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WchMIt für MsW Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstags und Freitags. — Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne / Nummem 10 Pf. ThmM. Uchil, Menlehn md die Umgegenden. Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Jnsertionsvreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. für die Kgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrach zu Wilsdruff, No. 36. sowie für das Agl. Forstrentamt zu Tharandt. Freitag, Zen 4. Mai 1894. Auf Folium 9 des Genossenschaftsregistecs für den hiesigen Amtsbezirk ist zufolge Anzeige vom 23. April ds. Js. heute eingetragen worden, daß 1. Herr Mühlenbesitzer August Hermann Lehmann in Sachsdorf als Vorstandsmitglied infolge Ablebens ausgeschieden ist; 2. Herr Rittergutspachter Hermann Julius Risse in Klipphausen als stellvertretender Vereinsvorsteher und 3. Herr Rittergutsbesitzer Carl August Paul Grundmann in Wildberg als Mitglied des Vorstandes des Darlehns- und Sparkassenvereins zu Sachsdorf b. Wilsdruff eingetragene Genossenschaft mit unbeschränkter Haftpflicht gewählt worden sind. König!. Amtsgericht Wilsdruff, den 1. Mai 1894. Mr. LlMnNloN. Hauptübnng der städtischen und freiwilligen Feuerwehr. Sonnabend, den 5. Mai dss. Js., Nachmittags 6 Uhr, soll eine der in 8 51 des hiesigen Feuerlöschregulativs vorgeschriebenen Hauptübungen der hiesigen Feuerwehren abzehalten werden, und haben sich hierzu sämmrliche Mitglieder derselben, Abtheilungsführer und Mannschaften unter Anlegung ihrer Dicnstabze'chcn rc., bei Vermeidung der in 8 52 des gedachten Feuerlöschregulativs angebrohten Ordnungsstrafe pünktlich einzufinden. Die Versammlung findet an der Turnhalle Nachmittags V26 Uhr statt. Wilsdruff, den 28. April 1894. Der Stadtgemeinderath. Licker, Brgmstr. Tagesgeschichte. Der „Allerweltsfeiertag", der 1. Mai, ist sowohl in der Reichshauptstadt, sowie auch in anderen großen Städten des Reiches im allgemeinen sehr ruhig verlaufen; ein großer Theil der Arbeiter hat es vorgezogen, an diesem Tage ruhig zu arbeiten, froh, daß sie überhaupt Arbeit haben. W bl gab es auch Tausende, welche den Verlockungen der sozialdemokratischen Verführer Folge leisteten und diesen Tag die Arbeit ruhen ließen, um in Versammlungen die gehässigen Reden ihrer Führer zu hören, aber auch von ihnen werden nach und nach Viele zu der Einsicht kommen, daß ihre Führer nur Verführer sind und die vielen Groschen, die im Verlaufe des Jahres von dein sauer verdienten Lohn in dle sozialdemokratischen Kassen fließen, meist nur zum Wohlleben ihrer Führer Verwendung finden. Der Kaiser ist am Mittwoch Vormittag von seinen ver schiedenen Frühjahrsreisen, deren Abschluß ein Besuch des hohen Herm bei der Kaiserin Friedrich in Schloß Friedrichshof im Taunus bildet, im Neuen Palais bei Potsdam eingetroffen. Hier wird er bis Ende Juni residircn, um dann, wie schon in früheren Jahren, eine größere Nordlandsreise zu unternehmen. Doweö Panzer vor dem preußischen Kuegsministerim». Der vielbesprochene und oft probierte Dowesche Panzer hat jetzt auch die Aufmerksamkeit des KnegsministeriumS auf sich ge zogen. Am Sonnabend Nachmittag wurden Versuche im Winter garten zu Berlin vorgenommen, die darauf schließen lassen, daß dem Panzer eine große Zukunft beschieden lst. Ueber die sen sationelle Schießprobe wird berichtet: Etwa 25 Offiziere aus dem Krigsministerium, dem Generalstabe, von der "Artillerie und dein Jngenieurkorps wohnten der nunmehr auch militärisch wichtigen Probe bei. Zu ihnen zählte Oberst von Gößnitz vom Kriegsministerium, Oberstlieutenant Brinkmann, Präses der Gewehrprüfungskommission, Major Eden, von der vierten Ingenieur-Inspektion, Mitglied des Jngenieurkomitees, Haupt mann Bloch von Blottwitz, Adjutant des Direktors des allge meinen Kriegsdepartements und Andere. Ferner wurde Mr. Jackson, Mitglied der amerikanischen Botschaft, .bemerkt. Als Schützen waren, abweichend von allen bisherigen Versuchen, ein Gefreiter vom Gardejägerbataillvn und ein Sergeant vom 14. Jägerbataillon in Kolmar, mit ihren eigenen Büchsen komman- dirt. Die zur Verwendung kommenden Patronen waren in versiegelten Packeten mit zur Stelle gebracht, um jeden Zweifel von vornherein auszuschließen. Der Erfinder war bereit, seine gepanzerte Brust als Zielscheibe darzubieten, doch wies Oberst von Gößnitz das Anerbieten zurück, mit dem Hinweis, daß durch irgend ein Verlehen ein Unglücksfall eintreten könnte. Der Panzer wurde gegen einen Eichenblock so auf einen Tisch ge stellt, daß er mit der Tischplatte einen stumpfen Winkel bildete. Man wollte feststellen, ob das Geschoß in dem Panzer stecken bleibe oder in demselben Winkel zurückschlage, in welchem es getroffen habe. Das Gewehr des Sergeanten lud Oberstlieutenant Brinkmann und der erstere gab zunächst zwei Schüsse auf die Mitte des Zieles ab. Die Geschosse blieben im Panzer stecken. Dann konnte sich der Kunstschütze Martin mit seinem aner kannten Militärgewehr bitheiligen, mußte es aber gleichfalls vom Oberstli.utenant Brinkmann laden lasfin. Im Ganzen wurden aus einer Entfernung von nur zehn Schritten vierzehn Schüsse auf den Panzer abgegeben, die auf verschiedenen Stellen, zum Theil dicht an der Kante, trafen. Auf der Rückseite zeigte der Panzer nicht die geringste Spur. Daö Gesammturtheil be stätigte die schon früher erprobte Kugelsicherheit. Man hofft, daß nun auch der Kaiser einem Schießoersuche auf den Panzer beiwohnen wird. Berlin, I.Mai, Der Reichstagsabgeordnete Ahlwardt wurde heute von der 2. Strafkammer des Landgerichts wegen Beleidigung des preußischen Beamtenstandes, begangen in einer in Essen gehaltenen Rede, zu drei Monaten Gefängniß ver- urlheilt. Dem Ministerpräsidenten und dem Justizminister wurde die Publikat onsbefugniß zugesprochen. Ueber den Werlh und die Entwickclungöfähigkeit der Kolonie Deutsch-Ostafrika liegt im „Deutschen Kolonialblatt" eine Aeußerung des Kaiserlichen Gouverneurs Freiherrn v. Schele vor. Er scheidet darin zunächst zwischen den niedrig gelegenen Steppengebieten, welche sich von der Küste mehr oder weniger weit in das Innere erstrecken, und den Gebirgen und Hoch ländern, welche den größeren Theil der ganzen Kolonie aus machen. Die niederen Steppengebiete besonders, soweit sie außerhalb größerer Flußgebiete liegen, erachtet er vorläufig für die weitere Entwickelung im Interesse Deutschlands als werth- los; an sich jedoch keinesfalls, denn der Boden ist überwiegend nicht unfruchtbar, und wo augenblicklich Wassermangel herrscht, ist in späteren Zeiten durch Bcunnenanlagen u. s. w. Abhilfe zu schaffen, da in der That Wasser in geringer Tiefe fast über all vorhanden ist. Eine Kultur einheimischer Produkte, welche au.ffuhrfähig sind, durch Eingeborene, ist an den meisten Stellen möglich, sodaß eine Steigerung der Produktionskraft auch des Steppengebiets bei zunehmender Bevölkerung, größerer Seß haftigkeit derselben und genügender Anleitung zu erwarten ist. Der augenblickliche Werth dec Kolonie für Deutschland liegt aber hauptsächlich in den Gebirgen und Hochländern, und eS fft des Gouverneurs feste Ueberzeugung, daß hier ein Schatz für das Vaterland vorhanden, der bei genügender Entwickclmig gar nicht hoch genug zu schätzen ist. Die Ausdehnung des Achtstundentages auf die englischen Bergwerksarbeiter begegnet seitens der Ar beitsgeber des vereinigten Königreichs, wie überhaupt in allen denjenigen Kreisen, welche mitten im wirthschaftlichen und so zialen Leben der Nation stehen, den schwersten Bedenken. Cha rakteristisch erscheint, daß auch innerhalb des Kabinets selber keineswegs Uebereinstimmung betreffs der Rathsamkeit dieses Ex perimentes herrscht. Das immer wiederkehrende cetsrum csnseo der Arbeitgeber gipfelt in der bangen Frage: was wird aus dem Kampfe der einheimischen Industrie gegen den Wettbewerb des Auslandes, wenn die Jnlandsproduktion immer kostspieliger, die Lebenshaltung der arbeitenden Klassen anspruchsvoller sich ge staltet? Auf die Frage aber bleibt das von der Negierung an geregte System deö Achtstundentages die Antwort vollständig schuldig. Ein Ausstand der Bergleute in den Vereinigten Staaten von einem Umfang, wie man ihn bisher nur bei der vorjährigen Bewegung in England erlebt hat — die Ameri kaner freilich brüsten sich damit, daß es noch nirgends in der Welt eine Arbeitseinstellung auf so großem Fuße gegeben hat, — und der Aufmarsch "der „Arbeitslosen" unter Coreys Führung von Westen her und anderer Schaaren von Leuten dieses „Berufs" aus den Ostflaaten nach Washington hin zur Erzwingung eines Gesetzes über 20 Milliarden Mark füc öffent liche Arbeiten — das sind die neuesten, allzuhandgreifliche Be weise dafür, daß auch die vollendete Demokratie nicht im Stande ist, den Forderungen der Arbeitsleuten gerecht zu werden. Was den Ausstand betrifft, der sich auf alle Zechen mit schwarzer Kohle von Pennsylvanien, Maryland, Ohio, Illinois, Tennessee und eines Theiles von Virginien ausgedehnt hat, während die Leute in Iowa Kansas, Colorado und dem Kanawha-Bezirk nur mehr Halbschicht machen, so ist er wie gewöhnlich von den Gewerkvereinen ins Werk gesetzt worden, um eine abermalige Kürzung der Löhne zu verhindern. Ob die Gewerkvereine, deren Vorsteher M'Bride die Zahl der Feiernden auf 132 000, davon j 80000 seiner Untergebenen, schätzt, den Leuten mit der Ver- > leitung zum Ausstand einen Dienst leisten, ist höchst fraglich, die Zechen sind bei Weitem genügend beschäftigt, sie können die Arbeitseinstellung aushalten, die Bergleute dagegen sind in Folge der mangelhaften Arbeitsgelegenheit schon seit geraumer Zett in der Noth, darum haben sie gegenwärtig auch die öffent liche Meinung auf ihrer Seile. Jndcß was können di- Leute von amerikanischen Arbeitgebern erhoffen, wenn diese Unternehmer kein ganz unmittelbares Interesse an der Bewilligung der For derung ihrer Arbeiter haben? Auf dem Markte sind die Koh lenlager überfüllt. Die Einen meinen, der Ausstand würde andauern, wenn sich die noch thätigen Arbeiter ihm anschließen, die Anderen glauben unter allen Umständen an ein Ende in den nächsten vierzehn Tagen. Mittlerweile sind die Führer derGe- werkvereine eifrig an der Wühlarbeit, auch bei den Bergleuten in der Braunkohlengegend von Pennsylvanien. Da es sich ferner bei der Berathung des Zolltarifs im Senat in Washing ton nun u. A. darum handelt, ob Steinkohle aus dem Aus lande (Neufundland) frei eingeführt werden darf oder nicht, so hatte sich eine Schaar pennsylvanischer Bergleute im Senats- gebäude eingefunden, um ein Gesuch für einen Kohlenzoll an den Mann zu bringen; ein Mitglied des Hauses legte das Gesuch denn auch sofort vor, die Ueberbringer wollten jedoch das weitere Schicksal ihrer Angelegenheit abwarten. Die „Ar beitslosen" bieten der Lachlust so viele Seiten, daß die Ameri kaner nicht recht wissen, was sie an ihnen ernst nehmen sollen. Da ist neben dem Coxeyschen Gesetzantrage ein anderer unsinniger Vorschlag aufgetaucht, nämlich derjenige des New-Iorkcr Abge ordneten Duphy, von New-Jork nach San Francisco eine breite Landstraße, mit zwei Fahrwegen und einem bepflanzten Fuß gängerweg in der Mitte, sür 400 Millionen Mark anzulegen. In Washington, wo die Leute lagern und den Congreß nach den Mustern aus der französischen Revolution bestürmen wollen, bis der Coxeysche Antrag Gesetz wird, sind außer den bereits erwähnten Schutzmaßregeln auch Vorkehrungen zur Sicherung des Bundesschatzes getroffen worden, und zwar, wie es scheint, nicht nur gegen die Auszügler, sondern auch gegen die Neugierigen, die nach der Bundeshauptstadt reisen, um sich den wunderlichen Aufzug anzusehen, möglicher Weise auch, im Trüben zu fischen. Denn wie die Komödie enden wird, weiß kein Mensch zu sagen. Die Auszügler müssen in Washington gespeist werden; wer wird ihnen Nahrung reichen? Begehen sie Ausschreitungen, so wird die Polizei, verstärkt durch die Miliz, ohne Gnade in die Menge yineinfeuern. Auf alle Fälle nehmen die Kongreßmitglieder sich zusammen, daß die Schranken, innerhalb deren sie ihre geringe Weisheit auszukramen pflegen, nicht überrannt werden. Einst weilen läßt das Verhalten der auf dem Wege befindlichen Schaaren Coxeys nicht gerade das Beste ahnen. Die Behörden der verschiedenen Staaten, durch deren Gebiet der Weg nach Washington ging, thaten ihr Möglichstes, die Leute rasch los zu werden, versorgten sie mit Zehrung und veranlaßten die Eisenbahngesellschasten die unbequemen Gäste kostenfrei über die Staatsgrenze hinaus wegzufahren. Nicht allenthalben jedoch konnte diese Abschiebung bewirkt werden. Bei Council Bluffs kam es daher zu Streitigkeiten einer Coxeyschen Colonne mit den Behörden der Staaten Nebraska und Iowa. 5000 Mann des „Jndustrieheeres" hatten eine Eisenbahnbrücke besetzt, in der Absicht, einen Zug in Beschlag zu nehmen und die Ge sellschaft zu zwingen, sic nach Chicago zu fahren. Es ward Polizei aufgeboten, die „Industriellen" jedoch gingen vor, wo rauf es zu einem harten Kampfe kam, der jedoch mit derWie- dereroberung des von den Ausständigen bereits besetzten Zuges