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MsdmfferAgMltt Nr. 130 — 98. Jahrgang Wilsdruff-Dresden Drahtanschrift: „Tageblatt Freitag, den 26. Mai 1939 Postscheck: Dresden 2640 Das „Wilsdruffer Tageblatt" ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Wilsdruff bestimmte Blatt und enthält Bekanntmachungen des Amtsgerichts Bekanntmachungen des Landrates zu Meißen und des Bürgermeisters zr» Wilsdruff, des Finanzamts Nossen sowie des Forstrentamts Tharandt kar „WilSdiusser Tageblatt' erscheint werktags 18 Uhr Bezugspreis monati 2 RM srei Haus, bei Postbeftellung s t.su RM zuzügl. Bestellgeld Einzelnummer lv Rps Alle Poitanstalte«. Postboten, unsere Austräger u. GcschällSstclle ! »ehmen zu jeder Zeit Be- , ,. ,. ... . slellungen entgegen. Im ssalle höherer Gewalt oder Wochenblatt fllk WllsvlUsf U. Umgegend sonstiger B-triebSftörun. gen besteht kein Anspruch "— — - ans Liesernng der Zei ¬ tung oder Kürzung des Bezugspreises Rücksendung ein gesandter Schriststücke ersolgt nur. wenn Rückporto beiliegt Anzeigenpreise laut aufliegendcr Preisliste Nr. 8. — Ziffer-Gebühr: 20 Rps. — Vorgeschrs» bene Erscheinungstage und Platzwünsche werden nach Möglichkeit berücksichtigt. — Anzeige N-A nnahm , durch Fernruf übermtt- Fernsprecher: Amt Wilsdruff 206 testen ^Anzeigen'üdeines men wir keine Gewähr. — Bet Konkurs mit Zwangsvergleich erlischt jeder Anspruch aus Nachlaß. Bemerkungen zum Tage Mitverantwortlich für die Erziehung der Jugend Das vierte Reichsführerlager der Hitler-Jugend, dessen Schauplatz diesmal Braun schweig war, ist abgeschlossen. In erster Linie galt dieses Lager den aktiven Formationsführern, die auf diese Weise Gelegenheit erhielten, von der Tagesarbeit auszuspannen, für kurze Zeit nicht Führer, sondern Geführte zu sein. Man darf den Wert dieser Maßnahme nicht unterschätzen. Wer das ganze Jahr über für die Erziehung der Jungen »der Mädel verantwortlich ist, der mutz auch einmal Ge legenheit erhalten, selbst wieder Stoff anzureichern, dabei anszuspannen und sich durch Austausch der Erfahrungen mit den anderen in gleicher Lage befindlichen Kameraden wertvolle Hinweise für das neue Arbeitsjahr zu holen. Ein zweiter Teil des Lagers auf dem SA.-Feld umfaßte Musikein heilen aus dem ganzen Reich, die für die kulturelle Ausgestaltung des Programms eingesetzt wurden. Die Mädelführerinnen waren in festen Quar tieren, zum Teil bei Privatleuten, untergebracht. Sie wer den aber im nächsten Jahr, wie Stabsführer Hartmann Lauterbacher vor der Presse ausführte, ebenfalls Zelte er halten, die entsprechend ausgestaltet sein werden, so daß keine Bedenken gegen diese Art der Unterbringung vor gebracht werden können Erfüllt von dem großen Erleb nis dieser Tage, zogen nun die HI.« und BDM.-Führer wieder hinaus in ihre engere Heimat. Sie haben nicht nur Erholung in diesem Lager gefunden, sondern vor allem auch wertvolle Anregung durch die Vorträge führen der Männer erhalten, die täglich zu ihnen sprachen und alle Gebiete des staatspolitischen Lebens und der Er ziehung anschnittc... Londons Liebeswerben um den Sowjetpakr Kommt der Pakt der Briten mit den Sowjets zu stande oder ni<Ä? Das Rätselraten in der englischen Presse geht weiter, auch nachdem der englische Ministerpräsident Chamberlain im Unterhaus seine neue Erklärung abgegeben hat. Auf jeden Fall wird es vor Pfingsten nichts mehr mit der englisch-bolschewistischen Verbrüde rung. An dieser Verzögerung hat auch die französische Hilfeleistung nichts zu ändern vermocht. Trotzdem wird Mister Chamberlain ja nun die Glückwünsche der Sowjet- freunde entgegennehmen können, nachdem es ihm gelungen zu sein scheint, dieses Bündnissystem wenigstens in einem Rohbau fertigzustellen. Wie später die Einzelheiten aus sehen werden, interessiert Deutschland und Italien wenig. Wir richten «ns nach der Tatsache ein, daß es zwischen dem christlichen England und dem bolschewistischen Ruß land keinerlei ideologische Gegensätze mehr geben soll. Nber wird der Pakt wirklich zustande kommen? In der Pariser Presse macht man sich Sorgen, ob die Gegensätze zwischen Kapitalismus und Bolschewismus tatsächlich überbrückt werden können, und in der englischen Presse sucht man sich über das Stocken der Einkreisungspolitik hinwegzutäuschen. Denn noch ist nicht alles zwischen Lon don und Moskau ins reine gebracht. Wenn beispielsweise die Moskauer Presse eine scharfe Sprache in der Alands- frage ertönen läßt, Drohungen gegen Finnland ausstößt und sich gegen die „Tücken der kapitalistischen Länder" wendet, so ist das eine recht merkwürdige Begleitmusik zu den englisch-russischen Paktverhandlungen. Wollen Sie, Mister Chamberlain, nicht nun auch Finnland eine Garantie geben, das von der Sowjetunion bedroht wird? Neuorientierung auf dem Balkan Auf Grund der Initiative der jugoslawischen Regie- kung sind zwischen den Balkanstaaten Verhandlungen im Gange, die eine Neuorientierung der Balkan politik zum Ziele haben. Es war doch so, daß immer wieder und besonders von türkischer Seite betont wurde, daß Wesen und Sinn des Balkanpaktes darin bestehen, die Balkanstaaten zu einem festen Block zusammenzu schweißen, um ihnen so die Möglichkeit zu geben, jeden Versuch irgendeiner Großmacht, den einen oder anderen Balkauftaat für ihre Großmachtinteressen zu mißbrauchen, von vornherein unmöglich zu machen Der Einbau der Türkei in das englische Einkreisungssystem, das nur den englischen Interessen dient, bedeutete daher eine schwere Verletzung des ursprünglichen Geistes des Balkanpaktes. Die im Gange befindlichen Verhandlungen erstreben da her mit Recht eine Neuorientierung auf dem Balkan, wie sie nach dem Abschwenken der Türkei not wendig geworden ist. Dabei wird man weder aus dem einseitigen englischen Garantieversprechen und noch viel weniger aus dem gerade gegen Sowjetrutzland abge schlossenen rumänisch-polnischen Vertrag die Folgerung riehen können, daß Rumänien auf dem weiten Umweg über London, Moskau und Warschau sich nun der eug- uschen Kombination verpflichtet habe und damit die Neu tralitätspolitik des Balkanbundes ebenso preisgibt, wie °as mit Recht der Türkei zum Vorwurf gemacht wird. Der Balkan ist auf dem Wege, sich eine neue Verfassung zu geben, an der auch Bulgarien und Albanien ihren Anteil vaben werden. ^eder deutsche Mann muß Träger des SA.-Wehrabzeichens sein! Zuversicht auf tönerueu Fritzen Moskaus Einwilligung zum Einkreisungspakt steht noch aus Die französische Presse vermag immer noch nicht genauere Angaben über den Stand der Verhand lungen um ein englisch-französisch-sowjetrussisches Ein kreisungsabkommen zu machen. Obwohl Chamberlains Unterhauserklärung in Paris so ausgelegt wird, als sei eine grundsätzliche Einigung erzielt worden, glaubt die französische Presse noch nicht an eine reibungslose Abwick lung der Verhandlungen mit Moskau. Es herrscht eine gedämpfte Siegesgewißheit in Paris. Einkreiser sehr nervös Es ist typisch, daß das französische Nachrichtenbüro „H a v a s" zu dem geplanten Dreierabkommen meint, es „inspiriere sich am Geist der Genfer Liga". Es ist also jener Ungeist von Versailles, durch den Deutschland Jahre hin durch ausgebeutet, gequält und niedsrgehalten wurde. Im übrigen sind die Einkreiser sehr nervös geworden. Wie aus Paris berichtet wird, lähmt die Ein- krcisungs- und Kriegspsychose nach wie vor das franzö sische Wirtschaftsleben. Immer erneut werden von zahl reichen Wirtschaftsverbänden, Genossenschaften und Han delskammern Aufrufe vWfscntlicht, die Verbraucher, Händler und Industrielle dringend zu einer Steigerung der wirtschaftlichen Tätigkeit auffordern, und die daraus schließen lassen, daß die Geschäfte noch keineswegs die ge wünschte Belebung erfahren haben. In Paris haben zum Beispiel die Vorsitzenden von 141 Handelskammern eine Tagung abhalten müssen, die der Prüfung der durch die schleichende Wirt- schaftskr ise entstandenen Fragen galt. Kalte Dusche für Chamberlain Die Beschwichtigungserklärung des Ministerpräsi denten Chamberlain im Unterhaus, daß er hoffe, ein Abkommen zwischen England und Sowjetrußland werde bald abgeschlossen werden können, ist von sowjet russischer Seite sofort mindestens zur Hälfte demen tiert worden. Infolgedessen können die englischen Blätter ein gewisses Unbehagen über den Stand der Dinge nicht verleugnen. Man svricht in der englischen Presse von der Möglichkeit neuer Schwierigkeiten, obwohl sich England auf dem Wege zur Unterwerfung befindet. Uebrigens haben die Verhandlungen zwischen London und Moskau in den nordischen Staaten erhebliche Befürchtungen auftauchen lassen. Man spricht dort davon, daß England die nordischen Staaten an die Sowjets ver schachern wolle und daß die Kriegspolitik der Westmächte für die nordischen Staaten recht bedenklich werden könne. Britische Gorgen Amtliche Feststellung: Der junge Engländer arbeits- und wehrdicnstscheu Das englische Arbeitslosen-Versiche- rungsamt hat umfangreiche Erhebungen über die Arbeitslosigkeit unter der jugendlichen Arbeiterschaft bis zu 30 Jahren angestellt. Nach seiner Statistik haben von den jugendlichen Arbeitslosen im Laufe der letzten drei Jahre 3 v. H. überhaupt keine Arbeit gehabt, 7 v. H. bis zu höchstens 6 Monaten, 4 v. H. zwischen 6 Monaten und einem Jahr, 2 v. H. bis zu zwei Jahren und 4 b. H. zwek Jahre und mehr während dieser Jahre gearbeitet. Das Erschütterndste an diesem Bericht ist aber die laute Klage darüber, daß es unter den Jugendlichen einen sehr hohen Prozentsatz Arbeitsscheuer gibt, der der großen Zahl von jugendlichen Wehrpflicht- gegnern in nichts nachsteht. Dieses Urteil — so heißt es in dem Bericht — dürfe auf 25 bis 30 v. H. zu treffen. Infolgedessen wird an geraten, daß die Negierung die Art der unbegrenzte« Zahlung von Arbeitslosenunterstützung überprüfen und weiter dafür sorgen solle, daß bereits lange Zeit Arbeits lose bevorzugt in den Werken Arbeit finden, die für die Rüstung arbeiten oder sonst staatliche Aufgaben haben. Gowjeidrohungsn gegen Ainnland „Prawda" klagt England an — „Tücken der kapitalistischen Staaten" Die halbamtliche Moskauer Zeitung „Prawda" bringt einen offiziösen Leitartikel, der sich in auffallend aggressivem Ton mit der Aalandsfrage beschäftigt. Das bolschewistische Blatt erklärt, die Sowjetunion als User staat des Finnischen Meerbusens sei „unmittelbar «nd direkt" interessiert am Schicksal der Aalandsinseln, die außerdem mehr als 100 Jahre lang zum russischen Reich gehört hätten. Dabei greift die „Prawda" zu bereits offenen Drohungen, indem sie mit unmißverständ licher Absicht behauptet, daß Finnland selbst überhaupt nur durch die „freie Willensäußerung" Sowjetrußlands im Friedensvertrag von 1920 seine Selbständigkeit erlangt habe. Erst hierdurch seien auch die Aalandsinse!« i« finnischen Besitz gekommen. Der Umstand, daß die Sowjetunion durch die „Feind seligkeiten und Tücken der kapitalistischen Staaten" im Jahre 1921 von der Aalandskonvention ausgeschlossen ge blieben sei, verhindere nicht, daß die Sowjetunion an de« Aalandsinseln weit mehr als andere Mächte interessiert sei. Bemerkenswert ist, daß die „Prawda", wenn auch Vorerst noch in verschleierter Form, ein Einflußrecht der Sowjetunion auf die Aalandsinseln fordert, und zwar selbst auf ihre technisch-militärischen Einrichtungen! „Kann man — so schreibt das Blatt — überhaupt das Interesse der Sowietunion am Aalandsarchipel veo- gleichen mit dem Interesse solcher Staaten wie Eng land, das zu den Unterzeichnern der Konvention gehört?" Dessen ungeachtet habe Finnland es nicht für nötig befunden, so vermerkt die „Prawda" weiter in drohendem Ton, die Sowjetunion um ihre Ansicht oder um ihre Zu stimmung zur Befestigung der Inseln zu bitten, sondern nur in Moskau mitteilen lassen, daß die finnische Regie rung die Unterstützung der Sowjetunion als Mitglied der Genfer Liga in dieser Frage erwartet. In Anbetracht dessen, daß die finnische Regierung sich geweigert habe, die von Moskau geforderten Auskünfte zu geben, halte die Sowjetregierung eine Entscheidung des Genfer Rates in dieser Frage für „verfrüht". Deshalb sei der sowjetische Vertreter in Genf angewiesen worden, „darauf zu bestehen, daß die Behandlung der Aalandsfrage durch die gegen wärtige Ratstagung verschoben wird". Lügen um deutschen Westwall Die Besichtigungsreise des Führers längs des deut schen Westwalls und die bei dieser Gelegenheit in der polnischen Presse erschienenen Schilderungen dieser mäch tigsten Befestigungsanlage der Welt haben auf die pol nische Oeffentlichkeit einen so nachhaltigen Eindruck ge macht, daß sich die Warschauer Presse jetzt krampfhaft bemüht, mit geradezu lächerlichen Mitteln das in Polen entstandene Bild von der Bedeutung dieser Anlage herav- zumindern und vergessen zu machen. So verbreitet die polnische Presse heute eine Meldung, wonach die Westwallbefestigungen von dem Hochwasser des Rheins unter Wasser gesetzt, ja einigen Meldungen besonders erregter Wasserköpfe zufolge völlig vernichtet worden seien. Im Gegensatz zu dem deutschen Westwall habe natürlich die französische Maginot-Linie überhaupt nicht gelitten. Aehnliche Lügen werden in der englischen und fran zösischen Presse verbreitet. Alle diese Nachrichten sind selbstverständlich von Anfang bis Ende erlogen. Bei dem Bau des Westwalls ist, so weit er überhaupt den Rhein direkt berührt, jegliche Rücksicht auf die Möglichkeit von Ueberschwemmungen genommen worden. Nicht ein Sack Zement ist naß geworden, nicht ein deutscher Soldat hat seine Stellung zu räumen brauchen, nicht ein Spaten ist in den Fluten des Rheins versunken. Dagegen konnte man von Kehl aus beobachten, wie französische Sol daten auf die Dächer ihrer Bunker kletterten und mit Interesse beobachteten, daß das Wasser des Rheins lang sam ihre Stellungen bedeckte. Die Nachrichten sind aber politisch sehr interessant. Bis gestern war der Westwall nach der Meinuna aller französischen und enaliicbeu Lei tungen ein Nichts. Er hatte gar keine militärische Be» deutung. Jetzt, wo man sich von irgendwelchen Schwind lern in Straßburg und von den lügnerischen Agitators« des englischen Rundfunks erzählen läßt, daß der Westwall vom Rhein davongeschwemmt sei, ist er plötzlich mili tärisch doch so bedeutungsvoll gewesen, daß man erst nach seiner angeblichen Zerstörung bei den Demokratien wieder frei aufatmen kann. Dank Cianos an von MSbeuirop Bei Ueberschreiten der Reichsgrenzc Der italienische Minister des Aeußeren, Graf Ciano, richtete an Reichsaußcnminister von Ribbentrop bei Ueber schreiten der Reichsgrenze folgendes Danktelegramm: „Nach meiner Rückkehr nach Italien möchte ich Ihnen, Exzellenz, meine Dankbarkeit für den aus so herzlicher Freundschaft beruhenden Empfang zum Ausdruck bringen, der mir von Ihnen, von Ihrer Regierung und vou der Berliner Bevölkerung zuteil wurde. Die Erinnerung an die beiden Tage, die ich in Deutsch land verbracht habe, werde ich stets in meinem Herzen be wahren, denn sie sind mit dem historischen Akt verknüpft, der die Geschichte des nationalsozialistischen Deutschlands nnd des faschistischen Italiens miteinander verbunden hat. Ich bitte Sie, mich bei dem Führer bestens zu empfehlen und ihm in meinem Namen meine wärmsten Wünsche zu übermitteln. Wollen Sie, bitte, auch Frau von Ribbentrop meine tiefgefühlte Verehrung und meinen herzlichen Dank für ihre liebenswürdige Gastfrenndschaft aussprcchen. Ihnen, mein lieber Freund, meine herzlichsten Grüße und Wünsche. Galeazzo Ciano."