MMMMWI! »,„»> ' ——————————— U!I» Nr. 18.Freitag, den 17. Januar 1896. ä6. Jahrgang. Zur Erinnerung an eine große Zeit. (Kriezsnachrichten aus 1870/71er Zeitungen.) 17. Januar. Versailles. General v. Werder behauptete sich auch au: 16. Januar in seiner Stellung südlich Belfort gegen erneuerte An- griffe des Feindes. General Schmidt drang in der Verfolgung deS Feindes, welcher auf Laval zurückgcht, bis über Vaige» vor und machte wieder über 2000 Gefangene. Aleuron wurde in der Nacht vom 16. zum 17. Januar nach leichtem Gefechte besetzt. gez. v. PodbielSki. BrSvillierS. In der Nacht zum 17. Januar besetzte General Keller Frahicr, überfiel Chenebier, nahm Bagage und machte etwa 7 Officiere, 400 Mann zu Gefangenen. Am Morgen gegen 8 Uhr griff der Feind wiedcrholt, aber vergeb lich, Chagey und Mittags Bethoncourt heftig an. Bei Montbö- liard und westlich Luze lebhafte Kanonade. — Um 4 Uhr Nachmittags griff der Feind den General Keller mit bedeutend überlegenen Kräften an, derselbe hielt jedoch die feste Stellung bei Frahier. Diesseitiger Verlust an den letzten drei Tagen etwa 1200 Manu todt und verwundet. Deutscher Reichstag. Berlin, 15. Januar. Der Reichstag hatte heute seinen ersten SchwcrinStag in dieser Tagung. Er war darum nicht stärker besetzt als in den vorangcgangenen Tagen. Als erster Antrag stand der der EentrumSobgeordneten Hitze und Lieber, betreffend den Schutz der Gesundheit der Arbeiter, an der Tagesordnung. Abg. Hitze begründete ihn und erklärte seine Absicht dahin, daß der Bundes rath regeren Gebrauch von den ihm ertheilten Befugnissen zum Erlaß entsprechender Verordnungen machen möchte. Auf dem Gebiete der Unfalls- wie der KronkhcitSverhütung bleibe noch viel zu thun. Der Redner fordert namentlich eine einheitliche Regelung der Vorschriften über Krankheitsvcrhütung und über Zulassung weiblicher und jugendlicher Arbeiter und empfiehlt für letzteren Zweck die französische Gesetzgebung zur Nach ahmung. Der UnterstaatSsecretär Lohmann verwies auf die vom BundeSrathe bereits erlassenen Verordnungen und theilte mit, daß eine Reihe weiterer in Vorbereitung seien. Abg. Höffel von der Reichspartei machte den Vorschlag, die im Elsaß geltenden Bestimmungen über Frauenarbeit auf daS Reich aus^adchnen. Der Socialdcmokrat Molkenbuhr stimmte dem Anträge gleichfalls zu und forderte namentlich Ausdehnung der Arbeiterschutzgesetzgebung au? die Hausindustrie. Auch die übrigen Redner, die noch daS Wort nahmen, sprachen für den Antrag. Dabei warnte Freiherr v. Stumm (Reichspartei) vor zur großer Schablonisirung und rieth bezüglich der über seine Person in der Presse zu findenden Mitthcilungen, sie stet« für unwahr zu halten. Ein Einschreiten bei der Hausindustrie empfahl auch der nationalliberalc Abgeordnete Clemm-Lud- wigShafen, während Abg. Schall im Namen der Conservativen davor warnte, zu viel von dem Gesetze zu erwarten; mau müsse euch den humanen Sinn der Arbeitgeber anrufen. Der freisinnige Abg. Schmidt (Elberfeld) hob die Schwierigkeiten hervor, die sich -iner Besserung der Verhältnisse in der Haus industrie entgegenstellen. Nachdem noch der Antisemit Werner gesprochen, wurde der Antrag einstimmig angenommen. Um 5 Uhr wurde die Sitzung geschlossen. Morgen um 1 Uhr beginnt die Berathung des Antrags Kanitz. Sächsisches. Hohenstein, 15. Januar. Die Zweite Kammer befaßte sich gestern in einer 6stün- digen Sitzung mit der allgemeinen Vorberathung über den Antrag Fräßdorf und Genossen auf Wegfall des Schulgeldes und der Schulanlagen Ar die Volksschulen, sowie über den Antrag Dr. Mehnert und Genossen, die Uebcrnahme der AlterS- zulagen der Volksschullehrer auf die Staatskasse betreffend. Am Ministertische bemerkte man die Herren StaatSminister Dr. Schurig, v. Seydewitz und v. Metzsch, sowie die Geh. Schulräihe Kockel und Dr. Vogel. Die Berathung über beide Anträge wurde wegen ihrer vielen Berührungspunkte zusammen gefaßt. Zunächst begründete Abg. Schulze den Antrag Fräß dorf und Genossen. Als vor 10 Jahren Abg. Bedel den gleichen Antrag in die Kammer einbrachte, habe chn der Mi nister rundweg für unannehmbar erklärt, vor 4 Jahren schon habe man einen günstigeren Erfolg erzielt, und dadurch er- muthigt, sei der Antrag auch heute wieder eingebracht worden. Politische Motive hätten dabei vollständig fern gelegen. Der Staat, welcher den Schulzwang geschaffen hat, müsse auch seine den den und hin, zu die betrage bedeutend mchr als der normale Zuwachs deS Ertrag- aus den Einkommensteuern. Dabei werde von Jahr zu Jahr der außerordentliche Etat mehr belastet und überdies lägen bedeutende Ausgabe-Erhöhungen für den Justizetat in der Luft. An die Aufgebung der Schüldotationen werde Niemand gern Herangehen, öa dadurch dem kleineren Grundbesitz wieder die volle Grundsteuer zu StaatSzwecken auferlegt würde. Außer Schuldotationen bekämen die Gemeinden schon jetzt noch Bürger in die Lage versetzen, ihm nachzukommen. Im preußischen Abgeordnetenhaus«: habe der Abg. Waldeck die Unentgeltlichkeit deS Unterrichtes gerade für eine Gegenmaßregel gegen die So cialdemokratie erklärt. Der Antrag wolle auch den Wegfall deS Schulgeldes in den mittleren Volksschulen und dadurch werde der Mittelstand viel besser erhalten als durch minimale Steuer-Erleichterungen. Durch Annahme des Antrages werde die Erhöhung deS allgemeinen Bildungsniveau» gefördert, weil dann da» Arbeitspensum der Volksschule auf dar Drängen der bildungsfreundlichen Kreise hin erhöht würde. In der Volks schule verschwinde der Unterschied zwischen Arm und Reich und die gesellschaftlichen Gegensätze verschwänden bei allgemein un entgeltlichem Unterricht noch mehr. Er bestreitet ferner, daß dadurch die vielfach überschätzte Autonomie der Gemeinden einen Stoß erleide. Jetzt bringe e» der Mangel an Lehrmitteln bei armen Kindern mit sich, daß sie geistig zurückbleiben. Daher wolle man auch die unentgeltliche Lieferung der Lehrmittel, wie sie der Stadtrath zu Stuttgart bereits beschlossen habe. Daß alsdann die Schulkinder ihre Bücher noch besser hielten, werde durch die Berichte aus der Schweiz nach^ewiescn. Die Beschaffung der Mittel denke man sich so, dcß e.ne Zusatzsteuer irgendwelcher Art und wenn nöthig ein Zuschlag zur Einkommen steuer erhoben werde. Er beantrage Ueberwcisung der Petition an die Finanrdeputation Abg. Horst (lons.) begründete alsdann den Antrag Mehnert und Genossen. Liefer Antrag bezwecke die Uebernahme deS Zuschlages ür zu Altcrszulagen berechtigte Lehrer, welcher die Gemeinden ganz verschiedenartig treffe, auf die Staatskasse und sei durchaus nicht etwa ein Zugeständniß zu dem Anträge Fräßdorf und Genossen. Die Zahlung für die AltcrSzulogen seitens der Gemeinden empfänden auch die Lehrer als eine Last, weil sie da- Bewußtsein haben, daß eS der Gemeinde schwer fällt. In kleineren Gemeinden lasse man cS auch dem Lehrer fühlen, und ältere bewährte Lehrer würden vielfach bei offenen Stellen nicht genommen, weil ihnen von vornherein Altcrszulagen gewährt werden müßten. Mit dem Antrag werde natürlich keine allgemeine Gehaltserhöh ung der Lehrer bezweckt, da wohlhabende Gemeinden schon jetzt de« Lehrer besser stellten als gesetzlich vorgeschrieben sei und ärmere Gemeinden die Ersparniß nur mit Freude begrüßen würden. Die erforderlichen Mittel beliefen sich aus etwa 1,800,000 Mk., welche noch durch die Beiträge aus dem Dis positionsfonds vermindert «erden, die schon jetzt seitens der Schulbehörde gewährt werden. Eine derartige Ausgabe vertrage aber die gegenwärtige Finanzlage sehr wohl. Er beantrage die Ueberweisung dieser Petition an die Finanzdeputativn A. Vicepräsident Georgi (nl.) beleuchtete die finanzielle Seite bei der Anträge eingehend und verwies auf die außerordentliche spannende Lage unserer Finanzen. Das jährliche Erforderniß solle den Gemeinden künftighin eine ganz beschränkte Zahl von Lehrmitteln vorgeschrieben werden. Abg. Hänel (cons.) recht fertigt seine von den Parteigenossen abweichende Stellung mit finanziellen Bedenken. In einer großen Zahl von Gemeinde» werde die Ausgabe wenig empfunden, nur etwa dem Drittel falle sic sauer. Am angebrachtesten sei die Erhöhung deS Dis positionsfonds. Er müsse sich wundern, daß Abg. Schulze ganz andere Deckungtmittel vorschlage als der Antrag Fräßdorf, welcher die Mittel durch Besteuerung der Gemeindemitglieder nach Maßgabe des Einkommensteuergesetzes erlangen will. Abg. Matthes (cons.) nimmt ebenfalls Stellung zu dem Mchnert- schen Antrag und erklärt sich gegen Aushebung der Schul dotation. Abg. Horu-Löbtau (soc.) klagt vor leeren Bänken darüber, daß das Aschenbrödel ewig Aschenbrödel bleiben solle, zieht gegen den Militarismus zu Felde, welcher nun auch von den Lehrern größere Opfer fordert, und kritisirt im Anschluß an die vorgestrigen Verhandlungen die Religion des Liberalis mus. Abg. Schubert (d.-soc.) spricht von der Verrohung in den niederen Ständen, dem Dünkel und Hochmuth in den höheren Ständen. Wer social sein will, müsse für Aufhebung dec Gegensätze eintreten. Deshalb stehe er dem Fräßdorf'sciM Antrag sympathisch gegenüber, obgleich er eine Hebung der ast- i gemeinen Bildung davon nicht erwarte. Für Uebernahme dcc ! Alterszulagen auf den Staat werde er eintreten. Vicepräsident ! Streit (fvrtschr.) erklärt die Abschaffung des Schulgeldes we nigstens für die höheren und mittleren Schulen für Zukunfts musik. Er wolle nicht Bellamy'sche Zustände, sondern in der gegenwärtigen Zeit bleiben. Dem Mchnert'schen Antrag werde er mit Einschränkungen zustimmen. Darauf erklärte Herr Staatsminister von Seydewitz, der Mehnert'sche Antrag sei ibm vollständig überraschend gekommen, sodaß er mit der Regierung keine Fühlung habe nehmen können. Wenn dem Anträge praktisch Folge gegeben würde, so würde er als Kultusminister , sich nur freuen. Für den Antrag spreche die Beseitigung für . die Schulgemeinden beschwerlicher pckuniärer Leistungen, sowie die Erwägung, daß ältere tüchtige Schullehrer alsdann deiBe- i Werbungen um andere Stellen mehr Aussicht auf Bcrücksichti- i gung hätten. Ob cS möglich sei, den Antrag Wirklichkeit wer- den zu lassen, werde von den Finanzen deS Staates abhängen. > Bezüglich deS Fräßdorf'schen Antrages beziehe er sich auf ' Acußerungen in vergangenen Landtagen. Die Aufhebung der ! Schulgeldes erfordere einen finanziellen Aufwand, der sich in ! fortwährend steigendem Maße nach vielen Millionen beziffere, : dazu sei ein zwingendes Bedürfniß nicht vorhanden. Durch . Abschaffung des Schulgeldes werde nach und nach eine Normal- - schule geschaffen, wodurch da-Volksschulwesen bloß zurückgchen ! könne. Den ganz Arme« werde gar keine Last abgenommcn, denn sie bezahlten kein Schulgeld, den Wohlhabenden sei diese ! Ausgabe kaum fühlbar, sodaß nur der Mittelstand in Betracht : kommen könne. Für unentgeltliche Abtastung der Lehrmittel könne er sich nicht erwärmen, und auf allgemeine Einführung von Lehrbüchern werde er bei passender Gelegenheit zurück kommen. Gegen die Abgg. Schulze und Poste! t erwidere er, daß die geäußerten Ansichten in gewaltigem Gegensatz zu dem Borbildc des von Frömmigkeit durchglühten Pestalozzi ständen. Abg. Opitz (cons.) beleuchtete auch seinerseits die finanzielle Seite, obgleich die Rücksicht auf diese bei- volkswirthschaftlich segensreich erscheinenden Fragen nicht in Betracht käme. Es sei immer am besten, bei unserer gegenwärtigen Wirthschafts- ordnung zu bleiben und keinem WirthschaftSideal nachzuhängen. Abg. Niethammer (natl.) erinnert daran, daß er 1892 einen ähnlichen Antrag eingcbracht hätte, wie Abg. Mehnert. Für Aufhebung der Dotation sei er auf keinen Fall. Er seinerseltS bezahle für die Kinder seiner Arbeiter das Schulgeld. (Zuruf von der Linken: Zahlen Sie lieber bessere Löhne!) Hierauf wurde ein vom Abg. Wehner (cons.) eingebrachter Antrag auf Schluß der Debatte mit 34 gegen 30 Stimmen angenommen und nach dem Schlußwort der Abgg. Goldstein und Dr. Meh nert, fowie verschiedenen persönlichen Bemerkungen einstimmig beschlosten, beide Anträge an die Finanzdeputation zu über weifen. Schließlich wurde noch ein Gesetzentwurf wegen Ab änderung der Bestimmungen des CivilstaatSdienergesetzcS von 1835 mit einer Abänderung bei Ziffer 7, wonach die bei der Verwaltung der höheren und niederen Unterrichtsanstallen An gestellten als StaatSdiener betrachtet werden sollen, wenn sie mich daS Kultusministerium eingesetzt und die Einnahmen und lusgaben der betreffenden Anstalten durch den StaatShauS- haltSetat geregelt sind, einstimmig genehmigt. — Nächste Sitzung heute Vormittag 10 Uhr. Die vielumstrittenen „Ballonärmel" an den Damenblousen werden auch im kommenden Frühjahr nicht verschwinden, son- der», wie die bereits angefertigten Muster für Frühjahrssaison weiteren Zuschuß von 300 Mk. für jeden ständigen Lehrer 150 Mk. für den Hilfslehrer. Seine Meinung gehe da- daß man nur die finanziell ganz schwachen Gemeinden unterstützen brauche. Wenn die Socialdemokratcn sagten, nothwendige Folge der allgemeinen Schulpflicht fei der unentgeltliche Unterricht, so meine er, aus der allgemeinen Pflicht der Eltern, für ihre Kinder zu sorgen, folge auch die Verpflicht ung, für ihre geistige Ausbildung Sorge zu tragen. Die Ten denz der Antrags Fräßdorf gehe aber dahin, die Eltern mehr und mehr von der Fürsorge für ihre Kinder zu entlasten und dafür die Allgemeinheit eintreten zu lassen, und wegen dieser kulturfeindlichen Tendenz müsse man sich gegen diese au sich wohl diskutirbare Frage wenden. Auf dem Gebiete der Schule habe im Allgemeinen die Verwendung überschüssiger Mittel dir allererste Berechtigung. Deshalb habe er schon vor zehn Jahren die Verwendung der Schuldotationen für Herabminderung de« Schulgeldes vorgeschlagen. Er könne seine Zustimmung zu beiden Anträgen aus Rücksicht auf die finanzielle Lage deS Staates nicht ertheilen. Abg. Dr. Schober (kous.) bezeichnet es als zweifellos, daß der Fräßdors'sche Antrag der Parteitaktik der Socialdemokratcn entspringe. Der Antrag käme immer wieder auf eine Enteignung der Besitzenden hinaus. Die Unentgelt lichkeit des Unterrichte» sei kein Correlat des Schulzwanges und von einer drückenden Last könne man auf keinen Fall reden. Die Unentgeltlichkeit würde da- Interesse der Eltern an dem Unterricht der Kinder bedenklich beeinträchtigen. UebrigenS