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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 18.05.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-05-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110518024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911051802
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911051802
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-05
- Tag 1911-05-18
-
Monat
1911-05
-
Jahr
1911
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Anzeigen-Preis ftlr Inlerar« au» Ueiptig and Umgeb»», »le IlpalN,»B«Nti«tlr 'LPt^o»« Netlam». »etl« l Ml., von au»war»» M vl.. Neklamen UÄi Ml.. Inlera» »an Behörde» »m amt- lichen Ie»l d»e B«tit»etl» Stl Bl. Selchäst»an,eigen mit Blatzvarlchrilten » in der Ldrndau»gad» i» Breil» erhöht. Rabatt nach lartl BeUagegebühr Selamt» autlag« L Ml. o laulend eilt. Baltgedutzr. Teildeilag« Hoher. gekenerU» Lultraa» können nicht,»rSL» aejogen werden Für da» Lrlcheinen a» benimmt«» lagen »nd Plötzen wird keiiw Garantie üdernommen. Anzeigen. Lnnahme I»d«,»,»,,g, bet lömtlichen Filtalen u. allen Annonce» Elveditlonen de» In- «nd Lu»lande». Knut »I» Verl», de» li,i»zig«, Da,»» blatte» <k. Val». Inhabern V«»t ALrhe». tzlebaktli» «»» »«lchtftifteL«: 2odannt»gall« 8. -»»«-Filiale Dre»dr>: Seettrah« < l tTelepho» tLAI Lin neuer Reichstagswahltermin. Zu den verschiedenen Terminen, an denen angeb- Nch der Reichstag geschlossen werden soll, und zu den verschiedenen Zeitbestimmungen für die Reichstags neuwahlen kommen jetzt neue Angaben, die um des willen ernster zu nehmen sind, als sie ganz gleich lautend gleichzeitig in verschiedenen durchaus ernst zu nehmenden Blättern einer bestimmten Partei auf tauchen. Nach der neuesten Meldung wird der Reichs tag am 2. Juni vertagt, und zwar bis zum 10. Oktober. Dann soll er wieder zusammentreten und am 2. Dezember endgültig seine Tätig keit beschließen. Der neue Etat wird diesem Reichstag nicht vorgelegt werden. Wir hatten schon vor längerer Zett auf die staatsrechtliche Unzulässig keit einer derartigen Maßnahme, die von gewisser interessierter Seite vorgeschlagen war, nachdrücklich hingewiesen, und freuen uns, daß man den auch anderwärts aufgetauchten Bedenken gegen den Plan einer Etatvorlegung an den zuständigen Stellen Rech nung getragen hat. Die Mitteilung über diese Dispositionen finden sich übereinstimmend in Zentrumsblät- lern. Sowohl die „Germania", wie die ..Köln. Polksztg.", wie die „Schles. Dolksztg", die uns ..agen- blicklich zur Hand sind, geben an bevorzugter Stelle und in gehobenem Druck diese Nachricht wieder. Bei den gegenwärtig wieder recht engen Beziehungen der Regierung und der Zentrumspartei darf man wohl mit Recht annehmen, daß diese Mitteilungen auf Ver einbarungen zwischen den Regierungsvertreiern und den gegenwärtig ausschlaggebenden Parteien zurück zuführen sind und darum nicht dementiert werden. Auch die Nachricht, daß die sozialdemokratische Frak tion für eine Hinausschiebung der Kommissions beratung des Entwurfs über die Aufhebung der Hilfs kassen bis zur Herbstsession plädiert hat, daß also mit der Herbstsession in-parlamentarischen Kreisen nun mehr bestimmt gerechnet wird, kann mittelbar als eine Bestätigung der Meldung der Zentrumsblätter betrachtet werden. Bis zu seiner Vertagung am 2. Juni wird der Reichstag zweifellos dieReichsversicherungs- orLnung erledigen. Man hofft, die zweite Lesung dieses großen Entwurfs noch bis Ende dieser Woche bewältigen zu können; eine Hoffnung, die angesichts der gestrigen Leistung des Reichstags — rund 340 Paragraphen — nicht als trügerisch bezeichnet werden kann. In der nächsten Woche würde dann die dritte Lesung folgen, der sich die zweite — und wenn es überhaupt dazu kommt, auch die dritte — Lesung des Entwurfs über die elsaß-lothringische V e r- fassungsreform sowie die Beratung des deutsch-schwedischen Handelsvertra ges anschließen werden. Nachdem der schwedische Reichstag diesen Handelsvertrag so überaus rasch verabschiedet hat, hofft man, auch im deutschen Reichs tage nicht auf erhebliche Schwierigkeiten mehr zu Nr. 137. Vonnerslsy. üen l8. Mai ISN. Die vorliegende Aufgabe uwsaßt 6 Seiten. Vie LxpeüMonvn ckes l-WriM IsgMaNks Ullck ÜSl» LllgkMkiiikll reitung dskioäen stvd von jetrl ab «lotiÄrirljZALiSLrs 8, VorctsrAsbAucts psrtsrrs links im Lebäuäv cles laZedjattbs. stoßen, so daß das festgesetzte Pensum bis zu Pfingsten tatsächlich erledigt wird. Der Herbsttagung blei ben neben der Privatbeamtenoersicherung und den verschiedenen Gesetzen auf sozialpolitischem und recht lichem Gebiet auch die Entwürfe über die Kur pfuscherei und über die Schiffahrtsabgaben Vorbe halten. die Mitglieder der königlichen Familie mit Ausnahme der im Buckingham Palast wohnenden fürstlichen Zur Gnglsnüreile ües ksllerpssres. London, 18. Mai. (Tel.) Gestern abend wohnten der Kaiser, die Kaiserin, der König und die Königin der Galavorstellung im Drury Lane-Theater bei, das in Gold, Weiß und Kornblumenblau glänzend und eigenartig dekoriert war. Der künstlerische Gedanke der Dekoration war der, einen Eindruck von dem Meißener Porzellan hervorzurufen. Als die Fürstlichkeiten die Loge betraten, wurde die Nationalhymne angestimmt. Alle Anwesenden erhoben sich von den Sitzen. Auf dem Programm stand u. a. „Der Sang an Aegir". In dem von König Georg eigens für die Festoorstellung ausgesuchten Stück „Money", einem Werk des Novel listen und Dramatikers aus der Epoche der Königin Viktoria, „Lord Lytton", hatten die hervorragendsten Schauspieler Englands die Rollen übernommen. Die Handlung spielt zur Zeit der Königin Viktoria. Große Sorgfalt war auf die Inszenierung und Ausstattung des Stückes verwendet worden, um die Kostüme und allgemeinen Dekorationen den besten Ueberlieferungen des Zeitalters der Königin Viktocra entsprechend zu gestalten. Der Vorstellung wohnte eine g l ä n z e nde Gesellschaft bei. Neben den leitenden politischen Persönlichkeiten waren auch die hervorragendsten Vertreter der wissenschaftlichen und künstlerischen Welt erschienen. Gegen 9 Uhr kamen Herrschaften. Punkt 9 Uhr verkündeten die Klänge der Nationalhymne die Ankunft der Majestäten. Der Kaiser führte die Königin von England und König Georg geleitete die Kaiserin. Der Prinz von Wales führte die Prinzessin Viktoria Luise. Die Majestäten verneigten sich wiederholt gegen das Publikum, über die Herzlichkeit des Willkommengrußes sichtlich er freut. Auch eine Abordnung des 1. Gardedragoner- Regimenls wohnte der Vorstellung bei. Nach der Galavorstellung im Drury-Lane-Theater ließ König Georg den Leiter der Aufführung. Sir S. Bancroft, zu sich entbieten. Der König wie Kaiser Wilhelm beglückwünschte den Direktor. Der Kaiser sagte zu ihm, es sei eine der besten Vorstellungen gewesen, die er je gesehen habe. Das Theater war erst nach Mitternacht zu Ende. Trotzdem waren alle Straßen, die die Wagen der Monarchen auf der Rückfahrt passierten, dicht gedrängt voll Menschen, die die hohen Herrschaften mit lauten Hochrufen be grüßten. Amsterdam, 18. Mai. sTel.s Der Deutsche Kaiser trifft am Sonntagabend in Vlissingen ein und reist am Montag' vormittag um 10 Uhr nach Deutschland weiter. politische Nachrichten. Das Kronprinzenpaar in Petersburg. Zarskoje Sselo, 18. Mai. sTel.s Gestern abend r 8 Uhr fand im Hauptsaale des großen Palais ! ein Galadiner statt. Die Tafel war mit roten and weißen Rosen reich geschmückt. In der Mitte der Takel I saßen der Kaiser, die Kaiserin-Mutter. 105. Jahrgang. rechts von dieser der Kronprinz und links vom Zaren die Kronprinzessin. Anwesend waren ferner sämtliche Großfürsten, Minister, Hof staaten, die Präsidenten des Reichsrats und der Duma. Die opponierenden Elsaß-Lothringer. Berlin, 18. Mai. sTel.s Die elsaß- lothringischen Reichstagsabgeord- neten haben sich mit Ausnahme von Hoen und Donderscheer an die dem Zentrum angehörrgen Mitglieder der elsaß-lothringischen Derfastungskom- Mission mit der Ditte gewandt, der Verfassungs reform für Elsaß-Lothringen ihre Zu stimmung zu versagen. Zugunsten der Ziindholzindustrie. Berlin, 18. Mai. sTel.s Wie wir erfahren, be absichtigt man, im Reichstag unter Umständen noch vor den P f i n g st f e r i e n ein Gesetz zu ver abschieden, welches der Notlage der Zündholz industrie abhelfen soll. Voraussichtlich wird es sich darum handeln, die Kontingentierungs frage in einer den Wünschen der Fabrikanten ent- sprechenden Weise zu lösen. Der König von Italien spanischer Ehrenoberst. Rom, 18. Mai. sTels Der König empfing heute die spanische Militärmission unter General Primorivera zur lleberreichung der Urkunde seiner Ernennung zum Ehrenoberft des Regiments „Savoyen". Die internationale Wechselrechtskonferenz. Amsterdam, 18. Mai. sTel.s Da von einer größeren Anzahl Regierungen die Antworten auf die Fragebogen noch nicht eingetroffen sind, hat die Niederländische Reichskommission für Inter nationales Wechselrccht den holländischen Minister ersucht, die verschiedenen Regierungen zu bitten, die internationale diplomatische Wechselrechts konferenz ehestens erstimFrühjahr 1912, anstatt für den 1. Dezember dieses Jahres nach Haag einzu berufen. Schluß des finnischen Landtages. Petersburg, 18. Mai. sTel.s Durch ein Manifest des Kaisers wird die Schließung des jetzigen finnischen Landtags durch den Generalgouverneur für den 24. Mai angeordnut. ' «US Leipzig unü Llmgegenü. Leipzig» 18. Mai. Wetterbericht der Kgl. Sachs. Landeswetterwarte zu Dresden. Voraussage für den 19. Mai. Nordwesttoinde, wolkig, kühl, zeitweise Regen. Pöhl- und Fichtelberg: Ununterbrochen schwacher Nebel. Königs Geburtstag. Anläßlich des Geburtstages des Königs am 25. d. M. erfolgt von 6 Uhr vormittags ab Wecken' durch das Musikkorps und die Spielleute des 8. In fanterie-Regiments „Prinz Johann Georg" Nr. 107. Dasselbe beginnt an der Kaserne des Jnf.-Regts. Nr. 107 und endigt am Fleischerplatz. Es wird fol gender Weg eingeschlagen: Heerstraße, Panitzstraße, Unterm Llüe. Roman von Hans v. Saltzwedel-Weimar. (Nachdruck verboten.) Ja, sie freute sich geradezu des Opfers, das sie so tapfer gebracht; erschien es ihr doch als eine ent sprechende Sühne für alle ihre Schuld, die sie durch ihr unordentliches Wirtschaften gegen ihren Gatten auf sich geladen. F öhlich packte sie ihren Kram zusammen und klei dete sich zum Ausgehen an. Sie wollte gleich zu ihrer Schneiderin, um mit ihr die Umarbeitung des vor jährigen Sommerkleides zu besprechen. Es war ein herrlicher Junitag, nach langen, naß kalten Wochen der erste warme Sonnenschein. Man fühlte sich auch ohne Ueberkleider im Freien wohl, und so waren denn die Promenaden und Haupt straßen der norddeutschen Mittelstadt voller fröhlicher Menschen. Der Damenwelt bot sich heute endlich die langersehnte Gelegenheit, den lieben Mitschwestern den neuen Frühlingsstaat vorzuführen. Frau Vera sah wie immer allerliebst aus; dennoch schämte sie sich heimlich der einfachen Stoffe und Zu taten, aus denen mit Hilfe der kleinen Schneider mamsell das niedliche Kostüm zusammengesetzt war. ^mmer wieder wollte es wie häßlicher Neid in ihrer Seele aufstcigen, wenn sie einer besonders k"stöaren Robe begegnete. Wahrhaftig, da drüben ging sogar Frau von Rekow mit einem neuen Sommerhut, der mindestens seine fünfundzwanzig Mark kostete; sie aber mußte auch auf einen neuen Hut verzichten. War es nicht doch töricht gewesen, all das schöne Toilettengeld in die Wirtschaftskasse zu tun? Wenn Heinz wügte, welch' Riesenopfer sie ihm gebrachl, er würde es gewiß nicht annehmen. Auch hatte er ja selber so viel Freude daran, wenn sie nette Sachen trug. Ihm zuliebe wollte sie sich denn doch schon lieber wenigstens einen neuen Hut kaufen — so etwa für zwanzig Mark. — Wenn sie die aus der Wirt schaftskasse nahm, das konnte gewißlich kein Unrecht sein, da sie das Geld ja doch ganz freiwillig hinein gelegt hatte. Sie ging gerade an dem ersten Putz, geschäfte vorüber und blieb vor besten Schaufenster sieben, um sich die darin ausgestellten Hüte zu be trachten. „Weich' entzückende zierlick»« Kunstwerke: aber ack>, wie teuer! Daran ist für mich ja gar nicht zu den- ken! — Doch ter da in der Ecke? — Wahrhaftig, nur fünfundzwanzig Mark! — Auf fünf Mark kann es schließlich nicht ankommen. — Freilich, gegen die an- I deren fällt er sehr ab. Was mag wohl der daneben kosten? Der ist so recht für mein Gesicht gemacht. Richtig, da neben der Feder steckt das Vreistäfelckien: — fünfunddreißig Mark! — hm! — Sind es fünf undzwanzig, können es auch fünfunddreißig sein! — Freilich, mit dem Wirtschaftsgelde sieht es dann wie der traurig aus. — Ach was, dann bezahle ich den Hut eben erst nach dem nächsten Ersten! — Wie aber wird das alte Kleid zu dem neuen Hute passen? — Geradezu unmöglich! Und dagegen die reizende Robe bei Sauer. Als ob der Hut extra für sie angefcrtigt ist! — Was ist auch schließlich dabei? Ebensogut wie für den Hut kann ich auch die Rechnung für das Kleid ausstehen lasten!" Da war es der kleinen Grüblerin plötzlich, als sähen sie die treuen Augen ihres Heinz so recht trau rig an, und eine heiße Blutwelle stieg ihr in die zarten Wangen. Pfui, kleine Vera, jetzt hast du wirklich Grund, dich zu schämen! — Ist das deine Tapferkeit, auf die du eben noch so stolz warst? — Sofort marsch zur kleinen Schneidermamsell! Eine schnarrend« Stimme schreckte sie aus ihren Gedanken: „Jehorsamster Diener, meine Jnädigste! — Sehr enchantrert, Jnädigste so wohl zu sehen! — Wirklich janz superbe!" Erschrocken sah die kleine Frau zu dem neben ihr stehenden langen Kürastierrittmeistcr empor. Dann reichte sie ihm lächelnd die Hand, indem sie sagte: „Guten Morgen, Herr von Falkenberg! — Heute endlich mal ein schöner Tag, nicht wahr?" Darauf er mit zustimmender Verbeugung: »Jroßartig, meine Jnädigste! Wirklich sozusagen köstliches Wetter! — Lenz entfaltet endlich seine Schwingen!" Sie lachte munter heraus: „Ei, «i, Herr von Fal kenberg, heute so poetisch?" „Heute? -» Immer, meine Jnädigste! — Immer, wenn was Schönes mein Auge begeistert! — Tief auf dem sogenannten Jrunde meiner Seele ruht eben echtes Dichtcrgemüt." Dabei zwirbelte er mit lächelnd triumphierenden Blicken die bereis senkrecht in die Höhe stehende Spitze seines kurzen Schnurrbärtchens, um dann mit einer staunenswert gelenkigen Drehung seiner rech'en Hand auf das mit Hüten gefüllte Schaufenster wei send, fortzufahren: „Jnädigste treffen Auswahl unter diesen Zipfeln feinsten Geschy^s? Welchem wird denn das Jlück zuteil werden, so holder Schönheit dienen zu dürfen?" Trotz ihrer Verlegenheit über diese Frage mutzte Dera über seine Art, zu sprechen, laut auflachen, ehe sie, diese leicht nackabmend, entgeht:: „Dies Jlück wird leider keinem zuteil; habe mir bereits einen Zipfel des Jeschmacks aus Berlin verschrieben." Er aber ließ sich durch diese Neckerei nicht im ge ringsten beirren, sondern antwortete in aewahnter Weise: „O weh, erbarmungswürdige Jeschöpfe rei zendster Kunstfertigkeit! — Also keines findet Jnade vor der Jniidigsten schönen Augen? — Hm. — Wäre cs übrigens erlaubt, um die Hobe Ebre zu bitten, Jnädigste ein Stück bejleiten zu dürfen?" Deras kleines, eitles Herz hüpfte ordentlich vor Freude bei dem Gedanken, von aller Welt iir Be gleitung des eleganten Rittmeisters gesehen zu wer den. Wie würden alle die Damen in ihren kost baren Toiletten sie beneiden, sie, die kleine Frau in dem unscheinbaren Kleidchen! — Alle, wie sie da waren, würden ihren ganzen Staat darum geben, an ihrer Stelle gehen zu dürfen; das wußte sie genau. So beeilte sie sich denn, auf seine Frage sehr freund lich zu erwidern: „Aber natürlich, Herr von Falken berg; cs wird mir eine große Freude sein." — Gleich darauf schritt sie dünn auch stolz an seiner Seite durch die belebte Hauptstraße, das kleine Köpf chen nach allen Seiten drehend, um ja reden verwun derten oder neidischen Blick zu bemerken, der sie träfe. Und was sie auch gerade »ü: ein besonderes Glück halte: da kam wahrhaftig Frau Kuntze angerauscht! Nun würden es scbon in den allernächsten Tagen alle Menschen wissen, daß ihr der schöne Falkcnberg den Hof macht. Oh, das var rn »östliches Bewußtsein! — Welche Bedeutung gewann dadurch ihre kleine Person in der ganzen Gesellschaft! Verstohlen schielte sie nach der langen Gestalt an ihrer Seite: die weiße Mütze mit dem roten Strei fen mußte in dem Hellen Sonnenlichte jedermann schon auf mindestens tausend Schritte in die Augen fallen. Der leichte Sommerüberzieher war auffallend kurz, die Hose mit der Haarscharren Borderfalte straff gezogen, de glänzenden Lackstiefel unglaublich lang und schmal. In der ebenfalls auffallend langen und schmalen Rechten hielt er die zusammengefalteten schneeweißen Handschuhe und schlug damit bei jedem Schritte regelmäßig in die offene Link«. Er sprach leise und beugte sich dabei leicht zu ihr herab, was jedenfalls sehr intim aussehen mugte; „Welche Irgend dieser schönen Stadt wollen Jnä digste denn mit Besorgungen bejlücken?" Herrgott, sie wollte ja zu ihrer kleinen Schneider mamsell! Sie konnte ihm doch unmöglich sagen, daß sie nach der Korngaste ginge! — Was konnte in sei nen Augen eine Dame aus der Gesellschaft in d:r obskuren Korngaste zu tun haben? — Zudem hätte sie dann gleich in die nächste Querstraße einbiegen müssen, und mit ihrer kindischen Freude wäre es aus gewesen. Also log sie ohne Besinnen munter drauf los: „Oh, Besorgungen wollte ich überhaupt nicht machen. Ich gehe nur meinem Manne nach der Ka serne entgegen." „Jlücklicher Jatte! — Heil einem jeden, der ein liebend Herz jesunden! — Hm. — Paßt übrigens pyramidal! Komme da dicht an meiner Tintenbude vorüber. Muß nämlich noch mal hinauf, nachsehen, ob keine Dummheiten jemacht werden. — Hm. — Herr Jemahl ist wohl so ungefähr janzen Tag im Dienst? — Soll sich nur nicht zu sehr aufrebbeln; hat jar keinen Sinn. Hauptsache bleibt immer Staat jesun den Pensionär erhalten!" „Sagen Sie ihm das nur mal selber, Herr von Falkenberg. Auf mich hört er ja doch nicht." „Unbejreiflich, den Bitten solcher Augen wider stehn zu können!" Dera mußte wieder lachen, ehe sie erwidert«: „Nein, sind Sie komisch, Herr von Falkenberg! Sie wollen sich wohl über mich lustig machen?" „Aber wo denken Jnädigste hin? — Solch ein verbrecherischer Jedanke würde meine reine Seele nie beflecken. Meine aber wirklich janz im Ernste, Herr Jemahl sollte seine Nerven -twas mehr schonen; wird ia schon alles sehen! — Sehe übrigens da hin ten bereits seine Heldrnjestalt anjeschwebt kommen. — Leider unmöglich, ihn noch zu bejrüßen: Zeit drängt, und dort hinten winkt das Tintenfaß." Da bei zeigte er stehenbleib-nd in dic Querstraße. „Lege mich also Jnädigsten zu Füßen; bitt« Herrn Jemahl Empfehlungen zu bestellen. Er führte ihre kleine Hand mit steifer Grazie an seine Lippen und ging dann schleppenden Schrittes davon. Dera sah ihm einen Augenblick lächelnd nach, dann eilte sie ihrem Manne entgegen, das Herz voll Glück und §tolz: „Was wird ur 5-einz dazu sagen, daß der hochnäsige Divisionsadjutant so liebenswür- dig gegen mich gewesen ist?" (Fortsetzung in der Morgenausgabe.)
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