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11 s Bezugspreis: vierteljährlich 1,20 Mark frei ins Haus. In der Geschäftsstelle abgeholt viertel- jährlich 1 Mk. Einzelne Nummer ,0 pfg. Erscheint am Dienstag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag. Unterkaktungs- umt Anzeigebkatt ' — u Anzeigenpreis: Für di« Neinspaltige Korpus-Zeile »d«r deren Raum zo pfg. — Im Reklamettil für die kleinspaltige Petit-Zeile 25 pfg. Anzeigenannahme bis Z2 Uhr mittags. Beilagegebühr nach Vereinbarung. Ü -- ————0 2Nit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie den abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel" „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Dnuk und Verlag von Hermann Rühle, Buchdruckerei in Groß-Okrilla. verantwortlich für die Redaktion h. Rühle in Groß-MMa. Nummer q? Mittwoch, d<m 23 April WZ f2. Jahrgang Amtlicher Teil. Pferdevormusterung belr. Unter Bezugnahme auf die Bekanntmachung der Königlichen Amtshauptmann schaft Dresden-N. vom 17. März d. I. werten die Pferdebesttzer hiesigen Ortes auf gefordert, die gestellungspflichtigen Pferde Donnerstag, den 24. d. M., früh 7 Uhr am Gasthofe zum „schwarzen Roß" vorzuführen. Pferdebesitzer, welche ihre gestellungspflichtigen Pferde nicht rechtzeitig oder voll zählig vorführen, haben die gesetzlichen Strafen und Nachteile zu gewärtigen. Ottendorf-Moritzdorf, den 1S. April 1913. —Der Gemeindevorstand. Neuestes vom Tage. Bei dem Dresdner Reitturnier auf der Rennbahn in Ruck stürzte im Jagdspringen Prinz Friedrich Karl von Preußen mit seinem Pferde beim Doppelsprung. Der Prinz überstürzte sich, vermochte ober das Pferd am Zügel festzuhalten und konnte zu Fuß die Bahn verlassen. Griechenland hat vor Saloniki über 100000 Mann zusammengezogen, um den bulgarischen Ansprüchen eventuell mit Waffengewalt zu begegnen. Oertliches und Sächsisches. Vttendorf-Vkrilla, 22. April MZ. — Die verheerende Wirkung der letzten Kälte kommt jetzt, wie aus beteiligten Kreisen geschrieben wird, zur vouen Geltung. Es steht leider fest, daß im Elbtal von Böhmen bis zur preußischen Grenze nicht nur die frühen Kirschen, sondern auch die fpäten erfroren sind, ebenso die zeitigen Birnen, und erst recht die Pfirsiche und Aprikosen. Die Obst züchter hegen ferner die Besorgnis, daß auch die späten Birnen, ja selbst die späten Aepfel zum weitaus größten Teile der Kälte zum Opfer gefallen sind. Die Pflaumen- blut ist in ihrer Entwickelung noch so weit zurück, daß wenigstens von diesem Obste mit einiger Sicherheit angenommen werden kann, daß es ohne Schaden die päten Fröste überstanden hat. Die Be- ttzer der Veerenkulturen befürchten ebm- älls große Schädigungen und zum Teil Vernichtung der Erdbeerkmturen. Die Spargetkulturen haben ebenfalls gelitten. Auch bereits in den Boden gebrachte Früh kartoffeln wurden erfroren geiunden. Für den in den Hafer eingeiäten Klee fürchtet man ebenfalls an vielen Orten. Wetter- kundige Winzer wollen aus dem immer noch wahrnehmbaren „Bluten" der Reb- stöcke noch auf weiter etmrelende tiefe Temperatur schließen. — Gegen die Gelbsucht der Birnbäume hat sich nach einem Bericht im praktischen Ratgeber tm Obst- und Gartenbau in Frankfurt a. O. die Anwendung von Stall dünger bewährt. Bei ausschließlicher An wendung von Kunndünger trat die Gelb sucht an Spalierbäumen sehr stark auf. Als aber dann eine regelmäßige An wendung von Stallmist stalliand, erholten sich die Bäume im Laufe von zwei Jahren und wurden wieder ganz gesund. Garten freunde erhalten die betreffende Nummer des praktischen Ratgebers auf Wunsch kostenlos zugesandt. Dresden. Der Handtäschchenräuber, der am 18. April in der Marschallsstaße noch Verübung eines Raubes fistgenommen wurde, ist der am 4. März 1879 in Cunnsdoif bei Görlitz geborene Bandiäger und Kellner Ernst Köhler. Die Erörterungen der Kriminalpolizei ergaben, daß K. auch als Täter jenes Raub anfalls in Frage kommt, der am 30. März 1818 abends aus einem Promenadenwege des Weißen Hirsches an einer dort zur Kur weilenden Russin verübt wurde. Köhler würgte die Dame, warf sie zu Boden und erring ihr die Handtasche mit Geld und Schmuck im Gesamtwerte von 600 Mark. Sein Mithelfer hielt die Begleiterin der Russin mit einem Revolver in Schach. Auch dieser Mithelier befindet sich nunmehr in Hast. Es ist der 1891 >n Sennfeld geborene Bäcker Karl Hirsch. Noch ein dritter Genosse ist an diesem Verbrechen beteiligt gewesen, der am 14. Februar 1876 'N Oppach ge borene Schnststtzer Ernst Karl Eckhardt. Dieser Hal den beiden Räubern nicht nur die Anweisung gegeben vor dem Postamt des Weißen Hiriches — dem Tatorte — auf ein passendes Opfer zu warten, daß mit Wert sendungen den Schalter verläßt, sondern er hat auch beim Verkauf der Beule mitgewirkl und den Erlös mit den Räubern geteilt. Er wurde ebenfalls verhaftet. — Ein dem Prinzenpaar Johann Georg gehöender Hund, ein junger Fox.erriei, den die Fiau Prinzessin Johann Georg besonders bevorzugte, erkrankte in den ersten Togen der vorigen Woche unter Anzeichen der Tollwut. Der Hund ging auch am Freitag voriger Woche an diesem Anzeichen ein. Bei der Sekiwn wurde auch Tollwut fistgsstellt. Da nun die Möglichkeit bestand, daß die Personen d>e mit der Pflege des TieieS beschäftigt waren, von dem Gift der Tollwut infiziert lein konnten, nahm Professor Koch aus Berlin, der sich eigens zu diesem Zwecke nach Dresden begeben hatte, an einem Lakai und einer Kammerjunqser Schutzimpfungen vor, obwohl diese Leute keine Wunden oder Risse an den Händen hatten, durch die doS Gift auf sie hat e übertrage,, können. Dieser Schutzimp'- ung Hal si... dann auch noch die Frau Prinzessin unterzogen, lediglich um ihren Gemahl und ihre Umgebung zu beruhigen und obwohl bei der hohen Frau nicht die leiseste Möglichkeit einer Infizierung besteht. Radeberg. Am Sonnabend in der lüniten Nachmittagsstunde ereignete sich in der Sächsstchen Glasfabrik Abteilung Preßglas O'en L, eine Gasexplosion beim Gaserzeuger, wobei der Fabrikarbeiter Gustav Lehmann, wohnhaft in Großerkmannsdorf, tödlich ver- fitzt wurde. Außer einem in der Nähe be findlichen Schürer, der sich leichte Veletzungen zuzog, ist glücklicherweise niemand weiter zu Schaden gekommen. Großenhain. Aus der Staatsstraße Großenhoin-Pr'eslewitz stürzte der 25 Jahre alle Bücker Arno Bretschneider aus Klein- ihiemig vom Rade. Er wurde bewußtlos in das Große» Hainer Krankenhaus gebracht, wo er verstarb. Man nimmt an» daß Bretschneider auf dem Rade einen Schlaganfall erlitten hat. Der häusliche Friede. Physiologische Studie von Dr. F. Wendland. „Sie können sich darauf verlassen Herr Professor, an mir liegt es nicht, daß kein Frieden in unserem Hause herrscht. Ich gebe mir alle Mühe, ein wenigstens einigermaßen befriedigendes Verhältnis zwischen uns herbei- zusühren, aber mein Mann ...." „Aber sehr verehrte gnädige Frau, hab« ich auch denn nur ein Wort gesagt, daß ich Ihnen die Schuld beimesse?" „Wie fangen wir es aber an, ihn in ein Sanatorium zu bringen? Er will absolut nicht in ein solches gehen, so notwendig es für seine Nervosität auch wäre." „Ein Mittel wüßte ich, aber es erfordert einen gewissen Heroismus von Ihrer Seite. Sie müßten Ihrem Gatten mit gutem Bei spiel vorangehen,, sich selbst in ein Sanatorium auf einige Zeit begeben, dann würde er es auch tun." „Ich in ein Sanatorium? Brr." „Gnädige Frau Sie machen sich, wie leider zu Viele, von einem Sanatorium moderner Art eine ganz falsche Vorstellung. Sie halten es sür ein Haus, in dem überall das Leiden, die Trauer über dieses, in den Vordergrund treten. Weit gefehlt! Es gibt wenige Orte, an denen mehr gescherzt und gelacht würde, als im modernen Sanatorium. „Lachen ist die heilsamste Gymnastik," das gilt ganz be sonders für Nervenleidende. Ich bin über zeugt, in dem Sanatorium meines außer ordentlich tüchtigen Kollegen des Doktor Hotz in Finkenmühle bei Mellenbach in Thüringen würden Sie sich ganz prächtig amüsieren, sich rn jeder Beziehung wohl fühlen. Und es brauchte ja nicht auf lange Zeit zu sein. Sechs Wochen, zwei Monate höchstens würden genügen, um Ihren Herrn Gemahl, der natürlich zum Mindestens ebensolange im Sanatorium weilen müßte, zu heilen." „In demselben?" „Nein, nein, das keinesfalls. Da würde der Hauptzweck nicht erreicht werden. Er soll durch d»e Entbehrung Ihrer Fürsorge zur Er kenntnis kommen, wie dankbar er Ihnen für diese sein müßte." „Das ist das Richtige. Nun gut, Herr Professor, ich bin einverstanden, vorausgesetzt natürlich, daß mein Mann es ebenfalls ist. Sprechen Sie mit ihm, aber sobald als möglich." „Verlassen Sie sich darauf." Professor Manharbt war nicht allein ein Nervenarzt allerersten Ranges, sondern auch ein geschickter Diplomat. Als er Herrn von Altenberg, der als Privatgelehrter eiue an erkannte Bedeutung erworben hatte, in einer Gesellschaft traf, sagte er ihm kein Wort von dem Gespräch, das er mit seiner Gattin ge habt hatte, sondern brachte unmerklich die Rede auf die in unserem Zeitalter immer mehr überhandnehmende Nervosität und ver anlaßte Fritz von Allenberg, sich über jene zu äußern. „Meine Frau ist nicht allein geistig hoch- begabt, sondern auch wirtschaftlich von seltener Tüchtigkeit," erkannte Altenberg unumwunden an. „Aber sie hat die Fehler ihrer Vorzüge, sie übertreibt diese und verlangt sie von Allen, auch von mir. Wegen eines Taschentuches, das ich, ein wirtschastliches Problem im Kopf, irgendwo liegen ließ, hält sie mir eine lange Predigt, llngeduloig mache ich dann eine Icharfe Aeußerung — der Streit ist fertig. Dabei verlangt sie eine unbedingte Unter ordnung unter ihren Willen, zu der ich un fähig bin. Ziehe ich mich aber mehr in mich zurück, so macht sie mir wieder den Vorwurf, daß ich sie vernachlässige. Es ist furchlbar schwer mit ihr auszukommen." „Ihre Frau Gemahlin ist, davon bin ich längst überzeugt, im höchstem Grade nervös. Sie müßte in ein Sanatorium." „Und mir predigt sie immer, daß ich in ein solches müßte. Ich bin ganz Ihrer An- sichl, Herr Professor, daß unser häuslicher Friede nur auf diese Art wiederhergestelll werden könnte, aber in ein Sanatorium geht sie nicht." „Vielleicht doch." „Wie wollten Sie das anfangen?" „Sie müßten ihr mit gutem Beispiel voran- gehen, ebenfalls ein Sanatorium aufsuchen." „Trotzdem ich gesund bin?" „Ich halte diesen Weg für den einzigen, auf dem wir Ihre Frau Gemahlin dahin bringen können, ebenfalls ein Sanatorium auszusuchen. Im Interesse des häuslichen Friedens kann man schon ein Opfer bringen"' „Jeder, außer der Aufgabe meiner Selbst ständigkeit. Ja, Herr Professor, wenn ich sicher wüßte, daß meine Frau dann auch in ein Sanatorium gehen würde, . " „Ich garantiere es Ihnen." „Gut, dann bin ich bereit." Professor Manhardt strich sich, nachdem diese Unterredung beendet war, im Stillen lächelnd, seinen langen Vollbart. „Einem mit dem andern gefangen," sagte er leise vor sich hin, „das wird beiden gut tun und der häusliche Friede hoffentlich wieder hergestellt werden." „Einige Wochen waren vergangen, da trat Herr von Altenberg in das Sprechzimmer des Professors. „Nun, Ihre Kur schon beendet?" srug die ser erstaunt. „Ja, Wer noch nicht total nervös ist, der muß es ja in diesem Sanatorium werden. Ich war, nachdem ich meine Frau im Sanatorium Finkenmühle bei Herrn Dr. Hotz abgeliesert hatte, nach München gefahren, um dort in der Bibliothek ein Werk einzusehen, das ich zu einer Arbeit brauchte. Im Hof bräuhaus traf ich einen alten UniversitätS- freund, der mir so dringend anriet, in daS Kaltwassersanatorium eines Bettes von ihm zu gehen, daß ich nachgab" „Aha, nun ahne ich schon, was kommt." „Nein, Herr Professor, das können Sie gar nicht ahnen. Das spottet je der Beschreibung. Denken Sie, was man mit mir vornahm. Früh morgens um sechs Uhr, wenn ich noch im besten Morgenschlummer lag, pochte es, Kalte Abreibung durch einen Badediener. Um acht Uhr das erste Bad, dernach eine Stunde bewegungslos iu einer wollenen Decke eingehüllt liegen, während die Fliegen aus meiner Nase ganze Quadrillen aufführten. Um elf Uhr di« elektrische Behandlung de» ganzen Körpers mit Ausnahme des KopfeS, mit einem Apparate, der fortwährend ein schauderhaftes Gebrumm hören ließ, als sei ihm die ganze Sache schon zu dumm ..." „Vibrationselektrizität." „Ganz recht. Dann eine Stunde Spazieren- gehen bis zum Mittagessen. Nach Tisch zwei Stunden Liegekur der ganzen Geiellschaft bi» zur Behandlung mit kalten Güssen — eine fanatische Erfindung, versichere ick Ihnen. Um sechs Uhr dann noch elektrische Kopsdouche und um sieben Uhr Abendbrot, na, das war erst was. Einen Abend Quarkbrötchen mit grünem Salat und den andern grüner Salat mit Quarkbrötchen. Wäre ich noch länger dageblieben, ich wäre verrückt geworden, voll ständig verückt!" „Ich glaube es Ihnen, Herr von Altenberg! Warum giuzen Sie auch nicht in das Sana torium, daß ich Ihnen empfohlen hatte. Und was gedenken Sie nun zu tun?" „Ich will irgendwo in die Berge und erst wieder richtig Mensch werden. Dort ist maa ja Amphibie. Jeden Morgen habe ich meine Hände nachgesehen, ob mir noch keine Schwimmhäute wüchsen. Aber, wie geht es meiner Frau? Was schreibt Herr Dr. Hotz?" „Sie macht in ihrer Genesung vorzüglich« Fortschritte," „Das hoffte ich nach ihren Briesen, di« viel ruhiger, leidenschaftsloser gehalten waren, als sonst. Uebrigens einen großen Vorteil hat die Kur doch gehabt. Ich habe eingeschen, wie gut ihre Fürsorge für mich gemeint war." „Bravo, da werden Sie in Zukunft gewiß etwas geduldiger mit ihr sein.', „Ja, das habe ich mir fest vorgenommen." Schluß folgt.