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WHelitz-Mmg Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend 68. Jahrgang. Sonnabend, den 18. Oktober 1902. Nr. 120. Inserate, welche bel der bedeutenden Auflage de» Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 12Psg., solche aus unserer Amtshaupt mannschaft mit 10 Pfg. die Spaltzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische undcomplictrte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. - Einge sandt, im redactionellen Theile, di- SpaltenzeU« 20 Pfg. Die „Wtlhrritz-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners- tag und Sonnabend und wird an den vorhergehen- denAbenden ausgegeben. Preis vierteljährlich l M. 25 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie unsere Agenten nehmen Bestellungen an. Amtsblatt für die Königliche AmLsyauptmannschast, das Königliche Amtsgericht und den Stadtrath zu Dippoldiswalde. Verantwortlicher Kedarteur: Paul Irlrnr. -- Druck und Verlag von Carl Jehnr in Dippoldiswalde. Mit achtfeitigem „Jllustrirten Unterhaltungrblatt". Mit land» und hauswirthschastlich« Monatr-Beilag«. »» Sn. k» »k Dippoldiswalde, am 14. Oktober 1902. Königliche Amtshauptmannschaft. Lossow. Die Vergütung für die von den Gemeinden im Monat Oktober dieses Jahres an Militär-Pferde zur Verabreichung gelangende Marschfourage beträgt: für 50 Kilo alten Hafer 9 M. 27,s Pfg., neuen 8 „ id Heu 3 „ 3b »» Stroh 3 „ 15 »» Auktion. Dienstag, den 21. Oktober 19V2, Vormittags 10 Uhr, sollen im Gasthofe zu Oberhäslich nachstehende anderwärts gepfändete Gegenstände, als: 1 Schreibsekretär, 1 Vertiko, 2 Kleiderschränke, 1 Kommode mit Aufsatz, 1 Sopha, 1 Sophatisch und 1. Wandspiegel gegen sofortige Bezahlung meistbietend versteigert werden. - Dippoldiswalde, am 17. Oktober 1902. o, 748/02 Der Gerichtsvollzieher des König!. Amtsgerichts. Wegen Reinigung der Rathserpedition können Montag und Dienstag, dm 20. und 21. Oktober 1902, nur dringliche Geschäfte erledigt werden. Dippoldiswalde, am 17. Oktober 1902. Der Stadtrath. Voigt. Die mazedonischen Unruhen. Noch immer licht sich über den Charakter der gegen wärtigen Wirren in Mazedonien kein bestimmtes Urtheil fällen, da die Nachrichten über dieselben noch zu wider sprechend lauten. Türkischerseits verbleibt man bei der Versicherung, daß die neuen mazedonischen Unruhen be deutungslos seien und daß die türkischen Truppen die Banden der Unruhstifter bald gänzlich zersprengt haben würden. Von Seiten des mazedonischen Komitees und seiner bulgarischen Freunde aber wird fortgesetzt behauptet, es handele sich bei den Vorgängen in Mazedonien um einen regelrechten Aufstand der dortigen christlichen Be völkerung gegen die Herrschaft der Pforte, der sich immer weiter ausbreile und die wachsenden Sympathien der Be völkerung Bulgariens besitze. Natürlich hat die türkische Regierung ein lebhaftes Interesse daran, vie jüngste Be wegung der Welt in einem möglichst harmlosen Lichte darzustellen, während die Drahtzieher der mazedonischen Vorgänge ebenso selbstverständlich bemüht sind, überall den Glauben an eine weittragende Bedeutung der letzteren .zu erwecken, die Provinz als in vollster Erhebung gegen den Sultan und seine Negierung befindlich erscheinen zu lassen. Vielleicht liegt auch hier, wie in so vielen Dingen, die Wahrheit in der Mitte, sodaß einerseits die namentlich aus Sofia kommenden Nachrichten über den angeblichen Ernst der mazedonischen Wirren als übertrieben zu be trachten wären, andrerseits indes die türkischen Darstellungen Der beunruhigenden Erscheinungen in Mazedonien zu opti mistisch gehalten sein würden. Immerhin ist wenigstens das Eine nicht zu verkennen, dah die mazedonischen Banden doch verhältnihmähig stark sein müssen, wenn sie dem tür kischen Militär so ernsthafte Gefechte zu liefern vermögen, wie es dasjenige bei Petric war. Verlor doch die dort engagirte Jnsurgentenschaar insgesammt ca. 100 Mann, während auch die Verluste der türkischen Truppen nicht unerheblich gewesen sein sollen. Auherdem beweisen die umfassenden militärischen Maßnahmen, welche die Pforte zur Bewältigung der bulgarisch-mazedonischen Banden ge troffen hat, dah sie selber die Sache keineswegs aus die leichte Achsel nimmt. Sicherlich kann zunächst im Interesse der Bewahrung der Balkanhalbinsel vor gröheren Ver wickelungen, dann aber auch im Interesse des europäischen Friedens nur dringend gewünscht werden, dah es der tür kischen Regierung bald gelingen möge, in Mazedonien wieder Ruhe und Ordnung zu schaffen. Hierbei kommt allerdings viel auf das Verhalten der Nachbarstaaten der Türkei an, wenn diese sich loyal zeigen und der rebelischen Bewegung in Mazedonien keinerlei Vorschub leisten, so würden die Truppen des Padischah mit den mazedonischen Störenfrieden gewiß auf alle Fälle fertig werden. Ru mänien kann, da es dem Schauplatz dieser Vorgänge am fernsten ist, hierbei wohl ohne Weiteres ausgeschieden werden, ganz abgesehen davon, daß seine Beziehungen zur Türkei gegenwärtig durchaus gute sind. Es bleiben also Griechenland, Montenegro, Serbien und Bulgarien. Erst:res Land grenzt bekanntlich in seinem Nordosten an Mazedonien, sodaß es infolge seiner geographischen Lage mit Leichtigkeit in die Wirren in der türkischen Nachbar provinz einzugreifen vermöchte; indessen wird dies sicherlich nicht geschehen, da eben auch das griechisch-türkische Ver- hältniß zur Zeit ein vortressliches ist. Montenegro richtet sich in seiner Stellungnahme zu den mazedonischen Händeln ganz nach seinem russischen Protektor, in Petersburg jedoch wünscht man zweifellos keine Vertiefung der mazedonischen Verlegenheiten der Pforte. Was nun Serbien und Bul garien anbelangt, so möchte jener Staat unstreitig eben falls ein möglichst freundnachbarliches Verhältniß zur Türkei pflegen, welche Absicht indessen durch die steten Ein fälle der Arnauten auf serbisches Gebiet und durch die Bedrückung der serbischen Bevölkerung in Altserbien er schwert wird. Zudem regen sich auch die in Serbien wohnenden Mazedonier zu Gunsten ihrer aufständischen Brüder, wie die sehr entschieden gehaltenen Beschlüsse einer zu Belgrad stattgefundenen großen mazedonischen Ver sammlung beweisen. Bulgarien aber stellt sich mindestens sehr verdächtig zu der mazedonischen Bewegung, es ist kaum zweifelhaft, daß letztere an der Regierung des Fürsten Ferdinand einen heimlichen Rückhalt findet, man träumt eben in Sofia mehr denn je von einer Vereinigung Ma zedoniens mit Bulgarien. Die europäische Diplomatie wird daher vor Allem der bulgarischen Regierung scharf auf die Finger sehen müssen; im Uebrigen ist es allerdings nicht unwahrscheinlich, daß der herannahende Winter der Thätigkeit der bulgarisch-mazedonischen Banden ein vor läufiges Ende bereitet. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Es sei hiermit nochmals darauf aufmerksam gemacht, daß die Erinnerungsfeier an den Turnvater Jahn vom hiesigen Turnverein nächsten Sonnabend im Stern abgehalten wird. Hoffentlich findet dieselbe zum Wohl der Turnerei von allen Mitgliedern und recht vielen Gästen eine angemessene und wünschens- werthe rege Theilnahme. — Am 15. Oktober verunglückte die bei dem Mühlen besitzer M. hier bedienstete, 23 Jahre alte Eroßmagd Sch. dadurch, daß dieselbe beim Zerschneiden von Mais auf der Häckselmaschine in die Messer derselben gerieth, wobei ihr die beiden Mittelfinger der linken Hand durchschnitten wurden, so daß sich die Ueberführung der Verletzten in das Karolahaus zu Dresden erforderlich machte. — Der Opernsänger Thomschke aus Dippoldiswalde, welcher im Stadttheater zu St. Gallen angestellt war, ist, wie von dort berichtet wird, beim Fischen in der Sitter vom Ufer ausgcglitten und in das Wasser gefallen, worin er ertrank. Die Leiche wurde gelandet. Thomschke stand im 27. Jahre. — Die offizielle Gewinnliste der neunten Wohl fahrts-Lotterie zu Zwecken der deutschen Schutzgebiete liegt in unserer Expedition zur Einsichtnahme aus. — Gesucht wird auf die Zeit bis 1. Februar n. I. ein Vikar für die zweiklassige Volksschule zu Löwen Hain bei Lauenstein. Gehalt monatlich 125 Mk., freie Wohnung und Heizung. Angebote an Bezirksschulinspektor Vang, Dippoldiswalde. — Am Sonntag ist in Coschütz an verschiedenen Punkten folgende sonderbare Warnung angeschlagen wor den: „Menschen, laßt Euch warnen, begeht keinen Selbst mord, Eure Leiden werden durch Selbstmord nicht ge mindert, sondern tausendfach vergrößert. Ihr müßt im Jenseits dieses schwerste aller Verbrechen in ungeheurer langer Leidenszeit bitter büßen, und Geistesleiden sind entsetzlich. Lebt Euer Erdenleben aus, auch wenn der Weg durch Trübsal führt." — Der Stadtgemeinderath in Geithain beschloß in der Wasserleitungsfrage, die weiteren Bohroersuche vor läufig einzustellen und die Quellen zu fassen. — Eine Zimmermannsfrau in Zwickau hatte durch ihre Ankündigungen über angebliche Heilerfolge zu einem Strafantrag wegen unlauteren Wettbewerbes seitens des dortigen ärztlichen Bezirksvereins Anlaß gegeben. Die Justizbehörde hat aber diesem Anträge nicht stattgegeben, weil nur gewerbliche Vereinigungen zur Antragstellung berechtigt seien. Frauenstein, 15. Oktober. Nachdem heute früh 9 Uhr die drei vorgeschlagenen Herren die Lehrprobe und Nachm. 2 Uhr die Kirchenprobe abgelegt hatten, wurde Lehrer Wagner aus Mahlis bei Oschatz zum Rektor und Organisten gewählt. Freiberg. Aus der Brandstelle an der Weingasse fand man am 1b. Oktober, Vormittags gegen 11 Uhr, die Leiche der Schwester des Möbelfabrikanten Heinrich, der 71 Jahre alten Frau Anders. Es bestätigt sich also die Annahme, daß die Frau, die infolge der Aufregung ihrer Sinne jedenfalls nicht mehr mächtig war, allen Mahnungen und Warnungen zuwider während des Brandes am Dienstag Abend sich nochmals in die 3. Etage begab. In dem an ihre Wohnung anstoßenden Mansardenstübchen befanden sich Kleidungsstücke rc., von denen die Frau offen bar noch Einiges retten wollte. Dabei ist die Unglückliche durch die in das Zimmer dringenden Rauchmassen erstickt. Bei dem Einbruch der Decke ist auch der Leichnam in die 2. Etage gefallen. Da die Frau vollständig in Schutt und Asche lag, war sie nur wenig verbrannt. Durch die Auf findung der Leiche erübrigen sich alle Muthmaßungen und Behauptungen, die an das Verschwinden der Frau geknüpft worden waren. Bekanntlich wollte man die Frau am Morgen nach dem Brande bestimmt in Freibergsdorf ge sehen und gesprochen haben. Auch sonst schwirrten in den letzten Tagen in unserer Stadt allerlei Gerüchte umher, die nur beweisen, wie rege die Phantasie einzelner aufge regter Gemüther arbeitet. Leipzig. Bekanntlich hat der Rath in einer den Stadtverordneten zugegangenen Vorlage über die Bewirth- schaftung des Rathskellers im neuen Rathhause seinen Beschluß kundgegeben, dort lediglich Weinbetrieb einzu führen und die Weine in eigene Regie zu übernehmen. Zur Einrichtung des Negieweinbetriebes soll aus dem Gut haben der Stadt bei der Sparkasse dem Konto Raths- weinkeller ein Kredit bis zur Höhe von 300000 M. (zur Anschaffung von Weinen, für Löhne usw.) eingeräumt werden, der mit 3>/2 Prozent zu verzinsen und aus den Erträgnissen der Stadtkellerei zurückzuzahlen ist. Der Pächter der Rathskellerwirthschaft soll verpflichtet werden, ausschließlich Weine aus der Stadtkellerei zum Ausschank zu bringen. Der Rath rechnet hierbei für die Stadtkasse auf einen beträchtlichen Gewinn. Gegen diese Rathsoor- lage sind die Leipziger Weinhändler in einer längeren Eingabe vorstellig geworden, da sie in dem Vorgehen des Rathes eine arge Eeschäftsschädigung befürchten. Die ganze Angelegenheit kam in einer kürzlich abgehaltenen Sitzung des Vereins selbständiger Kaufleute und Fabri kanten zur Wahrung berechtigter Interessen zur Sprache. Einstimmig wurde hier folgende Resolution angenommen, die Rath und Stadtverordneten übermittelt werden wird: „Der Verein selbstständiger Leipziger Kaufleute und Fabri kanten zur Wahrung berechtigter Interessen kann sich mit dem beabsichtigten Vorgehen des Rathes, die Beschaffung des Weinbedarfes im neuen Rathskeller in eigener Regie, nicht einverstanden erklären. Er erhebt schon im Prinzip Einspruch dagegen, daß die Stadt sich irgendwie in ein Unternehmen einläßt, das, wie im vorliegenden Falle, ge eignet erscheint, den steuerkräftigen Handels- und Gewerbe stand zu schädigen." Leipzig. Wegen der Meßagitationsgelder ist es zwischen der Leipziger Handelskammer und dem Stadt- verordneten-Kollegium zu unliebsamen Auseinandersetzungen gekommen. Die Handelskammer besorgt diese Agitation schon seit Jahren mit vielem Eifer, aber sie verpulvert dafür den sparsamen Stadtvätern zu viel Geld und diese haben daher an die Kammer die Anfrage gerichtet, ob sie im nächsten Jahre nicht mit 10000 M. statt mit 15000 M., wie im Vorjahre, auskommen könne. Aks Antwort darauf hat die Handelskammer der Staot pro 1903 — 18000 M. in Rechnung gestellt und dazu in