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er sächsische WrzWer, Wochenblatt für Bischofswerda, Stolpen «nd Umgegend. Amtsblatt des Königlichen Gerichtsamtes «nd -es -Kta-trathes zu Dischofswerda. Dies« Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwochs und Sonnabend», und kästet einschlie-lich der Sonn» «den»« erscheinenden „belletristischen Beilage« vierteljährlich IS Rgr. Inserate werden bi« Dienitag« und Freitag« früh 0 Uhr angenommen und kostet di« gespaltene Sorpu«reile «der deren Raum 1 Rgr. 67. I Mittwoch, den 2«. August. l 1874. Politische Weltschau. Mit der spanischen AnerkennnngSfrage will es gar nicht recht vom Fleck. Nur ganz gering- sügige Umstände sollen die Schuld tragen, daß Deutschland, Oesterreich und Rußland den amtlichen Act der Anerkennung noch nicht vollzogen. Der Herrscher Rußlands, schrieb dieser Tage ein officiöseS Organ des österreichischen Reichskanzlers, weilt auf einem entfernten Punkte seines großen Reichs, sein Minister des Auswärtigen genießt die Ferien im Auslande, welche Umstände die Beendigung der diplomatischen Verhandlungen verzögern. Die beiden anderen Mächte — Deutschland und Oesterreich — warten auf die Entschlüsse des Petersburger Cabinets und haben daher ihrerseits die Bekanntgabe der Anerkennung verschoben. Inzwischen soll jedoch nach einer Wiener Depesche im „Dr. I." die Entscheid ung Rußlands am 22. d. M. dort eingetroffen sein und abfällig lauten. Das russische Cabinet, besagt das Telegramm, könne sich vorläufig noch nicht zur Anerkennung der Madrider Re gierung entschließen. Wir müssen natürlich die Richtigkeit dieser Meldung dahin gestellt sein lassen, bestätigte sich jedoch, daß Rußland aus irgend welchem Grunde die Anerkennung jetzt noch für vorzeitig hielt, so wünschten wir, die deutsche Reichsregierung ging ihren eigenen Weg und spräche die Anerkennung ohne Weiteres amtlich aus. Mag Oesterreich thun, was es will, uns lüstet nicht darnach, von Rußland in's Schlepptau genommen zu werden. Geradezu komisch klingt aber ein Wolff'sches Telegramm, welches bescheiden kündet: „Die Anerkennung Spaniens durch den Papst steht bevor, wenn Frank reich und England anerkannt haben werden." Der Papst hat nämlich nichts anzuerkennen, da er keine politische Regierung repräsentirt. Die Anerkennung ist ein politischer, nicht aber ein religiöser Act. Aus Elsaß-Lothringen kommt die erfreuliche Kunde, daß die drei Bezirkstage in Straßburg, Metz und Colmar in beschlußfähiger Anzahl zusam mengetreten sind und ihre Thätigkeit begonnen haben. Das ganze Reichsland ist also jetzt durch gesetzmäßig gewählte Körperschaften vertreten, welche durch die Ableistung des Treue-Eides für den Kaiser und die Reichsverfassung die bestehenden Zustände anerkannt haben und auf Grund derselben die Wohlfahrt des Landes Hand in Hand mit der deutschen Regierung zu fördern entschlossen sind. Aus Oesterreich diesseits der Leitha sind poli tische Nachrichten von irgend welcher Bedeutung nicht zu melden. Regierung und Volk in Wien wurde allein durch die Gefahren in Anspruch ge nommen, mit denen das steigende Wasser der Donau drohte. — In Ungarn hat der Reichstag nun endlich auch Ferien gemackt, nachdem es dem Ober haus gelungen war, durch Vereitelung der Wahl novelle die wichtigste Vorlage der Session bei Seite zu schieben. Welche Erfolge kann man auch von einem Parlamente erwarten, dessen Unterhaus auf demokratischer Grundlage ruht, während das Ober haus modernen Fortschritten abgeneigt und die Ret tung des Magyarenthums in einer rückläufigen Be wegung erwartet. Die italienische Regierung fährt fort, die Republikaner und Internationalisten mit der größten Sorgfalt zu überwachen, doch ist alle Gefahr aufständischer Bewegungen verschwunden. In Rom wurde wieder einmal ein Deputirter mit Messer stichen auf offener Straße tractirt. Es ist dies gerade nichts Außergewöhnliches. Die Brüsseler internationale Con fer en z setzt ihre Sitzungen fort, ohne daß über ihre Arbeiten etwas Sicheres in die Oeffentlichkeit gelangt. Man glaubt, daß sie sehr bald ihre Sitz ungen schließen und die Fragen, über welche kein Einverständniß stattfindet, einer in unbestimmter späterer Zeit wieder einzuberufenden Conferenz Vor behalten wird. Ganz Frankreich fiebert wegen der Wahl im Departement des Calvodas. In der That ist die selbe auch höchst lehrreich. Es standen sich 3 Can- didaten gegenüber: ein Bonapartist, ein Republikaner und ein Legitimist. Die Orleanisten hatten im Bewußtsein ihrer Unpopularität gar nicht gewagt, einen der Ihrigen in den Wahlkampf zu schicken. Merkwürdigerweise aber gaben sie nicht den Legiti misten, sondern den Bonapartisten ihre Stimme, während doch sonst zwischen Orleanisten und Bona partisten der unversöhnlichste Haß herrscht. Die Demüthigung ist um so größer, da die Regierung ganz überwiegend aus Orleanisten besteht und die bonapartistischen Elemente aus derselben gerade durch orleanistische Jntriguen entfernt sind. Trotz dieser Reunundjwanzigster Jahrgang.