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Mitte und am Schluß. Es verkörpert gleichsam die drei Strophen der Ode, um die herum kaleidoskopartig neue Gedanken und Bilder von großer Mannig faltigkeit zu einem geschlossenen Ganzen gefügt werden. Eine Fülle motivisch- kommentierender Verbindungsglieder schafft den Zusammenhang, dient der thematischen Evolution. Rhythmische Umkehrungen, Diminutionen und Imitationen erzeugen eine stetige Verwandlung der eingeführten Gedanken. Kommentieren des und Reflektierendes führt nach einer großen Entwicklungskette zum Höhe punkt der Ode: zum Hymnus auf das Leben. Zum geschlossenen, apollinischen Organismus der Ode trägt die aparte, leuchtende Instrumentation bei. Beim klanglichen Nacherleben dieser Musik, zumindest beim ersten Male, spielt das Raffinement des Technischen kaum eine Rolle. So konnte Wagner-Regeny sagen, „Einleitung und Ode" sei zugleich das „einfältigste und raffinierteste Stück seines Lebens", einfach in der Wirkung und raffiniert in der Struktur. Alle formalen und satztechnischen Künste stehen im Dienste einer zutiefst mensch lichen Aussage, einer Aussage, die in der Bejahung des Lebens gipfelt. Wolfgang Amadeus Mozarts Klavierkonzert F-Dur KV 459 ist das letzte von sechs Konzerten für dieses Instrument, die der Meister allein im Jahre 1784 — zum Teil für seine eigenen Konzertaufführungen, seine Wiener „Akademien", zum Teil für seine Schüler oder auf Bestellung — komponierte. Das am 11. Dezember 1784 vollendete Werk war von Mozart für den eigenen Bedarf geschrieben worden; er spielte es später unter anderem auch anläßlich der Krönung Kaiser Leopolds II. am 15. Oktober 1790 in Frankfurt/M. neben dem sogenannten „Krönungskonzert" D-Dur KV 537. Das F-Dur-Konzert ist in seinem Grundcharakter dem vorhergehenden Klavierkonzert in H-Dur KV 456 verwandt. Für beide Werke sind (vor allem in den Einleitungssätzen) ein straff durchge führter Rhythmus, Bestimmtheit und Energie kennzeichnend sowie insgesamt eine besonders vielfältige Verwendung der Bläser, oft in reizvollem Wechselspiel mit dem Soloinstrument. Ein ausgesprochener Marschrhythmus gibt dem festlichen, freudigen ersten Satz das Gepräge, dessen Thema gleich zu Beginn, nachdem es durch den Solisten vorgestellt wurde, von den Bläsern (Oboe und Fagott) wiederholt wird, wobei das Klavier die Begleitung übernimmt. Im Verlaufe der musikalischen Entwicklung gewinnt der Komponist dem Hauptthema durch eine an mannigfaltigen Einfällen reiche Verarbeitung und eine interessante, abwechslungsvolie Instrumentierung ungeahnte Möglichkeiten ab. Daneben wird in der Durchführung in einem a-Moll- Teil ein anderes Motiv wirksam, das übrigens auch wieder in Mozarts nächstem Klavierkonzert d-Moll KV 466, diesmal im zweiten Satz, erscheint. Nach dem anmutig-schwärmerischen, stellenweise leicht melancholisch eingetrübten Mittel satz dominieren im brillanten Finalsatz, der sich besonders durch eine geistreiche Verschmelzung von homophonen und polyphonen Partien auszeichnet, wieder die Geister schalkhafter Heiterkeit, liebenswürdigster Neckerei. Ludwig van Beethoven vollendete sein 5. Klavierkonzert Es-Dur op. 73 im Jahre 1809. Die erste Aufführung des Werkes fand im November 1810 im Leipziger Gewandhaus durch den Pianisten Friedrich Schnei der statt und errang großen Beifall. Beethoven selbst hat sein letztes Klavier konzert, das ursprünglich wohl für eine eigene, dann aber nicht zustande ge kommene Akademie vorgesehen war, nicht mehr öffentlich gespielt. Das Es-Dur- Konzert ist im Gegensatz zu dem vorhergehenden, mehr lyrischen Klavierkonzert in G-Dur ein Werk von ausgeprägt kraftvoll-heroischem Charakter, dessen streitbar-sieghafte Männlichkeit gewiß vom patriotischen Geiste der Zeit nicht unbeeinflußt geblieben sein mag. Mit Recht ist es häufig als „Klavier-Sinfonie" oder als „Sinfonie mit Soloklavier" bezeichnet worden, ist doch das Orchester hier in ganz besonderem Maße an der wahrhaft sinfonischen Anlage beteiligt, als gleichberechtigter Partner des Pianisten, an den gleichwohl in bezug auf vir tuos-technisches Können und geistige Vertiefung hier auch außerordentlich hohe Anforderungen gestellt werden. Uber die Hälfte des gesamten Werkes nimmt der breit angelegte erste Satz ein, der schon rein äußerlich in seiner gewaltigen Ausdehnung (mit einer Länge von 582 Takten) und ebenso in seinem geistigen Gehalt alle früheren Solistenkon zerte übertrifft. Mit einer gleichsam improvisierenden, rauschenden Einleitung beginnt das Soloklavier nach einem Fortissimoakkord des Orchesters den Satz. Danach erklingt im Tutti das stolze, prägnante Hauptthema, dem als zweites Thema eine Marschmelodie zur Seite gestellt wird, die zuerst leise, wie von ferne, mit punktiertem Rhythmus in den Bässen in Moll hingetupft und darauf, hymnisch von den Hörnern vorgetragen, nach Dur abgewandelt wird. In einem chromatischen Lauf setzt wirkungsvoll der Solopart ein, mit dem variierten Hauptthema in das Geschehen eingreifend. Nun entwickelt sich in dem groß artigen Durchführungsteil ein an dramatischen Auseinandersetzungen, an küh nen Ideen, an immer neuen thematischen und stimmungsmäßigen Gestaltungen und an wunderbaren Schönheiten überreicher Dialog zwischen Soloinstrument und Orchester. Da der Klavierpart das virtuose Element während des Satzab laufes im Dienste der Ausdruckssteigerung bereits in sehr bedeutendem Maße einbezieht, hat Beethoven in diesem Konzert auf die übliche große Solokadenz vor Schluß des ersten Satzes verzichtet. Dennoch wird dem Soloklavier in der abschließenden glanzvollen Coda in organischer Verbindung mit dem Orchester part noch einmal Gelegenheit zu virtuosem Brillieren gegeben. Der zarte zweite Satz (Adagio un poco mosso) bildet in seiner besinnlichen Innigkeit einen starken Kontrast zu dem vorangegangenen. Sein feierliches, ergreifendes Liedthema, zunächst in edler Harmonisierung von den Streichern musiziert, wird vom Soloinstrument im Verlaufe des ziemlich kurzen Satzes in Figurationen aus perlenden Trioienketten, Terzen- und Sextenpassagen sanft umspielt. Aus dieser träumerischen Stimmung erfolgt unmittelbar der Übergang in das Finalrondo, wobei am Ende des Adagios durch das Soloklavier bereits ganz leise das Anfangsmotiv des Rondothemas vorausgenommen wird, mit dem dann im Allegrotempo der geistvolle, sprühende Schlußsatz beginnt. Eine äußerst feine thematische Arbeit voll der verschiedensten Ausdeutungen und Kombi nationen kennzeichnet dieses schwungvolle Finale, dessen musikalische Substanz neben einigen Seitenthemen im wesentlichen das tänzerische, durch eigenartige Verschmelzung zwei- und dreigeteilter Rhythmen gleichsam widerspenstig wir kende Anfangsthema, ein daran anschließendes Motiv mit punktiertem Rhythmus sowie ein lyrisches, gesangvolles Thema bilden. Nach einem Duo zwischen dem scheinbar immer mehr ermattenden und fast verlöschenden Klavier und der stän dig leise das punktierte Motiv wiederholenden Pauke schließt das Konzert nach einem plötzlichen Aufschwung des Soloinstrumentes endlich doch wieder in jubelndem Tutti. VORANKÜNDIGUNG: Sonnabend, den 13., und Sonntag, den 14. April 1974, jeweils 20.00 Uhr, Kulturpalast 10. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Hartmut Haenchen Solist: Andrej Korssakow, Sowjetunion, Violine Chor: Kinderchor der Dresdner Philharmonie Leitung: Wolfgang Berger Werke von Bartok, Vivaldi und Beethoven Freier Kartenverkauf Programmblätter der Dresdner Philharmonie — Spielzeit 1973/74 — Chefdirigent: Günther Hefbig Redaktion: Dr. habil. Dieter Härtwig Druck: Polydruck Radeberg, PA Pirna - 111-25-12 2,85 ItG 009-34-74 9. AUSSERORDENTLICHES KONZERT 1973/74