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DresdnerIournal INNt Herr Verantwortlicher Ncdactmr: I. G. Hartmaua haft 18S7 .V 22i> Sonnabend, de« 3. October. Iie LageSgeschichtk. Nichtamtlicher Thcil. krie. stcn elde ncn ung «rscheiat Mi »er «»— md Festtaze tägltch Abend» mb ist durch alle PoSanstalten ,« bezieh««. Pret» für da» Vierteljahr rhaler. Iusettton»-Gebühren für den Rau« einer gespaltenen Zeil» l Neugroschen. — Persien: Aufstand. — Ostindien: Neueste amt liche Nachrichten. — New-Port: Aufstand auf Sl. Do mingo. Vertrag zwischen den Vereinigten Staaten und Neu-Granada. 3db 38; «d.- ard. und der künstlerische Fleiß, womit sich der hiesige Darsteller seiner Ausgabe hingegeben hatte, sind keS außerorventlichsten LobeS würdig. In großen, eveln Ziügen, kraftvoll und erschütternd im Anwachsen ter Leidenschaft, der Verzweiflung, rührend in zu- sammenbrechendem Schmerz und in der Zärtlichkeit, gab er den riesenhaften König, an dem Unglück, Gram, Reue und Wahnsinn so lange zu rütteln haben, bis sie ihn zusammenbrechrn machen. Keine auS klügelndem Scharfsinn hervorgehende Künstelei trat störend für die Wahrheit deS EffectS ein. Gleich die Schwur scene riß zu großem Beifall hin und die weitere Darstellung bot vielfach Momente schönsten Gelingen» : so z. B. die Betrachtung und Anrede deS verstellten Wahnwitzigen, die furchtbare Gipfelung phantastischen Aberwitzes in der Scene nach dem Gewitter vor dem ersten Schlafe. Von höchster Meisterschaft aber war im fünften Acte daS Erwachen de» kindisch gewordenen Greise» und daS Er kennen de» verstoßenen Kindes. Unter den Ungeheuern Schwierigkeiten, welche der Lear dem darstellenden Künstler bietet, seien nur einige angedeutet. Eine der größten für den jünger» Schauspieler ist, den König von Anfang an als Greis erscheinen zu lassen, berührt genug von hohen Jahren, um rin Niederlegen der Krone zu erklären, und doch noch voll auf stürmender, heroisch-gewaltiger Kraft, für die AuSbrüche de» Zorns, der Berzweiselung, der Raserei. Man kann sich diese Aus brüche einer großen halbgrbrochenen Natur nicht wohl anders den- ken, als jäh, heftig, reißend, wie mit Blitz,»kraft hervorstürzend und wieder zusammenstnkend, bi» die Erschöpfung sich in wirklichen Wahnsinn rettet. Diese gewissermaßen ungeregelte maßlose Weise Lear'S kühn zu geben, sich dabei vor übertriebener Heftigkeit deS Einsätze», vor Zerrissenheit der Recitation und vor zu überwiegen der Weichheit de» Gefühl» zu wahren und andererseits doch nicht »den 'gen Pro- »bn, lOO :gen ius, eine isch- Die An stet» llig- !0N- -an. 51» ard. 029 739 >15. )ar- »39 'st.- Es- der ocd- Berlin: Erörterungen über die Zusammenhaltung de« ländlichen Grundbesitze». — Potsdam: Militärische Ju belfeier. — München: Königin von Griechenland. — Weimar: Zusammenkunft Ihrer Majestäten der Kaiser von Oesterreich und Rußland. — Kobürg: Rechenschafts bericht de« Bibelvrrein«. Werrabahnbau. Actienbrauerei. Gerstäckrr verunglückt. — Pari«: Handelsvertrag mit Neu-Granada. Rückreise de« Kaiser«. Die Kaiserin in Ehalon« erwartet. — Brüssel: Programm de« „Nord". — London: kordmayorwahl. Abnahme der Zoll- und Steuererträgr. — Kopenhagen: Reichstag eröffnet.— Stockholm: Bekanntmachung wegen der Regentschaft. — St. Petersburg: Vom kaukasischen Kampfplatze. in Begleitung Sr. königlichen Hoheit de« Großherzog« von Sachsen - Weimar hier ein. Se. königl. Hoheit der Kron prinz, die Oberstenuniform Seine« kaiserl. russischen Jäger regiment« tragend, war Sr. Majestät in Begleitung de« königl.jOberstallmeister«, Generalleutnant v. Engel, bi« Leipzig entgegen gereist. Se. Majestät der König und Se. königl. Hoheit der Prinz Georg empfingen den Kaiser im Leipziger Bahnhof«, woselbst auch Ihre Hoheiten der Herzog von Sachsen - Altenburg, der Herzog von Nassau und der Erb prinz von Sachsen-Meiningen, der kaiserl. russische Gesandte Geh. Rath v. Schröder mit dem GesandtschaftSpersonal, der kaiserl. Reichskanzler Graf v. Nesselrode, der Kriegsminister, die Generalität, der Polizeidirector rc. zur ehrfurchtsvollen Begrüßung Sr. kaiserlichen Majestät anwesend waren. Im Bahnhofe war eine Jnfanteriecompagnie mit der Fahne und Musik de« Bataillon« als Ehrenwache aufgestellt. Nachdem Se. Majestät der Kaiser unter den Klängen der russischen Volkshymne die Front der Truppen abg,schritten, begaben Allerhöchstdieselben Sich mit Sr. Majestät dem König in einem offenen Wagen und unter wiederholten Lebehochs der versammelten Menge nach dem königl. Schlosse, woselbst um 1 Uhr ein Dejeuner staltfand, zu dem außer dem kais. ruff. Gesandten, der Staat-Minister derauswärtigen Angelegenheiten, Freihr. v. Beust, und der Minister des königl. Haus,« StaalS- minister a. D- v. Zeschau, zugezogen zu werden die Ehre hatten. Nach 2 Uhr begaben Se. kaiserliche Majestät, begleitet von Sr. Majestät dem König und Ihren königlichen Hoheiten dem Kronprinzen und dem Prinzen Georg, mit Sr. königl. Hoheit dem Großherzoge von Sachsen-Weimar Sich wiedrr nach dem Bahnhöfe, um mittelst Ertrazugs nach Weimar zurückzukehren, woselbst infolge einer Erkrankung der Groß fürstin Marit (Tochter des Kaiser«) die kaiserliche Familie heute noch verweilt. — Im Gefolge de« Kaisers befanden sich der Minister de« kaiserlichen Hauses, Graf v. Adlerberg, der Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Fürst Gortscha- koff, und der Generaladjutant Graf v. Adlerberg (Sohn). Dresden, 2. October. Für den gestrigen dritten Ma növertag waren durch den EorpScommandanten für die bei den sich gegenüberstthenden Armerdivisionen die nachstehenden Dispositionen ertheilt worden: Nord-Eorp«. Die bei Dippoldiswalde gestandene Division hat trotz der erhaltenen Verstärkung dem 'rbe-legenen Feind« weichen müssen und ist am Abend de« 30. Septembers bi« auf die Höhen von Räck nitz zurückgegangen, da« Defile von Plauen in ihrer rechten Flanke beseht haltend. Auch die über Pirna vorqeganqene Division ist im vollen Rückzüge auf Dresden. Der Com Mandant de« Nord-EorpS beschließt, sich auf die Verth,i- digung der befestigten Stadt zu beschränken. Durch einen überraschenden Angriff hat der Gegner in der Nacht sich in den theilweisen Besitz von Plauen gesetzt. Die 1. Armee division erhält daher den Befehl, noch unter dem Schutze der Nacht durch einen Rechtsabmarsch die Stellung der Act zu verändern, daß der Rückzug der Division über Merbitz nach Stetzsch und Gohlis angetreten werden kann. Zwischen den letztgenannten Orten wird der Eommandant von Dresden am Morgen deS 1. Oktobers eine Pontonbrücke schlagen las sen, die aber erst um Mittag beendet sein kann- Die Ver stärkung de« vorigen Tages ist nach der Stadt zurückbeordert worden. 8.Süd-CorpS. Der Eommandant der 2. Armer division erhält den Befehl zu einem erneuten Vordringen, da die beiden Hauptcolonnen im erfolgreichen Vorrücken auf der DippoldiSwaldec Straße bereits die Höhen von Nöthnitz» auf der Pirnaischen Straße den Abschnitt der Müglitz erreicht Haden und rin umfassend,« Vorgehen gegen Dresden zum 1. Octoder angeordnrt ist. Da« nach Tharand entsendete Bataillon ist wieder herangezogen. Um H9 Uhr ließ nächst. Rührungen er erklingen läßt; welch' große, fast unübersehbare Masse der verschiedenartigsten und tiefsten Gedanken er vorüber führt; wie viel Raum ihm noch zu Witz und Scherz übrig bleibt; welche Erschütterungen er selbst erlebt haben muß, um so innig vertraut von allen diesen Schrecknissen sprechen zu können, und wie er dennoch in diesem Wirbelwinde aller Leidenschaften, in diese» scheinbare Chao» der Verzweiflung Licht und Ordnung mit so sicherer Hand wirft, mit welchem milden, lächelnden Blick er alle diese Geister und Gespenster beherrscht: so ist e» wohl schwer, da» Maß unsrer Bewunderung eines solchen Geniuö nur irgend anzeigen oder gar beschränken zu wollen." Wie aber die gewaltigen Gebilde einer solchen über daS Ver mögen unsrer Vorstellungen hinauSreichenden Wirklichkeit, unS selbst, die Zuschauer, fast erschrecken, niederdrücken und wie au» einer sagenhaften, übermenschlichen Vorzeit berühren, so ist eS für die in Form und Inhalt der modernen Bühne ausschließlicher angehörenden Darsteller noch unendlich schwerer, solche Gestalten de» Dichter» mit vollem Leben zu erfüllen, und e» wäre eine Un gerechtigkeit, hierin in allen Stücken höchste Befriedigung zu ver langen und nicht dem sich Annähernden und im Einzelnen mit Anstrengung aller Kraft glücklich Erreichten anerkennend ent- gegenzukommen. An dir Darstellung de« Lear wird der größt« Künstler nur mit Zagen gehen, denn alle Mittel der Gestaltungskraft dafür, ihre volle Beherrschung und ein Erfassen der Rolle mit der reich sten Phantasie angenommen, wird er Anspruch auch auf die unterstützende Geduld de« Publicum« und der Kritik machen müssen, um ihn durch einig« Wiederholungen zur festen Ent wickelung seine« Gebilde«, zum sichern Abschluß in seiner Rolle gelangen zu lassen. Da« schöpferische Talent, die tiefe Einsicht -80 lhlr. 26^ Ter. ' gr- >mer lau- .000 Ter« r i" De,. >iog- >afrr iber- 61. H-ftheater. Donner«tag, I. Oktober: König Lear. Trauer spiel in fünf Acten von Shakespeare, übersetzt von Heinr. Boß dem Jüngern. (Neu einstudirt.) Nicht schöner und kürzer kann man die Bewunderung dieser großen Dichtung »»«sprechen, al« L. Tieck in folgenden Worten: „Wenn diese Tragödie und „Macbeth" und „Hamlet" die merk- würdigsten, größten und unergründlichsten Schöpfungen der neuern tragischen Kunst find, so ist unter diesen wieder da« Leben de« britischen König«, wenn auch nicht da« gehrimnißvollste, doch gewiß da« erschütterndste Werk. Roch niemals hat die tragische Muse auf so ungeheure, so furchtbar« Weise da« Schicksal ent- saltet und da« Leben dargestellt; r« ist wirklich, al« sähe man die ganze Welt und alle Kräfte derselben zusammenbrechrn und alle Schönheit, Liebe, Tugend und Leben einer allgemeinen Zer- trÜMmerung, dem alten Lhao« entgegen«!»». Mit der Schuld muß die Unschuld fallen, mit dem Laster da« Schöne, der un geheuerste Wahnsinn springt au« der Uebereilung mnd der gr- steigerten Leidenschaft, wie ein gewappneter Riese, hervor, da« Furchtbare und da« Aberwitzige, der tiefste Schmerz und die Fratze berühren sich nicht nur, sondern sie werden durch da« seltsamste und doch verständlichste Räthsrl Ein« und Dasselbe, und da« Menschenherz, da« von dieser wundersamsten Schöpfung nicht auf eine mehr al« gewaltige Art erschüttert wird, muß ent weder sehr stark und tapfer oder von eskalier Gefühllosigkeit umschlossen fein. Erwägt man, wa« der Dichter Alle« in rinn» kurzen Zeit- raume von drei Stunden in Thätigkeit setzt; welche Gefühle und L,- "i- uf- in.) >9'4 >8A G; >nk- >u,r «rr. B.; lin- G; tsb. »sel- !on- G.; Nebersicht. Tagetgeschichte. Dresden: Hofball. Zur Anwesenhrit de« Kaiser« von Rußland. Manöver. — Wien: Grund losigkeit der Nachrichten über gewiss« Finanzvorschläge. — Local- und Proviuzialangrle-eaheiten. Dresden: Turn lehrerprüfung. Umsatz bei Leihhaus und Sparkasse. — Au« der Freiberger BergamtSrefier: Quartalau«- bringen. — Bautzen, Dahlen: Brände. veffeutliche Verichtsver-audlrmgerr. (Dresden.) Feuilleton. Inserate. LagrSkalevder. Börsennachrichten. Dresden, 2. October. Gestern Abend fand in den Sälen der zweiten Etage de« kön. Schlosse« zu Ehren der hohen am kön. Hoflager weilenden Gäste ein großer Hofball statt. Nach 8 Uhr erschienen Ihre Majestäten der König und di« Königin mit Ihren k. Hoheiten dem Kronprinzen und der Kronprinzessin, dem Prinzen Georg, den Prinzessinnen Sidoni« und Auguste, föwle sämmlllHen yier anwesenden Fürstlichkeiten, nämlich Ihren k. Hoheiten dem Kurfürsten von Hessen, dem Prinzen Albrecht von Preußen, dem Gra fen von Trapani, Bruder Sr. Maj. deS König« von Neapel, und Höchstdessen Frau Gemahlin, gebornen Prinzessin von Loscana, Erzherzogin von Oesterreich, Ihren Hoheiten den Herzogen von Nassau und Sachsen-Altenburg und dem Erb prinzen von Sachsen-Meiningen, sowie Ihren Durchlauchten den Prinzessinnen Eharlott, und Pauline von Schleswig- Holstein-Sonderburg-Augustenburg. Die Zahl der Gäste, unter denen eine große Anzahl fremder Uniformen zu be merken waren, betrug über 600. Die Tänze, welche bald nach der Ankunft de« allerhöchsten Hof,« begannen, wurden mit großer Lebhaftigkeit bi« gegen >41 Uhr fortgesetzt, zu wel cher Zeil die allerhöchsten und höchsten Herrschaften sich zu- rückzogrn. Dresden, 2. Oktober. Heute Mittag kurz vor 12 Uhr trafen Se Majestät der Kaiser von Oesterreich auf der Rück reise von Weimar auf dem Leipziger Bahnhof« ein, wurden daselbst auf dem Perron von Sr. Majestät dem Könige be grüßt und setzten sodann ohne Aufenthalt die Reise über Prag nach Ischl fort. — Die erwartete Ankunft Sr. Majestät de« Kaiser« von Rußland erfolgte bald nach 12 Uhr. Allerhöchstderselbe trafen Dresden, 2. Oktober. Se. Majestät der Kaiser von Oesterreich find auf der Rückreise von Weimar heute Mittag nach 12 Uhr hier eingetroffen und haben Sich auf der Eisenbahn sofort nach Prag begeben. Dresden, 2 Oktober. Sein« Majestät der Kaiser von Rußland und Seine Königliche Hoheit der Groß- Herzog von Weimar sind heute Nachmittag f41 Uhr von Weimar hier eingetroffen, im Königlichen Schlosse abgetreten und gegen 2 Uhr nach Weimar zurückgeretst. Dresden, 2. Oktober. Se. Königliche Hoheit der Kur - fürst von Hessen sind heute früh >47 Uhr nach Cassel, Se. Hoheit drr Herzog von Nassau Nachmittag 13 Uhr nach Leipzig, Ihre Hoheiten drr Herzog von Sachsen- Altenburg und der Erbprinz von Sachsen-Meinin gen um 3 Uhr nach Berlin abgereist. Dresden, 2. Oktober. Seine Majestät der Kaiser von Rußland hab,« dem Staatsminister Freiherrn v. Beust den St. Alexander - Newskp - Orden in Brillanten verliehen und haben Seine Königliche Majestät di« Erlaubnis zu Annahme «ab Anlegung dieser Dekoration zu «rtheilen geruhet. Dresden, 1. Oktober. Seine Majestät der König haben dem Staat«-Minister Freiherrn von Beust die Srlaubniß zur Annahme und Anlegung de« ihm von Seiner Königlichen Hoheit dem Churfürst,n von Hessen verliehenen HauSorden« vom goldene« Löwen zu «rtheilen geruht. Dresden, 25. September. Se. Königliche Majestät haben zu genehmigen geruht, daß der Vorstand de« stati stischen Bür,au« de« Minist,rium« be« Jnnrrn, Super- numttar-R,gi,ruag«rath vr. Engel da« von Sr. Majestät dm» Kaiser von Oesterreich ihm verlieh,»« Ritterkrruz de« Leopotö-Orden« annehme und trag«. Dresden, 30. September. Seine Königl. Majestät haben dem zeitherigen Aktuar bei'm Bezirksgericht Zwickau Eduard Beyer die Stelle »ine« Gerichtsamtmann« bei dem Gerichts amt Lausigk zu übertragen gnäbizst geruht. Dresden, 30. September. Seine Königliche Majestät -aber» den zeitherigen GerichtSrath bei'm Bezirksgericht Zwickau Robert Emil Pernihsch zum Appellation-rath« bei dem AppellationSg,richt zu Zwickau zu ernennen, ferner den Ge richtSrath Heinrich Ernst Volkmar au« dem Bezirksgericht Plauen in da« Bezirksgericht Zwickau zu versehen gnädigst geruht.