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EcknstlcUima und HauviocschKstsstcllc: Marienttrak« 3S 42 Druck u. Verla« von vteplcii ^ Reickardi in Drcodcn Postscheck-Konto 1O6S Dresden Nachdruck nur mit deullicher Quellenanaabe «.Dresdner Nachr/> »,lässt«. Nnvcrlanale Schriltststcke werden nicht aufbewalirt. JasRatslomiteedesBMerbundesfmllnsarn Ae Debatte de« Böllerbundsrate» über die Investigationsklage der Kleinen Entente. Die drei Mitglieder -er Unlersuchungs- kommission. Die Danzlgcr Eisenbahncrsrage wieder verschoben. Genf, 7. März. Der Vülkerbniidsrat ist heute vormittag )1It Uhr zu der angeknndigtcn vertraulichen Sitzung znsamniengctreteii. Die Frage des Klagerechts Daiiziger Staatsangehöriger in polnischem Eisenbahiidicnst vor Danziger Gerichten wurde abermals von der Tages ordnung abgesetzt, so das? in der vertraulichen Sitzung »eben der Entgegennahme eines Berichts des Generalsekretärs über die geplante Herabsetzung der jährlichen Ratstagungen von vier auf drei die InvestigationSklagc gegen Ungarn den Hauptgegcnstand der Beratungen bildete. Nach Beendi gung der Aussprache über die Jnvestigationsklagc der »leinen Entente gegen Ungarn wurde die vertrauliche Sitzung des Rates gegen 12 Uhr für öffentlich erklärt, und es wurde sofort in die Aussprache über den gleichen Gegenstand eingetrcten. Nach cinstüudiger Diskussion, an der sich auch die Ver treter der Kleine» Entente und Ungarns, sowie Ebamberlain, Briand und Scialoja wiederholt beteiligten, wurde ans eng lischen Antrag beschlossen, ein Ratükomitec ans drei Mitgliedern zu ernennen, das den Auftrag haben soll, über die tatsächliche Seite der Angelegenheit und die daraus zu ziehenden juristische« Folgerungen Bericht zu erstatten. Aus Vorschlag -es Ratspräsidenton wurden der holländische Ailtzettnnnister Backs ertS, der chilenische Gesandte in Nom, Billegas, und der finnische Austcnministcr Pro- copc zu Mitgliedern dieses Komitees ernannt. Das gebildete RatLkomitee zur Priisnng der Szcnt-Gott- hard-Angelegenheit hat die Befugnis, technische Sach verständige der verschiedenen Organisationen des Bölkerbundes zur Mitarbeit heranznziehen. Erklärungen v. Keudells. Berlin, 7. März. Im HauShaltausschus? des Reichstags nntcrnahm heute der Kvniiniinist Stoccker eine» Borstos? mit dem Ziele, die P h ü b u s - A n g c l c g c u h c i t heute nach mittag in eine Sitzung des HanshaltauSschnsses und nicht in Sie „Dunkelkammer" der Reichskanzlei zu verlegen. Ter Bvrstvs? scheiterte. Hierauf wurde eine Bittschrift des Prv- viiizialvcrbandcs ostpreussischer Haff- und Kiistcnschisser über gefechtsmäßiges Scharsschiessen der Marine besprochen und der Reichsrcgierung zur Berücksichtigung überwiesen. Es folgte die Fortsetzung der Beratung des Haushalts des M inistcrinms des Innern. Dazu ergriff der Rcichs- innenminister das Wort und erklärte zur B e r w a l i n n gö re form, es würde ein Plan zur Ncbcrnahmc der thüringi schen Finanzverwaltuug ans das Reich erwogen. Ansierdem liege dem Rcichskabinctt eine Denkschrift des RcichSpost- nniiistcriumö über die Aushebung einiger Oberpvstdirektivncn vor. Ein Gesetzentwurf über die Errichtung eines Neichsvcr- maltungügerichtes in Verbindung mit dem Ausbau deü Obcr- vcrwalkungsgcrichtes sei bereits vom Kabinett gebilligt. Be züglich des Ministcrpensionsgcfcftcs erklärte der RcichS- ininistcr, das? dieses zwar vvrlicge, aber noch uachgcpriift werden müsse, so das? mit seiner Verabschiedung in dieser RcichstagSsessivn nicht mehr zu rechnen sei Ferner berührte er einen Gesetzentwurf, der die Staatsangehörigkeit deutscher Frauen im Falle ihrer Verheiratung mit Ausländern regeln soll. In dem Entwurf soll die möglichste Erhaltung der deut schen Staatsangehörigkeit der verheirateten Frauen angestrebt bzw. ihre Wiedergewinnung erleichtert werden. Dazu sind noch Verhandlungen mit den Ländern im Gange. Zur Auf führung religiöser Filme crllärte der Minister, vssenbar aus Anlafi der Diskussion über den Luther-Film, das? das Rcichs- mtnistcrinin des Innern nicht in der Hage sei, in das Film- prttsnnaSvcrsahrcn cinzngrcifen, da die Filmprüsstcllc eine richterliche Behörde sei Er meinte aber, das? gerade bei religiösen Filmen das grösste Taktgefühl gewahrt werden müsse. Nach polemischen Aeusserniigen des Abg. Sollmann sSoz.) kommt Abg. v. Kardorfs iD. Bp.s aus den Umbau des Reiches zu spreche», den er als das Zcntralprvblem bezeichnet. Er weist darauf hin, dass das Ziel wohl der Einheitsstaat sein werde, aber dieses sei nur schrittweise zu erreichen. Nach einigen Auslassungen über die Konflikte des Reiches mit Prcusscn wendet sich der Redner gegen die Be strebungen, die Splitterparteien mit Gesetzen zn be kämpfen. Bezüglich des Luthcrfilmö mahnt Herr v Kardorfs zur Toleranz: der Film sei an sich einwandfrei. Weiterhin sei er gegen die Wiedereinführung von Titeln und Orden, weil wir heute ein reiner Partcistaat seien. Wir brauchten eine starke Reichsgcwalt, die ans allen Gebieten führend sein müsse. Abg. Koch-Weser lDem.t begrünt die Ausführungen des Ministers zum Einheitsstaat. Die Neigung des Ministers zu tatkräftigem Handeln sei aber anscheinend noch nicht stark genug entwickelt. Der Redner fragt, ob der Minister die Auslegung des Artikels 18 der RcichSversassting durch das Driands Bemühungen um Spanien. Madrid soll die Nücktrittsanmeldung zurückziehcn. Paris. 7. März. Der Sonderberichterstatter des „Petit Parisicn" in Gens will erfahren haben, das? Briand im Namen des Vülkerbundsrates die spanische Regie rung, die nach den Statuten des Völkerbundes im Monat September endgültig aus dem Völkerbund ansscheiden müsste, ersuchen werde, ihre R ü ck t r i t t s a n m c l d n n g zurück- z »ziehe». Es wäre bedauerlich, so werde er erklären, wenn sie auch jetzt noch, nachdem die Verhandlungen über das Tangerstatnt zum Abschluß gekommen seien, ans ihrem Standpunkt beharren wollte. kW. T. B.) Deulschlands Sklavenleislungen. Die Transfers im laufenden Dawes-Iahr bis Ende Februar. Berlin. 7. März. Das Büro des ReparationSgcneral- agentcn veröffentlicht eine Ncbcrsicht über die verfügbaren Gelder und vorgenvmmencn Transfers im vierten Annnitäts- jahrc bis zum 2!>. Februar 1928. An verfügbaren Geldern sind vorhanden 903,8 Millionen Reichsmark. Transfers wurden vvrgenomnien in ausländischer Währung 373 jim Monat Februar 97,9> Millionen Reichsmark, in Reichsmark lSachlicferniigen. BesatzungStruppen. Interalliierte Kom- nitssionens 191,9 jim Monat Februar 62,73 Millionen. Ins gesamt also wurden transferiert 777,.192 Millionen Reichs mark. davon im Februar 139,.'»7,2 Millionen Reichsmark. Von den an die Mächte transferierten Summen hat den Löwenanteil mit 399 8 Millionen Reichsmark Frankreich er halten: dann folgen England mit 151,1, Italien mit .52,1, Belgien mit 51,7 Millionen Reichsmark und die anderen Staaten mit kleineren Summen. Reichsgericht im Falle Elas? billige, und wie cs mit der seinerzeit vom Minister Külz geforderten Verwaltnngs- akadcmic stehe. Zweifelhaft sei es, ob ans eine Gesetzgebung gegen die Splitterparteien zn verzichten sei. Die Zulassung von Titeln und Orden für auswärtige Diplomaten sei viel leicht zu erwägen. Abg. Pros. v. Schreiber lZ.s fordert Förderung des Bc- amtenauStanschcs. Die Verwaltiingsakadcmicn im Lande müsste» mehr gestärkt werden. Der W a h l s i l m, dessen Kosten znm Teil auf das Kapitel der Zentralstelle für Heimat dienst fallen, sei ausserordentlich kitschig. Der Abbau der AuSwandcrnngskvmmissare in Argentinien. Brasilien und Südafrika sei töricht gewesen. Abg. Behrendt sTnat.s empfiehlt Beschleunigung der Arbeiten zur Schaffung eines ReichsvcrwaltuugSgcsctzes und Verabschiedung des Ingendschutzgesetzes noch durch diesen Reichstag. Beim AuSwandcruiigswcscn müsse die Rücksicht auf das deutsche Volkstum im Vordergründe stehen. Deutsch land könne kein Interesse daran haben, wertvolle Kräfte zn verlieren. In der Wahlrechtsfragc wäre ein Vorgehen gegen die Splitterparteien wünschenswert. Der Einheitsstaat könne nur kommen, wenn das ganze Volk ihn wolle. Selbstverständlich könne nicht eine Vcrfassungsrcform mit Hilfe des Artikels 18 gemacht werden. Ein schlimmes Kapitel sei der in Verbindung mit der schwarz-rot-goldenen Fahne ständig anSgeübtc G c s i n » n n g s t e r r o r. Es müsse auch endlich Schuf? vor den kommunistischen Ucbersälle» ans de» Stahlhelm und andere vaterländische Verbände geschaffen werden. Die Bekämpfung der Werbungen für die Frem denlegion müsse grundsätzlich und planmässlg In die Hand genommen werden. Der Redner tritt den PcnsivnSkürznngS- wiinschen entgegen und erklärt, die Dcutschiiativnaleii hätten kein Interesse an der Debatte über die Orden. Abg. Pcstold lWirtsch. Vgg.) bedauert, dass der Entwurf zum Schutze der Jugend nicht mehr Gesetz geworden sei. Für die hygienische und sonstige Förderung der Jugend müssten grössere Mittel verwandt werden. NcichSmittcl seien auch erforderlich zur Behebung der Junglchrernot. Das Reich s- ch re n mal müsse im Zentrum des Vaterlandes errichtet werden, damit cs allen Reichsangehürigen erreichbar sei. — Weiterbcratung Donnerstag. Die Phöbus-Vesprechung beim Kanzler. Die Regierungsparteien beim Reichskanzler. <D r a k, l m e I d >i n g unsrer Berliner S ch r l f t k e i t n n gF Berlin, 7. März. Um lL Uhr mittags fand in der Reichs kanzlei die anarkündigtc Besprechung des von seiner Krank heit leidlich wieder genesenen Reichskanzler Marx mit den Vertretern der Regierungsparteien über die Phöbnoangclegen- hcit statt. Von dentschnationaler Seite nahm an dieser Be sprechung vertretungsweise der Abg. Schulz, Bromberg, teil, ttcbcr die Ergebnisse dieser Besprechung hüllen sich sämtliche Teilnehmer in strengstes Stillschweigen. Um 7, Uhr nach mittag» wird Dr. Marx die Oppositionsparteien empfangen. Bedenkliche Bestimmungen im Enkwurs zum neuen Sirasgesehbuch. Bon Obcrhecrcsanwalt Frey, Dresden. Während der unruhigen Zeiten des Herbstes 1923 ist cs mehrfach vvrgekommcn. dass Vorstände örtlicher Polizei behörden zur Verstärkung der Zahl ihrer VvllziigSbcamten sich Zivilpersonen bedienten, denen sie einen „Ausweis" auSsielltcn. Diese Personen waren sonst an nichts Acussercm kenntlich. Sie nahmen selbständig polizeiliche Funktionen, zinn Beispiel bei Verkchrsüberwachung und -sichernng, wahr. Dabei war die Beobachtung zu machen, dass zu diesem Dienst offenbar nur politische Gesinnungsgenossen des Polizcivor- standcs geeignet waren, und das? das Vorgehen solcher HilsS- polizisten sich in der Regel nur gegen politisch Andersgesinnte richtete. Kamen derartige Massnahme» znr Kenntnis der Vor gesetzten Dienstbehörden, so mussten diese daraus Hinweisen, dass solche Massnahmen in den gesetzlichen Bestimmungen ohne Grundlagen und unzulässig waren. Nach der Bestim mung im fetzigen Strafgesetzbuch 8 113 ist es nickt zu recht fertigen. das? beliebige Zivilpersonen von der Behörde all gemein zur Vornahme selbständiger polizeilicher Handlungen lierangezogcn und legitimiert werden. Der Wortlaut der in Frage kommende» Bestimmungen sagt, dass Wtberstandshand- liingen ausser gegen die ordentlichen Beamten auch strafbar sind, wenn sie gegen Personen begangen werden, „welche zur Unterstützung des Beamten zngezogcn waren". Es genießen also nur die Personen einen Schutz gegen widerrechtliche An- grisse, deren Tätigkeit ans Grund ihrer Hinzuziehung den Eharaktcr der Unterstützung des tätig werdenden ordentlichen Beamten hat. Dabei ist cs gleichgültig, ob der Beamte oder die Behörde die Person hinzngezvgcn hat und ob cS vor und während der Amtshandlung des Beamten geschehen ist. Ab gelehnt wird voi? Wissenschaft und Rechtsprechung un bedingt die selbständige Wahrnehmung von polizeilichen Funktionen solcher hinzngczogcncn Personen. Der willkür lichen Ausdehnung der Vvllzngsgcmalt der Polizeibehörde wird dadurch eine sicher nicht enge Grenze gesetzt, die aber Mißbräuchen, wie sic in unruhigen Zeiten vst genug Vor kommen, den Mantel der Gesetzlichkeit nimmt. Anders der Entwurf znm Strafgesetzbuch. Danach sollen den Schutz gegen rechtswidrige Angriffe nicht nur Personen genießen, „die zur Unterstützung bei einer Amts handlung ziigczvgcn werden", was dem bisherigen Zustand entspricht, sondern auch Personell, die von der zuständigen Behörde znr Ausrcchtcrhaltung der össcntlichcn Ordnung oder Sicherheit hcrangczogcn werden. Wenn die amtliche Be gründung zn diesem Paragraph llölls weiter nichts sagt, als dass die Vorschrift „dem geltenden Recht" entspräche, so muss dem energisch widersprochen werden. ES leuchtet ein, dass gerade die letztere Bestimmung die bisherige Grenzmauer eln- rcisst und dafür das freie Ermessen der Polizeibehörde setzt, die cö für nötig hält, „znr Ausrcchtcrhaltnng der össcntlichen Ordnung und Sicherheit" beliebig viele Personen beliebiger Art ans unbestimmte Zeit hcranzuzichcn, die dann natürlich ans Grund dieser Heranziehung selbständig sichcrhcitSpvlizei- lichc Handlungen vornehmen können. Diese Vorschrift muss die schwersten Bedenken erwecken. Man stelle sich vor, das? aus Grund dieser Bestimmung in einer Stadk. z. B. bei Wahlen, von dem linksradikalen Vor stand der Polizeibehörde jede Versammlung Andersgesinnter verhindert werden kann, wenn er in der vv» ihm ohne weiteres als richtig anerkannten Meinung, eine solche Ver sammlung gefährde Ordnung und Sicherheit, die Roten Frontkämpfer des Ortes hcranzicht. Ebenso kann von einer Polizeibehörde jede ihr nicht genehme Strasscnbcmonstratiou» jeder noch so harmlose Auszug durch Heranziehung ent sprechender Personen unterdrückt werden. Den alten Staat schalt man einen Pvlizcistaat. Durch diese neue Vorschrift wird die Polizeigcwalt in gefährlicher Weise erweitert. Die Polizei soll die unparteiische Hüterin der össcntlichen Ordnung sein. Der Staat sollte daher nicht Gesetze schassen, die die Möglichkeit geben, ein gegenteiliges Verhalten noch mit dem Schein der Gesetzlichkeit zu umgeben. Der Entwurf hat die Festungshaft als besondere Strasart beseitigt und dafür bestimmt 72s, dass unter be sonderen Voraussetzungen für Zuchthaus oder Gefängnis E t n sch l i e b n ii g treten kann. Die VerbüßuugSart dieser Ersavstrase ist Im StrasvollzugSgcsctzcntwurf näher geregelt und entspricht im allgemeinen der jetzt nur bei besonderen Delikte» zulässige» Festungshaft ieiwtoclia tionostas. In Zukunft sott also ganz allgemein und auch bei zuchthaus- würdigen Verbrechen die Möglichkeit bestehen, aus Ein- schllcssiing zu erkennen, und zwar, „wenn der Täter ans. schliesslich ans achtenswerten Beweggründen gehandelt hat lind die Tat nicht schon wegen der Art »nd Weise ihrer Aus führung oder wegen der vom Täter verschuldeten Fvlgen be sonders verwerflich ist". Die Fassung dieser GesctzeSstcllc hat den bcrnscncn Instanzen viel Kvpfzcrbrcchcii verursacht. Auch der jetzige Wvrtlant erweckt Bedenke», und zwar ergeben sie Ae Berwaltungsrcsorm vor dem Haudtausschuß.