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Dresdner Journal : 30.11.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-11-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188211304
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18821130
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18821130
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1882
-
Monat
1882-11
- Tag 1882-11-30
-
Monat
1882-11
-
Jahr
1882
- Titel
- Dresdner Journal : 30.11.1882
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M278. Donnerstag, den 30. November. 1882. Xdvan,mb»1»pr«li r ^ttdrtivli: ... . 18 Llurlc. ^jtUttliob: 4 Uiuk 80 kk. L»a«ali>« Kuroworn: 10kk. I Lo-i-rk-id äs« äsutieken t N«iet»e» tritt ?o»t- »oct 8t«wpsl»u»t:lü»^ tÜQru. l»»vr»1e»prvl»vr ^ür k»iuu »iovr ^«»p»It«vso ?stitrsil» 20 kt. Vvtsr „Liux«»»o6t" 6is 2eil« SO ?f. 8« iLd«!!«!»- uvcl 2iN«rv»t»tr KO NnÄnel Journal. F>. Lra»<i»t«tt«r, vommi—ioaLr ä» vr«»6ii«r ^vurv»I»; K«»d«r» >«rlt» -Vt«» k»tp»tA >»»«> >-»»>»» Vr»»ke»r1 ».: //a-u-n-te-n <- ^OA/«r, I*rUL-Vt»» L»wd«r,. rr»U-l^tp»t» ». ». NL»«K«»: Akü-««,' IrrltL! /»>vai«ci«»<1ant, vr»w«: L,8eUotte, : L Ltan-rn » Lurra^ sLmit LaLat/»-, ». N. r L ^aeA«r>»ok« Luot>b»o(ilunb; VLrUt»: LtiUtrr; «»»»«-«: 6. §e/»»t«r«r, ?«rt» >«rU»-Vr»»tck»rt ». L.- >t»tt^»rt: Da«b« <0 6o , L»»d«rU: F«t. Ä«»—«, 8r»edvl»»n r I^IioN mit Xuivakm» äsr 8ovo- onä k«i»rt»b» Fvaoä» kür ü«o sc>I^socl«o 1»^. Berantwottliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. Saran»,«d«rr LSnisl. ürprclitioo 6«, Vr»«äv«r ^onrnal», vr»»ä«o, 2Min,»r»tr»»»« Ho. 20 Hlachkestelkungen auf da- „Dresdner Journal" für den Monat December werden -um Preise von 3 M. ange nommen für Dresden bei der unterzeichneten Expedition (Zwingerstr. Nr. 20), für a»-»«r1- bei den betreffenden Postanstalten. itöniyl. Expedition des Dresdner Journals. Ämtlicher Theil. Dresden, 27. November. Se. Majestät der König haben dem Rechtsanwalt Hoirath vr. Gustav Hoff mann m Lnpj'g den Titel und Rang eines Ge heimen Hofraths zu verleihen Allergnädlgst geruht. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Kaufmann Eonrad Anton Elauß zu Hohenstein das Ritterkreuz I. Elosse vom Albrecht»- orden zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigft ge ruht, dem Kanzleisecretär Seyffert bei der Amt»- hauptmannschaft zu Zwickau daS Ritterkreuz II. Elaste vom ÄibrechtSorden zu verleihen. Se. Majestät der König haben dem Hüttenver- walter Isidor Tröger in Schönheide da- allgemeine Ehrenzeichen Allergnädigft zu verleihen qe»uht. WHtllUltlicher Theil. Telegraphische Nachrichte». Krankfurt a. M., Mittwoch, 29. November, LormittagS. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Der Main fällt langsam und gegen den höchsten Stand ist das Hochwasser um 92 zurückgegaugen. Die alte Brücke ist wegen bedenklicher Beschädigungen ab gesperrt; auch die neueste obere Brücke zeigt an dem achten diesseitigen Pfeiler einige Nisse. Der Bahndamm der LudwigSbahu unterhalb Bischofs heim, zwischen Frankfurt a. M. und Mainz, ist zwei Mal durchbrochen. Auch der Nheindamm zwischen Nackenheim und Bodenheim ist durch brochen. (Vql. umstehend die Rubrik „Vermischte-*.) Mainz, Mittwoch, 2S. November. (Trl. d. DreSdn. Journ.) Der Rhein steigt wieder. Pion- nierr gingen nach den um Hilfe vachsuchendrn Ort schaften Laubenheim, Bodenheim und Nackenheim ab. Bonn, Mittwoch, 29. November, Mittags. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Der Rhein ist seit gestern Abend um 20 ein gefallen, daS Wetter klärt sich auf. Aus rechtsrheinischen Dörfern gegenüber Bonn wurde gestern Abend dem hiesigen Landrath telegraphirt, daß 490 Wohnhäuser unter Wasser stehen und die Borräthe für Menschen und Vieh fast ganz vernichtet seien. Mitglieder deS Hilfs- comit^S begaben sich heute früh mit eine« Schraubendampfer dorthin und brachten Lebens mittel, Wein und wollene Decken in die Häuser. 'Köln a. Rh, Mittwoch, 29. November, Vor mittags. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Der höchste Waffrrstand war heute früh um 5 Uhr 952 Centi- mrter; seitdem ist er 1 Crntimeter gefallen. DaS Wetter ist ziemlich hell und kälter. Köln a. Rh., Mittwoch, 29. November, Mit tags. (Tei. d. Dresdn. Journ.) Beim Dorfe Niehl, eine Stunde unterhalb Köln, hat ein Dammbruch stattgrfunden; viele Ortschaften find dadurch in großer Noth. Auch in DuiSburg war ein Damm bruch. Düsseldorf, Mittwoch, 29. November. (Tcl d. Dresdn. Journ.) Der Rhein ist noch gestiegen; halb Düsseldorf ist unter Wasser, da auch die Düssel austrat. DaS Wasser steht in vielen Straßen 6 Fu- hoch. Die Roth ist groß; rin Neubau ist infolge der Unterspülung eingestürzt. Paris, Dienstag, 28. November» Abends. (W. T. B.) Ja der heutigen Sitzung der Vepu- tirteukammer hob bei der Berathuag des Marine- budgets der Mariueminister hervor, da- der Bau von Kriegsschiffen lebhaft betrieben werde, und gab einige technische Aufklärungen über die Pan zerschiffe. Gegenwärtig befinden sich, wie der Marineminister constatirt, 52 Schiffe im Bau, von denen 29 auf Privaiwerftrn gebaut werden. Da» langsame Fort- fchrelten der Arbeiten habe feinen Grund in den ver schiedenen Modifikationen hinsichtlich der Eonstruction der Geschütze. Der Minister theilte mit, er erwarte noch den Bericht der Eommifsion zur Berathung von Berbesserungen im Marinedienste. Den Vorwurf, daß er gegen die Einführung von Reformen fei, müsse er zurückweisen. Mehrere Eapitel de» Marinebudget» wurden angenommen. Brüssel, Dteustag, 28. November, Abends. (W T. B) Die Repräsentantenkammer hat heute den Gesetzentwurf, nach welchem Prr-proceffr au die Schwurgerichte verwiesen werden sollen, mit 56 gegen 26 Stimmen abgelehnt. London, Dienstag, 28. November, Abends. (W T. B) In der heutigen Sitzang des Unter- Hauses erfolgte zunächst die Beantwortung von Interpellationen. Der Premier Gladstone erwiderte auf die Inter pellation Stanley'» wegen der Kosten für den ägyp- tischen Feldzug, außer dem bereit» bewilligten Krieg»- credile würden die KriegSkosteu bi» zum 1. Oktober für die Armee und die Flotte voraussichtlich 1060000 Pfd. Sterl, betragen, so daß England bi» zum I.October im Ganzen 3 360000 Pfd. Sterl, zu tragen habe. Die wirklichen Kosten für da» indische Eontmgent be trügen nur l 140000 Pfd. Sterl., während der Vor anschlag dieselben auf 1880000 Pfd. Sterl, bezifferte. Die Kosten vom 1. Oktober ab würden voraussichtlich ganz oder wenigsten» fast ganz von Aegypten getragen werden. — Der Sekretär de» Schatzamtes, Eourtney, entgegnete Lawrence, Deutschland habe bi»her keine Offerte gemacht, einen Theil der Manuskripte Hamil- ton'L wieder zu verkaufen. — Der UnterstaatSsecreiär de» Auswärtigen. S»r LharleS Dtlke, antwortete Jakob Bright, die Regierung wünsche sehr die vollständige Frei heit der Schifffahrt und de» Handels auf allen großen Flüssen Afrika». Die Frage würde gegenwärtig auf da» Sorgfältigste erwogen. Gibson erbittet und erhält die Erlaubniß, die Lertaguug de» Hauses zu beantragen, um darauf killzuweisen, daß dir Anstellung von gerichtlichen Taxatoren unter der irischen Laudacte eine Ver letzung der Landacte sei. Gibson tadelte die» Verfahren auf do» Heftigste. — Den Angriffen Gibson'S gegenüber bemerkte der Premier Gladstone, die Regierung habe dieGerichtS- toxatoren angestellt, weil die Landcommission der An sicht gewesen sei, daß die Entscheidung über die Ge suche dadurch werde beschleunigt werden und daß sich die BerufungSsälle vermindern würden. DaS sei in- deß nicht der Fall gewesen, die Regierung habe daher den Versuch aufgegeden und beschlossen, die Zahl der Hilfscommissare zu verdoppeln; sie hoffe dadurch die schleunigste Erledigung der Gesuche herdeizuführen. Der Antrag Gibson s wurde nach 5^stündiger Debatte ohne Abstimmung abgelehnt, hierauf aber die Berathung brr Geschäftsordnung fortgesetzt. Dublin, DienStag, 28. November, Abends. (W. T. B) Der Bicekönig hat eine Proklama tion erlassen, welche für Stadt and Grafschaft Dublin den Artikel deS Gesetzes über die Unter drückung von verbrechen la Kraft setzt, wonach die Poltzeiagkiilen befugt find, alle Personen z» verhafte», die der Ausübung ungesetzlicher Hautz- lauge» »erdächt'g find und zwischen Sonnenunter gang und Sonnenaufgang auf den öffentlichen Straßen «»getroffen werden. Für die Entdeckung der Mörder Field s ist von den Behörden eine Belohnung von 5000 Pfd. Sterl, ansgesetzt wvrden. Bukarest, Dienstag, 28. November, Abeuds. (W. L. B ) Die Kammern nahmen heute die Wahl ihrer Bureanx für die Dauer der gewöhn lichen Session vor. Der Senat wählte mit 38 gegen 1 Stimme Ghika wieder »nm Präsidenten. Die Kammer verificirte die Wahl Rosetti's, der mit 62 Stimmen wieder zum Präsidenten gewählt wurde. Bei der Wahl waren 14 weiße Stimm zettel abgegeben worden. Sofia» Dienstag, 28. November. (Tel. d. Polit. Lorr.) Aus Anlaß der vorgestern erfolgten Ankunft Zankow's in Rustschvk (vgl. die „Tages geschichte* unter Bukarest) kam es zu Straßen- tumulteu, infolge deren der Präfect di« Verhaf tung Zankow's verfügte. Der Minister des Ja- veru, General Sobolew, verfügte die Freilassung Zankow'» und erthrilte dem Präfekten für die Willkür ftiurs Vorgehens eine Rüge. Konstantinopel» Mittwoch, 29. November. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Der Marschall Fuad Pascha, der Adjutant des Sultans, Mehemrd Pascha, so dann der General der kaiserl. Gardedragonrr, der Oberst desselben Eorps und der Mufti von Tasch- lidscha find in der letzten Woche unter der An schuldigung einer Verschwörung verhaftet worden. Dresden» 29. November. Die Unruhen an den russischen Univer sitäten verdienen eine nähere, orientirende Beleuch tung. Beginnen wir zunächst mit dem Thatsächlichen. Nachdem die zu Anfang diese» Monat» statlgehabte Eröffnung de» Poljakow'fchen Studentenhospize» zu St. Petersburg von der dortigen akademischen Jugend mtt einem Proteste beantwortet worden war, der eine gewisse Gährung hinterließ, gab da» Eintreffen von Briefen über dw Kasaner Vorgänge am 22. d. Mi», zu einer turbulenten Studentenversammlunq den Bor wand, gegen welche schließlich durch die Intervention von Pollzeimannschaften eingeschrltten werden mußte; von 280 in Verhaft genommenen Studirendeu sind 180 wieder auf freien Fuß gesetzt, l4 an ihre Leitern zurückgesendet, die übrigen in Hast behalten worden. Ueber die, dieser am 22. d. in Kasan stattgehabten Studentenversammlung vorausgegangenen Ereignisse bringt der amtliche „Regierungs-Anzeiger* folgenden Bericht: Während am 21. November die Sitzung de» UniversitätSconseil» in der Angelegenheit, betreffend den Studenten Woronzow, stattsand, versammelten sich in den Borräumen des Universität-gebäude- 60 di» 70 Studenten und sprachen über die Woronzow'jche Angelegenheit. Einige Studenten erklärten dem Pro rektor ihren Wunsch, der Sitzung de» Universität»- gerichtS m der Angelegenheit Woronzow beizuwohnen. Unruhen fanden bei dieser Gelegenheit nicht Statt. Nur ein früherer Student wurde verhaftet, weil er auf die Aufforderung de» Prorektor», die Universität zu verlassen, in sehr schroffer Weife antwortete. Am andern Tage, am 22. d., versammelte sich eine große Schaar von Studenten, etwa 500 bi» 600 Mann, brach die aus dem Eorridor in den ActuSfaal führende Thür auf, drang in den Saal ein und hielt eine stürmische Berathung ab Weder die Ermahnungen de» Prorektor», noch de» Rector», Prof. Bulitsch, und de» Lurator», der ver- fönlich im Saale, in dem die Unrvhen staufanden, erschien, brachten die gewünschte Wirkung hervor und machten der Unruhe ein Ende, sondern hatten nur zur Folge, daß einige Studenten sich entfernten. Während der Unruhen hielten zwei Studenten sehr scharfe Reden, in denen sie für Woronzow eintraten »nd Anklagen gegen den Prof. Firssow erhoben. Darauf erlaubte sich ein früherer Student der Mo»kauer Uni versität, der exmatriculirt worden war, in frechen Worten verschiedene Au»drücke über den Lurator, Rector und die Professoren. Die im Gaal verblie benen Studenten überreichten dem Prof. Bulitsch eine Petition, die übrigen» keine Unterschriften trug und ia der u. A. gefordert wird: die sofortige Entfernung de» Prof. Firssow vom Amte eine» Rector», die Wieder aufnahme Woronzow'» in die Zahl der Etudrrenden, die Zuerkennung de» Recht» an die Studenten oder deren Vertreter, Stipendien zu verthrilen u. s. w. Darauf zerstreuten sich die Studenten, nachdem sie vorher befchlossen hatten, sich am andern Tage um 11 Uhr wieder zu versammeln, um die Woronzow'jche Angelegenheit zu Ende zu bringen und über di« Handlungsweise der Studenten abzuurtheilen, welche die Ordnung aufrecht zu erhalten wünschten. An dem selben Tage, d. h. am 22. November, um 6 Uhr Abend», fand unter dem Präsidium de» Lurator» eine Sitzung de» Lonseil» Statt. Während dieser Sitzung näherte sich einige Mal eine Schaar Studenten der Universität, wagte aber nicht beim Anblick der herbeigerufe nen Polizei in dieUniversitätSräume einzudrinaen. Nur die Führer sticßen die Drohung au»: „Heute sind wir in geringerer Anzahl. Morgen werden wir un» aber versammeln und die Polizei vertreiben!* In dem Wunsche, die Ursachen der Unruhen vollkommen zu untersuchen und die HaupträdelSsührer zu eruiren, be schloß der UniversitätSconseil: 1) zeitweilig die Vor lesungen zu unterbrechen, den Studenten und Zuhörern d«» Betreten der Universität»gebäude zu »erbieten u»d den Gouverneur zu bitten, unverzüglich Maßregeln zur Ueberwachung aller Eingänge der Universität zu er greifen und den Studenten und Zuhörern da» Be treten der Universität nicht zu gestatten, und 2) eine au» 5 Mitgliedern bestehende Lommisston zur Unter suchung der Unruhen ewzusetzen. Während der Nacht wurde die Universität von der Polizei bewacht. Am frühen Morgen jedoch besetzten Truppen alle Eingänge de» UnlvrrsitätSgebäude». Zugleich wurde durch An schläge bekannt gemacht, daß die Borlesunz zeitweilig unterbrochen sind. Der vorstehende Bericht de» amtlichen O gan» stellt die Vorgänge in Kasan in einem mildern Lichte dar und läßt beispielsweise unerwähnt, daß bei diese« Unruhen auch der Verlust von 3 Menschenleben zu beklagen war. Bei der Räumung eine» Saale» im Univei sität»gebäude wurden nämlich 3 Studenten erschos sen. Ein Offizier eommandirte seine Mannschaft in deu Saal, um die Studenten zu entfernen. Die v»rderste Reihe trat in den Saal und ging mit gefälltem Bayonnrt auf die Studenten zu. Al» dies« aber, selbst al» die Bayonnete fast ihre Brust berührten, keine Miene machten, zurückzuweichen, rief der Offizier die Soldaten zurück und wendete sich, seine Uhr au» der Tasche ziehend, mit folgenden Worten an die Studenten: „Meine Herren! Ich gebe Ihnen 5 Minuten Zeit, sich zu zerstreuen; lhun Sie die» bi» dahin nicht, so lasse ich schießen.* Die Studenten antworteten mit Schmähungen. Der Oifizier v«ilor die Geduld und commandirte: „Vorderste Reihe Feuer!* 3 Schüsse knallten, 3 Studenten fielen zu Tode get> offen zu Boden. Die anderen ergaben sich. So belichtet ein Korrespondent der Wiener „Presse* au» St. Peter»- burg. Zweifello» war der Offizier den Aufrührern gegenüber m seinem Rechte, allein, wenn e» auf Feuilleton. Nedigiri von SOttv Baue«. K. Hoftheater. — Altstadt. — Am 28. Novem ber: „Sein ZwillingSbruder*, Lustspiel in 5 Acten von Wilhelm Jordan. (Zum ersten Male.) Von einem gehaltvollen und hochgebildeten Autor, wie e» Wilhelm Jordan ist, der außerdem bereit» dem hiesigen Repertoire ein sehr hübsche» NeineS Lustspiel „Durch's Ohr* gegeben hat, mußte da» Publicum mit richtiger Beachtung auigezeichneler literarischer Eigen schaften mit Recyt etwa» Nichtgewöhnliche» erwarten. Diefe Hoffnung ist denn auch erfüllt worden, freilich aber in einer sehr eigeuthümlichen, für dir Bühnen- interessen nicht fruchtbringenden Weise. Der Genuß der zahlreichen und sehr freundlich gesinnten Zu schauer wurde dabei herabgestlmmt, nicht so deren all gemeine Wertschätzung von der Berstande»schärfe und dem säubern technischen Fleiß de» Verfasser». Jordan hat eine sehr feine, emsig durchdachte Ar beit geliefert. Doch diese hier noihweudige Bezeichnung hat für ein Drama, wenn sie dessen Hauptbezeichnung fein muß, eine äußerst bedenkliche Bedeutung. Sie erinnert jed.n Kenner an da» bekannte Lob: „eine feine, finnige Musik*. Gewöhnlich verhüllt sich dahinter eine technisch respeciable Leistung, in welcher Melodien- armmh und Mangel an tiefem Gefühl Und frischer SchöpfungSkrast durch weise Diät und gute Oekonomie den Schein der Lebensfähigkeit erhalten. Auch ein „fein gemalter* FreLcobild ruft al» solche» einen ungenügenden Eindiuck hervo--, mag e» immerhin die Geschicklichkeit te» Pinsel» beweisen. Ein Drama kann alle möglichen literarischen Bor- trefflichkeiten, niedliche Nippsachen und Häkelarbeiten de» elegantesten Denkraffinement» enthalten; doch ge holfen wird ihm dadurch keineswegs, wenn e» nicht zugleich echt dramatisch ist. Die Personen können noch so gewandte, laute und lange Reden halten, wenn sie selbst un» nicht interesstren, hören wir ihr Wort nur mit halbem Ohr; wenn ihre Sprache nicht au» dem individuellen Lyarokter hrrvorgeht, ja wenn sie über haupt keine Lharaktere, sondern nur nach dem Recept der vorher au-gedachten Action Schablonenfiguren ohne persönliche» Innenleben sind, so sprechen sie nicht wie em Mensch, sondern wie ein Buch und da- hat ein für alle Mal keine Stelle auf dem Theater. Jordan sucht allerding- in seinem Stück durch dessen Beispiel einer andern Ansicht Geltung zu ver schaffen, doch mit dem Ueberzeug-n ist'- eine besondere Sache. Bon etwa» überzeugen kann un- niemal« ein Anderer, überzeugen können wir un- immer nur selbst. E- ist lediglich eine Action de- eigenen Geiste-; man kann dieselbe von anderer Seite zu ermitteln versuchen, doch diele Bermittelung gewinnt erst ein Resultat, wenn sie unseren Geist zur subjektiven Bewei-thät gkeit anregt. Wir müssen un- dann selbst die Motive unterbreiten und zu Schlußfolgerungen voiwärt-gehen, denn e- kann ebensowenig ein Anderer für un» drnken, wie er für uns Alhem holen, essen und trin ken kann. Denkt und athmet doch schon der Verfasser für die Personen seine-Stück -, die da- freilich nöihig haben, da sie eben nur zu sehr literarisch vornehm aufgeputzte Marionetten höheren Stil« sind. Da» Stück, da» in die Zeit Bertrand de Born'» verlegt ist und in der Haltung feine» literarischen Ton» an romantisch symbolische Eomödien de» alt- spanischen Theater», und seiner psychologischen Absicht nach an Motive in „Donna Diana* erinnert, mag in feinem Inhalt hier nur angedeutet sein. Alfon», ein Ritter und zugleich ein katalanischer beau-Garyon, der au» politischen Rücksichten für die stolze uud spröde Bianca, Gras Rens's Tochter, bestimmt ist, be schließt durch List deren Liede zu gew'nnen. Er ent stellt sein Aeußere» zu rauher Schönheit durch die Kunst seine» Kammerdiener» und Friseur», sein Wesen zur Verwegenheit durch da» Derbe seiner stolzen, har ten, satirischen Sprache. So verletzt und reizt er, ohne zu gefallen. Nun w rd seme Jntrigue immer superfeiner. Nachdem er mit Hilfe vom Kammermädchen der Bianca da» Räthsel errathen hat, welche» Letztere ihren Freiern aufzugeben pflegt, benutzt er da» Gerücht, er habe einen Zwillmg»bruder gehabt und läßt Bianca vermuthen, dieser sei der berühmte Bertram de Bvrn. Nach Verabredung mit Bianca'» Bater, der ebenso wie Katharina'- Bater die „Widerspenstige* gern gezähmt sehen möchte, erscheint er in seiner un- entstellten ursprünglichen Gestalt al» der Troubadour Bertram und gewinnt da» Herz der Schönen, die nach und nach die Wahrheit entdeckt. Erwähnt muh noch werden, daß diese dereinst sein Knabenportrait sah. und die Entwicklung diese» Gesichte» zum Manne bi» dato ihre Träume erfüllt hat. Nun besitzt sie da»Oiiginal. Die kleinen Episoden von Nebenpersonen verdienen keine Erwähnung, da diese sich eben so wenig, wie da» Hauptpaar unsere Sympathie verdienen. Herz und Gefühl treten niemal» voll und warm hervor, auch nirmal» echte Leidenschaft, nur die Leidenschaftlichkeit eine» Aufflackern» von Affecten; denn im ganzen Stücke ist die sogenannte Liebe, um die r» sich handelt, auf ein flach,» äußerliche» Gefallen, auf eine roman- tische Träumerei, auf den selbstgefälligen Ehrgeiz eine» sieggewohnten Manne», auf vorgefaßte Ideen und deren Verwirklichung gestellt. Weder zwischen Alfon» uud Bianca, noch zwischen seinem Diener und ihrer Dienerin enthüllt sich irgend etwa» von jener magi schen, die Seele öffnenden Gewalt, die man mit dem Begriff wahre Liede oder auch nur glühende sinnliche Leidenschaft bezeichnen könnte. E» ist eben durch und durch eine müßige Spielerei mit künstlich geplanten Erregungen und deren coqueter Zuspitzung. Dar Stück ist in seiner innern und äußern Action schon längst au», wenn e» im fünften Act noch lange Zeit weiter spielt und sich im Sand« verläuft. Jordan hat der Ausführung eine große Arbeit»- kraft zugewendet und hierin liegt da» Verdienst seine» Fleißer. Diesen, doch nicht da» Gelingen de» Resul tate», hat der Autor in seiner Gewalt. Da- Stück ist ia Versen und im Reim geschrieben, correct und oft überraschend brillant. Doch die Ver schränkung und Verzahnung der Gedanken, die Reim spielereien, die an Mirza Schaffy und seinen Erzeuger Badenstedt erinnern, dir zierlichen Spitzfindigkeiten und gekünstelten Abstraktionen machen oft sür die Darsteller den Dialog sehr schwierig. Eine leichte, durchsichtige, lebendige Sprache mit viel weniger langen Reden würde zur Genießbarkeit des Ganzen Manche» bei- getragen haben. In der Rede am tapfersten hielt sich dem Ver» gegenüber Frl. Link al» Bianca, die auch sonst ganz Vorzügliche» leistete.
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