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Wochenblatt für für die König!. Amtshauptmannschaft zu Meißen^ das Königs Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. Dreiundvierzigste* Erscheint wöchentlich 2 Mal Dienstag und Freitag.) Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer k»stet-10 Pj. Jnseratenannahme Montags u. Donnerstags bi« Mittag 12 Uhr. Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag.) Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mark Eine einzelne Nummer — für kostet_10 Pf. IVilÄruA,. THkMUdt, MM Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden. 1883. Dienstag, den 3. April Rr. 27. Konkursverfahren. Das Konkursverfahren über den überschuldeten Nachlaß des Schneidermeisters und Hausbesitzers Johann Gottlob Grau in Her« zoaswalde wird nach erfolgter Abhaltung des Schlußtermins hierdurch aufgehoben. Wilsdruff, den 31. März 1883. Königliches Amtsgericht. vr. Gangloff. Nächsten Donnerstag, den 5. Mpril -s. I., Nachmittags 6 Uhr, öffentliche Sitzung -eS Stadtgemeinderath». Wilsdruff, den 2. April 1883. Der Stadtgemelnderath. Ficker, Brgmstr. Tagesgerichte. Am 3. April nimmt der Reichstag seine Arbeiten wieder auf; gleich auf der Tagesordnung der ersten Sitzung steht die Holzzollvor- lage; es wird sich daran alsbald die Verathung der Gewerbeordnungs novelle und weiter sodann die des Krankenkassengesetzes, der Pensions- geietze, der Zuckersteuernovolle, des Nachtragsetats für das Reichstags gebäude und einer Reihe wichtiger Anträge aus dem Hause anschließen, alsdann wird wenigstens der Versuch gemacht werden, den Reichstag zur Berathung des Etats für 1884—85 zu nöthigen. Vom 1. April d. I. ab treten in Preußen folgende Ermäßig ungen der direkten Staatssteuern ein: 1. Die zwei untersten Stufen der Klassensteuer fallen gänzlich weg. 2. In den andern Stufen wird die Klassensteuer nicht erhoben während der Monate Juli, August, September. 3. Die erste Stufe der Einkommensteuer ist von der He bung befreit in den Monaten Juli und August; die zweite Stufe im Monat Juli. Die „Magdb. Ztg." macht dann noch auf Folgendes aufmerksam: „Bisher konnten nur in den zwei ersten Stufen der Ein kommensteuer ungünstige wirthschaftliche Verhältnisse, z. B. große Zahl von Kindern, die Pflicht, arme Angehörige zu erhalten, andauernde Krankheit, welche die Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigt, Ver schuldung, besondere Unglücksfälle geltend gemacht werden und es er folgte dann die Herabsetzung um eine Stufe. Diese Erleichterung ist jetzt aus die fünf ersten Stufen der Einkommensteuer ausgedehnt; sie rst allerdings, da das Gesetz noch nicht publizirt war, bei der jetzigen Einschätzung nicht angewendet worden, jedoch können die erwähnten Gründe nachträglich auf dem Wege der Reklamation geltend gemacht werden." Einer Depesche der „N. Fr. Pr." aus Rom zufolge sind die Verhandlungen Preußens mit der Kurie als definitiv gescheitert zu betrachten, wenn der Papst nicht im letzten Augenblick die Intran sigenten, welche ihn sehr beeinflussen, verläßt. Der preußische Gesandte v. Schlözer habe dem Kardinalstaatssekretär Jacobini die Nothwendig keit vorgehalten, daß der Papst sich von den Prälaten trennen müsse, welche aus politischen Gründen die Fehde schürten. Jacobini, in die Enge getrieben, deutete an, daß Italien, wenn Ledochowski den Vati kan verließe, ihn an Preußen ausliefern könnte. Das Odium fiele aber auf die Kirche, die aus Muthlosigkeit ihren besten Diener preis- gegegeben hätte. Darauf habe Schlözer die bekannte Note an Jaco bini gerichtet. Es schien dann, die Kurie werde nachgeben, plötzlich aber wechselte die Strömung, die Intransigenten siegten und sei auf deren Sturz nicht zu rechnen. Die Ausfuhr deutscher Waaren und Fabrikate nach den Ver einigten Staaten von Nordamerika hat in dem Jahr 1881 bis 1882 (1. Juli bis 3. Juni) um 11,936 060 Dollars oder 50 Millionen Mark zugenommen. In der Zeit vom 1. bis zum 3. Juli wird in Hamburg das „Erste allgemeine deutsche Kriegerfest" veranstaltet. Reveille und Zapfenstreich, Begrüßung der Gäste und Festcommers, Corsofahrt auf der Alster und Spritztour nach Helgoland, Preisschießen und alle möglichen Volksbelustigungen, das sind so einige Nummern aus dem Programm, das in wunderbarer Reichhaltigkeit das Interessanteste verspricht. An jedem der drei Festtage wird eine „offizielle Festzeitung" herausgegeben, in welcher das Special-Programm des betreffenden Tages, sowie alle sonst nöthigen Mittheilungen enthalten sein werden. Bemerkenswerth ist noch, daß in der Zeit vom 1. bis 3. Juli in Hamburg das Hauptrennen stattfindet und am 3. Juli die „Inter nationale landwirthschaftliche Thier-Ausstellung beginnt. Said Pascha, der frühere Minister des Auswärtigen, ist zum Vertreter des Sultans beim deutschen Kaiser ernannt worden. Die Entsendung dieses Lieblings des Sultans nach Berlin zeigt, welchen hohen Werth Abdul Hamid auf die guten Beziehungen zwischen Deutsch land und der Türkei legt. Kaiser Wilhelm läßt es übrigens an Zu vorkommenheiten gegen die Türkei ebenfalls nicht fehlen. Er selbst hat an den Sultan das Verlangen gerichtet, zehn türkische Offiziere verschiedener Waffengattungen nach Deutschland zu schicken, um in der deutschen Armee mit demselben Rechtstitel zu dienen, wie die Offiziere diefer Armee, mit dem Solde ihrer respektive« Grade, dem noch das durch die Entsendung der von der Pforte erbetenen deutschen Offiziere nach Konstantinopel im Budget des deutschen Kriegsministeriums ver fügbar gewordene Geld zuzuschlagen wäre. Diese zehn türkischen Offi ziere werden unter den besten Zöglingen der Militärschule ausgewählt und nach Berlin geschickt werden. Bei dieser Gelegenheit hat der Sultan begehrt, daß noch zwei weitere Offiziere seiner Armee zum aktiven Dienste im deutschen großen Generalstabe zugelassen würden, um sich daselbst in der Kriegswissenschaft zu vervollkommnen, und Kaiser Wilhelm zeigte sich diesem Verlangen sofort willfährig. Dieser Austausch von Offizieren zwischen den beiden Ländern ist indeß nicht ohne eine gewisse tiefergehende Bedeutung, und man würde sicher Un recht thun, wollte man darin nur eine Höflichkeitsbezeigung erblicken. Die deutschen Offiziere in der Türkei arbeiten thätig und gewissenhaft an der Reorganisation der türkischen Armee. In Pilsen war schon vor längerer Zeit auf Grund einer tsche chischen Denunziation gegen zwanzig Pilsener Deutsche eine strafgericht liche Untersuchung wegen Verbrechen der Majestätsbeleidigung, began gen durch angebliche Äbsingung des Liedes: „Deutschland, Deutschland über Alles" nach der Melodie der österreichischen Volkshymne, einge leitet worden. Diese Untersuchung wurde jetzt wegen Mangels jed weden Thatbestandes endgiltig eingestellt. Pest, 29. März. Georg von Mailath, Präsident des obersten Landesgerichtshofes und des Oberhauses, wurde heute Morgen in seiner, in der Festung befindlichen Wohnung erdrosselt aufgefunden. Die Hände waren gefesselt, die Zunge fehlt, das Bett ist unberührt. Mailath war noch um Mitternacht im Kavalierkasino. Vom Fenster des Schlafgemaches hing ein dünner Strick herab, mit welchem sich wahrscheinlich der Mörder durch das eingeschlagene Fenster flüchtete. Der Thäter ist noch unbekannt. — Die bisherigen Ermittelungen be treffs der Ermordung des Präsidenten Mailath scheinen auf Raub- mord hinzuweisen. Die Uhr, Börse, Brieftasche und der Ring des Ermordeten fehlen, am Kassenschrank sind Spuren einer gewaltsamen Oeffnung sichtbar. Der Gerichtsarzt konstatirte, daß die Kinnlade zerschmettert ist. Die Erdrosselung erfolgte durch eine Rebschnur. Der Ermordete war an Händen und Füßen gefesselt, das Gesicht schwarz. Die Leiche lag im Nachthemde am Boden, das Bett war noch unbe rührt. Der Ermordete scheint sonach im Begriff gewesen zu sein, sich niederzulegen. Der Mord scheint gegen Mitternacht verübt zu sein, da Mailath um 11 Uhr noch von seinem Schwiegersohn Pallavicini besucht worden war. Aus Paris wird berichtet: „Die Fröste der letzten 3 Wochen haben im Süden, wo die Vegetation schon weit vorgerückt war, einen Theil der diesjährigen Ernten zerstört. So soll es in der Provence keine Früh-Erdbeeren geben, welche man in den nächsten Wochen hier erwartete, und eine ebenso bittere Enttäuschung harrt Derer, welche bald frische Zuckererbsen und grüne Bohnen zu bekommen hofften. Der Schaden, den die Kälte den Gartengewächsen und Blumen zuge fügt hat, wird sich erst später genau berechnen lassen; er ist ungeheuer, und manche Blumenzüchter in der Gegend von Cannes und Nizza sind halb ruinirt." Marseille, 28. März. Infolge Explosion eines Petroleumkessels brach heute Abend in einem hiesigen Oelmagazin Feuer aus, wobei 4 Personen verbrannten und mehrere verwundet worden. Paris, 30. März. In Bordeaux waren heute Nacht Tausende von Manifesten Jerome Napoleons angeklebt, welche die Polizei heute früh entfernte. Petersburg, 29. März. Auf der sogenannten Petersburger Seite wurde eine geheime Druckerei entdeckt. Bei der Verhaftung der betheiligten Personen fand die Polizei, wie verlautet, bewaffneten Wi derstand, der übrigens sehr schnell gebrochen wurde. — In Pulawy, einer kleinen Stadt des Königreichs Polen, etwa 90 Werst von War schau, wurde vor wenigen Tagen die bekannte landwirthschaftliche Aka demie geschlossen, weil unter den Studenten revolutionäre Gesinnungen zu Tage getreten und eine Verbindung mit revolutionären Studenten anderer russischer Universitäten oder Akademien entdeckt worden sein sollen. Von den 15 dabei verhafteten Studenten sind bereits 5 nach Petersburg transportirt worden. Die Leiter der irischen Mordverschwörung haben sich, wie es scheint, insgesammt in Sicherheit gebracht. Auch der mysteriösen „Nummer Eins" ist es gelungen, sich den Händen der Polizei zu ent ziehen. Diese Persönlichkeit befand sich noch vor einigen Wochen in Dublin, stand unter strenger Polizeiaufsicht, verstand es aber trotzdem, sich unbemerkt zu entfernen und von Havre aus nach New-Jork ein-- zuschiffen. Die englische Regierung stellte sofort, als die Flucht der „Nummer Eins" bekannt wurde, an die Vereinigten Staaten das Er suchen um Auslieferung und da das Beweismaterial sehr gravirender Natur war, zog es der Verfolgte vor, sich alsbald nach Mexiko zurück-