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königlich Sächsischem Stacrtsanzeigem. Nr. 80. 1913 > Beauftragt mit der verantwortlichen Leitung: Hofrat Doenges in Dresden. <- Mittwoch, 9. April Verordnungsblatt der Ministerien und der Ober- nnd Mittelbehörden. Zeitweise Nebenblätter: LandtagSbeilag«, Synodalbeilag«, Ziehungslisten der Verwaltung der K. S. Staatsschulden und der K. S. Land- und Landeskulturrentenbank.Verwaltung, Übersicht dee Edmahmen und Ausgaben der LandeS-BrandverücherungSonsialt, Übersichten deS K S. Statistischen LandeSamtS über Et», und Rückzahlungen bet den Sparkassen, Grundsätzlich« Entscheidungen de« K. S. LandeSversicherungSamtS, BerkaufSliste von tzolzpflanzen ans den K. S. Staatsforstrevieren. Ankündigungen: Tie Ispaltige Grundzeile oder deren Raum im Ankündigunasteile 30 Pf., die Lspaltige Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 75 Pf., unter dem Redaktionsstrich (Eingesandt) 150 Pf. Preisermäßigg. auf Geschäftsanzeigen. — Schluß der Annahme vorm. 11 Uhr. Bezugspreis: Beim Bezüge durch die Expedition, Große Zwingerstraße 16, sowie durch die deutschen Postanstalten 3 Mark vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Pf. erscheint: Werktags nachmittag-. — Fernsprecher: Expedition Nr. 1295, Redaktion Nr. 4574. Der Papst ist von neuem ertrankt. * Die in Saloniki bereit- emgeschiffte» serbischen HilfS- truppen sür Montenegro find auf erhaltenen Befehl hin meder an Land gegangen. Ta» erste chinesische Parlament ist gestern eröffnet «unden. Präsident Wilson hat gestern persönlich seine Bot- jchast an den Kongreß, die sich ausschließlich mit der rarifreform befaßt, verlesen. Amtlicher Teil. Finanzministerium. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dein Nebenzolleinnehmer Do misch in Lohmen bei seinem Übertritt in den Ruhestand das Albrechtskrcuz zu ver leihen. Ministerium de» Inuern. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu ge nehmigen geruht, daß der Inhaber der Firma Heinrich M/enberger in Dresden Hosschneider Willy Rudolph den ihm von Sr. König! Hoheit dem Herzog Carl Eduard von Sachsen-Coburg und Gotha verliehenen Titel Herzoglich Sächs. Hofschneider annehme und führe. Ministerium de» Kultus und öffentlichen Unterrichts. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, der vormaligen Inhaberin einer Privatmädchenschule in Chemnitz Pauline Caroline Helene Binder den Maria Anna-Orden 2. Klasse zu verleihen. Die Ministerien des Innern und der Finanzen haben den Gemeindevorständen zu Schwepnitz (Amtshaupt mannschaft Kamenz), Rebesgrün und Sorga-Hinter- hain (Amtshauptmannschaft Auerbach) sowie Ritters grün (Amtshauptmannschaft Schwarzenberg) die Befugnis zur Anordnung der Zwangsvollstreckung in bewegliche körperliche Sachen und — mit Ausnahme von Ritters grün — auch in den Arbeits- nnd Dienstlohn erteilt. Ferner hat das Ministerium des Innern dem Guts- vorfteher der selbständigen Gutsbezirke Morgcnröthe und Rautenkranz die gleiche Befugnis in bewegliche körperliche Sachen erteilt. 342 n o. Dresden, am 7. April 1913. 2521 Ministerium des Innern, II. Abteilung. (Behördliche Bekanntmachungen erscheinen auch im Ankündigungsteil«.) Nichtamtlicher Teil. Vom Königlichen Hose. Tn-den, 9. April. Se. Majestät der König und Se. Sönigl. Hoheit Prinz Johann Georg wohnten vormittags 10 Uhr der Feier des 2. Grenadier- ilkegiments Nr. 101 aus Anlaß des 25jährigen Chef- jubilaums Sr. Majestät des Deutschen Kaisers und Königs von Preußen auf dem Kasernenhofe des Regiments bei. Zur Königlichen Frühstückstafel waren Ein ladungen ergangen an den Generaladjutanten Sr. Majestät des Kaisers und des Königs und Oberbefehlshaber in den Marken Generaloberst v. Kessel, Exzellenz, den Gouverne- ments-Adjutanten in Berlin Major Nickisch v. Rosenegk und den Hauptmann v. Zeschau im 2. Grenadier-Regiment Nr. 101. Mitteilungen aus der öffentlichen Verwaltung. * Unter dem Vorsitz Sr. Majestät des Königs und in Gegenwart Sr. Königl. Hoheit de» Prinzen Johann Georg fand heute eine Sitzung im Gesamtministe rium statt. Bom Diplomatischen und Konsulats-Dienst. Dresden, 8. April. Der Königl. Generalkonsul Heinrich Mappes in Frankfurt a. M. ist verstorben. Deutsches Reich. Das Prefiecho zur Kauzlerrede. Budapest, 8. April. Die Blätter besprechen die Rede des Reichskanzlers v. Bethmann Hollweg mit rückhaltloser Zustimmung und Anerkennung. Der „Pester Lloyd" schreibt: Tie neuerliche Bekundung der deutschen Bundestreue gegenüber Osterreich-Ungarn hat durchaus den Erwartungen nicht nur maßgebender Kreise, sondern auch unserer gesamten öffentlichen Meinung ent sprochen. „Budapesti Hirlap" sagt: Der Kanzler hat die große Ausgabe glänzend gelöst, eine die Wehrvorlage begründende und dabei doch friedliche Rede zu halten. Paris, 8. April. Das „Journal des Dvbats" hebt die Worte des Reichskanzlers v. Bethmann Hollweg über die Treue Deutschlands zu dem verbündeten Öster reich und die durch die Orientkrise verursachte Kriegs gefahr hervor und weist auf die Äußerungen Greys über Skutari hin und schreibt: „Wer wagt es, angesichts dieser Erklärungen zu behaupten, daß die fran zösische Regierung unrecht gehabt hat, an der Flotteudemonstration teilzunehmen. Nicht bloß die Regierungen, auch die Preise, die auf die öffentliche Meinung einwirkt, hat eine Verantwortlichkeit. Wenn französische Blätter den« Vorwurf des Chauvinismus entgehen wollen, den man allzuoft gegen sie erhebt, so werden sie es sich reiflich überlegen müffen, bevor sie die Öffentlichkeit gegen die einzig vernünftige und gegenwärtig mögliche Politik aufreizen. Paris, 9. April. Ilber die vorgestrige Rede deS Reichskanzlers schreibt der „Petit Parisien" u. a.: Die Rede, welche die Notwendigkeit einer Verstärkung des deutschen Reichsheeres begründete, hätte ebensogut und sogar noch besser eine Verminderung der Rüstungen gerechtfertigt. Hat sich doch der Reichs kanzler bemüht, darzutun, daß die Beziehungen Deutsch lands zu den Staaten der Tripelentente sehr be friedigend seien. Er hat England uneingeschränkte An erkennung gezollt, die Herzlichkeit der russisch-deutschen Beziehungen betont und jenen bemerkenswerten Satz ausgesprochen, den man in keiner Rede eines seiner Vor gänger finden wird: „Unsere Beziehungen zu Frank reich sind gute." Mit Sorgfalt muß man die vom Reichskanzler im Lause seiner Rede wiederholt abgegebene Erklärung verzeichnen, daß Deutschland jede hcraus- forderndePolitik von sich weist und niemand be drohen will. Wir nehmen davon gern Kenntnis. Aus Vem reichsländischen Parlament. Straßburg, 8. April. Die Erste Kammer des Landtags erledigte in ihrer heutigen Bormittagssitzung in zweiter und dritter Lesung .das Bergwerkssteuer gesetz, wobei entgegen der eine Staffelung der Abgaben wünschenden Regierungsvorlage die Erhebung nach einem festen Prozentsatz beschlossen wurde. Auch das Be- amtenbesoldungsgesetz und das Lehrerbesoldungs gesetz wurden in dritter Lesung verabschiedet. Zum Fall Wetterle. Die „Magdeb.Zeitg." erfährt: Die elsaß-lothringische Zentrumspartei hielt in Straßburg eine zahlreich be suchte Delegiertenversammlung ab. Bei der Neuwahl des Vorstandes wurde zum Vorsitzenden vr. Schott gewählt. Hieran schloß sich eine Debatte über den Fall Wetterlö. Bon lothringischer Seite war die Anregung ergangen, Wetterlö von der Partei auszuschließen. Dieser Antrag wurde jedoch offiziell nicht gestellt. Man nahm eine Ent schließung an, in der die Delegiertenversammlung sich der Erklärung der elsaß-lothringischen Zentrumsfraktion gegen das Auftreten Wetterlös anschloß, im übrigen wurde zur Tagesordnung übergegangen. Bemerkenswert bleibt, daß Wetterlö nicht wieder in den Vorstand gewählt wurde. Wetterls selbst hatte der Debatte bei gewohnt, ohne sich daran zu beteiligen. Kleine politische Nachrichten. Kiel, 8. April. -Prinz Heinrich ist heute abend von hier nach England abgereist. -- Die in Berlin am 8. April ausgegebene Nr. 22 deS Reichs - Gesetzblattes enthält eine Bekanntmachung vom 28. März 1913, betreffend Ausführung deS ß 385 deS BersicherungsgesetzeS für Angestellte. . : Reichstag. Sitzung vom 8. April 1913. Am Bundesratstische: Reichskanzler vr. v. Bethmann Hollweg, Kriegsminister v. Heeringen, die Staatssekretäre Kühn und vr. LiSco. Präsident vr. Kaempf eröffnete die Sitzung um 1 Uhr 1 Min Die Generaldiskussion der neuen Wehrvorlagen wurde fortgesetzt. Abg. Bassermann (nl.): Die Ausführungen des Hrn. Reichs kanzlers haben uns den Ernst der Lage geschildert. Wir können es billigen, wenn durch diese ganzen Ausführungen ein Ton geht, der frei war von jedem Optimismus, aber doch getragen ist vom Ver trauen in unsere Nation und unser Heer. Man wird zugeben müssen, daß in bezug auf die internationale Lage eine derartige Vorlage notwendig war. Die jetzige Verschlechterung der Lage ist durch die Vorgänge auf dem Balkan hervorgerufen worden. Unsere Beziehungen zu Rußland haben sich seit den Tagen des Berliner Kongresses verschlechtert. In der Folge ist Deutschland auch in dustriell mächtig aufgeblüht und ist ein vielfach unbequemer Kon kurrent geworden. Dadurch kam Teutschland natürlich in einen Gegen satz zu England. Tas Ergebnis war die Gründung der Triple entente. Turch die Ereignisse aus dem Balkan ist das Selbstbewußt- sein der dortigen Völker sehr gewachsen. Tazu kommt der rumä nisch-bulgarische Streit, sodaß Rumänien für uns nicht mehr dieselbe militärische Würdigung, wie früher hat. Eine Erschwerung für die Zukunft ist auch die Frage Konstantinopels, auch kann vielleicht die Dardanellenfrage aufgerollt werden. Vor allein aber kommt für uns Kleinasien in Betracht. Die Lage der Türkei ist auch dort schwierig. Es besteht die Möglichkeit von Reibereien an den Grenzen Kleinasiens mit Rußland und mit dem englischen und französische» Einfluß. Der Dreibund hat sich während der Balkanwirren bewährt. Die Aktionsfähigkeit Italiens im Rahme» des Dreiblmdes ist durch die Gewinnung von Ttipoli» beeinträchtigt. Dazu kommt, daß Italien im Falle territorialer Veränderungen gewillt ist, seine Stellung im Mittelmeer zur Geltung zu bringen. Wir erkennen gern an, daß die Politik der leitenden Staatsmänner in Rußland von friedliche» Tendenzen geleitet ist, und daß auch die Drei mächtestaaten während der Balkanwirren bemüht waren, Konflikte mit Österreich zu vermeiden. Aber es fragt sich, wie lange das Regiment dieser Männer dauern wird, denn die pansla wistischen Elemente in der russischen Politik sind mit dem russischen Kabinett unzufrieden. Die deutsche Politik ist während der letzten 40 Jahre gegen Frankreich immer eine sehr ruhige und friedliche gewesen. Die nationalistische Be wegung in Frankreich ist zurückzuführen auf Vorgänge, die mit Marokko Zusammenhängen. Sie ist nicht kleiner geworden, als wir auf Marokko verzichteten. Zeugnis davon gibt der Boykott deutscher Waren. Tie nationalistisch-imperialistische Be wegung hat in vielen Ländern seit 1900 sehr stark eingesetzt. Alle Staaten werden dazu hingerissen, ihre Machtmittel zu verstärken. Die Reibungsflächen sind durch diese imperialistische Politik sehr vermehrt und die Kriegsgefahr ist gewachsen. Für jede» muß klar sein, d»ß die auswärtige Lage Deutschlands sich durch die historischen Geschehnisse verschlechtert hat, daß ein vorsichtiger Hausvater auch auf eine» Krieg sich eiurichten muß; denn die Folgen eines unglücklichen Krieges für Deutschland sind nicht abzusehen. Aus diesen Erwägungen heraus sind wir bereit, die Wehrforderungen zu bewilligen. Die Besserung unserer Beziehungen zu England begrüßen auch wir. Zu den Dar legungen des Kriegsministers über die Vorlage selbst noch einige Bemerkungen. Unleugbar liegen auch hier Gegensätze vor zwischen diesen Darlegungen und den Erklärungen von 1911 und 1412. Die jetzige Vorlage erklärt sich nicht allein aus der politischen Lage, sondern man will früher vergessene Dinge nachholen. Der leitende Gesichtspunkt der ganzen Vorlage ist der: Soll die all gemeine Dienstpflicht durchgeführt werden? Wird diese Vor frage bejaht, dann müssen auch die Folgerungen gezogen werden. Die Reform des Bürgerlichen Strafgesetzbuches kommt in diesem Herbst aus dem Vorbereitungsstadium heraus. Da ist es zu empfehlen, auch in eine Prüfung des militärischen Strafrechts einzutreten. Unser militärisches Strafrecht ist vielfach veraltet. Besonders sollte in stärkerem Maße die Öffentlichkeit zugelaffen werden. Wir wünschen keine Zurücksetzung ans religiösen Gründen und keine Bevorzugung des Adels. Für eine Ver kürzung der Dienstzeit trete ich nicht ein. Das ist nicht empfehlenswert auf Grund der Erfahrungen, die man in Frank reich gemacht hat. Ich meine, daß in unserem Volke eine ernste, ent schlossene Stimmung herrscht, und es reif genug ist, die Gefahr zu erkennen, und bereit, die Folgerungen zu ziehen. Was wir errungen haben, wollen wir nicht verlieren. Die Zahl unserer Feinde ist größer geworden. Wir wollen jeder Gefahr gewachsen sein. Angesichts der Weltlage sind meine Freunde bereit, diese Vorlage zu bewilligen. Dies ist eine nationale Pflicht, ein Gebot der Selbsterhaltung! (Lebhafter Beifall.) Abg. Graf v. Kanitz (kons.): Die Vorlage ist ein Friedens- werk ersten Ranges. Sie ist eine bittere Notwendigkeit. Wir dürfen dem Reichskanzler dankbar dafür sein, daß er diese Vorlage eingebracht hat, die den Frieden gewährleisten soll und hoffentlich gewährleisten wird. Wir wollen lieber eine Milliarde hingeben, als uns der Gefahr einer Niederlage aussetzen, die uns unzählige Milliarden kosten würde. An der Verteilung der türkischen StaatS- schuld sind auch wir sehr interessiert. Solange wir die Stärkeren sind, wird uns der Friede erhalten werden. Hoffentlich wird die Vorlage hier einmutig angenommen. Möge das Deutschland von 1913 an Opferwilligkeit nicht gegen das Deutschland von 1813 zurückstehen. Abg. Or. Müller-Meiningen (fortschr. Vp): Die ganze Vor lage ist geradezu provozierend dürftig motiviert. Die geaebenen