Volltext Seite (XML)
IS. Jahrgang Mittwoch, cken 14. Dezember IS21 Nr. 2S0 Mer Tageblatt ---------- Änreiaer für üas Crraebirae Mark, ».»» Mail. U MM M MM W M» WM> M EW- p«n>„u, 5.»» Merk. »u ,r»tz,r„ «7i!?r"mme?^g^ Dieses Statt enthüll -t, amtlichen Sekanntmachungen ües Nate» -er Sta-t /tue. p»ftsch,ck.5ont», ftm^Liipzis Nr. 10»», Das Wichtigste vom Tage. Im sächsischen Landtag« wurde gestern die BesoldungSvorlag« gegen di« Stimmen der Kom munisten angenommen. S Ter Reich »ba nkauSwei» läßt ein weiteres An- wachsenderp'apierenen Zahlungsmittel um 2.12 aus 110,4 Milliarden Marl erkeunen. » Ter Berliner Vertreter de» Petit Parisien meldet au» angeblich sicherer Quelle, daß StinneS dem nächst wieder nach London reisen werde, um seine Versuche, eine raschere und vollkomme ner« Revision der Zahlungsbedingen zu er halten, sortzusehen. * Einer Reutermeldung aus Delhi zufolge ist in den Bezirken von Amhevst. Hanthawadiinseln Mandaloy und in der Stadt Rangun in Birma der.Ausnahmezustand verkündigt worden. * Aus Washington wird gemeldet: D>«s Vier mächteabkommen über den Stillen Ozean ist gestern im Staatsdepartement unterzeichne! worden. Die politische Lage. (Informationen unser«, parlamentarischen Mitarbeiter,.) Kurz vor Weihnachten herrscht in Berlin noch ein mal parlamentarischer Hochbetrieb. Reichstag, RetchS- wirtschastSrat, preußische» Abgeordnetenhaus und preu ßischer S aatSrat sind in dieser Woche versammelt, um noch dringliche Aufgaben zu erledigen. Alle vier Par lamente werden voraussichtlich nur wenige Lage zu sammen bleiben. Es sind auch kaum tief einschneidende Beschlüsse von ihnen zu erwarten. Allerdings ist man sich im Reichstag vor Ueberraschungen nicht sicher Ter Reichskanzler hat im AeltepenauSschuß gestern ange- deutet, daß unter Umständen mit einer Sitzung während der Weihnachtsferien zu rechnen sei. Im übrigen hat sich der Reichskanzler aber sowohl im RetchswirtschaftSrat wie im Reichstag größter Zu rückhaltung in seinen Mitteilungen befleißigt. Nicht ein mal darüber gab er-besttmmte Zusagen, ob er noch in dieser Woche, also vor dem Beginn der parlamentarischen Weihnachtsferten, öffentlich Rede und Antwort über das Thema Reparationen stehen werd«. Ganz of fenbar will die Reichsregierung solange öffentlich keine Stellung zu den in London gepflogenen Verhandlun gen über Moratorium, Kreditabkommen und Neurege lung der Reparationsverpflichtungen nehmen, bi» LIoydGeorge und Brtand zusammen gewesen sind und eine Einigung erzielt haben. Deshalb erfährt auch die breite Öffentlichkeit so wenig über den ge genwärtigen Stand der ganzen wichtigen Angelegenbetr In parlamentarischen Kreisen hat man indessen den Ein druck gewonnen, daß e» sich augenblicklich nicht um Einzel frag en, wie Moratorium oder Kredithilfe handelt, sondern daß da» ganze Reparations- Problem neu auftgevollt ist und von den Alli ierten in einer Weise neu geregelt werden soll, Li« ihnen nützlicher als die gegenwärtige Regelung erscheint Dem Kanzler kommt es offenbar jetzt nur darauf an, auf alle Eventualitäten gerüstet zu sein, um im Notfall auf dringliche Anfragen der RevarationSkommission schnell antworten zu können. Go ist guch da- Drängen Wirths auf Annahme der Etni'gungsformel über Kredithilfe im ReichS- wtrtschaftSrat zu verstehen. Seinem eifrigen Zureden ist es zu danken, daß die anfangs auseinanderstrebenden Arbeitgeber- und Arbettnehmervertreter des Reichsmtrt» schastsratS nunmehr der Errichtung einer Kreditve» etnigunfl zu gestimmt haben unter der Vorausset zung, daß der Kredit, den die deutsche Wirtschaft dem Reiche zur Verfügung stellen soll, zeitlich und dem Be- trage nach gewährt werde. Wiederholt hat der Reichs kanzler diesen Beschluß ein Instrument genannt, dessen er bet den in Aussicht stehenden Verhandlungen unbe dingt bedürf«. Man kann sich denken, daß die Bera tungen mit ausländischen privaten Kreditgebern oder mtl der ReParationSkommissivn notwendig machen, daß sich die Retchsregterung aus den ihr von der deutschen Wirtschaft etngeräumten Kredit berufen kann. Ob und wann das nötig sein wird, hängt gang von d«r Weiter entwicklung der Dinge in London und Pari» ab Bet seinem Beschluß hat der ReParatton-ciuSschuß de» RetchSwtrtschaftSrate» ausdrücklich die Aufstellung von Bedingungen für di« -ergab« von Krebsten verurteilt und adgeiehnt; aber er hat gleichzeitig entschieden« Maßnahmen gegen die inner« Defizit- wirtschaft im Reich und besonder» bei den Reichs- Verkehrsbetrieben mit größter Beschleunigung durchzw- führen geraten. C» scheint, al» ob dieser Rat auch von außen, etwa von der ReParationSkommissivn der Eni ent«, an die Retchsregterung gekommen sei. Anders vermag .man sich nämlich die auffällige Tatsack)« nicht zu erklären, daß die ungeheuerliche Erhöhung der Tarife für Post und Eisenbahn schon wieder neu «rhöhl worden ist durch eine Verordnung des ReichSpostmtnisterS GiesbertS die noch der Zustimmung eines RetchSMgSauSschusseS bedarf, nachdem der Reichs, rat sie bereits, wenn auch widerstrebend, gebilligt hat. Taß die Vovgeschlagenen neuen Erhöhungen uner träglich nicht nur für Private, sondern auch für Ge schäft und Wirtschaft sind, daß sie wahrscheinlich einen derartigen Ausfall an Einnahmen im Gefolge haben, daß die gewaltige Steigerung nutzlos bleibt, davon mag ein andermal ausführlicher geredet werden In diesem Zusammenhang soll heute nur darauf hingewie sen werden, daß die neue Steigerung der Post- und Bahntarifc im allerengsten Zusammenhang mit der Auf rollung der Revarationsfrage überhaupt zu stehen scheint. Die Reichsbetriebe dürfen keine Fehlbetrag« mehr aufweisen und eine energische Betonung unseres guten Willens ist nötig, um die schwebenden Verhand lungen für uns günstig zu beeinflussen. Deshalb heißt «S, die Zähne zusammenbeißen und eine gewaltige Ver teuerung de» Verkehrsleben» btnnehmen, auch wenn di« U«berzeugunß nicht sehr groß ist, daß damit für alle Zukunft die Tefizitwirtschaft in den Reichsbstrieben be seitigt werden könnte. Von den Parteien muß man freilich perlangen und die Demokraten werden sicher die Forrderung erheben, daß die Reichspost- und Eisen bahnverwaltung dringend angehalten werden, .nicht nur durch.Tariferhöhungen, sondern auch durch Erspar nisse und zweckmäßigere Organisatron di« Ausgaben mit den Einnahmen in Einklang zu bringen. Die Speisekarte, dis dem Reichstag für die wenigen Sitzungen dieser Woche vorgslegt wird, ist auch abge sehen von den großen politischen Aufgaben überaus reichhaltig. Sie enthielt nicht weniger al- 83 Punkte für die Beratungen dieser Tage und dazu ein Dutzend Interpellationen. Natürlich glaubt kein Mensch, daß dieses Pensum auch nur entfernt aufgearbeitet werden könnte. Man mutz sich nur Wundern, daß immer wie der die Hegte so schlecht ist. Man wird auch diesmal! in überstürzter Eile arbeiten müssen, um we nigsten- einen Teil der zahlreichen Vorlagen erledi gen zu können. Von den Interpellationen wird nur die der Demokraten über die Finanz not der Ge meinden noch Ende dieser Woche behandelt werden. Oberbürgermeister Tr. Külz wird sie begründen. Un ter den Vorlagen, an die man noch vor Weihnachten Herangehen will, soll sich auch Las Reichsschulgesetz befinden; es ist aber trotz des Beschlusses des Aeltesten- auSschusseS recht zweifelhaft, ob es wirklich noch zur ersten Lesung Dieses äußerst umstrittenen Gesetzes kommt Andere wichtige Entwürfe, wie der über die Entsen dung von Betriebsrat-Mitgliedern in d«n Auf sicht's rat, sollen von den Ausschüssen noch schnell durchgepeitscht werden; aber auch hier ist kaum auf eine Verabschiedung vor Weihnachten zu rechnen. Alle» in allem wird uns diese Woche vor den WeihnachiSferten noch.manche politisch« Entscheidung bringen. Deutscher Reichstag. —o— Gestern ist der Reichstag zu neuer Arbeit zusammengetreten. Di« verhältnismäßig kurze Drzem- benagung wird in dem Widerschein und dem Schatten der schwerwiegenden Entscheidungen stehen, die sich vor bereiten und die der Beginn des neuen Jahres bringen wird. Daher war das Interesse der Mitglieder des Hau ses auch mehr auf die vermutlichen Ergebnisse der Lon doner Reise NathenauS eingestellt, als auf.«die Ver handlungen im Plenum, besonders, da die Tagesord nung Dinge von größerer Wichtigkeit, wie bei der ersten Sitzung nach längerer Pause üblich, nicht auiwieS. Zu nächst stand wieder eine laug« Reih« kleiner Anfragen zur Erörterung. Ter Demokrat Kniest wie- auf die Vorzüge von Zinkalumintüm-Münzen zur Behebung der Papterigeld-Mtßstände hin, und die Regierung erklärte, daß sie di« Sache im Auge behalten wolle. Frau Dr. Lüders (Temokrat) forderte eine Zusammenstellung aller Ausschreitung farbiger und weißer Franzosen ge gen deutsche grauen, ein Thema, da» auch der Abg v. Schoch (D. VP ) in mehreren Anfragen behandelt«, wobei unter lebhaftem hört, hört! von der Regierung mitgeteilt wurde, daß in einem Falle der zuständige französisch« Offizier da» unglückliche deutsch« Mädchen noch unter Beschimpfungen davonjagte, al» sj« Anklag« erheben wollte. Di« Regierung versprach dann di« Be antwortung der demokratischen Interpellation über die gtnanznot der Gemeinden in der geschäftsordnungs mäßigen Frist. Ohne Aussprache ging an den Haupt- au »schuß ein 8. Nachtragsetat und die 4. Ergänzung zur Besoldungsordnung. Ein« Reihe kleiner Vorlagen hielt dann nicht lange auf. Go nahm man u. a. den Entwurf endgültig an. der die Frauen zum Börsenbe such zulätzt. Gin weiterer betrag di« Wählbarkeit von Frauen zu den Gewerbe- und KaufmannSzerichren, der aber zunächst wie üblich ckuf Verlangen von Frau Zieh an den Sozialen Ausschuß ging. Dasselbe geschah in erster Lesung mit dem Entwurf über die Entsendung von Betriebsratsmitgliedern in den AufstchtSrat. Dar auf begründete schließlich der Abg. Moldenhauer (D. DP.) die wiederholt zurückgestellte Jnterpellaiion sei ner Partei über die Vorgänge in der Pfalz, wo orts^ fremde Personen im August und September eine Reihe von Gewaltakten gegen die Behörden verübt hatten. Namens der Regierung antwortete der Reichsminister des Innern Tr. Köster, der das Thema weiter faßte, in ausführlicher Rede. Er wandte sich wiederholt in sehr scharfer Form gegen die AnnexionSavsichrrn der Franzosen im Rheingebiet, die erschleichen wollen, Wa ste auf Grund des Friedensvertrages nicht ohne weiteres erreichen können. Tie Absicht, die Aussprache wirkungs voll und kurz zu gestalten, scheiterte an den Kvmmnh nisten, die unbedingt reden wollten und die Aktion da- durrch wieder um den Erfolg brachten. Die Systemlosigkeit unseres Steuersystems. Im Steuerausschutz de» Reichstage» begann gestern die Beratung de» Körpevs.chastSsteuerge) etze». Tie Demokraten hatten absichtlich keine Anträge zu die sem Gesetz gestellt. Für sie stand die grundsätzliche Frage im Vordergrund, ob man nicht das Körperschafrssteuer- gesetz aufgeben und zum System de» preußischen Einkommensteuergesetzes, nach dem physische und juri stische Personen in einem Gesetz zu behandeln sind, zu rückkehren solle. Hebt doch die Begründung des Gese.tz- emwurfe» selbst die offenbare schwere Schädigung.her vor, die der Volkswirtschaft durch ein Sondergesetz zur Besteuerung juristischer Personen nach sich zieh:: Flucht physischer Personen in die juristischen und Verwässerung des Aktienkapitals. Tie Demokraten werfen daher die Frage auf ob nicht grundlegend geändert werden mutz. Anlaß dazu geben auch die Schwierigkeiten der Berücksichtigung der Körperschast-steuer bet der Kapi talertragssteuer. Soli diese Steuer neben dem inzwischen beschlossenen Vermögenssteuergesetz stehen bleiben? Tie Demokraten fordern daher eine organi sche und systematische Durch- und Zusammenarbeit der bestehenden und der neuen Steuern von Einkommen und Besitz: Einkommensteuer, Vermögenssteuer, Vermögens zuwachs und Nachkriegsgewtnnsteuer, Körperschaf.tssteuer, KaoftalertragSsteuer. Die Steuergesetzgebung müsse ein fach, durchsichtig und durchführbar sein, damit di« Steuerpflichtigen wissen, was sie zu zahlen haben und. di« Steuern auch eingehen. Schließlich! s«i «4 immer derselbe Steuerzahler, der all diese Steuern ent richten müsse. Die Demokraten erbaten Austunfo über die Stellung der Regierung zu diesen Vorschlägen di» zur zweiten Lesung, in der ersten Lesung würden ft« für die Beibehaltung des bisherigen SysteurS eintrstcn. Pensionen unä Arbeitseinkommen Tas sogenannte Penstonskürzungsgesetz, oas entspre chend einem RetchstagSbeschluß Einkommen aus gewinn bringender Beschäftigung aut Pie Pensionen an rechnen will, ist dem Reichstag zugegangstt. Bet Be amten, die mit Wirkung vom 1. April 1920 oder von einem früheren Zeitpunkt dauernd oder etnstweiten in den Ruhestand versetzt sind, ruht bet einem Rsichsein- kommensieuerbaren Einkommen MS gewinnbringender Beschäftigung außerhalb des Reichs- oder Staatsdienste» von mehr als 10 000 Mark nach dem Entwurf Las Recht auf den Bezug de» Teuerungszuschlage- bi» zur Höhe von 50 Prozent de» 10 000 Mark übersteigenden Be trag«». An Stelle der 10 000 Mark tritt, wenn c» für den Bezugsberechtigten' günstiger ist, der Unterschieds betrag zwischen dem Ttensteinkommen de» Beamten bet seinem Ausscheiden und den zustehenden Versorgung-« gebührnissen. wobei Kinder-uschläge nebst Teuerungs zuschlag sowie KrtegSzulagen außer Betracht bleiben. Aehnltche Bestimmungen sind für di« nach den: 1. April 1920 in den Ruhestand versetzten Beamten getroffen Der Reich » rat hat dem Entwurf sein« Zustimmung versagt, weil er in die wohlerworbenen Rechte der; Beamten «tngretf«, weil sich Bedenken moralischer Art gegen ihn geltend machen, weil dt« Durchführung de» Gesetze» mehr kost«» al» etnbrtngen würd« und Erregung und Erbitterung, in dt» Beamtenschaft tragen müsse. Nach Met d«rg Entwurf betgefügttn Gutachten de» RetchSmtnister» der Austi» gretft der Entwurf latsäch-