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Ist die Frage einer Revision des Noung- Planes, über die jetzt so viel gesprochen, geschrieben und beschlossen wird, nun wirklich in Fluß gekommen? Gerade als Deutscher muß man bei der Prüfung dieser Frage einen besonders klaren und nüchternen Kopf be wahren, weil es allzu nahe liegt, daß bei einer schnellen, übereilten Bejahung vielleicht der Wunsch als der Vater oieses Gedankens betrachtet werden muß. Und eine solche nüchterne Prüfung mag auch im Auswärtigen Ausschuß des Reichstages erfolgen, wo eine ganze Reihe von Anträgen eingebracht worden ist, darunter sehr weitgehende, die eine glatte Streichung der deutschen Voung-Plan-Verpflichtungen verlangen, aber auch andere, die von der Regierung fordern, die in diesem Plan für Deutschland sestgelegten Rechte auf ein Transfer- bzw. Auf bringungsmoratorium geltend zu machen. Und schließ lich wird der Regierung auch empfohlen, sich wegen einer solchen Revision mit den anderen Vertragsmächten in Verbindung zu setzen, — also alles letzten Endes ohne Aus nahme Anträge und Forderungen, die zum mindesten von der Voraussetzung ausgehen, daß das ganze Repa- rations- und Revisionsproblem tatsäch lich in Fluß gekommen sei und es nun für die deutsche Neichsregierung darauf ankomme, die Dinge auch in Fluß zu halten und nicht etwa von den Gegnern einer solchen Revision einen Staudamm errichten zu lassen. Daß die Rede Mussolinis einen breiten Schwall Wassers in diesen Fluß geleitet hat, übrigens auch leiten sollte, ist eine Selbstverständlichkeit, — aber trotzdem mutz man immer wieder die Frage nüchtern prüfen, ob dieser Flutz bereits derart zum Strom angewachsen ist, daß er die bestehenden Widerstände zertrümmern kann. Denn es ist ein gewaltiger Unterschied zwischen einer ganz offiziellen Aktion der deutschen Reichsregierung, etwa durch Verkündung eines Transfermoratoriums dem Boung-Plan gemäß das Nevisionsproblem tatsächlich auf zurollen, und einer „akademischen" Aussprache zwischen Politikern, Wirtschaftlern usw. auf beiden Seiten. Denn ein solcher „amtlicher" Schritt der deutschen Reichs regierung könnte nach ihrer Meinung in den langsam vor sich gehenden Fluß der Dinge gerade den Bau eines „Stau dammes" veranlassen, wenn ein hartes, unbeugsames „Nein" als Antwort von der Gegenseite herübertönt. Der Aoung-Plan ist seit etwa einem halben Jahre in Kraft, und trotz der Lobreden, die ihn bei seinem Eintritt ins Leben begrüßten, zeigt er jetzt schon ein paar sehr deut liche „Geburtsfehler", immerhin doch noch nicht so viele, daß er überall in der Welt außerhalb Deutschlands schon als eine absolute Mißgeburt angesehen wird, die nun schleunigst in die Wolssschlucht schnellster Vertilgung ge worfen werden müßte. Immerhin wächst das Zugeständ nis, daß ihm sogar sehr schwere Geburtsfehler anhaften und daß nicht alles Gold ist, was amerikanische Weisheit uns Europäern als endgültige Lösung des Reparations problems empfahl. Auch in Amerika selbst setzt Dr. Schacht seine Bemühungen fort, die Dinge, die Diskussionen um das Reparationsproblem in Fluß zu halten, — aber er ist, offiziell wenigstens, nichts anderes als ein Privatmann, allerdings ein Wirtschaftler, den man in der Welt kennt und anerkennt; auch aus der Gegenseite stehen Privatmeinungen, allerdings gleichfalls prominenter Wirt schaftler und Politiker. Doch gehen von hier die Kräfte aus, die den Fluß der öffentlichen Meinung nach Richtung und Inhalt bestimmen, während sich die V e r a n t w ört lichen vorläufig noch ganz zurückhalten und nur prüfen, welchen Lauf dieser Fluß nimmt und welche Stärke er ge winnt, vor allem sich hüten, allzu voreilig in diesen Fluß hineinzuspringen. Da wird bei solchen „Privatdiskurse»", wie man in Österreich sagt, meist^ehr bald die Frage erhoben, „in wessen Auftrag" die Gegenseite spräche. Mit dieser Frage hat ja auch der „S t a h l h e l in" die politischen Anregun gen und Vorschläge beantwortet, die der Herausgeber der Pariser Zeitung „Victoire", Gustav Hervö, im Inter esse einer deutsch-französischen Annäherung veröffentlichte und die auch noch an die Adresse Hitlers und Dr. Hugen bergs gingen. Hierbei handelte es sich aber um eine Attacke auf die Bestimmungen von Versailles, und die Führer der Nationalsozialisten bzw. der Deutschnationalen find doch in ihren Antworten des längeren auf das ein gegangen, was Hervö an Vorschlägen nach dieser Richtung hin vorbrachte. Und da kommt natürlich in vollster Deut lichkeit zu allgemeinem Bewußtsein, welch breiter Strom die Anschauungen hüben und drüben trennt, und zwar in den sozufagen elementarsten Fragen, die sich an das Ver sailler Diktat anschließen. Wenn Hervö z B. in seiner Antwort nun erklärt, das französische Volk ebenso wie er selbst seien von der Kriegsschuld Deutschlands überzeugt, oder es als „Störung der Diskussion" bezeichnet, wenn mau deutscherseits nun auch die Anschlußfrage und das Gesamt- Problem unserer Ostgrenze berührt. Übrigens sind auch anderswo von einem sehr bekannten französischen Staats mann mehrere Artikel in einem führenden Organ der Zentrums Partei erschienen, immer mit dem Bemühen und dem Zweck, die deutfch-sranzösische Diskussion in Fluß zu erhalten. Man spricht also zueinander, nicht mehr ganz aneinander vorbei. Gewiß sind diese beiden Verträge, Versailles und der Boung-Plan, nicht mehr derart, daß man auf sie das Der Auswärtige Ausschuß berät. Kanzler und Parteiführer. Der Auswärtige Ausschuß des Reichstages trat unter dem Vorsitz des Abgeordneten Dr. Frick (Nat.-Soz.) zu einer Sitzung zusammen. Zu den Verhandlungen sind nicht nur die ordentlichen Mitglieder des Ausschusses, sondern auch ihre Stellvertreter fast vollzählig erschienen. Ebenso wohnen den Verhandlungen Vertreter aller deutschen Länder bei. Die Reichsregierung ist durch den Reichsaußenminister Dr. Curtius, den Reichsfinanz minister Dietrich und den Reichsjustizminister Dr. Bredt vertreten. Reichskanzler Dr. Brüning selbst wohnt den Ausschutzverhandlungcn nicht bei, mar aber mehrere Stunden im Reichstage anwesend und hatte nacheinander Besprechungen mit den Parteiführern. Den vertraulich geführten Ausschußberatungen lagen die vom Reichstag an den Ausschuß überwiesenen Anträge zu grunde. Es handelt sich um den Antrag der Kommunisten ans sofortige Einstellung aller Voung-Zahlungen, den Antrag der Nationalsozialisten auf Aufhebung des Versailler Ver trages und der Tributverträge, den Antrag des Landvolks über die Ausnutzung der Schutz- und Revisionsmöglich- keiten des Voung-Planes, den Antrag der Wirtschafts partei über die sofortige Herbeiführung eines Zahlungs aufschubs für die Zahlungen aus dem Aoung-Plan und den Antrag der Konservativen und des Christlichsozialen Volksdienstes über die Einleitung von Verhandlungen über eine Revision des Houng-Planes und die Herbei führung aller innenpolitischen Maßnahmen, die für den Erfolg nötig sind. Bevor man im Auswärtigen Ausschuß in die Aus sprache eintrat, widmete der Vorsitzende, Abgeordneter Dr. Frick, den Opfern und Hinterbliebenen der letzten Berg werkskatastrophen einen Nachruf und versprach den Hinter bliebenen jede mögliche Linderung ihrer materiellen Not. Dann begründeten die verschiedenen Antragsteller ihre An träge zur Beseitigung des Asung-Planes und seiner Aus wirkungen. Oie Reichsminister Dietrich und Curtius. Reichsfinanzminister Dietrich gab eine ausführliche Darlegung über den gegenwärtigen Stand der Repara tionsfrage und folgerte daraus die ablehnende Stellung der Reichsregierung zu den Anträgen. Reichsaußenminister Dr. Curtius nahm dann das Wort, um die Aus führungen des Finanzministers nach der allgemeinen politischen Seite hin zu ergänzen. An der nun beginnen den Auseinandersetzung beteiligten sich fast alle Partei vertreter. Besprechungen des Reichskanzlers. Die Besprechungen des Reichskanzlers mit den preußische Königswort anwenden könnte, sie hätten „ihre Souveränität stabilieret wie ein roobor <ie bronro"; aber die deutsche Negierung hält den Fluß der Dinge doch noch nicht für so kräftig strömend, daß man sich schon heute ihm be- .--lngungslos anvertrauen könnte, um von ihm zu dem er sehnten Ziel getragen zu werden. Aber es bleibt doch — trotz mancher Enttäuschungen im einzelnen — unbedingt zu begrüßen, daß der Strom der Entwicklung nicht mehr nur ein Hindernis ist. Geecki über die Revision. Zu der Ansprache Mussolinis. In einer Unterredung, die General von Seeckt mit dem Vertreter der amerikanischen United Preß hatte, be grüßte er Mussolinis Rede, in der dieser für eine Re vision der Friedensverträge eintrat. General von Seeckt betonte, Mussolinis Befürwortung einer Revision der Friedensverträge, die unerträglich sind, müsse man will kommen heißen. Deutschland müsse die Worte Mussolinis begrüßen als einen Beitrag dafür, daß die Welt sieht, daß die Verträge unhaltbar sind. Während er betonte, daß er nicht die Ansichten der deutschen Negierung, sondern seine eigenen ausdrüüe, machte General von Seeckt den Vorschlag: „Meiner An sicht nach würde die Vorbereitende Abrüstungskonferenz im November eine passende Gelegenheit für die deutsche Regierung abgeben, um vor die anderen Mächte mit der Forderung auf Zurückschraubung aller großen Armeen bis zu dem deutschen Stand hinzutreten. Im Falle, daß Deutschland keine zusagende Antwort erhalten würde, sollte es auf der Revision der militärischen Klauseln des Versailler Vertrages bestehen und die Parität der Be wasfnung in Übereinstimmung mit der Größe der Be völkerung und der geographischen Lage des Landes ver langen." Zum Schluß wandte sich der Genera! an die Ver einigten Staaten, die Reparationsbürden, unter denen Deutschland augenblicklich leide, zu erleichtern. Eine Fort dauer unserer augenblicklichen Wirtschaftskrise könnte Führern der Parteien erstreckten sich auf alle Parteien mit Ausnahme der Kommunisten. Als erster wurde der Vor sitzende des Ausschusses, Abg. Dr. Frick (Nat.-Soz.) empfangen. Dann folgten die Vertreter der Sozial demokraten, der Deutschnationalen, des Zentrums, der Bayerischen Volkspartei, der Konservativen, des Christlichsozialen Volksdienstes, der Wirts chastspartei, der Deutschen Volkspartei und des Landvolks, über den Inhalt der Unterredungen wird Stillschweigen, bewahrt. Für Erfüllung der Abrüflungspflicht. Ein Beschluß des Auswärtigen Ausschusses. Im Auswärtigen Ausschuß wurde bei der Abstim mung folgender Antrag des Abg. Dauch (DVP.) mit nnem Zusatzantrag des Abg. Graf Westarp (Volkskons.) mit den Stimmen der Antragsteller, der Nationalsozia listen, der Christlich-Sozialen, des Zentrums, der Bay rischen Polkspartei, der Wirtschaftspartei und des Land volkes gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und Kommunisten bei Stimmenthaltung der Deutschnatio nalen angenommen: „Der Auswärtige Ausschuß hat auf Gruud des Be richts des Reichsministers des Auswärtigen von dem ge genwärtigen Stande der Frage der allgemeinen Abrüstung insbesondere von dem Ergebnis der Verhandlungen der Diesjährigen Bundesversammlung des Völkerbundes über diese Frage mit größter Enttäuschung Kenntnis ge nommen, Er muß danach feststellen, daß die Bemühungen um die allgemeine Abrüstung bisher keinerlei praktische Erfolge erzielt haben. Tie Staaten, die mit der Erfüllung ihrer rechtlichen und moralischen Verpflichtung zur Abrüstung seit Jahren im Rückstand sind, haben bei den letzten Genfer Bera tungen nicht einmal zu einem Beschluß veranlaßt wer den können, der die schnelle Einberufung der ersten all gemeinen Abrüstungskonferenz sichergestellt haben würde. Der Auswärtige Ausschuß erwartet von der Rcichs- regierung, daß sie mit allen ihr zu Gebote stehenden Mit teln auf die schleunige Änderung der gefahrvollen Lage hinwirke und datz sie mit äutzerstem Nachdruck daraus be steht, eine Abrüstung der anderen Staaten zu fordern, die nach Umfang und Art der Abrüstung Deutschlands und dem Grundsatz der paritätischen Sicherheit entspricht und datz sie Klarheit darüber herbeiführt, ob die auswär tigen Mächte gewillt sind, diese Forderungen entsprechend den im Versailler Vertrag sestgelegten Verpflichtungen zu erfüllen." Alle Anträge zur Neparationsfrage wurden mit wech selnden Mehrheiten abgelehnt. noch viele Deulzcye in sie Arme ver nationalistischen Experimentistcn treiben, die in Verzweiflung die bestehen den Übereinkünfte zerreißen könnten, oder es könnte da durch der Bolschewismus in Deutschland gestärkt werden. Amerika müsse verstehen, daß die fortdauernden Tribut- zahlunaen durch Deutschland untragbar sind. Sachsen in Zinanznot. Die Hoffnung auf die Sonnabend-Besprechung. Kurz vor ihrem Sturze brachte die Regierung Bün ger ordnungsmäßig den Staatshaushaltplan für das Rechnungsjahr 1930—31 ein. Das Bemerkenswerteste an ihm war, daß sich Einnahmen und Ausgaben ausglichen. Freilich wurden damals schon unter Hinweis auf die sich täglich verschlechternde Wirtschaftslage Bedenken dar über laut, ob es sich nicht nur um einen Ausgleich aus dem Papier handelte, — ganz zu schweigen von der Be willigungsfreudigkeit der Landtagsmehrheit, die sich so fort anschickte, die Ausgaben beträchtlich zu erhöhen. Zur Verabschiedung des Etats kam es aber bekanntlich nicht, weil der Regierungssturz und die Neuwahlen dazwischen traten. Auch die Regierung Schieck wurde wieder ge stürzt, und blieb nur „geschäftsführend", und ihr wollte man nicht zugestehen, einen neuen Etat vorzulegen. So arbeitete man „provisorisch", und das heißt, im allge meinen doch nach dem Staatshaushaltplan der Regie rung Bünger. Und da zeigte es sich denn auch, datz, ver anlaßt vor allem durch den Rückgang der Steuereinnah men, das Gleichgewicht doch nicht zu erreichen war. Schon die ersten Monate des Etatsjahres brachten ein erheb liches Millionendefizit. Man weiß nicht, wie man das „geschäftsführende" Kabinett Schieck durch ein „parlamentarisches" ersetzen soll, und deshalb hat man ihm endlich das Recht zur Einbringung eines neuen HaushaÜplanes eingeräumt. Im November will die Regierung soweit sein. Finanz minister D'r. Hedrich hat im Landtag erklärt, daß sich die Regierung auch diesesmal wieder bemühen werde, den Ausgleich zwischen Einnahmen und Ausgaben herbeizu- sühren, und wußte mau bisher schon nicht recht, aus