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Die Sachsen-Zeitung enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meitze», des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen u. a. NÄwm/e VsMMMs /öl' LtmSwnMqft, erscheint täglich nachmittags 5 Uhr für den folgenden Tag. Bezugspreis: Bei Abholung in 2 m,^ /bstc!len und Ausgabestellen 2,— Mark im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 Mark, bei Postbestellung U VageS/att qmnehmen —- 2 jederzeit Bestellungen entgegen, s "L/s Eklerer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen hat der Bezieher keinen Anspruch aus Lieferung «er Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Büchsendung eingesandter Schriftstücke -rsolgt nur, wenn Porto deiliegt. MMkiLM, Gssmks, MMMs v. ÄrSeSer' Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeile 20Doldpsennig, die ll gespalteneZeile der amtlichcnBekanntmachungen4VDold- pfcnnig, die 3gespaltene Aeklamezeile im textlichen Teile der Zeitung Ivo Doldpfennig. Nachwcisungsgcbühr 20 Gold- vfcnnige. 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Und zwischen denen, die beides taten, herrscht nun der erbittertste Streit. Woraus das eine jedenfalls hervor- 8eht, daß man über ihn sehr geteilter Meinung namentlich dann sein kann, wenn man ihn kennt. In der deutschen Industrie ist es bekanntlich ge rade in den letzten Tagen zu sehr erheblichen Auseinander setzungen darüber gekommen, die zu einer Absplitterung vom ReickMerband der deutschen Industrie geführt haben. Und auf der Versammlung der neuen Jndustriellen-Ver- einigung kam es nicht bloß zu Auseinandersetzungen, son dern zu einer erheblichen Explosion, so daß das Präsidial mitglied des Reichsverbandes, der bekannte Groß industrielle von Borsig ostentativ die Versammlung verließ. Dabei hatte er in seiner Rede zugegeben, daß auch im Neichsverband selbst die Anschauungen auseinander gehen. Das ist auch wirklich nicht sonderbar. Sonderbar wäre höchstens das Gegenteil. Denn die ganze Grundlage, auf der sich der Bericht aufbaut, die Regelung der Zukunst, also der Leistungen Deutschlands hat zur Vor aussetzung etwas, was der Fall sein kann, aber durchaus Nicht sein muß, nämlich ein außerordentlich starker wirt schaftlicher Aufschwung Deutschlands, der es in die Lage versetzt, wenn auch nicht im laufenden, so doch schon im nächsten Jahre seinen Etat nicht bloß zu balancieren, sondern sogar einen kleinen Überschuß zu erzielen. Und der uns dann weiter in die Lage versetzt, im dritten Jahr über den ordentlichen Etat 100 Millionen Mark, im vierten 500, vom fünften Jahr ab gar 1250 Millionen Mark an NeparEonslelstungen zu zahlen. Und zwar alles über den ordentlichen Etat, also durch Steuern ausgebracht. Steuern — das sind aber nichts anderes als Anteile an dem Bruttoertrag der Volkswirtschaft, als Einkommens teile in Prozentualer Höhe. Nun bedeuteten solche Steuern, namentlich dann, wenn sie wie die Reparationsleistungen vollkommen unproduktive Ausgaben sind, nichts anderes als eine Erhöhung der Produktionskosten. Weiter wird die bisher noch deutsche Reichsbahn in der Hand der neuen internationalen Ver waltung zu einem Enverbsinstitut, und wir haben schon aus maßgebendem Munde gehört, daß die erste Aufgabe dieser neuen Verwaltung die Tarifheraussetzung sei. Was wieder die Produktionskosten steigern wird. Nun stellt auch der Sachvcrständigenbericht das allge- mein Bekannte wiederum fest, daß die deutschen Waren preise zum Teil erheblich über den Weltmarktpreisen liegen, die deutsche Wirtschaft also auf dem Weltmarkt wettbewerbsunfähig ist. Dadurch, das; man ihr neue Steuern auferlcgt und die Preise erhöht, wird sie nicht gerade wettbewerbsfähiger! Wo soll da der Aufschwung der deutschen Wirtschaft, damit die höhere Ergiebigkeit der Sieuerquellen, das allmähliche Verschwinden der Aus gaben für die Arbeitslosenfürsorge denn eigentlich Her kommen? Also die Voraussetzungen für unsere Reparationsleistungen! Nun sind ja als Garantie dafür, daß die oben ge nannten Summen im Etat nicht bloß auf dem Papier stehen, sondern auch wirklich aus Deutschland heraus- keholt werden, die Erträgnisse einer besonderen Steuer — vielleicht kn den Formen des Handelsmonopols — auf Alkohol, Bier, Tabak, Zucker und einiges andere an den „Agenten für die Reparationszahlungen" vom dritten Jahre an direkt abzuführen. Für diese Verwaltung — denn das ist's! — unserer wichtigsten indirekten Steuern soll ein besonderer Kommissar, für jede der fünf genannten Sieuerarten je ein Unterkommissar und daneben noch ein Beirat eingesetzt werden, der aus den Vertretern der „interessierten" Länder besteht. Dieser Kommissar wird also praktisch nicht bloß der Verwaltungskontrolleur, son dern es soll auch die Bestimmung getroffen werden, daß die Gesamtabrechnung dieser fünf verschiedenen Steuer eingänge durch ihn kontrolliert wird. Also auch tiefein- grcifende Finanzkontrolle nach österreichischem Muster. Dabei kommt der Bericht zu den phantastischsten Hoffnun gen namentlich für die Erträgnisse des Tabakmonopols: der soll s. on 1925 nicht weniger wie 450 Millionen Mark abwcrsen um von 1928-29 ab jährlich über 800 Millionen Mark einzubringen. Dabei beträgt der gesamte Steuer- emgang sör 1965 nur etwa das Zehnfache dieser Tabak- - cheucr! Jeden Tag beantragen in Deutschland ein paar Finnen von aüem, gutem Klang die Geschäfts auf sicht. Kredit ist selbst für unsinnig hohem Zinsfuß — der auch Nicht gerade zur Wiederherstellung der deutschen Wettbewerb-söhigkeit beiträgt! — überhaupt nicht zu be- kommen., hofft also auf die Anleihe. Aber die erhalt die Entente, wenn sie überhaupt zustande kommt. Wir haben nichts davon. Mf Lkm Arge LM HrgirrungsbiMung. Besprechung der Parteiführer. Berlin, 21. Mai. Die gestern nachmittag stattgefundene Besprechung der Parteiführer der Mittelparteien des Reichs- , tags, an der auch ein Vertreter -er Bayrischen Volkspartei teil- ! nahm, hat zu dem Ergebnis geführt, daß, nachdem inzwischen ' auch die Demokraten von den Deutschnationalen eine Ein- i ladung zur gemeinsamen Besprechung über die Regierungsneu- . bildung erhallen hatten, die vier Parteien der Mitte heute vormittag der Einladung der Deutschnationalen gefolgt sind. Die Verhandlungen unter den fünf Parteien werden sich auf der Grundlage von Richtlinien für die Außenpolitik vollziehen, die f von der Deutschen Vvlkspartei ausgegangen sind. Bei der Auf- j stellung dieser Richtlinien, die in den letzten Tagen unter dem ! Sammelnamen eines außenpolitischen Programms bezeichnet j worden sind, ist von jeder ultimativen Form, die eine bestimmte ; Bindung für die Deutschnationalen enthalten hätte, abgesehen , worden. Diese Richtlinien sollen lediglich als Grundlage für die f Verhandlungen dienen. Die Präsidentschastsfrage. Basel, 21. Mai. Der Berliner Korrespondent der „Base ler Nat. Ztg." meldet seinem Blatte, daß nach seinen Infor mationen an amtlicher Stelle die Reichspräsidentschastsfrage akut würde, wenn die Deutschnationalen im Reichstage eine deutsch- nationale Regierung erzwingen wollten. Painleves über Frankreichs Interesse an der N»hr. (Eigener Fernsprech dien st der „Sachsen-Zeitun g".) Paris, 21. Mai. „Liberte" veröffentlicht in Fettdruck eine neue Erklärung Painleves, in der der frühere Ministerpräsident die dem Vertreter eines italienischen Blattes gemachten Angaben betreffend das Ruhrproblem deutlicher umschreibt. Er sagte: Frankreich lege hervorragenden Wert auf die Ausbeutung der , Ruhr und der Eisenbahnregie. Die Sachverständigen hätten aber nun in ihren Berichten das Verlangen nach Aufhebung der i wirtschaftlichen Kontrolle ausgesprochen. Die militärische Be setzung wäre dagegen nur von untergeordneter Bedeutung und Frankreich habe die Ruhr lediglich in der Absicht besetzt, seiner wirtschaftlichen Aktion größeren Nachdruck zu verleihen. Die Besetzung sei bereits eingeschränkt worden und könne auch weiter hin noch verringert werden. Man könne sie in Zukunft überhaupt aufgeben, jedoch nur unter der Bedingung, daß interalliierte ' Garantien für die Erfüllung der deutschen Verpflichtungen er- teilt werden. Die Aufmerksamkeit der öffentlichen Meinung in j Frankreich sei fast ausschließlich auf die militärische Besetzung - gerichtet. Die Diplomaten, sagte Painleves zum Schluß, müß- f ten eine entscheidende Wahl treffen zwischen wirtschaftlicher Aus- , beutung der Ruhr oder einer interalliierten Lösung des Repara- i tionsproblems. Poincare bei Millerand. Parks, 21. Mai. Millerand hat gestern vormittag eine lange Unterredung mit Poincare gehabt. Ueber den Inhalt l dieser Unterredung wird strengstes Stillschweigen bewahrt. Amerika und die interalliierten Schulden. (Eigener F ernsp re ch die nst der „Sachsen-Zeitung") Neuyork, 21. Mai. Von autoritativer Seite in Was hington wird mitgeteilt, daß die amerikansche Regierung aus Anlaß der Anttahme der bonus bill alsbald eine nachdrückliche Aktion ins Werk setzen werde, um die 11 Milliarden Kriegs schulden bei seinen europäischen Verbündeten einzutreiben. Das Verteidigungswesen Schwedens. St 0 ckh 0 lm, 21. Mai. Der schwedische Verteidigungs ausschuß hat seinen letzten Beschluß verkündet. Der Ausschuß empfiehlt als Uebergangszeit für die Infanterie 140 Tage als bisher 165 Tage. Für Flvttennsubauten sollen innerhalb fünf Jahren 7 Millionen Kredite bewilligt werden, was eine Beschnei dung der Regierungsvorlage bedeutet. Für die Bedeutung der Luftflotte als Vcrteidigungsmaßnahme herrscht großes Ver ständnis. . Exprofiou auf einem englischen Kriegsschiff (Eigener Fernsprechdienst der „S a ch s e n - Z e i t u n g".) Paris, 21. Mai. Nach einer Meldung aus Boulogne hat sich gestern nachmittag fünf Uhr auf dem Panzerkreuzer „Patria" während der Schießübungen eine schwere Explosion ereignet. 13 Mann der Besatzung sind verwundet, mehrere sogar schwer. Einzelheiten fehlen. Ein Dampfer mit 46 Mann unter- gegange«. Paris, 21 Mai. Nach einer Havasmeldung aus Sant Samt Marie (Ontario) ist der Dampfer „Orinoco" aus dem Ontariosee untergegangen. 46 Mann der Besatzung sind er trunken. Unterbrechung der diplomatischen Be ziehungen zwischen Japan und Amerika. (Eigener F e r n s p r e ch d i e n st der „S a ch s e n - Z e i t u n g".) Washington, 21. Mai. Präsident Coolidge hat das Rücktrittsgesuch des amerikanischen Botschafters in Tokio Woods genehmigt. Neuyvrk, 21. Mai. Nach einem Telegramm aus Tokio hat der japanische AußenMMister die Mitteilung erhalten, daß der japanische Botschafter in den Vereinigten Staaten zurückge- Lreten ist. Vesuvausbruch auf Hawai. Paris, 21 .Mai. Aus Neuyork liefen gestern abend Meldungen ein von einem verheerenden Ausbruch des Kileana, des großen Vesuvs auf den Hawai-Inseln. Es werden bereits Tote und Verwundete gemeldet. Die Eingeborenen flüchten aus den Dörfern. Neuer Fraukeusturz. Rotterdam, 21. Mai. Der „Courant" meldet aus Neu york: Der französische Franken erlebte einen neuen gewaltigen Rückschlag an der Neuyorker Börse und zwar in einem Aus maße, wie er bisher noch nicht vorgekommen ist. Innerhalb einer halben Stunde fiel der Franken von 5,71 auf 5,47 und wurde zu diesem Satz amtlich notiert. KsmsLlr v rlangt eine Vertretung in Washington. . London, 21. Mai. Aus OLawa wird gemeldet, daß ; Kanada beschlossen habe, in London einen diplomatischen Schritt i zu unternehmen, um die Ernennung eines selbständigen kanadi- j schen Gesandten in Washington im Einverstänöis mit der eng- j lischen Regierung durchzuführen. Es heißt, daß Kanada sich auf j das Beispiel des irischen Freistaates berufen werde, der es durch- gesetzt habe, einen selbständigen diplomatischen Vertreter nach Washington zu entsenden. ver LsMunS rum 6MLM. ? Vom Major a. D. Kriegsherrn, Direktor des Reichs- ' Landbundes. In seiner jüngsten Sitzung hat der Bundesvorstand des Reichs-Landdunbes folgende Entschließung einstimmig ange nommen: „Der Reichs-Landdund erkennt an, daß Deutschland heute wehrlos ist, und daß 'alle Macht bei der Entente liegt. Daraus folgert der Reichs-LaNdbund, daß Deutschland an die Sieger Kriegskontributionen zu zahlen hat bis zur Grenze des Möglichen. ,Die deutsche Landwirtschaft hat wiederholt erklärt, daß sie herert ist, Opfer zu bringen an Einkommen und Besitz bis zurrt Aeußersten, wenn Deutschland dadurch in absehbarer Zeit end gültig und völlig frei wird. Der Reichs-Landbund fordert, gleichviel, welche Regierung mit der Entente verhandelt, daß kdmeM Unterschriften von deutscher Seite gegeben werden unter Abmachungen, die nicht t erfüllt werden können, die also letzten Endes den Feinden immer - wieder Gelegenheit geben, weitere Zwangsmaßnahmen auf ; politischem Gebiete gegen Deutschland zu «heben. Der Reichs-Landbund hält nach Kenntnisnahme des nun mehr vorliegenden Gesamtplanes der Sachverständigen die darin j Deutschland zugemutete Preisgabe von Hoheitsrechten für un- j annehmbar, und lehnt das Gutachten in der vorliegenden Ge- l statt als praktische Grundlage für die Lösung des Reparations- Problems ab. Der Reichs-LaUdbund fordert, daß eine Regierung gebildet wsid, Ae dem Feindbunde 'Gegenvorschläge zustellt, die wirt^ schaflkich erfüllbar sind und politisch die Freiheit bringen." Zu dieser Entschließung ein kurzes Geleitwort: Das deutsche Landvolk muß den Mut aufbringen, die bittere Wahrheit den iruegesührten Volksgenossen immer Widder' vorzuhattenl, daß die Verelendung der letzten fünf Jahre aus schlaggebend veranlaßt wurde durch die aus Feigheit, Schwäche und Verblendung geleistete Unterschrift unter das Versailler Schuldbekenntnis. Niemals wieder darf der Glaube an „glück liche Umstände" und der Wahn: „Es wird ja nicht so schlimm werden!" dazu führen, daß eine deutsche Regierung Ab machungen unterschreibt, die nicht erfüllt werden können. Die Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung des Sachver- stäudigengmachtens rückt in unmittelbare Nähe. Schon sind alle außenpolitischen und innenpolitischen Druckmittel und Ein wirkungen wieder angewendet, um die Kapitulation zu bewirken. Die Lage ist gegenüber derjenigen vom Juni 1919 noch dadurch besonders erschwert, daß, während der Deutschland zur Unter schrift vorgelegte Bersailler Vertrag lediglich das Machwerk unserer Gegner war, an der Anlage und Gestaltung des kaum weniger umfangreichen Sachverständigengutachtens deutsche Ver treter maWebend mitgearbeitet Haden. Nach den Musterungen des Generals Dawes stellt das Gutachten ein einhM'iches Gan zes dar und nach Ansicht der ReparMÄnskommissivn handelt es