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s». IahrgUNz 4 s td Ü Erscheint jeden Wochentag Nachmitt. d Uhr für den - aO I »H, ? andern Tag. Preis vierteljährlich 2 Mart 25 Pf., » v « zweimonatlich 1 M. üv Ps. und einmonatlich 7S Ps. md Tageblatt. Amtsblatt für die königlichen nnd städtischen Behörden zu Freiberg und Brand. Verantwortlicher Redakteur: Julius Braun in Freiberg. - !! Inserate werden bis Vormittag 11 Uhr angenom- dL S ü Dienstag, deul^Leptember. und s 1888. Der Kaiser im Elsaß. Unter dem Läuten sämmtlicher Glocken und dem Donner der Kanonen ist das deutsche Kaiserpaar mit seinen fürst lichen Gästen Freitag Nachmittag in die reichgeschmückle und überaus festlich gestimmte Hauptstadt der deutschen Reichslande cingezogen. Alle Fenster und Ballone waren dicht vom Publikum besetzt, das mit begeisterten Hochrufen den deutschen Kaiser und den Kronprinzen, die Kaiserin und die Großherzogin von Baden, den König von Sachsen, die Großherzöae von Baden und Hessen, die Prinzen Georg von Sachsen und Friedrich Leopold von Preußen, den Erbgroßherzog von Sachien-Weimar und den Fürsten von Schwarzburg-Rudolstadt begrüßte. Bei der Fahrt durch die prächtig geschmückten Straßen Straßburgs, in welcher die Vereine und Schulen Spalier bildeten, jubelte die massenhaft herbeigeströmte Volksmenge unablässig den kaiserlichen Majestäten und den Fürstlichkeiten zu und ließ noch zahllose Hurrahruse ertönen, nachdem der greise Kaiser längst im Palaste des Statthalters angekommen war, wo der greise Monarch mit seiner Tochter, der Großherzogin von Baden, Absteigequartier genommen hat. Die deutsche Kaiserin wohnt im ersten Stock des Stadthauses, wo sonst der Bürgermeister von Straßburg refidirt; der deutsche Kronprinz bei dem Gouverneur der Stadt, dem General lieutenant von der Burg. Nach kurzem Aufenthalt im Palais des Statthalters stattete der Kaiser am Freitag Nachmittag erst dem König von Sachsen und dann der Kaiserin einen Besuch ab. Um 5^ Uhr fand das Diner statt, zu welchem mehr als 40 Einladungen ergangen waren. Um 7 Uhr begann die glänzende Beleuchtung des Münsters, der öffentlichen Gebäude und sehr vieler Privathäuser. Um 9 Uhr führten sämmtliche Musiker des 15. Armeekorps einen großen Hapfenstreich aus, welchem der Kaiser und die Kaiserin mit sämmtlichen in Straßburg anwesenden Fürstlichkeiten von den Gartenfenstern des Statthalter palais aus beiwohnten. Der Aufmarsch der Musikkapellen, welche von Lampion- und Laternenträgern begleitet waren, und die Ausführung der einzelnen Musikstücke machte einen großartigen Eindruck. Von den versammelten Osfizierkorps der Regimenter wurden dem Kaiser wiederholt stürmische Huldigungen dargebracht. Die am Sonnabend in Straßburg stattgefundene große Parade des 15. Armee-Korps ist glänzend verlaufen. Der Kaiser fuhr die Fronten der in zwei Treffen aufgestellten Truppen ab und ließ, im Wagen stehend, dieselben einmal an sich vorübermarschiren, die Infanterie in Kompagnie front, die Kavallerie in halben Schwadronen. Der Groß- Herzog von Baden führte das rheinische Ulanen-Regiment Nr. 7 und das 1. badische Leib-Dragoner-Regiment Nr. 20, der Großherzog von Hessen das großherzvglich hessische Leib-Dragoner-Rcgiment Nr. 24, dessen Chef er ist, an dem Kaiser vorüber. Prinz Albrecht von Preußen kotohirte das braunschweigische Infanterie-Regiment Nr. 92. Der Kaiser und die Kaiserin verließen nach 1Uhr das Parade feld; dieselben wurden bei der Hinfahrt, wie bei der Rück fahrt überall mit stürmischem Jubel begrüßt. Um 5 Uhr fand im Osfizierkasino das Paradediner statt, an welchem die Kaiserin, ferner alle anwesenden fürstlichen Gäste nebst ihrem Gefolge, sowie die Generäle und die bei der Parade in der Front gestandenen Stabsoffiziere theilnahmen. Am Sonntag Vormittag fand in Straßburg m der pro testantischen Thomaskirche Gottesdienst statt, welchem die Kaiserin, der deutsche Kronprinz, der Großherzog von Baden und andere Fürstlichkeiten beiwohnten. Der Divistons pfarrer Herrmann sprach das Gebet; der Divisionspsarrer Steinwender hielt die Predigt. Aus Befehl des Kaisers, der sich ein wenig ermüdet fühlte und deshalb auch am Sonnabend bei dem Galadiner, sowie in der Theater vorstellung nicht erschien, ist der auf Sonntag Mittag 12'/, Uhr angesetzt gewesene Empfang des Ministeriums, der Geistlichkeit, des Stadtrathes, des Landesausschusses und des Gemeinderathes auf einen der nächsten Tage ver schoben worden. Die alte Stadt Straßburg, die von den Deutschen mühsam wiedererrungene Perle des Elsaß, erscheint in diesen glänzenden Kaisertagen wieder völlig als „die wunderschöne Stadt", als welche sie im deutschen Volkslied glänzt. An dieselbe knüpft sich so viel Sang und Klang, so langes Hoffen und so herrliche Erfüllung, wie an keine andere Stabt. Gar viele ehemals deutschen Pflanzstätten m Flandern, Holland und den russischen Ostseeprovinzen find heute von dem deutschen Mutterlande ganz vergessen oder demselben gleichgistig geworden. Straßburg vergaß der Deutsche nie; es wär ein Kleinod, das er auch in trübster Zeit nicht fallen ließ, von dem gesungen und erzählt wurde allezeit in Stadt und Dorf, in Palast und Hütte. Zum dritten Male verweilt der Kaiser in dieser alten Hauptstadt der Reichslande und cs sind sieben Jahre verflossen, seit er zum letzten Male über die Rheinbrücke bei Kehl herüber in ihre Mauern zog. Diesmal betrat der greise Monarch das Reichsland, umgeben von den Regenten der größten deutschen Staaten oder deren Ver tretern und diese fürstliche Versammlung bekundete dem nahen westlichen Nachbar in glänzendster Weise die Einheit des Reiches. Drei fürstliche deutsche Personen, welche mit dem Kaiser im Jahre 1879 nach Straßburg zogen, weilen heute nicht mehr unter den Lebenden: der damalige Grobherzog von Mecklenburg und die Prinzen Karl und Friedrich Karl von Preußen. In Straßburg selbst hat sich auch in jenen sieben Jahren gar Manches verändert, glücklicherweise zu Gunsten der Stadt und ihres deutschen Charakters. Langsam aber sicher vollzog sich inzwischen im Elsaß der innere Wieder anschluß an das deutsche Reich und an die alte Volks gemeinschaft Die Stadt Straßburg bietet jetzt ein ganz anderes, weit freundlicheres Bild als vor sieben Jahren; wohl grüßt die himmelanstrebendc Pyramide des alten Münsters, der Meisterbau des kerndeutschen Meisters Erwin von Steinbach, den greisen Heldenkaiser noch in unveränderter Schönheit, aber ringsum ist Alles anders geworden. Die Slavterwellerungchat den Grund und Boden Straßburgs verdreifacht. Neue Stadttheile mit stattlichen Straßenzügen und einzelnen Prachtbauten erheben sich, wo bei der letzten Anwesenheit des Kaisers noch Wall und Graben und das Vorterrain der Festung war. Der neue prachtvolle Bahnhof, die palastähnliche Universität, die. riesige Manteuffel-Kaserne und der seiner Vollendung ent gegenstrebende Kaiserpalast sind steinerne Zeugen für das, was die Hauptstadt der Reichslande dem Reiche verdankt. Neuerdings beginnt auch das Elsaß selbst mit eigenen neuen Staatsbauten vorzugehen, wie denn auch bereits unter der deutschen Herrschaft viele schöne neue Privat bauten erstanden sind, welche Straßburg zu einer modernen Stadt machen, ganz unähnlich derjenigen, die einst von den finstern französischen Festungsmaucrn eingeengt war. An der Spitze des Straßburger Gemeinwesens steht seit der Wiedrrzulassung der in Straßburg und Metz so glücklich ausgefallenen Gemcinderathswahlen ein in aller Ordnung gewählter deutscher Bürgermeister und der Gemcinderath selbst ist in seiner Mehrheit so gesinnt, daß sich die Be willigungen für die Ausschmückung der Stadt zu Ehren der fürstlichen Gäste ohne einen Protest vollzog, den die undeutschgesinnte Minderheit angesichts der jetzt in der Bevölkerung herrschenden Stimmung sehr weise unterließ. Eine reiche und gute deutsche Saat hat so bei seinem Einzug in Straßburg der greise Heldenkaiser bereits in den Halmen stehend gefunden; das, was in den letzten Jahren für das Deutschthum in Straßburg von der Regierung geschehen ist, trägt bereits sichtlich reichen Segen. So füllte denn wohl das Herz deS greisen Monarchen eine wahlberechtigte Freude, als er am Freitag unter dem Klange der Münsterglocken den Boden wieder betrat, welcher Zeuge war vom Glanze, vom Niedergang und von der Wieder auferstehung des deutschen Reiches. Am Spätabend seines Lebens ruht sein Blick mit stolzer Lust auf dem ruhmvoll wiedereingelösten Unterpfand unserer nationalen Sicherheit und Größe. Wo einst die alten Bauhütten Erwin von Steinbachs standen, da weilt noch einmal der greise kaiser liche Baumeister, dem es vergönnt war, das so lange un vollendete, jetzt aber himmelanstrebende Gebäude der deutschen Reichseinheit ruhmreich zu krönen. An diesen glänzenden Kaisertagen im Elsaß nimmt aber auch das ganze deutsche Volk freudigen Antheil, durchglüht von dem einen mächtigen Gefühl: „Elsaß und Lothringen sind wieder deutsch und sollen es für immer bleiben!" Tagesschau. Freiberg, den 13. September Die Antwort des deutschen Kaisers auf das Begrüßungs- telcgramm der in Düsseldorf versammelten Mitglieder des Gustav-Adolf-Vereins lautete: „Der Hauptversammlung des Gustav-Adolf-Vcreins danke ich für ihren gesinnungsvollcn Gruß, der mich herzlich erfreut hat. Mögen ihre Berathungen und Beschlüsse im evangelischen Geiste der Stiftung erfolgen und zur Förderung derselben sich wirksam erweisen." — Nach einer von dem Staatssekretär des Innern von Boetticher er lassenen Bekanntmachung findet die Eröffnung deS deutschen Reichstages am 16. September, Nachmittags 2 Uhr, im Reichstagsgebäude statt. — In der am 10. d. M. stattge fundenen Plenarsitzung des deutschen BundeSratheS beschloß der Letztere, dem am 28. August d. I. zu Madrid zwischen dem Reich und Spanien abgeschlossenen Vertrage, be treffend die Verlängerung des Handels- und Schifffahrtsver trages vom 12. Juli 1883, die Zustimmung zu ertheilen. Die Vorlagen, betreffend die Revision der Vorschriften über die Prüfung der Sceschiffcr und Seesteuerleute, die Zulassung der aus dem Dienste der kaiserlichen Marine geschiedenen Maschi nisten re. als Maschinisten auf Seedampsschiffen der Handels flotte und die Abänderung des Betriebsreglements für die Eisenbahnen Deutschlands in Bezug auf die Beförderung von Salpetersäure und Scheidewasser, sowie der Antrag Badens wegen Ermächtigung des Nebenzollamts Rötteln zur Abferti gung von Baumwollengarn wurden den zuständigen Ausschüssen überwiesen. Endlick wurde über die geschäftliche Behandlung mehrerer Eingaben Beschluß gefaßt. — In dem Befinden des deutschen Reichskanzlers ist eine leichte Besserung eingetrcten; derselbe vermag sich kurze Zeit vom Sopha zu erheben und einige Minuten auf und nieder zu gehen. Die als Organ des Kanzlers geltende „Nordd. Allg. Ztg." bringt folgende offiziöse Mittheilung: „Durch die Presse geht die Nachricht, der Fürst von Bulgarien sei fest entschlossen gewesen, die Rädelsführer bei der Revolution erschießen zu lasten, und sei nur durch eine von Rußland, Deutschland und Oesterreich an ihn gerichtete Note davon abgebracht worden, in welcher die genannten Mächte erklärt hätten, daß sie die Erschießung auch nur eines einzigen Verschworenen nicht zukaffen würden. Wir können diese Mittheilung als gänzlich unrichtig bezeichnen. Die Mächte haben sich darauf beschränkt, dem Fürsten von Bulgarien den Rath zu ertheilen, im Interesse der Ruhe des Landes keine Hinrichtungen vorzunehmen, well dieGefahr nahe läge, es möchten indemmöglicherweisenichtfern liegenden Falle einer neuen politischen Umwälzung Gcgcnhinrichtungen vorgenommen werden." — Auf die Begrüßungsrede des Oberbürgermeisters Ohly ant wortete Fürst Alexander bei seinem Eintreffen in Darmstadt: „Ich bin unendlich erfreut, daß ein Hesse, wenn er aus der Fremde zurückkehrt, von seinen Landsleuten so sympathisch empfangen wird." Als Fürst Alexander in Bickenbach eintraf, spielte sich eine ergreifende Szene des Wiedersehens zwischen ihm und seiner Mutter ab, die schluchzend in die Arme deS Sohnes sank. Das Städtchen Jugenheim war bei der Ankunft des Fürsten reizend dekorirt. Der Letztere wurde von den Einwohnern und Kurgästen auf das Lebhafteste begrüßt. — Der in Wiesbaden versammelte deutsche Juristentag hat sich unter Ablehnung des Abtheilungsbeschlustes dahin aus gesprochen, daß die Schöffengerichte sich im Allgemeinen in der Praxis bewährt hätten, daß jedoch die dermalige Einrichtung des schwurgerichtlichen Verfahrens einer Reform dringend be dürftig sei. — Aus München wird berichtet, daß ein Erlaß des Prinz-Regenten außer einigen sonstigen geringen Aende- rungen in der Adjustirung dcr bairischen Truppen auch die Ersetzung des Raupenhelmes durch den preußischen Helm anordnet. Uebcr die mehrfach erwähnte Absicht, das Gepäck der Infanteristen zu erleichtern, wird offiziös geschrieben: Das bisherige feldmarschmäßige Gepäck des Infanteristen ent hält nicht einen einzigen Gegenstand, welcher nicht durchaus nothwendig wäre. Dabei erschien jedoch eine Erleichterung desselben bei den immer größeren Anforderungen, welche die heutige Fechtweise an die Infanterie stellt, zur Erhöhung der Beweglichkeit und Manövrirfähigkeit dieser Truppe schon seit längerer Zeit dringend geboten, zumal da bei außergewöhnlichen Anstrengungen verschiedentlich die Nothwendigkeit sich heraus stellte, einzelnen Truppcnthcilen der Infanterie, um sie recht zeitig und in gefechtsmäßigem Zustande an das Ziel des Marsches zu bringen, zeitweise die Tornister fahren zu lassen. Durch die dazu erforderlichen Fahrzeuge aber wurde die Bagage der Truppe in lästiger Weise vermehrt. Es handelte sich nun mehr, um diesen und anderen Uebelständen abzuhelfen, darum, eine Verringerung des Gewichtes des Jnfanteriegepäcks herbei zuführen, ohne daß cs nöthig wurde, irgend einen der durch weg nothwendigcn Bestandtheile desselben entbehren zu müssen. Aus den infolge Aufforderung des Kriegsministeriums zahl reich zur Vorlage gelangten neuen Modellen für den Tor nister re. ist eine Auswahl vorläufig getroffen und mit dem neuen Jnfanteriegcpäck ein Regiment des 15. Armeekorps aus gerüstet worden, um dasselbe während der jetzt begonnenen Kaiser-Manöver in den Reichslanden zu erproben, und dürfen