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Staatspartei unter Reichsbanner-Schutz Aörfinv verspricht seine Aitse Berlin, IS. August. Der BundeSsührer deS Reichs« lmmers, Oberpräsident a.D. Otto Hörst»«. erklärt z» t«, Antwort der Staatspartei aus seine Ansrage« «.Nicht »»r ans den Kreisen der ReichSbannerkameraden. soudern »er ganze» republikanische« Front müsse man Koch-Weser siir seine klare und deutliche Stellungnahme für Republik, Ech»arz-Rot»Gold, soziale« Anfba» und gegen de« Antisemi» ÜSmnS Dank sagen. Die Feinde der Republik — und damit «iler« Feiud« — stehe« rechts «o« Zentrn« und liuks »o« ter SPD. DaS wollen und dürfe« mir «icht »ergesse«. Des halb werde« wir Reichsbannermänuer als solche »nser« Front gegen die Feinde der Republik richte» «nd uns «icht ein- «engen bet etwaigen Auseinandersetzungen im republikant- schen Lager. Wer von de« drei repnblikanische« Parteien «iscre Hilfe im VersammlungSschntz brancht, dem werde« wir ße gewähre«, fsf ^ HSrslng läßt also die Gnadensonne des Reichsbanners leuchten auch über der neuen StaatSpartet. Mit schwülstigem Pathos versichert er sie der Unterstützung der sozialistischen kchutztruppe. Besser konnte die Situation nicht geklärt wer. den. Die alten Demokraten werden sich sicher wohlfühlen bei dieser Bundesgenoffenschaft. Aber die Jungdeutschen» »t ihnen das ReichSbannerprotektorat behagt? Wahlaufruf -er Chrtstlichsozialen Berlin» 1k. Aug. Die ReichSleitung des Christ» lichsozialenVolkSdiensteS veröffentlicht einen Wahl aufruf an die evangelischen Wähler und Wählerinnen, tn dem et u. a. heißt: „Nicht Revolution, sondern Reformation des politi schen Lebens ist die Losung des Christlichsozialen BolksdtensteS. Daß bedeutet die Ablehnung jeder katastrophalen Politik nach innen und außen. Wir sind zur ehrlichen Mitarbeit im heutigen Staate bereit. Wir werden jede verantwortungs bewußte Regierung unterstützen, die die bringenden Aufgaben der Gesundung der Reichsfinanzen, der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und der Rettung der Landwirtschaft unter Ausschüpfung aller verfassungsmäßigen Möglichkeiten in An riss nimmt. Wir lehnen jede Klassensront und edeu Klassenkampf ab, ob sie von rechts oder link», vom Marxismus oder Kapitalismus kommen. Wir lehnen den Abbau der Sozialpolitik ab, ohne uns der Notwendigkeit der Reform zu verschließen. Ebenso wie die wirtschaftliche Not bedroht die seelische Zerrüttung die Grundlagen von Volk und Staat. Wir fordern stärksten Einsatz staatlicher Hilfe -um Schutze der Familie und insbesondere der Kinder- reichen. Wir fordern ein Reichs s ch u l gesetz, da» die freie Entfaltungsmöglichkeit der christlichen Bekenntnisschule sichert.-' StnheitSltfte BolkSpartei-StaatSpartei tn Sü-weft- »eutschland Karlsruhe, 18. Aug. Von der Deutschen Staatspartei und der Deutschen Volkspartei wird mitgeteilt: Die zwischen der Deutschen Volkspartet und der Deutschen Staatspartet in Baden und Württemberg schwebenden Verhandlungen über ein Wahlabkommen haben heute zum Ziele geführt. Beide Parteien stellen einheitliche Listen auf. In Baden wird die Einheitsliste von Neichsmtnister Dr. CurtiuS und Reichs- Minister Dietrich angeführt. An der Spitze der württember- gischen Einheitsliste stehen Dr. Theodor Heusz und der bis herige volksparteiliche ReichStagsabgeordnete Keinath. Die beiden Kreiswahlvorschläge werden miteinander verbunden. Thüringen wartet die RetKAagdwadl ad Von unserem Vkeimervr Lorr«ipouavut«n Weimar, 15. August. Die heutige Sitzung de» thüringf. schcn Kabinetts war eigentlich unter dem Eindrücke der vor» läufige» Entscheidung de» RetchsstaatSgertchtShofes etn- berufen worden, durch welche der Antrag Thüringens, durch einstweilige Verfügung den Retchstnneumtntster zu ver anlassen. die gesperrten Reichszuschüffe für die LandeSpolizet bis zum Spruch des Staatsgerichtshofes tn der Sache wetter zuzahlen, abgelehnt worden ist. Durch die Auflösung des Reichstages ist inzwischen die Sache verschoben worben. DaS Kabinett, von dem tn dieser Feriensitzung nur bas Mitglied der Deutschen Volkspartet fehlte, war sich darüber einig, daß sich mit der Retchstagswahl die Konstellation der Parteien im neuen Reichstag zugunsten Thüringens verschieben könne, und daß sich dann der Streit von selbst erledige. Deshalb nahm man zur Sache selbst nicht weiter Stellung. Die Wirt- schaftspartet betonte allerdings durch ihre KabtnettS- mitglieder, daß sie aus keinen Fall eine vielleicht aus der Sache erforderlich werdende Steuererhöhung oder gar die Einfüh rung neuer Steuern zu vertreten tn der Lage sei. Faschistischer Amsturz tn Snvlan» Keine Angst: es ist noch nicht so wett. Es ist keine ge» schtchtliche Tatsache, von der diese alarmierende Ucberschrtft spricht, sondern ein Romantraum des englischen Schriftsteller» und Politikers M. Wells. Aber auch als solcher beachtens wert und interessant. Politische Zukunftsromane find fetzt nach den Kriegsromanen große Mode geworden. Wir habe« erst vor kurzem hier von der „Revolution 1933* gesprochen, einem romanhaft seherischen Zukunftsbild von Deutschland, das mehr Warnung als Sensation sein sollte. Ein Gegenstück dazu, allerdings viel umfassender, nicht nur auf englische Zn- stände, sondern auf die große Weltpolitik gemünzt, ist Wells' letzter Roman: „Dko ^utocrue? ok dir. partium.* Der durch viele literarische und geschichtliche Werke auch bet uns wohlbekannte Verfasser hat sich im Lauf der letzten Jahre stark der Arbeiterpartei angenähert und von diesem seinem sozialistischen Blickpunkt aus ist sein Buch weniger als ei» Wunschbild, denn als eine Karikatur der gegen wärtigen politischen Verhältnisse z« werten. Karikaturen sind nicht nur amüsant, sondern oft auch lehr reich, wenn sie gut sind. Und Wells' Karikatur ist nicht schlecht. Der äußere Rahmen der Geschehnisse in seinem ZukunftS- roman ist phantastisch, aber belanglos. Als Folge des Nieder ganges des parlamentarischen Systems auch in England bricht eine faschistische Revolution in London aus. Sie ent zündet einen richtiggehenden Weltkrieg, der den vergangene» an Umsang und Grausamkeit noch bei weitem »bertrifft. Natürlich richtet sich -er britische Vorstoß gegen di« Sowjet macht: aber da» geht nicht so einfach. Ein englisch-ameri kanischer Krieg kommt dazwischen: die beiden größten Flotten der Welt werden vernichtet, deutsche Flugzeuggeschwader bombardieren London, und schließlich greift die chemische Industrie mit ihren Querverbindungen tn der ganzen kapitalistischen Welt in den Konflikt ein. M. Parham. der englische Mussolini, seines Zeichens Geschichtsprofessor tn Oxford, ein enragierter Tory und Imperialist, sieht seine Stunde gekommen. Er reibt die Zügel an sich und schafft mit seinen Methoden Ordnung im WeltchaoS. Doch dieses äußere Drum und Dran ist, wie gesagt, un erheblich. Die aktuell-politische Bedeutung liegt tn der Art, wie Wells seine Helden, lauter zeitgenössische Staatsmänner und Parteiführer, die unter ihren Decknamen leicht zu er kennen sind, auftreten, sprechen und handeln läßt. So ist der Diktator, der sich von einem simpel» M. Parham zum Lord Paramount aufschwingt, ein recht boshaft gezeichneter Typ des stursten englischen Konservativismus. Und sei« militärischer Gehilfe, der General Gerson, ein ebenso nn- freundlich gesehener Repräsentant LeS Militarismus in seiner modernsten Ausprägung. Ein Bluthund, der da» pazifistische „Ztvtlpack* haßt und darauf brennt, daß er die Wirkungen seines verheerenden Giftgases I. in feindlichen Ländern erproben kann. Die sozialistische Tendenz kommt hier allzu unverhüllt zum Durchbruch. Echte politische Satire ist aber z. B. die Schilderung des Staats st reiches im Unterhaus. Der Diktator dringt mit seinem faschisti schen Gefolge, jungen Studenten aus Eton, Cambridge und Oxford, ohne Widerstand zu finden, tn den Sitzungssaal etn, fordert die verblüfften Abgeordneten aus, nach Hause zu gehen und verkündet den Ministern ihre Absetzung. Von dem Protest beS Sprechers nimmt er höflich Kenntnis und gibt seiner Garde mit einem Zeichen den Räumungsbefehl. Ohne viel Aufhebens wird das Parlament gesprengt. Zwar massiert sich aus der Linken die Arbeiterregierung mit ihren An hängern zu einem drohenden Hausen, und ihr Führer Ramsy Mc. Dougal lMacdonaldj hält Drohreben, die im allgemeinen Lärm aber unverständlich bleiben. Er sucht Hilfe mit den Blicken bet der Presse, bet der Opposition, aus der Frauen tribüne, an der Decke, überall vergeblich. Man hört etwas vom Geist der Ungerechtigkeit, von kair plax und von .,Feuer zeichen*, die er überall aufrichten will. In dem Augenblick aber, wo auf einen Wink des Diktators zwei Faschisten aus ihn zutreten, ruft der Arbeiterführer seine Anhänger zur Sammlung an einem anderen Ort, streckt beschwörend die Hände zum Himmel und verschwindet. Die Unentschlossenheit der Labourleute wird in dieser Szene drastisch glossiert: sie versuchen, wie immer» eine „korrekte Haltung* zu finden und werden darüber von den Faschisten wie eine Viehherde aus dem Stall getrieben. Auch Herr Snowsteld tSnowdenj zieht nach einer leeren Geste des Widerstandes, Verwünschungen hervorsprudclnb und mit seinem Stock auf den Boden stoßend, ab. Der Oberst Benworthy (Kennworthyj deckt mit seinem Riesenkörper den Rückzug. Nur aus der äußersten Linken läßt sich der Abgeordnete Waxton iMaxtonj tn ein Hand- gemenge ein: er wirb mit ei» wenig Jiu-Jitsu zur Räson gebracht, und während man ihn htnausschleppt. fegen setnL. langen Haare den Boden... Die Liberalen kommen nicht besser weg. M. Dt. George lLloyd George» geht fort, die Hände auf dem Rücken gefaltet, wie wenn ihm plötzlich anderwärts eine dringende Verpflichtung eingefallen iväre. Seine Parteifreunde tun desgleichen, nicht ohne vorher ihre Ueberzeugung zum Aus- druck gebracht zu haben, daß sich der Diktator eine Gesetzes- Verletzung habe zuschulden kommen lassen. Und die Konservativen können ihre Freude über den Staats streich nicht verhehlen. Ihr Führer. M Balmtn «Baldwinj. ist vorsichtshalber nicht erschienen: aber Sir Austin Chamber- lau- (Thamberlatu) betrachtet mtt mokantem Lächel» dt« Der Kampf um den Nimimid-Berlrag Neues Verhandeln mtt Aelsingfors Vraktwvlänng «neorvr vorllner Sokrtttleltnn« Berlin, 15. August. Das Ncichskabtnett hat heute gegen XS Uhr seine Beratungen über den deutsch-finnischen Handels vertrag abgeschlossen. Das Reichskabinett hat sich im Hinblick aus die groben Gefahren, die mit einer Kündigung des deutsch- sinntschen Handelsvertrages unter Umständen für den deut schen Außenhandel entstehen können, noch nicht dazu zu ent schließen vermocht, sofort eine Kündigung auszusprechen, vielmehr wird sich Ministerialrat Ritter nach HeIsing- sors begeben, um einen neuen Gedankenaustausch «in- »uleiten. Die Reichsregterung verfolgt dabet die Absicht. daS Zusatzabkommen zum deutsch-finnischen Handelsvertrag, »ach dem der Zollsatz für Butter bis 1088 50 Mark, bis 1988 tv Mark und von da ab 80 Mark betragen soll, in dem Sinne zu verändern, daß. die Termine verkürzt werden, und zwar soll der erste Termin für den vutterzoll von 80 Mark am wenigsten verkürzt werden, dagegen die zweite Stufe mehr an die Gegenwart herangerückt werden. Man rechnet damit, daß man es erreichen kann, den Bntterzoll von 80 Mark sür die Fahre 1931 32 und de» von 40 Mark aus das Jahr 1988 beschränken zu können. Ans längere Binbnngen will man auf keinen Fall etngehen Sollte sich eine Verständigung mit Finnland nicht erziele» lassen, dann hält, wie wir von wohl- unterrichteter Seite crsahrcn. Minister Schiele an seiner Forderung nach Kündigung des Handelsvertrages fest. Die „Deutsche Tageszeitung*, das Organ des Reichs- ernnhrnngSministerS, weist erneut aus den Ernst der Situation hin, die entstehen wird. wenn in dieser Frage nicht de» Lebensnotwendigkeiten der deutschen Landwirtschaft und insbesondere dcS mittleren »nd kleineren Bauerntums Rechnung getragen werde. Weder die Protestierenden, noch die NcichSregierung in ihrer Gesamtheit dürften darüber im Zweifel sein, daß eS hier sür den deutschen Landwirt keine Bcrzichtö- möglichkcit, kein sanleS Kompromiß gäbe, baß hier vielmehr die Entscheidung für ihn darüber liege, wie « sich auch politisch der gegenwärtigen Negierung gegenüber zu stellen habe In diesen Worten bringt daS Organ des Rcichsland- bundes ganz deutlich zum Ausdruck, daß die agrarischen Kreise «m Schiele tn Opposition gegen das Reichskabi nett treten müßten, wenn die Kündigung beS Finnlandver trags nicht vorgenommen würde Im übrigen scheint man «brr auch tn Jnduftriekreisen zum Teil der Meinung t* sein» daß man den Wünschen der Landwirtschaft ohne Ge fährdung der eigenen Interessen entgegenkommen könnte. Nur daraus ist ein Schreiben zu erklären, daS der bekannte Ruhrindustrielle Fritz Thyssen an die „Deutsche Tageszeitung* gerichtet hat und daS folgen den Wortlaut hat: ,Lln meiner Eigenschaft als Mitglied deS Senats des Reichöverbands der Deutschen Industrie teile ich Ihnen mit, daß ich mit der Haltung der Geschäftsführung obigen Reichs- verbands mtt Bezug auf den deutsch-finnischen Handelsver trag nicht einverstanden bin. So viel ich weiß, handelt es sich lediglich um eine Maßnahme der Geschäfts führung. Eine Stellungnahme deS Vorstandes oder Präsi diums hat nicht stattgefunden.* Die „Deutsche Tageszeitung* schreibt zu diesem Brief: „Die Geschäftsführung des ReichSverbandeS der Deutschen Industrie mag sich über die Bedeutung dieser Feststellungen mit Herrn Thyssen selber auSetnandcrsetzen. Wir appellieren nur noch einmal auch auf Grund dieses immerhin sympto matischen Vorganges an das wirtschaftliche und politische Verantwortungsbcwnßtsein der NcichSregierung, das in dieser Frage vor einer entscheidenden Belastungsprobe steht. Versagt sic hier, so wird der deutsch« Landwirt die Folge rung ziehen müssen, sich auch ihr zu versagen* - GrwellertoS Vllprogramm tm Serbst Berlin» 18. August. Zu der amtlichen Mitteilung über die endgültige Ernennung der Osthilfcbehörben verlautet er gänzend: Die Reichsregterung beabsichtigt, tm Herbst etn neues Gesamtprogramm zu unterbreiten, das auch alle sonsti gen Notstandsgebiete des Ostens einbeziehen soll. Minöerheitsrtzvieruns in Memel Memel, 15. August. Der vom Gouverneur ernannte neue Präsident des LandesbtrektoriumS, Ret» gyS, gab heute die Erklärung ab, er sei bereit, in die neu zu bildende Regierung auch zwei Vertreter der Mehrhritsparteien hineinzunehmen. Er stelle jedoch die Bedingung, daß der Regierung auch der großlttauisch eingestellte Lanbesobersekretär DugnuS an gehören müsse, und zwar auf ausdrücklichen Wunsch des Gouverneurs, da DugnuS Vorsitzender der Tautininka-Partei des MemclgebtcteS sei. Die MehrheitSparteten lehnten das Angebot des Präsidenten ab. Darauf erklärte RetSgyS, er werde nunmehr eine Regierung bilden, ohne die Vertreter der MehrheitSparteten überhaupt z« Lerückstchtige».