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71. Jahr««»,. d» rs» Sonntag, iö. November Iß» Gegründet 1880 «mNenschilft! «achetch»«,! g»rnlvr»<d»r>S<nnm»Inum«n«r: 2» 2-11 «nr tvr RachlgilprSch,: 20 011 ^xLo, 8c«oxo^oc ««rxr okrcN>nl- sslrms gsgr. 1833., «<drtftl»«m,a UN» »auplg«schl>tl»t>«a»! «,rt»»ftr,I>» 28 »2 N. «nfta, v»n 0I«»tch » »etch«r»t In Dre»d»» Pofilcheck-Aont» 1088 »r,,»»n Bezugsgebühr Pokzuft»Uung«g«dl>»r. Sluzem»««»» II Pie siln,ot<,a««-alla DI» Slnzel»«« w«rd»n nach «Soldmark d»r»chne>; dl» »tnlpalltm 30 mm »reit» 3«II« 30 Pla^ NN auowlrt, 3» Plg, ^luzeigeuprelse. FamtINnan»«!»«» UN» SI»ll«na»Iuch» ohne Rabatt 10 Psg» auNerdald 20 PIa , »I» ttO mm br»il« R»klam»z«tt» >S0 PI».. aub»rdald S00 PI». 0ff»rl»ng«dukr 10 Psg. Au-würlt», Auftrag» g»»«n Dor°u»dez°d>ung. tw«imal>g»r Iuft»0ung Imi >al A»v,md»r 3 Mark odn« VIennt». Nachdnirk nur mit drulttch»» Qu«ll«nangab» «,Dr»»dn»r Äachr ") zulülttg. Unverlangl« Schriftttüch» w»rd»n ntchl ausdrwabrl ! I^olel Vellevue d4»okmitt»g-1'«» mll Kanr»rt. d-1I11»g- unrl ^bsnet-Tuk»! Im Tsurasssn-Ssnl »n ctsr ^Id». Ssksnnts vornsiirnsTsssImustt«. »«ironf«r«nrrlmm»7. ^s6sri I^itbvoek ^bsncl kine Viermöchtekonserenz nach Genf. Frankreich verlangt neue -rutsche Angebote für ZugeM-nisse in -er Rheinlan-srage. Kamps um die englischen Kohlerimärkke.-Der König von Rumänien gestorben?-Aalionalsozialisken und sächsische Reglerungsdtt-ung. Sauerwein als Dolmelscber Drianbs. Paris. 27. Nov. Im ..Matin" schreibt Sauerwein, daß der bevorstehenden Völkcrbundsratssttzung eine Konferenz der vier Großmächte. Deutschland. Frankreich. Enaland und Italien, folgen werde. Bei dieser Gelegeul,eit sucht Daucr- ivein nachzuwelsen, welches Entgegenkommen Deutschland seitens Frankreichs bisher schon gefunden habe. Er erinnert daran, daß Stresemann in Locarno den Alliierten eine Liste mit einer Reibe deutscher Forderungen vorgelegt habe, die mit Ausnahme der Aushebung der Mtlitärkontrolle von den Alliierte» erfüllt worden seien t?i. In der Militärkontroll- srage suche man lebt die lebten strittigen Punkte zu regeln, und in Gens würde» .dt« Minister der an dieser Kontrolle beteiligten Länder die Form studieren, die der Ueberwachnng durch den Bülkerbnnb gegeben werden soll- Seit Tboirn bestehe Deutschland auf der Abkürzung der militärischen B'esgtznngsfrtsten in der Zone von Koblenz imd Mainz. Deutschland sel bis fettt aber noch nicht in der Lage gewesen, konkrete Gegenangebote zu machen. Man erwarte diese Angebote Deutschlands, um zu entscheiden. »l> sie das französische Parlament und die öffentliche Meinung Frankreichs zu einem Verzicht ans einen Teil der Rechte Frankreichs bestimmen könnten. Deutschland starre bnv- »otisiert nur auf diese Frage der Rbeinlandbeselmna und ver aeise. daß es sich um eine Annäherungsvolitik handele, deren Früchte langsam reisen müßten. l!s Diese Politik habe schon wertrolle Ergebnisse und die wirtschaftliche Zusammenarbeit beider Länder gebracht, die fast icde durch neue nutzbringende Ncbereinkommen bekundet werden. In Genf und besonders in einer späteren Konferenz, zu der auch Mussolini kommen werde, werde Stresemann an den Entscheidungen über die europäische Politik teilnehmen als der Vertreter einer Nation, die in dem von Brtanb angestrcbten Vier- mäcktebund ein« gleichberechtigte Rolle spielen werde. Mit der Teilnahme deS italienischen Minister präsidenten könnten die kommenden Konfcrenzberatnngen ge wisse Gefahren beschwören, die in den lebten Monaten am Horizont Europas aufgetaucht seien, aber nur unter der Be dingung. daß die verantwortlichen Minister den Mut hätten, dem Druck der Nationalisten in ihren Ländern zu widerstehen. Kontrollkommission bis März? London, 27. Nov. Der diplomatische Korrespondent des „Daily Telegraph" ist in der Frage der Aufhebung der Inter alliierten Kontrollkommission äußerst pessimistisch. Er glaubt nicht an ihre Auflösung vor der Dezember-Tagung des Völker- bnndsratcs und rechnet sogar mit der Möglichkeit ihres Fort bestehens bis nach der März-Tagung. Seine Ver mutung gründet der Korrespondent besonders ans die Beob achtung der Stimmung in Nom. Eme Scharsmacherre-e Millerands gegen die vorzeilige Räumung. Paris, 27. Nov. In einer Versammlung der national- republikanischen Liga sprach gestern abend Millerand über innerpolitische Fragen, wobei er auch die Außenpolitik und besonders die Nheinlandpolitik streifte. Er betonte, Frankreich werde seine Schulden in Amerika anerkennen und bezahlen. Mit um so größerem Rechte könne es gegen über seinen Feinden von gestern die Beibehaltung uon Pfändern verlangen, die nicht nur die Sicherheit Frank reichs gewährleisteten,. sondern auch seinen Anspruch auf Reparationen sicherstem««. Dabei verwies er auf den Artikel 480 deS Versailler Vertrages, nach dem die alliierten Mächte sür den Fall, daß Deutschland die Reparationen nicht aussührte, das Recht hätte. von neuem die Gebiete zu besetze», die cs nach IS Jahren geräumt haben würde. Die Besetzung der Nheinlande garantiere nicht nur die Erfüllung der Re- rarationsverpflichtungen durch Deutschland, sondern hätte auch für Frankreichs Sicherheit eine hervorragende Bc- dcutnng. Wenn sich nämlich nach Ablauf von IS Jahren die gegen eine» «ngriss Deutschlands ergrlsfenen Garantie» als nicht genügend heransstellten, könne die Räumung der be» letzten Gebiete durch die Besatznngstrnppen noch weiter verzögert »erde». Deshalb dürfe die Bcsatzungsfroge nicht akS ei« Handelöobsekt betrachtet «erde». Mtllerand erhob weiter die Forderung, daß -te Ostgrenze Frankreich» stark befestigt «erd«. sT.»U.) Francois Marsal zu -er -eulsch-französischen Annäherung. Paris, 27. Nov. Der frühere Ministerpräsident und ehe malige Finanzminister im Kabinett Millerand Francois Marsal erklärte in einem Interview gegenüber dem Ver treter der „Neuen Pariser Zeitung", über seine Meinung über die deutsch-französische Annäherung befragt, daß man französischerseits bereits 1920 der Ansicht gewesen sei, daß einer politischen Entspannung zwischen Deutschland und Frankreich eine wirtschaftliche Verständigung zwischen beiden Ländern vorangehen müsse. Deshalb habe man wach dem Weltkriege als ersten französische» Bot schafter in Berlin Len Geschäftsmann Laurent ernannt, der ausgedehnte Beziehungen in Industrlekreisen Deutsch lands befaß. Es wäre sehr zu hoffen, daß der Weg, der zu dieser Wirtschaftsentente mit Deutschland führte, nicht dnrch politische Hindernisse verstellt werde. « Paris, 27. Nov. Das Interview d^s römischen Ver treters der Telvgraphen-Nnion mit Mussolini findet hier besondere Beachtung. Mau erblickt bereits in der Tatsache der Besprechung eine Besserung -er deutsch-italie nischen Beziehungc n. Frankreichs Kypolhek im Rheinland. „Ere Nouvclle" znr letzte« Rede Stresemanns. Paris, 27. Nov. Mit der Rebe des Reichsaußenministers Dr. Stresemann beschäftigen sich einige Blätter noch nachträg lich. So will die „E r c Nouvclle" festgcstellt haben, baß die französische öffentliche Meinung durch die Rede be unruhigt sei. DaS pazifistische und großzügige Frankreich wolle nicht auf unrechtmäßige Weise auch nur einen Zoll deut schen Bodens besetzt halten. Es verfolge keinerlei Er- vberungsabsichten, und es habe auch nicht den Hintergedanken einer verschleierten Annexion. Es wolle nur das, was ihm zustehe. Stresemann sei interessiert an dem Tempo der Räumung, Frankreich sei interessiert an dem Preise, den bas Deutsche Reich dafür zahlen wolle. Das Reich sei Frankreichs Schuldner. Das Rheinland sei jetzt d i e e i n z i g e H y p o t h e k, die Frankreich auf dem Eigentum seines Schuldners besitze. Man wolle diese Hypothek freigeben. Aber nur gegen eine Bürgschaft von gleichem Werte. Opfer bringen, ja. aber gegenseitige Opfer! Es sei notwendig, daß Stresemann begreife, daß dies das einmütige Gefühl der Franzosen sei. Brian- un- -ie Slresemann-Re-e. Eine Erklärung StresemannS im AntzenanSschuß. Berlin, 27. Nov. Der Auswärtige Ausschuß des Reichs tages behandelte zunächst die polnische Frage. Bor Eintritt in die Tagesordnung erbat Relchsminister des Acnhern Dr. Stresemann das Wort, um zu einer Meldung der französischen Presse Stellung zu nehmen, die berichtet habe, daß der Außen minister Vriand dem deutschen Botschafter nicht habe ver heimlichen können, daß er keine der Thesen der Retchs- tags re de des deutschen Außenministers a »nehmen könne. Dr. Stresemann teilte zn dieser Meldung mit, daß sic nach seinen Informationen erfunden sei. Eine derartige Aenßerung des sranzösischen Außenministers gegenüber dem dcutsche« Botschafter sei nicht crsolgt. Hierauf gab der Minister eine ausführliche Darstellung der deutsch-polnischen Beziehungen. Die Locarno-Protokolle -es Relchskabinells. Berlin. 27. Nor. Die Nationalliberake Korrespondenz schreibt: In der Sitzung des Reichstages vom 25. November erklärte der deutschnationale Reichstagsabgeordnete Schiele, daß die Behauptungen, er »nd seine deutschnationalcn Kollegen im Retchskabinctt hätten seinerzeit Locarno zuaesilmmt. de» Tatsachen nicht entspreche. Gleichzeitig richtete Schiele an Sie Retchsregicruna die Aufforderung, zur Feststellung des Sach verhalts die Protokolle über die entscheidenden Kabtnetts- sibniiaen zu veröffentlichen. Wir können »ns diesem Wunsche des Herr» Schiel-' nur anschließcu. Er entspricht einer Bitte, die von der Nationalliberalen Korrespondenz wiederholt ge äußert worden ist. Die Locarno-Berträge sind ratifiziert, und die Veröffentlichung der Protokolle kann die ab geschlossenen und zurückliegenden Verhandlungen kaum noch berühren- Das Kabinett ist also in der Lage, der Frage der Aktcnvublikatum näher zu treten. Pr«g, 27. Nov. Nach den tschechischen Abendblättern wurden tschechische Flugzeuge bei ihren Hebungen an »er mantschen Grenz« von «»»arischen Grenzposten beschossen. Lu-wlgs Bismarck-Buch. „Bismarck. Geschichte e i n e S K ämp f e r s", lautet der Titel eines im Berliner Verlage von Ernst Rowohlt er schienenen Werkes aus der Feder von Emil Ludwig. Der Name Bismarck sagt alles, auf dem ganzen Erdball. Die Htnzu- fügnng „Geschichte eines Kämpfers", als wenn es sich um einen bloßen x-beliebigen Lebensroma» voll innerer nnd äußerer Kämpfe handelte, ist ein« Geschmacklosigkeit,- wer das nicht fühlt, dom kann man s nicht klarmachcn. Bei seinem Buche „Napoleon" hat Emil Ludwig auf einen ähnlichen de placierten Zusatz verzichtet. Warum nicht auch bei Bismarck? ES ist das -ritte Mal, daß Emil Ludwig sich an die gewaltig« Aufgabe herawmacht, den Eisernen Kanzler literarisch zu meistern. Kurz vor dem Kriege gab er einen „Psycho logischen Versuch" über dieses Thema heraus, nach dom Kriege brachte er Bismarck in Form einer Trilogie aus die Bühne, und diesmal stellt er sich die Aufgabe, auf Grund eingehenden Studiums einer wichen Quellcnliteratur in die Geheimnisse des Seelenlebens unseres Nationalheros einzu- dringen, um die Nation „den Charakter dieses Mannes er kennen zu lassen, wie er war, nicht wie ihn Anbetung und Haß entstellten". „Dieses Mannes!" Das klingt so fremd und kalt, läßt nichts von der Ehrfurcht und Liebe verspüren, die doch jeder warm fühlende Deutsche unweigerlich für Bismarck im Herzen tragen muß. Es sei auch gleich vou vornherein festgestellt, daß nicht behauptet werden kann, der Verfasser habe wirklich die angeblich von ihm gewollte richtige „Mitte zwischen Anbetung und Haß" genau innegehakten. Es scheint vielmehr, als wenn bei ihm di« Furcht, von den Gegnern BiSmarcks — schlimm genug, daß es heute in Deutschland überhaupt noch solche geben kann! — der „An betung" bezichtigt zu werden, ein stärkerer Antrieb gewesen ist, als die subjektive Uebcrzeugung von der durch bas ge botene Material begründeten sachlichen Richtigkeit deS NrtetlS. Trotzdem darf das Buch als eine Bereicherung der Bismarck-Literatur gelten, da es in der fesselnden Form und mit der starken Gestaltungskraft, über die der Verfasser ge bietet, auf der Grundlage einer organischen Zusammenfassung der in den vielfachen Quellen verstreuten Einzelheiten tief gründige Einblicke in die Entfaltung der Seele unseres Titanen eröffnet, wie sie sich in den Perioden seiner Jugend, seines Strebens, seiner Herrschaft und seiner Verbannung entwickelte und offenbart«. Das Werk hat aber auch einen nicht zu unterschätzenden gefährlichen Charakter, soweit eS ln die -Hände vou Lesern kommt, die nicht von so völlig erprobter, hieb- und stichfester nationaler Gesinnung sind, daß sie sich nur an die Tatsachen halten und sich nicht durch subjektive Folgerungen des Verfassers verwirren lassen, die vielfach nicht nur unrichtig, sonder» geradezu gehässig sind. Einmal »ersteigt sich der Verfasser, wie am Schlüsse gezeigt werden wird, sogar zu einer bösartigen Verunglimpfung des Alt reichskanzlers. Schmerz und Zorn darüber werden höchstens gemildert durch das Bewußtsein, daß Emil Ludwig selbst keinen Anspruch darauf erheben kann, irgendwie als ernst hafter Geschichtsforscher gewertet zu werden. Er will nur einen interessanten Film abrollen, dem jeder mit Spannung folgt. TaS ist sein eigentliches Ressort, und das ist ihm denn auch in diesem Falle wieder, wie schon so oft, gelungen. Gerade in der schillernden, verführerischen, zuiveilen blendenden Schreibweise des Verfassers aber liegt die Schlange verborgen, die weniger selbständige Leser zu einer falschen Einstellung gegenüber dem getreuen Eckart unseres Volkes verleiten könnte. Um so mehr ist cs zu bedauern, daß noch keine von nationalem Geiste durchhauchte Darstellung über das Loben »nd Wirken Bismarcks existiert, die allen an ein wahrhaftes Volksbuch zu stellende» Anforderungen Genüg« leistet. Die Biographie von Erich MarckS, die diese Bedingung erfüllt, ist leider ein Torso geblieben, da sic nur bis 1848 reich,. Mit solchen Vorbehalten muß man an die Lektüre des Lnd- wtgschcn Werkes herantreten. Die Bismarcks waren ciu triitzigeS Geschlecht. Bon -er altmärktschcn Ritterschaft, di« ihre Selbständigkeit dom preu ßischen Königtum nicht opfern wollte, sagte Friedrich Wil helm I.. unter den „widerspenstigen" Familien sei die Bis marcks „die vorne-hmcstc un- schlimmeste". Bismarcks Groß- vater war ein starker Zecher und Jäger, der in eine», Jahre 164 Rothirsche schoß, aber auch schon „aus der Art geschlagen" war und beim Tobe seiner jungen Frau „eine rühvsam«