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WchUWckMWW Wochen- und Nachrichtsblatt zugleich 8tschW-AnztM fn Söhners, MLlitz, Bernsdorf, Wims, St. KBit«, HciilrichÄrt, Naneiiliil M Miilsen. Amtsblatt für den Stadtrat ;« Lichtenstein. 4«. Jahrgang. Nr. 101. Sonnabend, den 3. Mai 1890. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer 10 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespaltent Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. GiRkommeNsteuer fällig! Tagesgeschichte. *— Lichtenstein, 2. Mai. Der seit langer Zeit vielbesprochene Tag, der 1. Mai, ist nun vorüber gegangen und es haben sich alle Befürchtungen, welche sich an denselben — wir sprechen nur von auswärts — knüpften, als völlig grundlos erwiesen. Ruhig und friedlich hat die Ärbeiterschaft, namentlich auch in großen Städten, ihr Tagewerk vollendet und von nirgends verlauten darüber unerfreuliche Nachrichten. Auch in unserem ganzen Bezirke gingen die Arbeiter friedlich an ihre Beschäftigung und von keiner Seite wurden Klagen laut. Es ist dies erfreulich und ge wiß ein gutes Zeugnis von der Ordnungsliebe und dem gesunden Sinn, welcher in den Kreisen der Arbeiterschaft herrscht, und was gewiß jeder Recht denkende mit Freuden begrüßen darf. *— Der Wahlverein L.-C. hatte für den Abend des 1. Mai im Hentschel'schen Gasthofe hier eine Abendunterhaltung, bestehend aus Deklamation, Ge sangs- und musikalischen Vorträgen arrangiert. Die Beteiligung bei dieser Festlichkeit war eine zahl reiche und ist zur Zufriedenheit aller Teilnehmer verlaufen. — Die Berichte der Königl. Gewerbeinspektoren über das Jahr 1889 sind soeben erschienen. Die selben geben in der gewohnten ausführlichen Weise eingehenden Bericht über alle Verhältnisse der Fabrikarbeiter, sowie über Gang und Stand der Industrie unseres Sächsischen Vaterlandes. Das Jahr 1889 ist für die Industrie trotz mancher Fähr nisfe doch ein recht gutes gewesen. Selbst einige der Geschäftszweige, welche bisher als notleidende zu bezeichnen waren, ließen eine Besserung ihrer Lage erkennen. — Infolge der Einführung des rauchlosen Pul vers werden nach der Meinung eines ungarischen Militärschriftstellers verschiedene Neuerungen in der Ausrüstung des Heeres erforderlich sein. Zunächst ist auf Mittel zu sinnen, um ganze Truppen sowohl wie einzelne Schützen aus der Ferne schwer bemerk bar zu machen. Von der Uniform des österreichisch ungarischen Heeres wurden bereits die glänzenden Bestandteile, wie Knöpfe rc., ausgeschieden, die Ge wehrläufe glanzlos gemacht und es soll nunmehr auch die Brünierung von Klinge und Scheide des Offizierssäbels dr>ngend notwendig geworden sein, da das Anrücken des Feindes zuerst stets durch das jähe Aufblitzen de. Offizierssübel verraten wird. Als Farbe der künftigen Uniform wird Mohrengrau vorgeichlagen, weil dasselbe vom Erdboden am wenig sten absticht. Diese Uniform ließe sich dann mit grüner oder dunkelroter Ve.schnürung verzieren, da der äußere Schmuck das Selbstgefühl des Soldaten hebt. Außerdem wären sämtliche Offiziere mit vor züglichen Fernröhren zu versehen, ferner mindestens bei jeder Division ein besonderer Beobachtungsdienst durch beförderungsfähige Uallons caxtik8 zu organi sieren, von welchen der beobachtende Offizier seine Wahrnehmungen mittels Telephon herabgelangen lassen kann. Endlich müßte nach den Vorschlägen des ungarischen Fachmanns zwischen den einzelnen Kommandanten und im Gefechte befindlichen Trup penkörpern ein intensiverer Verbindungsdienst ein gerichtet werden. — Nicht unwichtig dürfte überdies die Mitteil ung sein, daß vor genau 100 Jahren die heftige Bauernrevolte in der Chemnitzer Gegend und in der Meißener, Nossener, Oschatzer, Großenhainer und Lommatzscher Pflege stattfand. Die Bauern ver langten mit der Waffe in der Hand, geleitet von vielen Uebelgesinnten, von den Gutsbesitzern und Frohnherren „Freiheit und Gleichheit!". Der Vize kanzler ließ das Tumult-Mandat veröffentlichen und das konsignierte Militär schaffte durch scharfes Eingreifen in kurzer Zeit Ruhe. Von 209 Verhaf teten wurden 34 als Rädelsführer auf die Festung Königstein gefangen gesetzt und bei Wasser und Brot größtenteils geschlossen als Baugefangene in der Georgenburg 1 bis 7 Monate in Haft gehalten. — Nach dem Tuchmeßberichte ist die jetzige Leipziger Ostermesse gänzlich ungenügend ausgefallen. Die Zufuhr war in allen Artikeln stark, die Tages frage mäßig. Abschlüsse sind nur zu gedrückten Preisen erzielt worden. — Dresden, 1. Mai. Hier ist alles ruhig. Die Versammlungen unter Bebel find Singer verliefen ruhig. — Se. Mas. der König hat dem Verbände sächsischer Gastwirte in Anerkennung seiner Teilnahme an der Feier des achthundertjährigen Bestehens des Hauses Wettin, die aus diesem Anlaß gestiftete Erinnerungsmedaille mittelst Anerkennungsschreibens verliehen. — Ueber das in C h e m n i tz und auch ander wärts am vorigen Sonntag beobachtete Meteor sind dem hiesigen Königlichen meterologischen Bureau folgende Mitteilungen zugegangen: In Groß harthau bei Stolpen wurde das Meteor abends 1<N/t Uhr bemerkt, und zwar in der Richtung von Nord nach Süd. Es zeigte die schönsten Farben in Veränderung. In Rennersdorf bei Stolpen wurde die Erscheinung ebenfalls beobachtet. Zu derselben Zeit wurde in Seifhennersdorf eine Feuerkugel beobachtet, welche sich in mehrere Lichter verteilte, auch wurde ein Rollen gehört. — Zwickau, 1. Mai. Im hiesigen Kohlen revier, sowie in den Fabriken wird ruhig gearbeitet, nirgends fand eine Ruhestörung statt. — Die Kgl. Amtshauptmanuschaft Glauchau veröffentlicht folgendes: Gesuche um eine Beihilfe aus Staatsmitteln zur Begründung oder Erweiterung von Volksbibliotheken für das laufende Jahr sind bis längstens den 1. Juni dieses Jahres anher einzureichen. Derartige Gesuche müssen eine Angabe darüber ent halten 1. wer Eigentümer der Bibliothek werden soll oder ist und inwieweit bereits bestehende Volkbiblio theken in Frage kommen, 2. wer die Bibliothek ver waltet, 3. wieviel Bände dieselbe umfaßt, 4. wann dieselbe begründet wurde, 5. wie dieselbe benutzt wurde, namentlich wieviel Bände ausgeliehen wurden, 6. welche Zuwendungen dieselbe aus den Mitteln der Gemeinde (Kirchen-, Schul- und politischen Gemeinde) und 7. wieviel, beziehentlich in welcher Höhe dieselbe bisher Staatsbeihilfen erhalten hat. Bei ihren Vor schlägen für Bewilligung von Staatsbeihilfen an VvlUbibliothekeu hat die Königl. Amtshauptmannschaft übrigens darauf Rücksicht zu nehmen, daß die Zahl derjenigen Volksbibliothcken, welche um Staatsunter stützung nachsuchen, in stetiger Zunahme begriffen ist. Es haben daher diejenigen Volksbibliotheken, welche schon seit längerer Zeit alljährlich Staatsbeihilfen er halten haben, eine Befürwortung ihrer Gesuche nicht zu erwarten. Auch ist für Befürwortung von Unter stützungsgesuchen der Umstand von maßgebenden Ein flüssen, ob und beziehentlich in welchem Umfange die einzelne Bolksbibliothek Zuwendungen aus den Mitteln der Gemeinde (Kirchen-, Schul- und politischen Ge meinde) erhalten hat. — In G l a u ch a u ist, bis auf geringe Ar beiten, nun der Abbruch des mittleren Thorturmes, jenes veralteten Banwerks, das die Passagiere hemmte und angrenzenden Wohnhäusern das Licht entzog, zu Ende geführt. — Waldenburg, 1. Mai. Se. Durch laucht der Fürst von Schönburg-Waldenburg ist gestern Abend von Glatzen kommend auf hiesigem Schlosse wieder eingetroffen. — Im Schützenhaussaale in Mittweida brach am Sonntag während des Tanzes, welchen er zusah, der Techniker Preiß aus Königshütte in Schlesien Plötzlich tot zusammen. — Der zwölfte Sächsische Feuerwehrtag soll in diesem Jahre vom 19.—21. Juli in Zittau abge halten und mit einer „Ausstellung von Gegenständen aus dem Gebiete des Feuerlöschwesens" verbunden werden. Um den Besuchern ein möglichst vollstän diges Bild vor die Augen führen zu können, soll die Ausstellung das Gebiet des Löschwesens und aller damit im Zusammenhang stehenden Einrichtungen um fassen, welche geeignet sind, die Feuersicherheit zu er höhen, das Ausbrechen von Bränden zu verhüten oder zu beschränken, zur Anschauung gebracht werden. Es ergeht daher durch den Ausstellungs- und Bauaus schuß für den zwölften Sächsischen Feuerwehrtag, Vorsitzender Rudolf Poppe-Zittau, an alle Interessenten die Einladung, die Ausstellung mit ihren Erzeugnissen zu beschicken. Die geräumige Turnhalle nebst an stoßendem Turnplatz, auf dem überdachte Hallen er richtet werden sollen, bietet ausreichenden Raum zur beguemen und sachgemäßen Ausstellung aller einge sendeten Objekte. Die Anmeldung hat „bis zum 15. Juni" zu erfolgen und sind darauf bezügliche Formu lare durch Rudolf Poppe-Zittau zu beziehen. Als Programm für den zwölften Sächsischen Feuerwehr tag hat man in Aussicht genommen: Sonnabend, den 19. Juli: Empfang der Gälte am Bahnhofe; Eröff nung der Ausstellung; Verteilung der Karten in der Restauration Burg (am Bahnhofe); abends Begrüßung und Festkommers, wenn nötig in zwei Lokalen. Sonntag, den 20. Juli: Weckruf; Schulübungen; Delegiertenversammlung in Stadt Prag; bis 1 Uhr Concert auf dem Markte. Nachmittag: Festzug nach der Weinau; Sturmangriff der Zittauer Feuerwehr; Concert mit Gesang; Illumination. Montag, den 21. Juli: Landesausschnßsitzung,technischeVorführungen; Partie nach dem Oybin. Die Festschrift (verfaßt vom Stadtrat Korschel) ist fast vollendet. Z Berlin, 1. Mai. Die Stadt ist ruhig. Die Straßen bieten das gewöhnliche Bild. Die Fabrik von Ludwig Löwe ist vollständig in Betrieb, nur etwa fünzig Arbeiter sind ausständig. Eine nicht besonders zahlreiche Morgenversammlung Feiernder wurde leicht durch einen Schutzmann zerstreut. In der Frister L Roßmann'schen Nähmaschinenfabrik arbeitet Alles bis auf fünf Mann. Eine große An zahl Feiernder begab sich heute Morgen nach dem Grunewald und anderer Ausflugsorte in der Nähe Berlins. Ans den Vorstädten sind bisher keinerlei Unruhen gemeldet worden. 8 Kaiser Wilhelm ist am Donnerstag von der Wartburg wieder in Berlin eingetroffen. In Thüringen war dem Kaiser das Jagdglück günstiger, als in den Vogesen, er hat im Wasunger Revier mehrere Auer- hähne erlegt. — Wenn übrigens der Berliner Korre spondent der „Times" recht unterrichtet ist, so geht derKaiser mit dem Planeum, einen neuen internationalen Kongreß einzuberufen, auf welchem die Mittel erörtert werden sollen, durch welche versucht werden dürfte, „den Bewegungen der Führer des internationalen Sozialismus Einhalt zu thun." Z Der bisherige Reichstagspräsident, Herr von Levetzow, hat sich jetzt bereit erklärt, auch für die neue Session den Posten des ersten Präsidenten wieder zu übernehmen. Das Centrum ist damit einverstanden und so ist die Wahl des Herrn von Levetzow sicher. Den ersten Vizepräsidenten stellt das Centrum, den zweiten die freisinnige Partei. Bestimmte Persönlich keiten sind bisher nicht genannt worden.