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Wilsdruffer Tageblatt Nr. 94 — 93. Jahrgang Montaq, den 23. April 1934 Wilsdrufs Dresden Postscheck: Dresden 2640 Telegr.-Adr.: „Tageblatt" Zer Km-s m Sie Freiheit -er Bauern Furchtbares BWuM in SiWamen Na^ der ersten Verordnung ist es verbot e n, beim Verkauf von Texlilro hstosfen, Textilzwischcn- und Textilfertigerzeugnissen sowie den daraus herge stellten Waren im Jnlandverkehr einen yöheren Preis zu fordern oder sich oder einem anderen gewähren oder ver sprechen zu lassen, als ihn der Verkäufer in der Zeit vom 1. bis 21. März 1934 höchstens erzielt oder angekündigt hat. Der Höch st zulässige Preis darf für den Verkauf von Textilrohstoffen im Inland um den Betrag er höht werden, um den der Preis für solche Rohstoffe bei gleicher Art und Güte auf den ausländischen Märkten im Zeitpunkt des Angebots oder des Verkaufs höherist als am 21. März 1934. Bei der Versteigerung inländischer Schafwolle gilt als höchst zulässiger Preis der Preis, der vor dem 22. März 1934 zuletzt auf öffentlichen Wollversteigerungen erzielt worden ist. Die zweite Verordnung bestimmt, daß esverboten ist, beim Verkauf von Fel l e nund Häuten der Nummer 153 des deutschen Zolltarifs, von Zwischen- und Fertigerzeugnissen daraus sowie den aus ihnen hergestellten Waren im Jnlanosverkehr einen höheren Preis zu fordern, als ihn der Verkäufer in der Zeit vom 17. März bis 14. April 1934 erzielt oder öffent lich angekündigt hat. Der Höch st zulässige Preis darf für den Verkauf von Fellen und Häuten der Tarif nummer 153 und von Zwischenerzeugnissen daraus im Inland um den Betrag erhöht werden, um den der Preis für solche Rohstoffe bei gleicher Art und Güte auf den ausländischen Märkten im Zeitpunkt des Angebots oder des Verkauss höher ist als am 14. April 1934.^ Bei der Versteigerung inländischer Großviehhäute und Kalb-, Schaf- und Lammfelle der Tarifnummer 153 gilt als höchstzulässiger Preis der Preis, der vor dem 15. April 1934 zuletzt auf öffentlichen Häuteversteigerun gen erzielt worden ist. Wer den Verboten zuwiderhandelt, wird mit Ge fängnis und Geldstrafe, deren Höchstmaß un beschränkt ist, bestraft. Die Verordnungen treten sofort in Kraft. Der Reichswirtschastsminister bestimmt den Zeitpunkt, an dem sie außer Kraft treten. Schlagwetterexplosion verschüttet etwa 2üü Bergleute. Zahlreiche Dole geborgen. In Südslawien ereignete sich eine furchtbare Berg- werkskatastrophe. Im Kohlenbergwerk Senitze in der Nähe von Serajewo wurde durch eine unterirdische Kohlenstaubexplosion ein Teil des Bergwerks zum Einsturz gebracht. Zur Zeit des Unglücks waren etwa 200 Bergleute im Schacht. Sie wurden von den in sich zufammenbrechenden Grubenwänden teils ver schüttet, teils eingeschlossen. Die Rettungsarbeiten wurden sofort mit größter Energie ausgenommen. Bisher konnten 1L Grubenarbeiter, die zum Teil Gasvergiftun gen davongetrage« haben, gerettet werden. Tote dürften bis jetzt über 50, nach privaten Angabe» sogar schon etwa 80, aus dem Unglücksschacht geborgen sein. An Einzelheiten wird noch folgendes bekannt: Die Wirkung der Schlagwetterexplosion war grauenhaft. Auf viele hundert Meter Längs wurden die Stollen vollkommen zerstört. Die gewaltige De tonation war im ganzen Bergwerk und auch über Tage zu hören und brachte außerordentlich st arke Erschütterungen mit sich. Die Bergungs aktion wurde vor allem dadurch erschwert, daß große Strecken der vernichteten Stollen erst in mühsamer, zeit raubender Arbeit wieder freigelegt werden mußten. Herzzerreißende Szenen. Da es sich bei den Bergleuten meistens um Bauern söhne aus den umliegenden Dörfern handelt, eilten die Frauen und Mütter der Verunglückten zur Grube in unge heurer Erregung. Vor den Gebäuden der Direktion und in der Nähe der Fördertürme spielten sich herzzerreißende Szenen ab. Polizei mußte eingreifen, um Ruhe und Ordnung aufrechtzuerhalten und dieerbittertenundempör- ten Angehörigen zurückzuhalten, da immer wieder versucht wurde, mit Gewalt bis zu den Schachteingängen vorzndringen. Bei dem Revier Senitze handelt es sich um ein großes Kohlen- und Erzgrubenrevier, das schon in der Zeit der österreichisch-ungarischen Monarchie einen ausgedehnten Bergwerksbetrieb besaß. Die Gruben hatten an sich durchaus moderne Einrichtungen und waren mit allen neuzeitlichen technischen Sicherheitseinrichtungen verkeben. alle anderen Stände des Wilsdruffer Bezirks Anzeigenpreis: die 1 spaltige Millimeterzeile (46mm breit) 7Npfg., die 2spaltige Millimeterzeile Der amtlichen Bekannt-» Unter den Opfern befinden sich mehrere Familien^ Väter, die je elf Kinder hatten. Man hat wenig Hoffnung,^ die noch eingeschlossenen Bergleute zu bergen, da die Leichen, je näher die Rettungsmannschaften dem Explo- sionsherd kommen, immer stärker verstümmelt sind. Dio Rettungsarbeiten stoßen auf ungeheure Schwierigkeiten^ da die Stollen teilweise gänzlich verschüttet sind. Dis Rettungsmannschaften sind schon jetzt gänzlich erschöpft^ aber von einem beispiellosen Opfermut beseelt. Arbeiters die bewußtlos geborgen werden konnten, schließen sich deni Rettungsmannschaften an, sobald sie das Bewußtsein wiedererlangt haben. Die Rettungsmannschaften selbst befinden sich in großer Gefahr, da das Bergwerk mit Giftgasen gefüllt ist. Vor der Grubeneinfahrt fpielen sich herzzerreißende Szenen ab. Schwierigste llemngsarbeiten bei Gerajew». Man rechnet mit über 1^0 Toten. Aus Belgrad gehen weitere Meldungen über dw grauenhafte Bergwerkskatastrophe bei Gera jew o ein. Danach gelang es den Rettungsmannschaft" bisher, wie amtlich mitgeteilt wird, 47 Leichen aus den Stollen zu bergen. Von den 220 Bergleuten, die sich zur Zeit der Katastrophe unter Tage befanden, sollen sich etwa 100 Arbeiter gerettet haben, so daß man wohl noch mit weiteren 70 Todesopfern rechnen muß. Aus den amtlichen Feststellungen geht ferner hervor, daß das Unglück auf die E x p l o s i o n v o n M en t h a n- gas zurückzuführen ist, das in großer Menge aufgetreten war. Die Rettungsarbeiten, die mit allen Kräften fortgeführt werden, gestalten sich infolge des Ein st ürzens von Erbmasse« und Eindringens von Wasser s e h r f ch w i eri g. In dem eingestürzten Bergrevicr bot sich den Ret tungsmannschaften ein Bild grauenhafter Zerstörung. Die elektrischen Kabel und Telephonleitungen waren ge rissen, starke Stollenverschalungen, Mauerwerk uud eiserne Träger bildeten ein wirres Durchein ander. Einige Leichen, die man im Stolleneingang fand, waren durch die Wucht der Explosion verstümmelt. Da die Wetterschüchte zerstört sind und damit die Zn- führung von Sauerstoff unterbrochen ist, besteht kaum Hoffnung, einen der eingeschlossenen Berg leute nock lebend anzutrekien. Ser große Vauemausmarsch in München. Zchntauscnde von Teilnehmern. Der große Aufmarsch der bayerischen Bauern zum ersten Landes-Bauerntag in München hatte Zehn- tausende von Teilnehmern aus ganz Bayern und sogar aus L> st e r r e i ch aufzuweisen. Ganz München stand im Zeichen dieser machtvollen Kundgebung des geeinten bayerischen Bauerntums seit der Machtübernahme durch den Nationalsozialismus. Bereits am Sonnabend war der bayerische Landes- vauernrat zu einer feierlichen Sitzung zusammengctrcten und vom Reichsbaucrnführer auf den Führer Adolf Hitler und das deutsche Bauerntum ver eidigt worden. Am Sonntag fand dann die erste Sitzung des bayerischen Landesbauernthings statt, das alle bayerischen Bauernfttbrcr mit ihrem Reichsbauern- fubrer vereinigte. In Gegenwart des Ministerpräsidenten Liebert und des Neichsführers der SS., Himmler, gab der Landesobmann Deininger einen Überblick Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Ausdruck , IP ci; us Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Nückjendung^Lingejandter^Schriftffücke vormittags IO Uhr Für die Nichtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Vewnhr. Ieder^ erfolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. Rabattanspruch^crlijcht, wenn der Betrag durch Klage, eingezogen werden mutz oder dec ^Auftraggeber in Konkurs gerät,- Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, desEtädt--- rats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt machungen bei direkter Auftragserteilung 11 Npfg. ohne Nachlaß, die 1 spaltige Text-Millimeterzeile (9V mm breit) 20 Npig^ Nachweiiungs . Gebühr- 2Ü Rpsg. Vorgeschriebcnä Erscheinungslage u.Platz-i FevNsPkkchk k^AMt WjlsdkUsf Rv. 6 Vorschriften werden nach) Möglichkeit berücksichtig!. .-Anzeigen - Annahme bis! über die bisherigen Maßnahmen der Reichsregierung aus dem Gebiete der inneren Marktordnung im Zusammen hang mit einer zielbewußten Außenhandelspolitik. Heute gelte es, so sagte er, einzig und allein, alle Maßnahmen auf das Wohl des gesamten Volkes und vor allem auf die Zukunft der Nation abzustellen. Danach sprach Landesbauernführer Schubert. Zum Abschluß dieser ersten Sitzung des Landesbauernthings ergrisf auch der Reichsbauernführer das Wort zu kurzen Ausführungen. Den Höhepunkt des Tages bildete eine gewaltige Kundgebung der Bauern auf dem Königsplatz, der von Tausenden von Fahnen umrahmt war. Vor der Feld- herrnhalle brannte das ewige Feuer zum Gedächtnis der Gefallenen des Nationalsozialismus. Zehntausendc nahmen an der Kundgebung teil. Ministerpräsident Siebert sagte: Darrs sei der kampferprobte Wegbereiter der erfolgreichen national sozialistischen Bau'ernpolitik. Was Darrs in wenigen Monaten seiner Amtsführung geschaffen habe, stehe in der Geschichte des Nationalsozialismus einzig da. Durch die Maßnahmen der Regierung Hitler werde das gesamte deutsche Bauerntum befähigt, wieder Bluts quelle völkischer Erneuerung und Träger der biologischen Erbgesundheit des Volkes zu sein. So dann sprach Neichsbauernführer Darrs über den Kamps um die Freiheit des Bauern. Verhinderung von Preissteigerungen. Auf dem Textilgcbiet und auf dem Gebiet der Lederwirtschaft. Im Reichsgesetzblatt Nr. 43 vom 21. April 1934 werden zwei Verordnungen zur Verhinderung von Preis st eigerungen aui dem Textilgebiet und auf dem Gebiet der Lederwirtschaft veröfsentlicht. ier Darrssprichtin Mönchen. Auf dem ersten Landesbauerntag in Mün chen sprach Reichsbaucrnführer Darrs. Er ging in feiner Rede aus von der hoffnungslosen -Verstrickung des deutschen Bauerntums mit dem libera- ustisch-kapitalistischen System zur Zeit der Machtüber nahme durch den Nationalsozialismus. Damals seien der < öden und die Arbeit Handelsware gewesen. Der Nationalsozialismus habe alles daran setzen Bussen, den Bauern aus dieser Verstrickung herauszulösen. Die unerschütterliche Grundlage unserer neuen Wirt- Ichaftsgestaltung sxj Retchserbhofgesetz. In dem Verhältnis des Menschen zum Boden liege "er Angelpunkt der weltwirtschaftlichen Gestaltung über haupt. So zögen sich die Angriffe aller heim lichen Gegner des Nationalsozialismus immer ent- stheidender auf das Reichserbhofgesetz zusammen, um von hier aus manches andere zu Fall zu bringen. Die Gegner des Erbhofgcsetzes sagten, es führe zum Emlindersystcm und zur Kreditsperre für den Bauern. . Dabei übersehe man, daß der heute schon be stehende und künftig noch mehr auftretende Mangel "^Landarbeitern den Bauern einfach zwinge, sich -/".-große Familie zu schaffen. Kinder würden ihn wirklich einSegen sein, da sie auch Arbeits - bedeuteten. Für einen Liberalisten fei es das schrecklichste, n i ch 1 m e h r k r e d i t f ä h i g zu sein, wäh- rend es für den Bauern nichts Schlimmeres gäbe, °ls Geld auf seinen Hof aufnehmen zu müssen. Eine Neugestaltung des landwirtschaftlichen K red it- Mesens vorzunehmcn, wobei die Entschuldung der Erbhöfe im Mittelpunkt stehe, stehe uns noch als Ausgabe bevor. Der Bauer habe auch kein anderes Ziel, als endlich zu eine: SenkungderAinsenzu kommen. Er mache sich damit zum Träger des Gedankens auf Brechung der Zinsknechtschaft. So wie das Reichserbhofgesetz den Bauern und den Hof der liberalistischcn Verstrickung entrissen habe, so Abe das Reichsnährstandgefetz dieErzeugniffedes Bodens und der Bauernarbeit der kapitalisti schen Marklverflechtung entzogen. Zunächst sei der Preis für das Brotgetreide fcstgelegi worden, ohne den Verbraucher nennenswert zu belasten. Dem Bauern sei dabei ein gerechter Preis gewähr leistet. Damit fei aber erst das Gröbste geregelt. Man stehe erst am Beginn einer umfassenden Ordnung der Ge treidewirtschaft. Weiter hätten wir vorerst eine feste Marktord nung in Angriff genommen bei Milch, Butter, Käse, Eiern, Ölen, Fetten, Gemüse Obst-, Pflanzen- und Saat gut, Reis, bei Fischen und Pieherzeugnissen, besonders bei Wolle. Die notwendige Einschränkung der Rohstoff- einfuhr habe plötzlich wieder die Frage aufgeworfen, inwieweit die Landwirtschaft unseren Rohstoffbedarf decken könne. Gerade heute, wo die Devifennot uns zwinge, eine Einschränkung unserer Einfuhr vorzunehmen, seien wir Bauern in der Lage und auch bereit, erneute und zusätzliche Einfuhren von ausländischen Lebensmitteln und gewissen Rohstoffen auf uns zu nehmen, damit nach dem Grundsatz der Gegen seitigkeit natürlich auch die Ausfuhr deutscher Erzeugnisse erhöht werde. Dies könnten wir ohne Änderung unseres Stand punktes, da wir in unserem Hause Ordnung geschaffen hätten. So sei derBauer heute derjenige, der den fried lichen Warenaustausch der Völker untereinander fördere, während die Geldleute und Händler am Ende ihres Lateins seien.