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Zwangsvcrgleich erlischt jeder Anspruch aus Nachlaß. Nr. 7 — 95. Jahrgang. Wilsdruff-Dresden Drahtanschrift: „Tageblatt' Das Wilsdruffer Taqeblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauvtmannschait Merken des Stadt, rats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicher^^ Postscheck: Dresden 26-m Donnerstag, den 9. Januar 1936 alle anderen Stände des Wilsdruffer Bezirks durch d°rnruj übermil. Fernsprecher' AiNt MilSdinnkk YUN Richttglctt dtt men wir keine Gewähr — » " I »u v r. rrilir LviiSOrUss Luv leiten Anzeigen übernch- ' ' — Bet Konkurä. und Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und DaS ,,Wilsdruffer Tageblatt" erscheint werktags nachm. ^Uhr. DczugSpr. mona1!.2NM. frei HauS, bei Postbestellung 1,80 RM. zuzügl. Bestellgeld. Einzelnummer 10 Rpf. Alle Postanstalten, Postboten, unsere Austräger u. Geschäftsstelle Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend «en besteht kein Anspruch ——— aus Liescrung der Zci- tung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung etngesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. Allerlei aus USA Die Wahrheit kommt an den Tag. Da liest nun in den Geschichtsbüchern der sogenannten Eiegerstaaten die Jugend von heute, Amerika habe aus Sympathie zur Sache der Alliierten und wegen des deut schen U-Boot-Krieges in den Weltkrieg eingegrisfen und dadurch die Entscheidung herbeigeführt. Wie gut das klingt und wie logisch! Und dann beschäftigt sich nach mehr als 17 Jahren in Amerika ein sogenannter „Munitions ausschuß des Kongresses" mit der Kriegslieferung des Multimillionärs Morgan und kommt dabei auch auf die Gründe zum Eintritt Amerikas in den Weltkrieg zu sprechen. Dabei wird dann mit nüch ternen Worten die ganze Geschichte vom Eintritt Amerikas in den Krieg umgeworfen und denen, die sie erfanden, ge raten, sie sollten lieber Romane schreiben! — Ja, was ist denn das? Ist denn Geschichte nicht Geschichte und daher unumstößliche Wahrheit? — Was hört man da, Amerika fei lediglich, um Geschäfte zu machen, in den Krieg ge gangen, und die amerikanische Armee sei nur dem Kapital der Rüstungsindustrie und Hochfinanz — was so ziemlich dasselbe ist — nachgerannt? Also ist der Krieg für USA. doch nur ein Geschäft gewesen! Sollte die Wahrheit doch noch ans Licht kommen? Krieg als Geschäft? Wie seltsam. Wir werden die Geschichte umschreiben, d. h. die der anderen, denn wir finden sie nun endlich bestätigt, was wir unserer Jugend nach dem Kriege schon immer lehren mußten. Wären Sie nicht glücklich, Herr Roosevelt? . . . Lobte nicht erst vor ein paar Tagen der Präsident der Bereinigten Staaten, R o o s e v c l t, das parlamentarisch- demokratische System in USA. und stellte es der Welt als ^Vorbild und leuchtendes Gegenstück gegen die Autokratie hin? So war es doch wohl! — Und was ist jetzt ge schehen? Der Oberste Gerichtshof hat die ganze tzarmer- gesetzgebung Roosevelts für ungesetzlich erklärt und damit heillose Verwirrung und Unruhe ins Land getragen. Wer hat denn nun das letzte Wort in USA.? Nicht der Präsi dent? — Welch Segen der Demokratie, wenn eine Instanz einfach umstoßen kann, was die andere mühsam aufgebaut hat! Das nennt man Staatsordnung und Politik zum Besten des Polkes. Herr Roosevelt hat plötzlich ein Haar in seiner gelobten Demokratie gefunden und will ein Gesetz einbringcn, das diese Eingriffe des Obersten Gerichtshofes unmöglich macht. Ei, sieh mal da! Ist das gepriesene System doch nicht so vorbildlich, Herr Präsident? Ob Sie sich doch vielleicht einmal mit dem Vielgelästerten auto- kratischcm Svstem befassen sollten? Da gibt's nämlich nur einen der entscheidet, und was er bestimmt, das geschieht! Wären Sie nicht glücklich, Herr Roosevelt, wenn Sic das von sich sagen konnten? Statt dessen hat Ihre Verfassung drei Gewalten geschaffen, die sich gegenseitig argwöhnisch überwachen: den Kongreß, den Präsidenten und den Obersten Gerichtshof. Was Gewalt Nr. 1 bestimmt, kann Nr. 2 umstoßen, und was Nr. 2 bestimmt, kann Nr. 3 auf heben. Und das Volk ist der Spielball dieser drei Ge walten. Es bezahlt die Zeche! Nun, Herr Roosevelt, ist das autokratische System da nicht doch besser? Theorie und Praxis. Die Bundesschuld der Vereinigten Staaten würde sich bei Berücksichtigung der neuen Etatanfordcrungen im näch sten Haushaltsjahr auf 33V- Milliarden Dollar erhöhen, hat Präsident Roosevelt berechnet. Dessen ungeachtet sollen die Ausgaben für die amerikanische Flotte von 603 aus 622 Millionen Dollar erhöht werden. Und das just in einer Zeit, in der die Seemächte in London ihre Vertreter beraten lassen, wie der Seerüstung Einhalt zu gebieten wäre. Theorie und Praxis. Wenn USA. den Marinehaushalt trotz der katastrophalen Finanzmiserc be trächtlich erhöht, dann muß es doch mordsschlccht um die Flottenkonserenz stehen. Uns will scheinen, als sei diese Konferenz überhaupt eine der vielen Grotesken der Welt geschichte. In London am grünen Tisch wird über See- abrüstung beraten, im Mittelmeer sind die Küsten von Geschützen gespickt, und die Flotten Englands und Frank reichs haben hier ihre modernsten und gewaltigsten Ein heiten zusammengezogen. Wie will die Londoner Kon ferenz angesichts dieser ehernen Sprache der Tatsachen sich aus der Affäre ziehen? Nun, man wird schon einen Kompromißbeschluß zu Papier bringen, um sich einen guten Abgang zu verschaffen. Denn die Kriegsminister der an der Flottenkonserenz beteiligten Staaten erwarten keine Entscheidungen. Sie werden sich ihre Etatforderungen zum Ausbau ihrer Rüstungen durch keine Konferenz oder andere Beschlüsse streichen lassen. Der Eintopfsonntag soll wiederum das ganze deutsche Volk in einmütiger Geschlossenheit sehen. Opfert zum Eintopfsonntag! Hochspannung im Mittelmeer. Vie «gViMsch-livvlche «rrnre äurM Starhriaradt gesperrt. Die Zuspitzung des englisch-italienischen Verhältnisses kommt am deutlichsten an der ägyptisch-libyschen Grenze zum Ausdruck. Dort stoßen die Interessen beider Staaten am schärfsten auseinander. Englische und italienische Streitkräfte sind beiderseits der Grenze aufmarschicrt und stehen Gewehr bei Fuß. Die 320 Kilometer lange Grenze ist durch ein riesiges Stacheldrahtnetz gesperrt, das von den Küsten des Mittel meeres bis tief in die Wüste Sahara hineingeht. Wo nicht Maschinengewehrnester der Italiener und der englisch-ägyptischen Truppen sind, sorgen elektrisch geladene Drahtsperren dafür, daß kein Mensch über die Grenze lebendig hinweg kommt. Dieses Drahtverhau ist fünf Meter breit und über zwei Meter hoch. Jeden Morgen und jeden Abend fliegen englische und italienische Aufklärungsflieger die Grenze entlang, wobei sie sich einander Grüße zuwinken. Im übrigen werden von Blockhäusern ans die Bewegungen auf der anderen Seite des Drahtverhaus mit schärfster Aufmerksamkeit beobachtet. An einer Stelle der Grenze aber hat sich eine Art nachbarlichen Derkebrs entwickelt. Dort ist der einzige Brunnen der Gegend auf ägyptischer Seite. Jeden Donnerstag öffnet sich eine Pforte des Drahtverhaus, um italienischen Soldaten Einlaß zu ge währen, die unter strengster Bewachung ägyptischer Sol daten ihren Wochcnvorrat an Wasser schöpfen. Die Spannung in der Südostecke des Mittelmccres hat in den letzten Tagen bedeutend an Schärfe zu genommen. In Bcnghasi und Marsa Tobruk laufen dauernd Transportschiffe aus Italien ein, die große Mengen Kriegsmaterial und besonders viele Flugzeuge an Land bringen. Neuangekommene italienische Infanterie ersetzt in den Küstenorlen die eritreischen Askaris, die in die Wüste an die ägyptische Grenze geschickt werden, da sie das dortige Klima besser ertragen können als die weißen Truppen. Englische und französische Kriegsschiffe auf der Wacht. über die Zusammenarbeit der englischen und fran zösischen Flotte im Mittelmeer soll nach Londoner Zeitungsmeldungen jetzt ein endgültiges Abkommen ge troffen fein. Daneben fall eine Vereinbarung getroffen worden sein, wonach englische Flugzeuge die Stelle im Nordosten Frankreichs einnehmen sollen für den Fall, daß der Großteil der französischen Luftwaffe im Mittelmeer und an der italienischen Grenze zusammengezogen werden müßte. In London weist man weiter darauf hin, daß die neuesten französischen Flottenbewegungen als unmittelbare Folge dieses Abkommens anzusehen seien. Das Erste Geschwader der französischen Flotte ist von Toulon aus zu Manöver» vor Korsika und an der Provenceküstc ausgelaufen, während das Zweite Geschwader demnächst Brest verlassen wird zu einer Kreuzfahrtlängs der Küste von Marokko. Wie die englische Admiralität mitteilt, werden gewisse Einheiten S7r Heimatflotte, nämlich die Schiffe „Nelson", „Rodney", „Furious", „Cairo" und die 21. Zerstörer flottille, in Übereinstimmung mit dem alljährlichen Brauch etwa Mitte Januar eine Frühjahrskreuz fahr t antreten. Obwohl über das Ziel der Frühjahrs kreuzfahrt noch nichts Näheres bekannt ist, wird in London angenommen, daß der nächste Bestimmungsort voraus sichtlich Gibraltar sein wird. Gleichzeitig werden die jetzt in Gibraltar befindlichen Einheiten der Heimatflotte, nämlich die Schiffe „Hood", „Ramillics", „Orion" und „Neptun", nach England zurückkehren. Die beiden erstgenannten Kriegsschiffe „Nelson" und, „Rodney" gelten in England als die mächtigsten Schlachtschiffe der Welt. Die „Nelson" hat eine Wasserverdrängung von 33 500 und die „Rodney" von 33 900 Tonnen. Die „Nelson" führt die Flagge des Admirals Bakehouse, des Oberbefehlshabers der englischen Heimatflotte. Etwa 92 Einheiten der britischen und französischen Flotte dampfen also gleichzeitig in das Mittelmeer. Rach englischen Meldungen aus Konstantinopel haben die Türken ebenfalls Vorkehrungen gegen die italie nischen Maßnahmen im Dodekanes getroffen. Zur Be festigung dieser Inselgruppe hätten die Italiener mehrere Millionen Pfund verausgabt. Besonders die Insel Leros habe sich in eine See- und Luftfestung verwandelt, deren Besuch. Ausländer» strikt verboten sei. Der Hafen ist durch ein Unterseebootnetz gesichert woroen. Nach 'weiteren Mel dungen sollen englische Kriegsschiffe jetzt dauernd in griechischen Gewässern kreuzen. So sind vier Zerstörer im Piräus eingetroffen, während drei andere im Golf von Ägina eingetroffen sind. Das französische Marineministerium soll nach einer Meldung aus Beirut in Übereinstimmung mit England beschlossen haben, Tripolis an der syrischen Küste zum geMeinsamenFlottenstützpunktzu bestimmen. Die Frühjahrsfahrt der englischen Heimatflotte. Die Frühjahrskreuzfahrt der englischen Heimatflotte wird, wie in London ausdrücklich festgestellt wird, nicht in das Mittelmeer sondern in den Atlantischen Ozean, voraussichtlich in die spanischen und portugiesischen Ge wässer, führen. Auf Anfrage an zuständiger englischer Stelle erfährt Preß Association, daß bei der Frühjahrssahrt der briti schen Heimatflotte keine p o l i t i s ch e n E r w ä g u n - gen mitspiclten. Was die französischen Flottenbcwegun- gen anqehe, so finde die Behauptung, daß diese die Folge der Besprechungen zwischen den britischen und den fran zösischen Stäben über die Frage einer gegenseitigen Hilfe- leistnng sei, keine Stütze. Die Bewegung der französischen Flotte, so erklärt man, sei auf französische Initiative zu- rückznsühren. Die englische Abendpresse berichtet in großer Auf machung über die Zusammenziehung der französischen Flotte im Mittelmeer. In einer Pariser Meldung weist Reuter darauf hin, daß über neunzig französische Kriegs schiffe aller Klassen am 20. Januar im Mittelmeer oder in dessen Nähe kreuzen werden. An diesem Tag trete der Genfer Achtzehnerausschuß zusammen, von dein man an nehme, daß er über das Oelausfuhrverbot gegen Italien beraten werde. Italien lehnt Schuh des Noten Kreuzes ab. Lavoro Fascista" behauptet, daß von abessinische» Seite das Zeigen des Roten Kreuzes zum Schutz von Truppen- und Munitionslagern mißbraucht werde. Italien habe daher das Recht, den Schutz des Roten Kreuzes auf abessinischem Boden nicht mehr anzu- crkcnncn. Abessinischer Protest gegen Verwendung von Stiilstoffgastn. Der abessinische Gesandte in Paris hat eine neue Rote an das Völkerbundssekretariat gesandt, in der er klärt wird, daß die italienischen Militärbehörden ihre „Politik der Terrorisierung" fortsetzten, indem sie auf dem nördlichen Abschnitt des Kriegsschauplatzes Gift gase gegen die abessinischen Truppen verwendeten. Es handele sich offenbar um die unerbittliche Durchführung der „planmäßigen Ausrottung des abessinischen Volkes", die die italienische Presse wiederholt verkündet habe. Aus diesem Grunde wiederhole die abessinische Regierung.ihre > Bitte, daß der Völkerbund eine Untersuchung über die neuen und wiederholten Verletzungen des Kriegsrechts und der internationalen Abkommen vornehme. An den Fronten ist die Gefechtstätigkeit durch den anhaltenden Regen behindert. Im Norden melden die Italiener lebhafte Fliegertütigkeit. Der Heeresbericht erwähnt, daß am Achanguisee die abessinischen Soldaten, sobald italienische Flieger nahten, auf der Erde große weiße Tücher mit dem Noten Kreuz ausgebreitct hätten, um sich um sic herum zu gruppieren. — Im Süden haben Wolkenbrüche das ganze Land in eine Schlamm- wüste verwandelt; militärische Operationen sind unmöglich. In Addis Abeba wird zugegeben, daß die dreiköpfige Besatzung eines bei Dagabur kürzlich notgclandcten italie- nischcn Bombers umgekommen ist. Zwei Flieger seien beim Riedergchen durch abessinische Gewehrschüsse tödlich ge troffen worden, der dritte, der zu entfliehen suchte, f« eingcholt und dann standrechtlich erschossen worden Mit dem Zuge, mit dem der neue politische Berater des Negus, der Amerikaner Dr. Spencer, m Addis Abeba eingetroffen ist, ist auch die Einrichtung eines neuen norwegischen Feldlazarett, ang kommen. Regen vermag abessinischen Vormarsch nicht «Michailen? Nack, in Addis Abeba verbreiteten Gerüchten sollen sich sowohl an der Nordfront als auch an der Süd front. arstze GeL^chte entünckettl.