Volltext Seite (XML)
MMufferTageblalt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das »Wilsdruffer Tageblatt* erscheint täglich nachm. 5 Uhr für den gen» «d^ugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 Mk. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,« Md., der Postdestellung 2 ML. ru-llalieb Abtrag- Sebllhr. Einzelnummern ISPfg. Alle Postanstalten Wochenblatt für Wilsdruff u Umgegend Postboten und unsere Aus träger und Geschäftsstellen 7s—. . ,, , , nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstigerD-trieb-storungen besteht kein Anspruch aus Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung cingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Äürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8gespaltene Naumzeile 20 Goldpfennig, die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Gold- Pfennig, die 3 gespaltene Neklamezeile im textlichen Teile 100 Goldpfennig. Ncchweisungsgedühr 20 Goldpsennig. Bor- geschriebeneGrscheinungs- tage und Platzvorschristen werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wtlsdrusf Nr. b berücksichtigt. Anzeigen annahme bis vorm. 10 Uhr ' - — Für die Richtigkeit der durch Fernruf üb ermittelten Anzeigen übernehmen mir keine Garantie. Jeder Nabatranspruch rrlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oderder Auftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meitzen, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen. Nr. 166 — 85 Jahrgaus Telegr.-Adr.: „Amtsblatt- Wilsdruff-Dresde« Postscheck: Dresden 2840 Montag, 19. Juli 1926 Wochenende. Von einem Sozialpolitiker geht uns folgender Bei trag zu: Ein Gedanke ist's so Wunder-, wunderschön — bloß hoffen wir Deutsche der Gegenwart vergebens auf ein Wunder! Wenn das Thermometer hinausgeklettert ist über die 25 Grade, wenn in den Großstädten der Asphalt eine weichliche Masse zu werden beginnt — dann hinaus- zichen zu können, fast 48 Stunden befreit von Fron der Arbeit in heißen Fabriken, dumpfen Bureaus. Weekend — Wochenende nennt es-der Amerikaner, der Engländer, wenn sich am Sonnabend mittag die Fabriken, die Ge schäfte, die Bureaus öffnen und die Angestellten und Ar beiter weekendfroh Hinausströmen, eilends den großen Städten den Rücken kehren, hinaus in die Natur. Einer der Bürgermeister Berlins fordert den frühen S o n n a b e n d s ch l u ß für alle jene weiten Kreise, denen die Last der Arbeit und des Berufes jetzt in der heißesten Zeit die Erholung versperrt oder die aus finanziellen Nöten auf die Ferien verzichten müssen. Ge wiß, der Gedanke ist wunderschön, und gerade Berlin, das wasserumspülte, wälderumgebene, böte auch die Mög lichkeit, draußen in der Natur ein solches Wochenende aus zunutzen. Vielfach geschieht es ja auch, wird früher ge schlossen, wenn freilich auch nicht schon so früh wie in England; Wohl schließen die Banken, die Anwaltsbureans, ein Teil der Behörden — aber das alles geschieht nach freiwilliger Übereinkunft. Ist nicht allgemeiner Gebrauch und trifft nur verhältnismäßig wenige Glückliche. Man sollte auch auf diesem Wege fortfahren — allgemeine Lohn- , und Gehaltszahlung am Freitag würde mancherlei Ge- i schäftserleichterungen schaffen, weil sich bei dem jetzigen ' Zustand die Einkäufe auf den Sonnabendnachmittag zu sammendrängen — man sollte als Unternehmer, dessen Betrieb en, Weekend »erstattete, sich überlegen, ob man nicht eine größere Arbeitsfreudigkeit des gründlich Ausgeruhten erzielt und damit durch ge steigerte Produktion doch das hereinbringt, was man an Arbeitszeit opferte. Aber der Ton hat zu liegen auf dem Unternehmen, dessen Betrieb eine Weekend verstattet. Dazu gehören nicht die Saisonbetriebe, und der Landwirt würde mit Recht erstaunte Augen machen, wenn mail ihm mitten in der Zeit der Ernte eine Verkürzung der Arbeits zeit am Sonnabend zumuten würde. Tas hat natürlich doch auch seine Rückwirkung auf die Arbeitszeit in den kleineren und mittleren Städten. Und so manchen Betrieb gibt es, in dem eine solche Verkürzung der Arbeitszeit am Sonnabend gar nicht möglich ist, vielmehr wirtschaft lich ruinierund wirken würde. Man kann nicht ein fach durch ein Machtgebot fremde Einrichtungen auf deut sche Verhältnisse übertragen, ohne schwere Schäden zu ver ursachen. Jetzt weniger als je, da unser Schicksal von einer höchstmöglichen Steigerung unserer Produktion ab- hängb Nur Anregungen nach sorgfältiger Prüfung sind zulässig- Kein Zwangsrecht, sondern all - mählrchvord ringendes Gewohnheitsrecht kann und darf bierbei wirksam sein. Und als einzigen Grund sur das Weekend angeben wollen: weil es in Eng land und Amerika möglich ist, deshalb sollte das „Wochen- ende" auch der uns durchführbar sein, heißt denn doch die Dinge Sanz falsch beurteilen. Nur die kühle Überlegung, ob dadurch eme Herabsetzung Gesamtproduktion, eine Hemmung des Ganges unserer Gesamtwirtschaft erfolgt, oder ob nicht eine Förderung in der Schnelligkeit dieses Ganges zu erzielen ist, darf die Entscheidung treffen. Schneller rast die Arbeit, härter denn je ist der Kampf ums Dasein, immer mehr steigert sich das Tempo gerade bei uns in Deutschland, muß es sich steigern, sollen wir als Volk am Leben bleiben. Um so mehr wäre zu wünschen, daß bei diesem Tempo jede körperlich-seelische Erleichte rung geschaffen wird, die möglich ist überall dort, wo nicht ein unerbittliches Muß eine Grenze setzt. Wird aber eine solche Grenze leichtfertig übersprungen, dann bleibt das leider nicht ohne Folgen. keine Antwort an General Walch? Ein englischer Vorschlag. In englischen politischen Kreisen sind die letzten Noten der Interalliierten Militärkontrollkommission, an deren Spitze General Walch steht, sehr unliebsam empfunden worden, da sie die Kreise der Völkerbundpolitik zu zer stören droht, die von der ThemsemeLropole aus betrieben wird. So teilt der diplomatische Berichterstatter des „Daily Telegraph" mit, daß in Übereinstimmung mit den - Londoner Hoffnungen und unter diplomatischem Druck von verschiedenen Seiten Dr. Stresemann sich voraussicht lich bemühen werde, die ganze Eutwaffnungsaffüre zu ignorieren, bis Deutschland seinen Sitz im Völkerbund- eingenommen habe, da in verschiedenen Hauptstädten I Wunsch weit verbreitet sei, diesen ganzen, unzeit- fraßen Zwischenfall zwischen jetzt und Sep- vertuschen. Vas Kabinett vrianck gestürmt. Das Ermächtigungsgesetz abgelehnt. Das zehnte Kabinett Briand ist nach einer Lebens dauer von drei Wochen gestürzt worden. Die Kammer lehnte es ab, die von Caillaux geforderten Vollmachten der Regierung zu gewähren. In dem entsprechenden Gesetzentwurf wurde von der Kammer verlangt, der Re gierung zu überlassen, selbständig alle ihr notwendig er scheinenden Maßregeln zur finanziellen Aufrich tung und zur Stabilisierung der Währung zu ergreifen. Diese Vollmachten sollten bis zum 30. No- vcmber dieses Jahres erteilt werden. Schon der Finanz ausschuß der Kammer hatte diese Forderungen abgelehnt. Die Negierung hoffte jedoch, den Gesetzentwurf in der Kammer durchzubekommcn, wobei sie mit dem Rücktritt drohte, falls das Ermächtigungsgesetz nicht zur An nahme gelangen sollte. Aber auch diese Drohung hat nichts geholfen. Die Kammer lehnte vielmehr mit 28k! gegen 243 Stimmen die von der Regierung gewünschten Vollmachten ab, woraus Briand unverzüglich dem Prä sidenten der Republik das Rücktrittsgesuch des Kabinetts überreichte, das auch von Doumergue angenommen wurde. * Die Sitzung der Kammer verlief außerordentlich dra matisch. Für dis Opposition trat Kammerpräsident Herriotals Sprecher auf. Unter großer Bewegung des Hauses betonte er, nicht als Abgeordneter, sondern als Präsident der Kammer und als Hüter der Rechte des Parlaments zu sprechen. Er halte es für seine Pflicht, so sagte er, die Regierung in einem Augenblick, wo es um das Schicksal nicht nur des Parlaments und der Verfassung, sondern des Landes selbst gehe, vor den ge fährliche nFolgendesWcges zu warnen, den sie beschritten habe. Er beschwor dis Regierung, auf den Versuch zu verzichten, das Parlament seiner j fundamentalsten Rechte und Pflichten zu berauben. Was i die Regierung jetzt von der Kammer verlange, sei ' ein offener Verstoß gegen die Verfassung und gegen die Gesetze der Republik. Das Parlament schrecke zurück vor dem Versuch, eine Diktatur aufzurichten. Gewiß könne ein Problem, wie es die Stabilisierung der Währung darstelle, nicht in allen Einzelheiten in voller Öffentlichkeit erörtert werden, aber man dürfe nicht soweit gehen, das Parlament bis Ende des Jahres einfach bei seite zu schieben. Die Konsequenzen des Ermächtigungs gesetzes seien unabsehbar. Herriot drohte sogar, falls das Ermächtigungsgesetz angenommen werden würde, das Amt des Kammerpräsidenten niederzuleaen. Ministerpräsident Briand antwortete sehr erregt, erinnerte gefühlvolle an die tragischen Stunden von Verdun und betonte, daß die Auseinandersetzung zwischen ihm und Herriot im jetzigen Augenblick als ein tragisches Ereignis bezeichnet werden müsse. Er habe als guter Republikaner die ehrliche Überzeugung, daß der von ihm vorgcschlagene Weg das Prestige des Parlaments nicht untergraben, sondern im Gegenteil die Autorität des Parlaments dem Lande gegenüber stärken werde. Nichts liege ihm ferner, als die Mitarbeit des Parlaments ausschalten zu wolle». Die endlosen De batten, die die von Herriot gewollte Beschränkung der Vollmachten zur Folge haben würden, müßten die all gemeine Zerrüttung beschleunigen. Die Regierung sei sich wohl bewußt, daß sich ihre Lage noch schwieriger gestalte, indem sie sich den Forderungen Herriots widersetze. Sie nehme das aber in Kauf und falle, wenn cs sein müsse. Aus der sich anschließenden Debatte sind die Aus- führungen des Abg. Marin, des Führers der Rechten, erwähnenswert, der der Negierung vorhielt, daß sie immer die Notwendigkeit einer raschen Aktion predige und die Kammer zur Eile autreibe, selbst aber seit Wochen so gut wie nichts getan habe. * Ein Kabinett Herriol-Poincarß? In den Wandelgängrn der Kammer hatte man nach Schluß der Sitzung den Eindruck, daß eine große Zahl wn Abgeordneten als die in erster Linie für die Bildung ws neuen Kabinetts in Frage kommende Persönlichkeit Herriot betrachtet. Man nimmt an, daß er in der Lage lein wird, eine weitgehende republikanische Mehrheit zu iildcn, der Politiker der verschiedensten Parteien ange- jören würden. Man behauptet, daß er die Absicht habe, alls ihn der Präsident der Republik mit der Neubildung Ws Kabinetts beauftragen würde, an Poincarö hcr- lnzutrrtcn. Poincarö selbst wnrde übrigens auch als nöglicher Präsidentschaftskandidat acnannt. Herriot mit der Kabinettsbildung beauftragt. Paris. Der Präsident der Republik, Doumergue hat den Kammerpräsidenten Herriot mit der Kabinetts bildung beauftragt. Herriot wird die Bildung eines Ka binettS der republikanischen Konzentration versuchen, du ihm vor einigen Monaten nicht gelungen ist. Der Berichterstatter fährt dann fort, ein solches Ver tuschen würde allerdings nicht bedeuten, daß nicht ein diskreter Meinungsaustausch zwischen den alliierten Regierungen stattfinden könnte, um eine Wieder holung eines solchen Schrittes gegen Deutschland zu ver meiden. Die Kontrollkommission würde bei dem Eintritt Deutschlands in den Völkerbund oder bald daraus sowieso verschwinden. Der Hinweis, daß ihr Präsident ein französischer Offizier sei, brauche jetzt noch nach fünf Jahren nicht hervorgehoben zu werden. Dasselbe sei die Frage mit der Präsidentschaft in der Re parationskommission, die ebenfalls anfangs den Fran zosen nur für einen Zeitraum von fünf Jahren zuge standen worden sei. Dagegen müsse die Stellung der Botschafterkonferenz und der Versailler Militärkommission, die beide nicht im Versailler Instrument vorgesehen wären, revidiert wer den. Es sei kein Grund vorhanden, daß diese Kommissio nen immer in Paris unter französischem Vorsitz verhan delten und England in diesen Kommissionen durch mili tärische Delegierte vertreten sei, die einen geringeren Rang hätten als ihre französischen oder anderen alliierten Kollegem —' Asner Zwischenfall in Germersheim. In Germersheim, wo sich erst vor kurzem unliebsame Vorkommnisse bei einem Kriegerfest ereignet haben, die noch zu einem diplomatischen Schritt Deutschlands führen werden, haben sich wieder neue Zwischenfälle ereignet. In den letzten Tagen sind mehrere Bewohner des Ortes von den Soldaten mißhandelt worden. In anderen Fällen wurden junge Mädchen von den Soldaten belästigt. Es ist also höchste Zeit, daß die unhaltbaren Zustände in dem Orte abgestellt werden. Fer Deutsche Reichstag im Weltkrieg." Aus dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuß. Die Veröffentlichungen des Parlamentarischen Unter suchungsausschusses über die Ursachen des Deutschen Zu sammenbruchs haben soeben in dem Gutachten des Reichs- taasmitaliedes und Marburaer Staatsrechtslebrers Nrak. v. Dr. Bredt, das unter dem Titel „Der Deutsche Reichstag im Weltkrieg" erscheint, ihre Fort setzung gefunden. Der Untersuchungsausschuß ist damit in die Ver öffentlichung seiner „Zweiten Abteilung: der innere Zu sammenbruch" eingetreten, nachdem die ersten drei Bände die Fragen des Zusammenbruchs unserer Kriegführung und der aufs engste mit ihr zusammenhängenden Außen politik zu klären gesucht hatten. Das Gutachten Prof. Bredts'bildet den Übergang zu den vom Herbst an er scheinenden Bänden über die revolutionären und an- uexionistischen Bestrebungen in Deutschland, den beiden Hauptthemcn des Ausschusses zum inneren Zusammen bruch. Bredt liefert zugleich eine theoretische Studie als Staatsrechtslehrer und eine Kritik des Reichstages. Aus dem Gutachten heben sich zwei Thesen besonders scharf hervor: die eine geht dahin, daß die Parteien der Frie densresolution bei entschlossener Fortsetzung der mit dieser Kundgebung eingeschlagenen Politik die Führung hätten in die Hand nehmen können, um den Krieg im Sinne der Verständigung zu beendigen, die andere, daß bei der Be handlung der Friedensaktion des Papstes der Reichstag vom damaligen Reichskanzler Dr. Michaelis getäuscht worden sei. Die erste These bildete den Hauptgegenstand einer eingehenden Aussprache im Ausschuß, zu der zwei ten will der Ausschuß im Herbst den früheren Reichs kanzler noch einmal vernehmen. Mit drei Mittionen flüchtig. Ein betrügerischer Bankier schädigt viele Landwirte. Nach Unterschlagung von 3 Millionen Mark ist der Mjährige Bankier Ernst Schröder aus Frankfurt an der Oder, der dort Beleihungsaufträge für die Berliner Roggen-Rentenbank ausführte, flüchtig geworden. Schrö der hat sich allem Anscheine nach nach Hamburg gewandt, wo ihn die Kriminalpolizei noch vermutet. Vermutlich will er nach Amerika zu entkommen versuchen. Viele Hunderte von Landleuten aus den Kreisen Schwiebus, Königsberg usw. haben durch Schröder ihr Geld verloren. Schröder hatte vor einiger Zeit das Frankfurter Bank geschäft von Hagedorn käuflich erworben. Er kübrte e^-