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A-orker Wochenblatt. Mittheil un gen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Vierzehnter Jahrgang. Preis für den Jahrgang bei Bestellung von der Post: 1 Thaler, bei Bestellung des Blattes durch Botengelegenheit: 20 Neugroschen. 28. Mittwoch 11. Juli 18-19. Politische Umschau. Aus Beiden ist zu melden, daß dort mit der größ ten Erbitterung songekampft wird. Das Volkshcer, das gegenwärtig noch etwa die Hälfte des Landes in ne hat, giebt seine Sache noch keineswegs verloren, cs will mit ihr siegen oder fallen. Aus diesem Grunde kann der Tag, wo Preußen die Eroberung Badens abschließt, noch lange auf sich warten lassen. — Der Verlaus der Dinge auf dem Kriegsschauplätze gestuft rete sich neuerdings folgendermaßen: Am 29. und 30. Juni wurden zwei Schlachten geschlagen. Gegen die Preußen bei Muggensturm und Malsch zwölf Stunden lang. Gegen Peuckers Heer bei Kuppen heim und Gernsbach. In deren Folge erzwangen sich die Fürstlichen den Uebergang über die Murg bei Kuppenheim, während sich die Volkstruppen wohlge ordnet auf die Kinzig linie zuruckzogcn. Die Fe stung Rastatt ist dadurch isvlin worden und es steht ihre Belagerung bevor; da sie jedoch auf zwei Jahre Proviant Hal, so ist an eine Uebcrgabe vorläufig nicht zu denken. — Am 2. Juli sollen hartnäckige Gefechte bei Kehl und eine blutige Schlacht bei Offenburg (Kinziglinie) stattgefunden haben. Doch ist darüber bis heute Genaues nicht bekannt. Sollte auch diese Position erzwuugen sein, so würde dem Volksheere die Dreisamlinie und bas Höllenthal bei Freiburg übrig bleiben, die von Natur äußerst fest sind. — Das Terrain ist nun allerdings enger, dafür sind aber die vorhandenen Kräfte um so mehr concentrirt worden. Mieroslawski entwickelt ein wunderbares strategi sches Genie. Die provisorischen Negierungsgewalten befinden sich in Freiburg. Brentano hat abgedankt und sich entfernt. Kiefer von Emmendingen ist zum Diktator ernannt worden, ein Mann voller Energie. Der ganze Badische Seekreis rüstet sich indessen und bereitet seinerseits den letzten äußersten Widerstand vor. Daß Würtemberger ins Badische eingeruckt sind, Hal sich nicht bestätigt. Preußen scheint sich die Hülfe, die es zur Be kämpfung der „Anarchie" und zur Wiederherstellung der „gesetzlichen Ruhe und Ordnung" ge währt, lheuer bezahlen lassen zu wollen. Es scheint auf nichts Geringeres sein Absehen gerichtet zu haben, als Baden und die Pfalz mit Haut und Haaren zu verschlucken, wenigstens stiften seine Agenten Ad. dressen an, die aus beiden Ländern nach der gott vergessenen Sandbuchse an der Spree gelangen sollen, darin gebeten wird: „Das Preußen seinen Schutz dau ernd gewähren möge"; ja, in einer dieser Addressen soll sich der Wunsch „ganz preußisch zu werden" nackt und unverholcn ausgedruckt finden. Leute von Ehre, Leute die in Etwas die öffentliche Meinung ver treten, sind es natürlich nicht, die sich zum Unterschreiben hergebcn, sondern lediglich sogenannte „g em a ßi g te, friedliebende, honette Bürger, gemeine Hundc- seelen, die den Fuß küssen, der sie tritt, damit sie in ihrem niedrigen Pflanzenlcben jede Störung vermeiden. Wo der Despotismus herrscht, schwimmt diese Mcn- sckenarl stets oben auf. — Mit kiesen voraussichtlichen Errungenschaften nicht zufrieden, scheinen die rolhen Monarchisten in Preußen von der ihnen günstigen La. ge der Zcitverhallnisse noch weitern Prosit ziehen und die Kontrerevolution auf den Kopf stellen zu wollen, dadurch, daß sie alle zcilhcrigen Heerde der Revolution zu vernichten suchen, d. h. 1) Preußens Ansprüche auf das verlorene Neuenburg geltend machen und da bei der Schweiz eiserne Gesetze dikliren; 2) den Franzosen moros lehren, nämlich Heinrich V. auf den Thron seiner Väter zurückzuführen. Die Neue Preußische (Galgen-) Ztg., des Königs tägliche Lied- lingskost, spricht bereits ganz offen von diesen Planen.