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Dienstag. Nr. 1t 8. Februar 1870. Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Postanstalten. Weißerih-Zeitung. Preis pro Quartal 10 Ngr. Inserate die Spalten-Zeile 8 Pfg. Amts- und Mcige-Dlatt der Königlichen Gcrichts-Aemter und Stadträthe M Dippoldiswalde vnd /ranenstein. Versntwortlicher Ledsrteur: Carl Zehne in Dippoldiswalde. TagesKeschichte. Dippoldiswalde, den 6. Febr. Das gestrige, von den hiesigen vereinigten Gesangökräften veranstaltete Concert erfreute sich, trotz der strengen Kälte und des schneidenden Windes, einer leidlich großen Zuhörer schaft, die sich über das Gebotene im Ganzen sehr be friedigt zeigte. Mochte auch das Recitativ: „Seht, wie der rauhe Winter flieht," angesichts der mit dicken Eiskrusten bedeckten Fenster der dürftig geheizten Leta litäten, als Hohn erscheinen, so war doch die Ausführung des „Frühlings" von Haydn als eine recht gelungene zu bezeichnen. Auch andere Compositionen: „Das deutsche Schwert" von Schuppert, „Aus dem See" von Mendelssohn, „Heimath" von Neidhardt, zeugten von dem lobenswerthen, unermüdlichen Eifer der Sänger und des Dirigenten. Das heitere Element war durch ein „komisches Terzett" von Mozart und „Frosch-Can tate" entsprechend vertreten. Fräulein Tronicke sang eine Arie aus „Titus" mit viel Wohllaut und Kunst fertigkeit. — Möchte das Streben der „vereinigten Gesangskräfte" uns derlei Genüsse noch öfter bieten. (Landtagswoche.) Den Verhandlungen über die Eisenbahnanlagen folgten in dieser 18. Landtags woche die über den Baue tat und damit über Anlagen und Ausbau von Straßen u. dergl.. Die Verhand lungen über die unsere Gegend betreffende Straße nach der Freiberger Bahn waren nicht gerade ermuthigend für uns ; sagte doch der Geh. Reg.-Rath v. Schimpfs, daß der Tract noch nicht einmal festgestellt sei! Ob wir Heuer also die Straße werden bauen sehen, fragt sich noch. Wir haben nun über 20 Jahre gewartet, und sollen es noch länger? — Am 2. und 3. Februar berieth die Kammer über Fortdauer unserer Gesandt schaften. Man sprach sich vielseitig gegen eine solche auS; Staatsminister v. Friesen in längerer Rede für die Beibehaltung. Schließlich wurden die Kosten für die Erhaltung des Ministeriums des Aeußern bewilligt; dieselben betragen 10340 Thlr. normalmäßig und 7967 Thlr. transitorisch für das Ministerium selbst; 36200 Thlr. normalmäßig und 7967 Thlr. transitorisch für die Gesandten; davon für die Gesandtschaft in Berlin 8800 Thlr., Wien 9200 Thlr. und 2300 Thlr. transi torisch, Petersburg 6000 Thlr., München und Stutt gart 3000 Thlr. und 1000 Thlr. transitorisch, zuletzt Weimar 2000 Thlr. — Kaum weniger lebhafte Ver handlungen, wie über das Gesandtenwesen, fanden am 4. Februar über den Neubau des Hoftheaters statt. Die Mehrheit der Deputation hatte eine Verpflichtung des Landes zum Wiederaufbau des Theaters, als eines Staatsgutes, anerkannt; die Minderheit hatte sich da gegen entschieden, wenn sie auch sonst zu einer Geld bewilligung geneigt war. Es kam bei den Verhand lungen zu harten Reibungen, wobei man sich ganz un gehörig auf ein politisches Gebiet verlor. Schließlich wurden 400,000 Thlr. (statt der von der Regierung beantragten 500,000 Thlr.) bewilligt und dabei der Wunsch nach einer Uebertragung des Baues aus den Erbauer des ersten Theaters, Prof. Semper in Zürich, ausgesprochen. — Die 1. Kammer beschäftigte sich am 3. und 4. Febr. mit der Berathung des PreßgesetzeS, das sie im Wesentlichen, bis auf die von ihr beschlos sene Beibehaltung der Pflicht-Exemplare, in der von der 2. Kammer ihr gegebenen Gestalt annahm. — Beide Kammern werden sich außerordentlich thätig erweisen müssen, um ihre Geschäfte noch vor Eröffnung des Reichstages (am 14. Februar) erledigen zu können. Dippoldiswalde. (Bericht der Dresdner Handels- und Gewerbekammer auf 1868). Unter den für unseren Leserkreis interessanten Mitthei lungen über besondere Zweige der Industrie heben wir noch hervor, was der Bericht über den Zinnbergbau in Altenberg, die Uhrenfabrikation in Glashütte, über Strohflechterei in Dippoldiswalde mittheilt. Der Zinnbergbau in Altenberg, begünstigt durch den milden und wasserreichen Winter von 1867 zu 1868, hatte Anfang 1868 sehr bedeutende Borräthe an Zinn, Zwittern und Schlämmen angehäuft, welche während des Jahres 1868 zur weitern Verarbeitung gelangten, und 1868 selbst ein Ausbringen von 1937 Ctr. 55 Pfd. Zinn und 968 Pfd. Wismuth. Der trockene Sommer 1868 nöthigte zu einer 14wöchigen Arbeits einstellung, während welcher die Arbeiter meist mit AuSgraben der Teiche beschäftigt wurden. Der Tax werth der Naturalvorräthe zeigte deshalb 1868 gegen 1867 ein Minus von 14,000 Thlr. Dagegen wurde durch das Steigen der Zinnpreise von 30 oder höchstens 31 Thlr. bis auf 40 Thlr pro Ctr. die Finanzlage des Zwitterstockwerkes immer noch zu einer günstigen. Die Einnahme von 1868 betrug 76508 Thlr., die Aus gabe 59345 Thlr. — Die Arbeiterzahl beim Zwitter stock betrug 330. In den Betriebsmitteln kamen wesent liche Veränderungen nicht vor. Die Uhrenindustrie in Glashütte schritt rüstig vorwärts, namentlich gelangten Uhrentheile für Pendülen und Telegraphenapparate zu immer größerer Vervollkommnung. Mit Ausnahme von Zifferblättern und Spiralfedern werden alle Uhrentheile in Glashütte selbständig gefertigt. Das Hauptgeschäft wurde unver ändert mit Nordamerika gemacht. Die Revolution in Cuba ergab in schweren, goldenen Uhren einen erheb lichen Ausfall, nach England blieb der Absatz leidlich,