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Dresdner Journal : 27.04.1889
- Erscheinungsdatum
- 1889-04-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188904270
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18890427
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18890427
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1889
-
Monat
1889-04
- Tag 1889-04-27
-
Monat
1889-04
-
Jahr
1889
- Titel
- Dresdner Journal : 27.04.1889
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MS7 Sonnabend, den 27. April, abend-. 1889. t'ilr vr«»l>»Q vivrtoljWrUvN L II. SV Kt., ix» ä«i» N»i»«rl. ö«at«oN«» ka,t»i»it»lt«a Mlrliol» S H; 6e» äeut»el»v» LmeN« tritt kost- iu»ä Ltowpvlrusot»!»^ tllLra. ^LlritoStxai»8^bai»rvi» r tsür ä«o k»aw «iu«r 2«U« dloiovr 8cNritt LV kk v»t«räw Lvil« LV kk. ü«i r»L«Uoo- «u»«t /iüsriut»t» «nt«pr. Lr»eN»l»»> r Unlieb mit ^o»n»Nm« ä«r 8oiu»- <u»ä r»i«rUqxa »txLäi. kmi»«prvcl»-^L»oNIu8»: ttr. IL8Ü. DreMerIonmal. Lür die Gesamtleitung verantwortlich: Hofrat Gtto Banck, Professor der Litteratur- und Kunstgeschichte. F>. 6ommi»»tooLr öo« vr«,<t»«r ^oanuU», LEd«iA - U«rU»-Vi»Q - lxtpilU - L»»«I Lr—Ut^-knmklv» ». U.: L ^c>A/«r, LiU» Vt«> S»md»r^ kr»U ». N. N<U»«L«»: ^/om«, kml, L<>Qcko»-L«rUL-rr»LUiu1 ». UDa«L< L Oo., L«rU»: /n«xU»ti«»ttanI:, SVrUM: 6. Ltüttsr« L»«»or«rr 0. U-Ui« ». »! L«»rot L va. Kor»«,,»d«r: Kü»r^l. L»v«titiou U«, Or»«aL«r ^oanuü». Vrseavll, 2»ri»^or,tr»«« LV. kvrixprvvlt-^amotaam: Ur. LLVS. Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Inhaber der Firma Ernst Kießig Nachfolger in Leipzig, Hermann Gericke, den ihm verliehenen Titel als Hoflieferant Ihrer Hoheit der Frau Herzogin Wittme zu Anhalt-Bernburg an nehme und führe. Bekanntmachung. Zu Schwurgerichtsvorsitzenden für die im dritten Aalendervierteljahre 1889 beginnende Sitzungsperiode sind nach tz 83 des Gerichtsverfasfungsgesetzes vom 27. Januar 1877 ernannt worden: bei dem Landgerichte Dresden der LandgerichtSdirektor Kurtz, - - - Leipzig - Landgerichtsdirektor Bartsch, - - - Chemnitz « Landgerichtsprüsident Brückner, » - - Bautzen - Landgerichtsdirektor Exner, - » - Freiberg - LandgerichtSdirektor Baumbach, - - - Zwickau - Landgerichtsdirektor Ortmann, - - - Plauen - Landgericht-Präsident von Lose. Dresden, den 25. April 1889. Der Präsident des König!. Sächs. Oberlandesgerichts. Klemm. Dietel. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische Wachrichten. Eisenach, 27. April. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Se. Majestät der Kaiser jagte heute früh und er legte einen Auerhahn. Um ^9 Uhr erfolgte die Ankunft in Eisenach, wo seitens der Behörden feierlicher Empfang stattfand. Unter dem Jubel der Bevölkerung zog der Kaiser in die Stadt ei«. Alsdann fuhr der Kaiser mit dem Großherzog und dem Erbgroßherzog nach der Wartburg, wo ein Frühstück eingenommen wurde. Hirschberg i. Schl., 26. April. (W T. B) Während eines schwtren Gewitters, welche« heute nachmittag das Hirschberger Thal hrimsuchte, trieb der heftige Sturm 3 bei der Station Schil dau befindliche Güterwagen, nach Zermalmung der BremShölzer, in der Richtung nach Hirsch berg weiter. Bei dem Dorfe Hartau liefen die Güterwagen auf den von Hirschberg nach BreSlau fahrenden Personevzug. 2 der Güterwagen wur de» zertrümmert, die Maschine de« PersonenzugeS wurde stark beschädigt. Personen wurden nicht verletzt, aber dir Strecken nach BreSlau und Schmiedeberg sind vorläufig gesperrt; die Paffa giere müssen an der Unfallstelle umsteigen. Wien, 26. April. (W. T. B.) Da der Ler- waltungSrat der Tramwaygesrllschaft die Wieder- anstellung der Sinkenden gestattete und sich ge neigt zeigte, die Arbeitszeit der Kutscher herab- zusetzen, zur Durchführung diese« Zugeständnisse« aber unbedingt die Zahl der verfügbaren Kutscher kennen muß, beschloß derselbe heute abend, den strikenden Kutschern kie Rückkehrfrist bis morgen auSzudehnen, und die bi« dahin die Arbeit nicht Feuilleton. K. Hoftheater. - Altstadt. — Am 26. April: „Faust", ll. Teil. Tragödie in 5 Akten von Goethe. Nach der Wollbeimschen Bearbeitung von A. Marcks eingerichtet. Musik von H H. Pierson. Es war willkommen und dankenswert für die Freunde der großartigen Dichtung, daß man auch den zweiten Teil derselben in kurzer Pause — ein un mittelbarer Anschluß ist nicht erforderlich — folgen ließ auf den erste», welcher sich bekanntlich vieler tüch tiger Einzelheiten in der Tarftellung erfreut, wenn auch nickt unbemerkt bleiben kann, daß die sonst so vorteilhafte äußere Erscheinung des Fräulein» Politz mit ihrem ausgeprägt südlichen Typus trotz des Fleißes und der erfreulichen Begabung dieser jungen Schau spielerin dem für da- echt deutsche Gretchen geforderten Bildnis nicht zu entsprechen vermag. Da» sind un abänderliche Begrenzungen der natürlichen Eigenart, mit denen man, wenn eS irgend sein kann, bei Rollen besetzungen in bedeutungsvollen Kunsttverken vorsichtig zu rechnen hat, — eine Schlußsolge, die sich auch beispielsweise auf Klärchen, Luise, Kälbchen ausdehnt. Der poetischen Illusion möglichst zu entsprechen wird immer zu den vornehmsten Ausgaben der Regiekunst gehören. Zugleich ist da» der vorteilhafteste Weg, die Bühnenmitglieder in da» für sie günstige Licht zu stellen und Publikum wie Schauspieler vor un verdienten Enttäuschungen zu bewahren. Der Aufführung und Besetzung vom zweiten Teile des „Faust" stehen andere schon früher erwähnte Schwie- wirder Ausnehmenden definitiv al« ausgetreten zu betrachten. — Heute abend war in Favoriten und HernalS vollständige Ruhe. Vorsichtshalber pa- troullieren SicherheitSwachrn. Loudon, 27. April. (Tel. d Dresdn. Journ.) Amtlicher Bekanntmachung zufolge findet gegen Mitte Juli zu Ehren des Besuches Sr. Majestät de« Kaisers Wilhelm eine große Flottenschau statt, an welcher 169 Kriegsschiffe teilnehmen werben. Dresden, 27. April. Der Nihilismus in Rußland. In der letzten Zeit wurde in den Blättern wieder holt über nihilistische Verschwörungen berichtet, denen man in St. Petersburg selbst oder im Auslande auf die ^pur gekommen sei. Bald waren es französische und englische, bald deutsche Blätter, welche die Nach richt von einem irgendwo geplanten, aber noch recht zeitig entdeckten Dynamitattentat wider das Leben des Kaiser» von Rußland verbreiteten. So nahm erst vor kurzem noch, von Bukarest aus, eine mit allen Einzel heiten ausgeschmückte geheimnisvolle Erzählung iyren Weg durch einen großen Teil der europäischen Presse. Wenn schon nun die meisten dieser Schauergeschichten zweifelsohne in das Bereich der Erfindungen zu ver weisen sind, so liefert der ihnen zu Grunde liegende Rest von Wahrheit doch den Beweis, daß die nihi listische Strömung, trotz der unerbittlichen Energie, mit der man ihr entgegengetreteu ist, thatsächlich in Rußland noch immer fortbesteht und sich sofort wieder fühlbar machen wird, wenn die Aufmerksamkeit der russischen Staatspolizei durch andere Dinge abgelenkt ist. Wie die „Schlesische Zeitung" in einem die jüngsten nihilistischen Umtriebe beleuchtenden Aufsatze sagt, hatte längere Zeit hindurch in weiten Kreisen die Auffassung Verbreitung gefunden, daß die Bewegung, welche ursprünglich lediglich auf den Umsturz der bestehenden Ordnung abzielte, ohne irgend welche positiven Zwecke im Auge zu haben, später jedoch, und zwar bereits vor dem Tode Kaiser Alexanders II., lediglich der fast unumschränkten Selbst herrschaft des Zaren ein Ende bereiten und die Ge währung einer Verfassung nach wesleuropäffchem Muster erzwingen wollte, ihre Kraft völlig erschöpft habe. Aber in besser unterrichteten Kreisen war mau sich wohl bewußt, daß das blutige Strafgericht, welches über die Verschwörer nach der am 13. März erfolgten Ermordung Kaiser Alexanders II. hereingebrochen war, den Nihilismus keineswegs völlig erstickt hatie. Die Hauptleiter und die kühnsten und energischesten Organe der Verschwörung, die Sheljabow, Kobosew, Mirski, Degajew, Kibaltschitsch, Gräfin Perowski rc. haben allerdings durchweg am Galgen geendet, während Hunderte ihrer Mitschuldigen und Anhänger in den Kasematten von Schlüsselburg und der Peter Pauls Festung oder in den Bergwerken von Sibirien ein gekerkert sitzen. Daß aber das nihilistische Gift be ständig fortwucherte, wurde durch zahlreiche Vor- kommnisse während der letzten Jahre stets von neuem erwiesen. In jedem Jahre wurde eine mehr oder minder große Anzahl von Individuen wegen Be teiligung an nihilistischen Bestrebungen verurteilt. Uud wenn noch ein Zweifel daran hätte bestehe» können, daß die Verschwörer ihre Umsturzpläne nach wie vor durch Schreckensthatcn, in erster Linie durch Ermordung des Staatsoberhauptes zu fördern ent- chlossen seien, so wurde er durch die Vorgänge be- eitigt, welcke sich vor etwa zwei Jahren in St. Peters- mrg abspielten. Damals, am 13. März 1887, am Jahrestage der Ermordung seines Vaters, entging Kaiser Alexander 111. mit knapper Not einem nchi- rigkeiten, nicht diese entgegen. Immerhin hat sich die Darstellung mit Recht den guten Ruf ernsten Bestrebens erworben uud es erhielt sich besonders die Helena episode auf der Höhe einer eindrucksvollen Kunstleistung. O. B. K. Hoftheater. — Neustadt. — Am 26. April: „Echtes Gold wird klar im Feuer". Ein Sprich wort von Emanuel Geibel. (Neu einstudiert) — „Durch» Ohr", Lustspiel in drei Akten von Jor dan. — „Der Präsident", Lustspiel von W. Kläger. (Neu einstudiert ) DaS erste, im ungewöhnlich stark betonten lehr- hasten Sinn geschriebene Sprichwortsstück, dem übri gens viel treffende Bemerkungen nachzurühmeu sind, bot da» nicht unwichtige Nedeninteresse, ein neu an gestellte» Mitglied in einer zwar allgemein poetisch und ohne Individualität gehaltenen, aber doch immer hin modernen Aufgabe zu beobachten. Frl. Politz zeigte sich im ganzen überraschend geschickt und in telligent in dieser Schauspielerin Helene, bieder eigenen Liebe zu Gunsten der Gerechtigkeit gegen ein ältere- Verhältnis ihres Anbeter- aufopfernd »u entsagen hat und in den» Feuer diese» schweren Kampfe» ihr Herz klärt und läutert. Das leicht gehaltene, raschere Sprechen, da» Fallenlassen der Betonungen bereitet der Klarheit und Deutlichkeit ihrer Rede noch einige Hindernisse; aber sie teilt damit nur die Erfahrung jüngerer Kräfte, deren Organ und meisten» »och sehr angehende Redekunst bei der erlaubten breiteren Be handlung mehr heroischer Rollen stet» im Vorteil ist. An Wärme fehlte e» ihrem Ausdruck nicht, und eS machte für den Kenner einen besonder» günstigen Lagesgcschichte. * Berlin, 26. April. Se. Majestät der Kaiser begab sich heute morgen mittelst Extrazuges nach Weimar zu mehrtägigem Aufenthalte, woselbst der Monarch gleich nach Hl Uhr nachmittag» wohlbe halten eintraf. — Ihre Majestät Kaiserin Augusta hat, wie in früheren Jahren, so auch diesmal ihre Teilnahme an den Verhandlungen des gegenwärtig hier tagenden Lhirurgen-Kongresse» bekundet und heue nach mittag eine Anzahl zumeist auswärtiger Chirurgen empjangen. Unter Leitung de» Kongreßpräsidenten Prof. v. Bergmann hatten die Ehre, von der Kaiserin empfangen zu werden, Prof. Billrot au» Wien, Prof. listischen Mordanfall. Der Zar sollte damals, in ganz ähnlicher Weise wie sein Vater, durch Spreng bomben getötet werden. Die kaiserliche Familie hatte an jenem Tage an der Gruft Zar Alexanders II. ihre Andacht verrichtet und befand sich bereit» auf der Rückfahrt von der Peter Pauls-Kathedrale nach dem Anitschkow-Palais, als einem Geheimpolizisten unter der beim Eingänge in den Newski-Prospekt versammelten und, wie stets bei solchen Anlässen, zum Hin- und Hergehen angehaltenen zahlreichen Volks menge kurz vor dem Eintreffen der kaiserlichen Equi pagen ein Student verdächtig vorkam, weil derselbe eine Büchermappe trug, aus welcher eine längere auf fallende Schnur hervorsah. Der Polizist bemerkte in der Nähe des Verdächtigen einige weitere Individuen mit ähnlichen Mappen. Nach kurzer Verständigung der in der Nähe stehenden Polizeimannschaften wurden die Verdächtigen und ihre Begleiter verhaftet. Eine Mi nute später passierte die kaiserliche Familie die betreffende Stelle, ohne von den erfolgten Verhaftungen etwas zu ahnen. Bei der Unteisuchung stellte sich heraus, daß die Polizei überaus glücklch zugegriffen hatte. Die Verhafteten gestanden, daß sie Nihilisten seien, daß sie beabsichtigt hatten, den Zaren und die kaiserliche Familie zu ermorden, und daß sie zu diesem Zwecke Wurfgeschosse von furchtbarer Wirkung in Gestalt von Schulmappen, welche mit Dynamit gefüllt waren, an gefertigt hätten. Sämtliche vier angefertigten Mappen waren der Polizei in die Hände gefallen. Den Ver hafteten und ihren Mitschuldigen, unter denen sich mehrere aus dem Gebiete der Donkosaken stammende Studenten befanden, wurde der Prozeß gemacht. Fünfzehn Individuen wurden zum Tode verurteilt, fünf von ihnen kurz darauf gehenkt. Im Laufe des Prozesses hatte sich herausgestellt, daß die Nihilisten außerdem noch alle Vorbereitungen getroffen hatten, um den Zaren, falls er tem für den 13. März 1887 geplanten Attentate entgehen sollte, iu Nowotscherkassk, der Hauptstadt des DonkosakengebietS, zu ermorden, wohin sich die kaiserliche Familie im Mai 1887 zu begeben beabsichtigte. In Nowotscherkassk wurden daraufhin Minengänge, Lager von Dynamit rc. ent deckt. Zahlreiche Verhaftungen wurden vorgenommen. Die kaiserliche Familie trat thatsächlich im Mai j. I. die Donreise an und blieb unbelästigt. Diese Vor gänge gerieten bald in Vergessenheit, zumal man seit dem fast nichts mehr über nihilistische Vorgänge zu hören bekam. Wenn heute wieder der Nihilismus in aller Munde ist, so ist da» zum Teil die Folge eines Vorganges, welcher sich am 6. März d. I. auf schweizerischem Boden in der Nähe von Zürich abgespielt hat. An diesem Tage hatten, dem oben genannten Blatte zufolge, in einer abgelegenen Schlucht de» ZürichbergeS mehrere russische Studenten mit Sprengstoffen Versuche ange- stellt. Durch Versehen war eine Explosion erfolgt, durch welche zwei der Beteiligten schwer verwundet wurden. In diesen beiden Personen, welche von ihren Genossen schleunigst in ein Spital geschasst worden waren, erkannte die Züricher Polizei zwei ihr längst deS Nihilismus verdächtige Individuen. Sofort be gannen Verhöre und Nachforschungen. Dieselben find noch nicht zum Abschlusse gelangt, wohl aber steht fest, daß die Beteiligten Nihilisten sind, daß es sich um Vorbereitungen für neue nihilistische Schreckeusthaten handelt und daß in Zürich sich ein ganzer NihlUsten- schwarm festgesetzt hat. An den schweizerischen Uni versitäten sind im ganzen 192 Russen und 10 l Rus sinnen eingeschrieben. Außer diesen Studenten und Studentinnen lebt noch eine bedeutende Zahl weiterer russischer Uuterthanen in den schweizerischen Universi tätsstädten. Die große Mehrzahl von ihnen steht im Verdachte des Nihilismus. Bezeichnend ist jedenfalls, daß unmittelbar nach der Explosion vom 6. März sechzehn russische Studenten spurlo» au» Zürich ver schwunden find. Auf die Meldungen aus Zürich hin haben die russischen Behörden sowohl in St. Petersburg als auch in Wilna zahlreiche Verhaftungen vorgenommen An fänglich berichteten auch russische Zeitungen über diese Vorgänge, bald jedoch wurde ihnen daL durch dre Censurbehörde verboten. Für viele Blgtter des nicht russischen Auslandes aber ist die Explosion auf dem Zürichberge das Signal für die Verbreitung der abenteuerlichsten und ungeheuerlichsten Nachrichten über Vorgänge auf nihilistischem Gebiete gewesen. Diese Nachrichten tragen fast ausnahmslos den Stempel freier Erfindung an sich. Erwähnt sei nur eine Er zählung, welche von franzosensreundlichen Preßorganen (u. a. auch von der Wiener „Politischen Correspondenz") in die Welt g setzt wurde. Diese Blätter behaupteten, die Nihilisten hätten den Plan gefaßt, den Kaiser Alexander in Berlin zu ermorden, wenn er sich dort hin zum Gegenbesuche des Kaisers Wilhelm begeben sollte. Die Absicht, den Zaren von der Fahrt nach Berlin abzuschrecken oder wenigstens den in der Um gebung des Zaren befindlichen deutschfeindlichen Elementen Anlaß zu bieten, dem Zaren von der Reise nach Berlin abzuraten, lag so deutlich zu Tage, daß man sich durch jene Nachricht in den maßgebenden St. Petersburger Kreisen wohl kaum be einflusse» lassen wird. Dagegen scheint die von St. Petersburg unter bereitwilligem Beistände der schwei zerischen Behörden betriebene Untersuchung ergeben zu haben, daß das „Hauptquartier' der Nihilisten seinen Sitz zur Zeit in Paris hat. Wenigstens hat der in der Untersuchung besonders thätige Züricher Polizei- Hauptmann Fischer sich dieser Tage dahin geäußert, daß Zürich und Gens nur einzelne Herde der Ver schwörung seien, daß dagegen alle Fäden derselben in Paris zusammenliefen. Diese Entdeckungen und Ent hüllungen dürften das Urteil des besonneneu Russen- tums über die Schwärmerei der republikanischen Fran zosen sür Rußland und sür die geheiligte Person des Zaren vielleicht doch einigermaßen ändern. Soweit die „Schlesische Zeitung". Eine besondere Bedeutung erhalten die nihilistischen Umtriebe noch durch den Umstand, daß sich, wie die jüngsten Vor gänge in Serbien und Rumänien darthun, mit den Nihilisten auch die Panslawisten wieder za regen be- ginnen. LS scheint hieraus hervorzugehen, daß man in den Kreisen dieser letzteren, welche sich zwar keine» maßgebenden aber deshalb doch nicht zu unterschätzen den Einflusses in Rußland erfreuen, die Gelegenheit sür günstig erachtet, um durch künstliche- Herauf beschwören auswärtiger Verwickelungen innere Gefahren zu beseitigen. Da» gleichzeitige Zusammentreffen der nihilistischen Minierarbeit mit den panslawistischen Wühlereien verdient deshalb volle Beachtung und darf um so weniger übersehen werden, als man andernfalls über kurz od.r lang vor sehr unliebsamen Überrasch ungen stehen könnte. Eindruck, bei einigen Stellen die Darstellerin nicht zu Effekten abschweisen zu sehen, die außerhalb dc» hier passenden Rahmens liegen. — Hr. Paul spielte den Prinzen Lothar mit mehr herzlichem, unbefangenem Ausdruck, als er einen solchen bisher bei entsprechen den Gelegenheiten zu entfalten pflegte. Ich sah nur diese» eine Stück und würde aller ding» auch beim Au-Harren bis zum Ende des Theaterabends nicht genügend begriffen haben, warum man durch ein neues Einstudieren auf Klägers „Präsidenten" zurückgegriffen hat. O. B. Der verhängnisvolle Brief. Bon W. v. W-lfhardt. (Fortsetzung.) Frau Sophie antwortete nicht, sie schaute wieder nach Ollfried. Der junge Mann war doch merkwürdig verändert. Noch vor acht Tagen hätte er Frieda nicht allein in jenen Laubgang gehen lassen; und auch da» Kind schien verstört, war etwa» vorgefallen? Jetzt trat Ollfried von den Rosen fort, langsam schlenderte er durch die Gartenwege — ja, donhm war Frieda ge gangen; — am Ende suchte er sie doch auf. Frau Sophie Krüger wäre das ganz recht gewesen, denn sie meinte einen Blick iu ihrer Tochter Herz gethaa zu habe» und bangte sür deren Glück. Sie hatte recht, e» zog Ollfried unwiderstehlich Frieda nach. Auch ihm war Ihr bekümmerte» Aussehen aufgefallen; er konute e» sich freilich erklären, heute morgen hatte Hellmut gcfchneben, wahrscheinlich quälte der sie mit Er mahnungen, Vorwürfen — ach, der Tugend« spiegel! Voll Arger schritt Ollfried schnell au». Da stand er vor Frieda, sie faß unter einer großen Ulme, vor ihr auf dem Stemtisch lag ein Brief, den Kopf in die Hand gestützt, blickte sie traurig darauf nieder; sie seufzte hörbar. Ollfried trat sofort zu ihr. „Fräulein Frieda, wa» betrübt Sie so sehr?" Sie erschrak ein wenig und steckte den Brief schnell in die Tasche. „O, nichts." „Doch, doch Sie haben ja Thränen in den Augen, Fräulein Frieda, ich kann Sie nicht weinen sehen". Er zog einen Stuhl heran und setzte sich dicht vor sie. Frieda weinte jetzt wirklich herzhaft in ihr Taschen tuch. „Hat der Brief Sie so gekränkt?" „Wenigsten» sehr betrübt." „Nun ja, ich kann eS mir denken. Ma» hofft auf Nachricht, mau ersehnt ein liebe», freundliche» Wort, zitternd vor Freude öffnet man den endlich ein« getroffenen Brief, und nun findet man kalte Worte — herzlose Ermahnungen." Frieda schüttelte den Kopf. „Ach nein, aber auf so etwa» war ich nicht vorbereitet." „Also so schlimm?" „Gan- unfaßlichl" Sie schluchzte laut. „E» wird, e» muß sich aufkläreu," tröstete Ollfried. „Nein niemal», e» ist völlig hoffnung»lo», nie wieder gut zu machen I —" Um Gotte» willen, da» bedeutete ja eine, Bruch! Ollsried traf plötzlich ein blendender Hoffnungsstrahl, inbrünstig bat er: „Liebe» Fräulein Frieda, verzwei feln Sie nicht, e» wird ganz gewiß alle» gut werden, auf eine oder die andere Weise." Ader Frieda schluchzte nur noch stärker.
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