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S7. Ja-kgm,, 17. S7MASV: >,5b0». ««nimUI^k Zu- Nevun« durch di« Post »«.lichneBrst-Uaeld». Di« den Leiern von Le»d«n u. Umgedun, a« lag« «orh«r p>- »chelUen Adent-Au». Mde« erholten dt«au». w»ttla«n «ezleder mit »« Miirgeii Äusoodc «lammen. — «ach- »ruck »ur mit deut licher Quellenangabe t^Dread. Slachr.") zu- W«. —, Un-erl-ngt« Rkanusklvte «erden »tcht ausbewahrt. Sonnabend, 18. Januar 1913. Keg^ünHst 1888 Druck und Verlag von kiepsch L Reichardt in Dresden. Telegramm-Adresse: Nachrichte» DreSde«. Femsprecher: 11 » 20V« « SS01. Qöeks Wilscifuffsr Slrasss 16 ^052sl!sn Llsingut ^t-istsü. Aazeiara-Tarts. «nuahme »,u Anlün- diaungen di« nachm. » Uhr, Sonntag« nur Moiienftrah» 28 von t> dt» >/,t Uhr. Die einspaltig« »rundpil« <ea. 8 Silben» .1» Pf, gämtti«n>Rochrtchien au« Dresden 2L Pf.» die zweispaUige Zeile -usT-rtIei>-7»Ps,die zweispaltige Reklame, «eile l,b» M. — Zn Nummern nach Sonn, und Feiertagen die einspaltige «brundzciie »s Pf., Familien. Nachrichten aus Die», den die - «brundzeile R> Pf. — Auswärtige Aufträge nur gegen Vorausbezahlung. — Jede« L-legblait lostet t°Pk- Hauptgeschäftsstelle:. Maricnstraste S8/40. I^OSlKrSALlVIL vr. Oeists I^nontl»aln«i» xe^en nickt offene frostsckäcien. Vr. Oeists xeöen offenen frost. OriLinaickose SO der. 60 pkx. Verssnci nsck auswärts. Re0«7vi»-^p«tl»vlte, Vrvsävn, H1ill»rkt-Holre. Nlülv jvlle? Irl Laisas Lcstloss-Sli-asss 34. k'ritr Qsrtner. k^IÜKs! unci ^ianinos -- Dlülkner ^ l^LKer' Llsasss 12. ALrv srtigo Ae fei", ^ Mutmaßliche Witterung: Wolkig, etwas wärmer, »eitwetse Nieserschläge, meist Schnee. Znm Präsidenten der französischen Re publik wurde im zweiten Wahlgang Poincarä ge wählt. Der französische Handelsminister David übernahm interimistisch das Ministerium des Ackerbaues für Pams. Der Kaiser nimmt heute als Souverän und Ober haupt des Schwarzen Adlcrordcns die feierliche Investitur der neuen Ritter vor. Der Reichstag bewilligte gestern das Gehalt des Staatssekretärs des Innern. Eine Wagncr-Feicr grüßten Stils bereitet das Hoftheater in Gotha vvr. Die Ehe des Prinzen Georg vvn Bauern mit der Erzherzogin Isabella Marie wurde für nichtig erklärt. Der König von Italien empfing Freitag vor mittag den bisherigen deutschen Botschafter v. Jagow in Ab s ch i e d s a u d i e n z. Die Botschafter der Mächte haben gestern in Konfta».finop,el gemeinjavr. die Kollekttvnote überreicht. In K o n st a n t i n o v e l wurden zwei junß- türkische Blätter konfisziert. Dem König von Bulgarien ist eö nach einer Wiener Meldung gelungen, zwischen Rumänien und Bulgarien eine Berstandigung anzubahncn. Poimart, der neunte Präsident der dritten sranzösischen Republik Die dritte Republik hat die Wahl ihres neuen Ober hauptes. die nach der Vorschrift der Verfassung alle sieben Jahre stattfindet, vollzogen. Ter offiziöse Draht meldet: Versailles. Im ersten Wahlgange sind 868 Stimmen abgegeben worden. Die absolute Majorität be trägt ISS Stimmen. Es erhielten Poincarö 12». Pams 887. Vaillant 03. Dcschancl 18 und Ribot 16 Stimmen. Die übrigen Stimmen waren zersplittert. Zur Wahl Poincarös fehlten demnach 6 Stimme«. Versailles. Zum Präsidenten der Republik wurde im zweiten Mahlgänge Poincarö gewählt. Im S. Mahlgang entfielen ans Poincarö 48S Stimmen, auf Pams SS«, ans Vaillant SV. DaS Resultat wurde vom Kongreß mit Begei sterung ausgenommen. Herr Poincarö ist also der von der Versailler Nationalversammlung Erkorene, dem nach Herrn Falliöres die höchste von der dritten Republik zu vergebende Staats- Würde zufällt, und der als neunter Präsident in daS Elysöe einzieht, wo vor ihm der Reihe nach Adolphe Thiers, Mac Mahon, Jules Grövn, Sadt Carnot, Casimir Pörier, Felix Faurc, Emile Loubct und Armand Fallisres als Staatsoberhäupter walteten — „thronten" kann man ja in diesem Falle nicht sagen. Um die Bedeutung dieser Wahl richtig zu würdigen, mutz man sich die gesamte inner politische Lage, wie sic sich zurzeit in Frankreich gestaltet hat, vergegenwärtigen. Die politischen Verhältnisse, unter denen sich die dies malige Präsidentenwahl abgespielt hat, kennzeichnen sich dadurch, daß eine seit dem Bestände der Republik nicht in gleicher Stärke vorhanden gewesene Sehnsucht nach Stär kung der staatlichen Autorität weite Kreise der Bevölkerung erfaßt hat. Die gemäßigten Republikaner sind infolge dieser Entwicklung in den Vordergrund getreten und haben im Bunde mit der Rechten ein so kräftiges Bollwerk gegen den Radikalismus errichtet, daß diesem um seine seit langen Jahren unbestritten behauptete Vorherrschaft ernst lich bange geworden ist. Im Zusammenhänge mit dieser neuerwachten Sehnsucht nach einer starken Hand, nach einer ausgeprägten kraftvollen Persönlichkeit im Elysöe har die öffentliche Meinung Frankreichs auch die bisherige Ausübung der verfassungsmäßigen Befugnisse des Prä sidenten scharf unter die Lupe genommen und dabei ge funden. daß der Präsident der dritten französischen Re- publik durchaus nicht der gehorsame Diener -es jeweiligen Ministerpräsidenten, eine bloße Form ohne Inhalt, eine einfache Rcpräsentationssigur zu sein braucht, wenn er nur den ernstlichen Willen hat, seine Selbständigkeit nachdrück lich zu behaupten. Ter Präsident der französischen Re publik hat ganz erhebliche Rechte. Er schreibt die Wahlen aus. beruft das Parlament ein und vertagt cs, auch die Auflüsttngsbesugnis steht ihm, allerdings nur mit Zustim mung des Senats, zu, er sanktioniert die Gesetze und hat die gesetzgeberische Initiative, ihm steht cs zu, mit dem Parlament in der Form von Botschaften zu verkehren und darin programmatische Richtlinien aufzustcllen, er ernennt nach freier Wahl die Minister und hat — zuletzt, nicht am wenigsten — eine weitgehende Verfügung über die drei ge waltigen staatlichen Machtmittel, Beamte, Heer und Finanzen. Dazu kommt dann noch das wichtige Vorrecht des Vorsitzes im Ministcrratc, das einer geeigneten willcns- kräftigen und zielbcmutzten Persönlichkeit fortgesetzt die denkbar beste Gelegenheit bietet, die Dinge in ihrem Sinne zu beeinflussen und zu lenken. Wie ist aber diese umfassende Machtbefugnis im Laufe der Zeit durch Nichtgebrauch zusammcngeschrumpft! Thiers und Mac Mahon versuchten mit Energie ihre verfassungs mäßigen Rechte geltend zu machen und mußten dafür büßen, indem man sie zum Rücktritte zwang. Später haben nur noch Grevy und Carnot den Versuch zu wieder hole» gewagt, insbesondere nach der Richtung, daß sie neue Kabinette aus einer ihnen genehmen Minderheit zu- sammensetztcn. Seitdem aber hat sich die französische Prä sidentschaft unaufhaltsam in dem Sinne einer völligen Unterwerfung unter die Ministerpräsidentschaft und die Parlamentsmehrheit entwickelt, so daß heute der eigentliche Herr in Frankreich der jeweilige Kabinettschef ist, und mit ihm regiert natürlich die von ihm versorgte Mehrheit, der er entnommen ist. Gerade an dieser entscheidenden Stelle, der Ernennung des Ministerpräsidenten, wo der Präsident sich in so einschneidender Weise betätigen kann, haben die Vertreter des höchsten Staatsamtcs der dritten Republik so gut wie gänzlich versagt und sich mehr und nuchr zu bloßen ausführenden Organen des parlamentarischen Mehrheitswillens Herabdrücken lassen, auch von einer Bot schaft des Präsidenten an daS Parlament ist schon längst keine Rede mehr. Die gemäßigten Republikaner verlangen nur im Ver ein mit den übrigen von staatscrhaltendcn Absichten ge leiteten Bevölkerungskreisen, daß der neue Präsident seine verfassungsmäßigen Befugnisse wieder stärker betonen und sich aus der „Gefangenschaft des Ministerpräsidenten" be freien solle, um seine Individualität in der Leitung der Geschicke Frankreichs nach innen und außen zur Geltung zu bringen. Diese Richtung vertritt Herr Poin carö, im Gegensatz zu seinem politischen Nebenbuhler, dem Ackcrbauminister Pams, der ganz im Fahrwasser des autoritätsfeinöltchen Radikalismus segelt. Das neue französische Staatsoberhaupt wird sich aller Voraus sicht nach nicht mit einer passiven Nolle begnügen, sondern seine Ueberzcugungen öurchzusctzen suchen. Insofern be sitzt die diesmalige Versailler Präsidentenwahl eine be sondere programmatische und grundsätzliche Bedeutung. Es kann von ihr nicht nur eine Wandlung im J'n n c r n im staatscrhaltenden Sinne ausgehen, sondern auch die äußere Politik der Republik wird wohl von der Ein wirkung des stets lebhaft bas Prestige Frankreichs be tonenden Patriotismus Poincarös nicht unberührt bleiben. Was das für Deutschland bedeutet — Herr Poincarö ist geborener Lothringer —, mutz abgewartet werden. Es braucht nicht notwendig eine Verschärfung der beiderseiti gen Beziehungen herbeizuführen, ist aber jedenfalls ein Faktor der Unsicherheit, der bei der gegenwärtigen Welt lage auf unserer Seite besondere Beachtung verdient. * Die einzelnen Wahlgänge gingen im Versailler Schlosse unter lebhafter Erregung vor sich, zumal der persönliche Streitfall zwischen Poincarö und Clcmenccan die Hemmung wesentlich verschärfte. Die Vor gänge der Wahl finden ihre anschauliche Schilderung in den nachstehend wicücrgegcbenen Telegrammen. Zunächst geben wir folgendes Situationsbild. Versailles. Im Palais herrscht reges Leben. Vom frühen Morgen an haben zahlreiche Journalisten aus der ganzen Welt sich den Parlamentsberichterftattern 'zugcsellt. Die Bahnhöfe sind militärisch besetzt, ebenso ivie die ganze Bahnstrecke. Die Kunstdenkmäler werden sorgfältig bewacht. Der Himmel ist grau; ein bleicher Sonnenstrahl bricht bis weilen hervor. Die Parlamentarier erscheinen in großer Anzahl und erörtern in angeregter Stimmung die Wahl- aussichtcn. Die Wahlparolen. Versailles. Im Versailler Königspalast sowohl als auch im „Hotel des Reservoire" halten radikale Führer Kon- vertikel. Sie geben das Schlagwort aus: Poincarö im Elysee bedeutet ll Jahre persönlichen Regi ments und die nationalistische Diktatur mit Herrn Millc- rand au der Spitze des Heeres, das er den Icsnitcnzög- lingen ausliefert, und Herrn Briand als Oberhaupt der Verwaltung, für die er mit den Klerikal-Reaktionären einen Pakt geschlossen hat. Tie Anhänger Poincarös begnügen sich damit, zu sagen, daß der Ackerbauministcr Pams ein Waschlappen sei, während die äußere und innere Lage gegenwärtig einen Mann des Willens und der selbständigen Gedanke» erfordert. Der erste Mahlgangs Versailles. Tic Sitzung des Kongresses hat um l Uhr 7 Min. begonnen. Ter Letzte der Abstimmcndcn legte seinen Stimmzettel um 3 Uhr in die Urne. Versailles. Poincarö ist um Mittag im Automobil im Schlosse cingctrvffen. Ein Geisteskranker, der vor dem Schlosse behauptete, er habe Anrecht auf die Präsj dcutscl-ast der Republik und dabei einen Revolver zog, wurde verhaftet. Versailles. (Nationalversammlung.) Der Saal und die Galerien sind bis auf den letzten Platz dicht besetzt. Bei der Eröffnungsrede des ScnatSpräsidcntcn D u b o st erscholl eine Stimme „Vive lc Koi!", hie jedoch sofort n i cd e r g e s ch r i en wurde. Sodann versuchte der B o n a- partist Dijon eine Kundgebung, indem er ausrief, daß der Präsident der Republik durch das Volk ge wählt werden sollte. Die Radikalen erhoben stürmische Protcstrufe und schrien Dijon nieder. Die Abstimmung begann mit dem Buchstaben T. Als der Sozialistenführer Vaillant seine Stimme abgab. wurde der Ruf laut: „Vive la sociale!" Vaillant deutete aus das zu Häuptcn hängende Bild der Gcneralstanten von 1789, als wollte er sagen: „Wir brauchen eine neue Revolution." Paris. Es heißt, daß ein Teil der Konservativen im ersten Wahlgang Stimmenthaltung geübt habe, um für den zweiten Wahlgang Poincarö gegenüber gewisse Bedingungen für ihre Stimmen stellen zu können. Ribot und DcSchanel haben ihren Freunden erklärt, daß sic ihre Kandidatur wenigstens für den ersten Wahlgang auf recht erhalten. Man hält cs unter diesen Umstünden für wahrscheinlich, daß ein zweiter Wahlgang notwendig ivird. Versailles. Eine Deputation von Parlamentariern be gab sich zu Pams, um ihn zur Zurückziehung seiner Kandi datur zu veranlassen. Pams hat hierauf keine Antwort erteilt. Versailles. In den Mahlgängen legt Pcllctan aufgeregt die Notwendigkeit einer neuen Kandidatur dar, um den Zwistigkeiten ein Ende zu machen. Stimm zettel mit verschiedenen Namen liegen gedruckt vor. Die meisten geben ihre Stimme ab, ohne daß cs zu Kundgebun gen kommt. Als jedoch Pams ridr der Urne erscheint, wird er von zahlreichen Bänken mit Beifall begrüßt. Zu einer ähnlichen Kundgebung kommt es darauf im Zen trum und auf der Linken, als Poincarö zur Stimm abgabe schreitet. Die Beratungen der Deputierte». Versailles. lPriv.-Tel.) Die Fraktion der Rech ten in Kammer und Senat beschloß, ihren Mitgliedern freies Votum cinzuräumen. Tic Mehrzahl von diesen dürfte für Poincarö gestimmt haben. Paris. Wie verlautet, herrscht in der Gruppe der ver einigten Sozialisten, welche dem ersten Senior Vaillant ihre Stimmen geben wird, bezüglich der Abstimmung für den zweiten Wahlgang Meinungsverschiedenheit. Gegen 60 Sozialisten sollen beschlossen haben, ihre Stimme Pams zu geben, der selbst für Poincarö stimmen ivill. Der Streit zwischen Poincarö und Clömcncea«. Paris. Nach der Zusammenkunft im Senat am Don nerstag richtete Clömenceau an den Ministerpräsiden ten Poincarö einen Brief, dessen Inhalt Poincarö für beleidigend hielt. Dieser Brief gab den Anlaß, daß der Ministerpräsident seine Kollegen Briand und Klvt; zu Clömenccau sandte, um von ihm Aufklärung zu ver langen. In dem Schreiben erhebt Clömenccau scharfe Vor würfe wegen der von Poincarö veröffentlichten Note über die am Donnerstag von den Deputierten der Linken bei ihm unternounnencn Schritte. Man glaubt sogar, daß dieser Zwischenfall eine D n c l l f v r d c r n n g zur Folge haben werde. Versailles. Poincarö hat in seinem Streitfall mit Clömcncea» seine Ministcrkollegen Briand und Klotz als Sekundanten namhaft gemacht. Die in der National versammlung herrschende Erregung wurde durch diesen Zwischenfall ersichtlich noch vermehrt. Unter den während der Abstimmung in den Wandclgängcn versammelten Par lamentariern fanden stürmische Auseinandersetzungen statt. Es heißt, daß der radikale Deputierte Mouziö dem unab hängigen Sozialisten Bon-wur, der eifrig für Pams agi tierte, eine D u e l l so r d e r u n g übersandt habe. -» Poincar ö Lebenslauf. Poincarö ist aus der Partei der republika nischen Opportunisten hcrvorgcgangcn,- er ist ein gemäßigter Mann und hat eine ziemlich geränschlM,