Volltext Seite (XML)
Wochen- und Nachrichtsvlatt zugleich KeMfir-Anzeiger für Kondors, M-U Kernsers, Küriorf, St. Wim, Keinrichrort, Mrimm n. Wsm Amtsblatt für den Ktadtrat zrr Ktchtenstel«. —— - - "" SS. Jahrgang. - - -- —- - Nr. 104. —ny*«-'*'-., Donnerstag, den 7. Mai 1903. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonn- und Festtags) abends sür den solgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mk. 2S Pfg., durch die Post bezogen l Mk. SO Pf. — Einzelne Nummer 10 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein. Markt 8, alle Kaiser!. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. Inserate werden die fünsgespaltene Korpuszetl« oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bi» spätesten» vormittag 10 Uhr. — Im „Amtlichen Teil" wird die zweispaltige Zeile oder deren Raum mit 30 Pfennigen berechnet. Für auswärtig« Inserenten kostet die Sgespaltene Zeile 15 Pfennige. — Ais -m Be-t )n fMmttün nnMn Mir ui les Wins. Noch sind alle europäischen Zeitungen von Be richten über den glanzvollen Besuch des deutschen Kaisers in Rom gefüllt, und nachklingend gedenken sie auch der bedeutungsvollen Besuche, die der König von England in Lissabon, in Rom und zuletzt in Paris gemacht hat, und gegenüber solchen erfreulichen Kundgebungen der Fürsten- und Völkerfreundschaft muß sich das politische Urteil über den Wert und die Bedeutung derselben weit, weit über die Tages begebenheiten erheben, die uns aus Nom und Paris berichtet wurden, mochten sie uns auch noch so schön und glanzvoll erscheinen. Man fühlt aus all' diesen fürstlichen Begegnungen heraus, daß sie keineswegs nur eine Sache der internationalen Höflichkeit und der höfischen Etikette sind, sondern daß in ihnen auch der große, ernste, politisch hochbedeutsame Ge danke zum klaren und schönen Ausdruck gelangt ist, auf dem Wege der europäischen Kultur uud des Friedens zielbewudt und kraftvoll weiter zu schreiten, und zwar möchten wir dies heutzutage nicht nur von den verbündeten Fürsten und Völkern in Europa freudig aussprechen, sondern überhaupt von allen europäischen Regierungen und Staaten behaupten. Für ehrgeizige Eroberungskriege blüht gegenwärtig in Europa absolut kein Weizen mehr, dazu sind die Staatsoberhäupter viel zu edel und klug angelegt, und dazu liegen die Verhältnisse heutzutage ganz anders wie vor hundert Jahren. Der große Na poleon I. konnte nur deshalb bis Moskau vor dringen, weil er aus dem Wege dahin schlecht ge rüstete Heere und schwache Staaten traf. Gegen wärtig stellt jeder Staat ein großes, starkes Volks heer ins Feld, das rasche Eroberungszüge nicht nur unmöglich, sondern auch für den waghalsigen Unter nehmer höchst gefährlich macht. Der Ehrgeiz der Fürsten und Staatsmänner, der Völker und der Parteien hat sich daher in Europa und in den rein europäischen Ländern vom kriegerischen Gebiete entschieden abgewandt und der Pflege der Kultur, der Humanität und des Völker- sriedens zugekehrt. Auch die Unruhen in Macedonien ändern an dieser Grundlage der europäischen Politik nichts, denn keine Großmacht hat den Ehrgeiz, aus den Unruhen in Macedonien Kapital zu schlagen, sondern sie sind alle bemüht, dort die Ruhe wieder Herstellen zu helfen. So bieten die letzten fürstlichen Begegnungen der europäischen Kulturwelt einen hohen moralischen Gewinn. Die Fürsten und Völker Europas sind einander in der Erkenntnis und dcr Wahrung der höchsten Güter dieses Lebens näher ge kommen. Möchte dieser große Fortschritt auf dem politischen und kulturellen Gebiete auch ein gutes Zeichen dafür sein, daß die Staaten sich auf dem wirtschaftlichen Felde mehr einander nähern und die zahlreichen Differenzen in der Handelspolitik mildern. Differenzen und Kämpfe werden ja im Menschen- und Völkerleben niemals ausbleiben, sondern sie entstehen naturgesetzlich sogar immer wieder aus den natürlichen Gegensätzen. Aber sie brauchen nicht zum Bruche, nicht zu Handels- oder Waffenkriegen zu führen, sondern sie können im Geiste gemein samer Kulturinteressen allmählich ausgeglichen werden. Daß das Bedürfnis dieses Ausgleiches auch in den jenigen Kulturstaaten heutzutage ein sehr großes ist, die sich sonst in ihrer auswärtigen Politik in scharfen Gegensätzen bewegen, zeigt die jüngste Ansprache des Königs von England an den Präsidenten der fran zösischen Republik. In dieser Ansprache betonte der König von England den Wunsch, die gemeinsamen Kulturinteressen Englands und Frankreichs (die im ganzen Mittelmeere und in Afrika gegensätzliche sind) immer mehr verbrüdert zu sehen. Der Weg zu dieser Verbrüderung müßte allerdings erst gesunden werdev. in Pniztßi Ast m Mm. Mit Genehmigung von „maßgebender Stelle" ist, so wurde am Montag von Lindau aus ge meldet, die Dresdner Hebamme Helbig zur Prin zessin Luise gekommen, und kaum war Frau Helbig, welche der Prinzessin bisher stets in der schweren Stunde hilfreich zur Seite gestanden hat, einige Stunden in der Villa Toskana, da trat das erwartete Ereignis ein. Um 9 Uhr abends schenkte Prinzessin Luise von Toskana, wie bereits gemeldet, einem Töchterchen das Leben. Das Kind bleibt, wie ver lautet, bis auf weiteres in der Villa Toskana, was dann weiter geschieht, darüber hatten die zwischen dem toskanischen und dem sächsischen Hofe geführten Verhandlungen bisher noch zu keinem Resultat ge führt. Es ist aber anzunehmen, daß nunmehr, nach dem das Kind das Licht der Welt erblickt hat, die Lö sung der Frage nicht mehr lange auf sich warten lassen wird, umsoweniger, als infolgedessen, daß die ehe malige Kronprinzessin von Sachsen jetzt keinen Prinzen geboren hat, in rein staatsrechtlicher Beziehung keine großen Schwierigkeiten mehr zu überwinden Sämtliche -IM««, Muren n. MelilerenNnni, sowie WimMe o. ZitiMisMnhtck rc. eleganteSaisonneuheiten, sind in großer Auswahl für jedermanns Geschmack passend eingetroffen. Durch rechtzeitig. Einkauf billige Preise. Her». HMmntjn, Lichtenstein, a. Markt. sein dürften. Mit welchen Gefühlen die Prinzessin der Geburt des Kindes in ihrer Weltabgeschiedenheit entgegengesehen haben mag, läßt sich ahnen, wenn man namentlich in Erwägung zieht, daß ihr einst das Sachsenvolk bei jeder Gelegenheit und insbe sondere bei Ereignissen, wie dem jetzigen, wahrhaft rührende Beweise der Liebe und Verehrung darge bracht hat. Sicherlich werden ihr auch jetzt die auf richtigsten Wünsche gewidmet, denn, man mag über die genugsam besprochene Affäre urteilen, wie man wolle, innige Teilnahme wird ihr kein menschlich fühlendes Wesen versagen, jene Teilnahme, die von Herzen die bedauerliche Verirrung und mit tiefster Bekümmernis die Ursachen der Zertrümmerung des Familienglücks im kronprinzlichen Hause beklagt, aber mit der Hoffnung, daß Herz und Sinn auf den rechten Weg gelenkt werden, den aufrichtigen Wunsch verbindet, daß sich das Geschick der Prinzessin und ihres Kindes freundlich gestalten möge. Lindau, 5. Mai. Gestern abend überfiel die Prinzessin Luise, nachdem sie schon nachmittags über heftige Schmerzen geklagt hatte, convulsioisches Schluchzen als sie ausrief: „Wie wird es dem armen Kinde in Dresden ergehen!" Gleich nach der um 9 Uhr vollzogenen Entbindung wurden die Höfe in Dresden, Wien und Salzburg telegraphisch von der Niederkunft der Prinzessin verständigt. Nach der Geburt wurde von dem Kommissar die Legitimi tät des Kindes festgestellt und noch am Abend ein Protokoll nach Dresden gesandt. Der Hofarzt und die Hebamme blieben nachts im Zimmer der Prin zessin, während die Großherzogin Mutter in der Schloßkapelle andauernd Gebete verrichtete. Bei der Taufe in der Schloßkapelle wird die Großherzogin als Patin fungieren. Von der Bevölkerung, die der Prinzessin große Sympathie entgegenbringt, wurden bereits in den frühen Morgenstunden Blumenspenden ins Schloß gesandt. Dresden, 5. Mai. Das Kind der Prinzessin Luise wird heute abend mit Genehmigung des sächsischen Hofes auf die Namen Anna Monita Pia getauft werden. In hiesigen unterrichteten Kreisen nimmt man an, daß als Vater nur der Kronprinz in Frage kommen kann, da zur kritischen Zeit das Kronprinzenpaar auf einer Reise nach Paris begriffen war, während Giron auf Urlaub weilte. Nach den gesetzlichen Bestimmungen wird das Kind wahrscheinlich am sächsischen Hofe erzogen werden. Aus Lindau wird gemeldet, daß in den letzten Tagen dort ein Hofarzt und ein Hofkommisfar mit einer vollständigen Wäscheausstattung und einer prunkvollen Wiege eingetroffen sind, da die von der Prinzessin und Giron in Mentone gekaufte Wäscheausstattung noch im dortigen Hotel liegt. Die Frage der Auslieferung des Kindes würde durch ein Privatübereinkommen zwischen dem König von Sachsen und der Prinzessin Luise geregelt. Die Letztere wird nach ihrer Genesung eine Heilan stalt oder ein geistliches Institut, jedoch nicht ein Kloster, aufsuchen und später vermutlich das tos kanische Schloß Schlackenwerth bei Karlsbad beziehen. Ein Aufenthalt der Prinzessin in Sachsen ist nach gegenseitigem Einverständnis für immer aus geschloffen. Politische Rundschau Deutsches Reich. * Kaiser Wilhelm tritt heute Mittwoch nachmittag kurz vor 6 Uhr die Rückreise von Rom an. * Das bayerische Ministerium des Innern verbot die Niederlassung der aus Frank reich ausgewiesenen Ordensgesellschaften auf bayerischem Boden. * Wer verdient dabei? Der Land wirtschaftliche Verein in Bayern macht in seinem Wochenblatt darauf aufmerksam, daß seit vorigem Herbste zwar die Schlachtviehpreise, nicht aber die Fleischpreise erheblich zurückgegangen seien. Ochsen seien jetzt für den Zentner Schlachtvieh wenigstens 3 Mark und Schweine sogar 14 Mark billiger als im August vorigen Jahres, trotzdem koste Öchsen fleisch und Schweinefleisch im allgemeinen noch so viel wie damals. Aber selbstverständlich: Für ge wisse Kreise bleiben die Landwirte nach wie vor die Fleischwucherer." * Eine O st markenzulage ist auch in Ostpreußen geplant. Die Regierung in Königsberg beabsichtigt, den Lehrern und Lehrerinnen in den Kreisen mit zweisprachiger Bevölkerung Gehaltszu lagen zu gewähren, wie sie sür Posen und West preußen vorhanden sind. Jedoch sollen die Stufen der Zulagen nicht wie dort 120 und 200 Mk. be tragen, sondern nur 60, 100 bezw. 120 Mk. Italien * R o m. Ministerpräsident Zanardelli, dessen Gesundheit durch die Monarchenbesuche er schüttert ist, wird einen zweimonatlichen Urlaub an treten. Spanien * Madrid. Die Republikaner haben be schlossen, der Eröffnungssitzung der Kammer fern zu bleiben und erst später in geschloffenem Zuge unter