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Großenhainer Unterhaltungs- und An^eigeblatt. 0.^,-mann Starke. Mit Hoher Concession gedruckt, verlegt und redigirt von 94. Mittwoch, den 24. November 1847, Crinnernna> Da die bis zum 15. dieses Monats zahlbar gewesenen Grundsteuer^ ^„^nge- Ke^S"so"L^^'^^?^e^^^ ernstlich erinnert. Hain, am 23. November 1847. Die Stadt-Steuer-Einnahme. Das Untersuchungs-Protokoll. (Fortsetzung.) Karoline verließ das Schloß in einer be wegten Stimmung. Der sonst so gütige Vater schien in dieser Angelegenheit fester zu sein als gewöhnlich und darauf zu rechnen, daß die Tochter seinen Wünschen sich fügen werde. Aber konnte sie in die Verbindung mit dem Grafen willigen, wo eine, wenn auch entfernte Hoff nung ihr blühte, die alle Seligkeiten des Erden lebens in sich schloß? — Ihre Schritte verdop pelten sich, als sie das Wäldchen in heiteres Grün gekleidet sah, wo sie Dem begegnen sollte, dem sie mit klopfendem Herzen entgegensah. Auch der Herr Baron von Füllcr-Alt- ftein machte zu gleicher Zeit einen Spaziergang durch den Park und stellte ebenfalls Betrach tungen an über den fraglichen Gegenstand, die indessen alle zu Gunsten des Grafen aussielen, der nun einmal vom Schicksale ausersehen schien, den Glanz des neuen Freiherrnhauses zu er höhen, wenn ein Zweig desselben in den alten ehrwürdigen Stammbaum des Grafen von Warren sich schlang. «Originell ist es», sagte er, «daß meine Idee so schnell sich verwirklicht, als hätt' ich längst in tiefster Seele solches ge ahnt. Originell ist's, daß das, was mich zum Freiherrn gemacht hat, mich auch zum Schwie gervater eines Grafen erhebt. Der junge Mann und das ganze Verhälltniß ist originell! Er geht ohne Umschweife kühn auf den Zweck los; ein Anderer würde bei derselben Absicht sich gewisser Dinge erst voraus versichern, denn heutiges Tages ist Geld der Hebel und Knebel aller Combinationen, sage man, was man will; sogenannteJnclinations-Heirathen finden kaum in der Bürgerwelt noch statt. Es wäre nichts weniger als originell von mir, wenn ich einen Plan durchzusetzen versäumte, zu dem Gunst und Zufall mir die nöthigen Materialien liefern. Karolinens Einwendungen sind mädchen haft Allerdings sind die Grafen und höheren Herren der Erde selten so derbe Naturen, wie die Nicdrigergeborenen, die wie die Krautstrünke aufwachsen; dagegen ersetzt eine noble Dcnk- und Handlungsart den groben Materialismus durch feinere Lebensgenüsse, welche die gewöhn lichen Menschenclassen gar nicht kennen. — Es ist mir übrigens unbegreiflich, daß das Mäd chen so wenig die Eitelkeit ihres Geschlechtes theilt; um Gräfin zu werden, würde manche in den sauersten oder wurmstichigsten Apfel beißen, was hier ja doch nicht der Fall ist. — Oder trüge Karoline bereits eine kleineDumm- heit im Herzen, die man Zuneigung nennt? Sie hat mich zwar versichert, daß es frei sei, und ich wüßte auch nicht, wie sie dazu gekom men wäre; es müßte nur noch ein Andenken aus der Stadt sein, was ich aber chronologisch bezweifle. Und hier? Sie müßte nur den glatt gekämmten, rothwangigen Sohn des Verwalters in Affection genommen haben, das wäre ver zweifelt originell!» Glücklicherweise wurde er in diesen Betrach tungen durch einen nachbarlichen Morgenbesuch unterbrochen, der ihn bis zur Mittagszeit recht angenehm festhielt. Die Stunde der Tafel hatte geschlagen, — Karoline war noch nicht zurück; — zehn Minuten darüber, — der alte Herr wurde un gehalten; noch fünf Minuten — sein Unwille verwandelte sich in Besorgniß. Schon wollte er der Ausbleibenden Leute entgegensenden, als diese selbst erschien — etwas erhitzt — natür lich! vom angestrengten Gehen. Sie mochte sich verspätet und die Versäumniß durch Eile haben einbringen wollen. «Wo bleibst Du denn?» rief ihr der Vater rin Tone des Vorwurfs entgegen. '^"i"hung, mein Vater! Ein Umstand —» ^ch liebe die Umstände nicht, wenn's zu