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Amts Blatt des Aönigl. Amtsgerichts und des SLadtrathes AuLsnih Erscheint: Mittwoch und Sonnabend. Inserats sind bis Dienstag u. Freitag, Vorm. 9 Uhr aufzugeben. Preis für die einspaltige Cor« puszeile (oder deren Raum) 10 Pfennige. KescHäftsslsllen bei Herrn Buchdruckereibes. Pabst in Königsbrück, in den An« noncen-Bureaus von Haasen stein L Vogler u. „Jnvaliden- dank" in Dresden, Rudolph Moste in Leipzig. Als Beiblätter: 1. Illttstr. Sonntags- ktatt lwöchentlichs, S. Kins landrvirtH- scHastticHe Weikage (monatlich 1 Mal). Abonnements-PreiS: Viertcljährl. 1 M. 25 Pf. Auf Wunsch unentgeltliche Zusendung. c schenk ^sür Pulsnitz, Lönigsbriick, Radeberg, Radeburg, Moritzburg uud Umgegend Rr. 16 22. Februar 1890 Sonnabend Druck uud Vrm, »u^L F-ch-r's E-d.u Sweiundvierffgstsr Jahrgang. PMnktz"'"""" Zmangsverstelgernng. Das im Grundbuche auf den Namen Johann Gotthelf Hommel eingetragene Hausgrundstück Folium 1M des Grundbuchs und Nr. 120 L. des Flurbuchs für Großnaundorf, geschätzt auf 45 Mk. soll im hiesigen Amtsgerichte zwangsweise versteigert werden und ist der 2«. März 189», Vormittags 9 Uhr als Anmeldetermin, ferner der 1». April 189«, > Vormittags 9 Uhr als Bersteigerungstermin, sowie Ser 17. April 1899, Vormittags 11 Uhr als Termin zu Verkündung des Vertheilungsplans anberaumt worden. Die Realberechtigten werden aufgefordert, die auf dem Grundstücke lastenden Rückstände an wiederkehrenden Leistungen, sowie Kostenforderungeu, spätestens im An meldetermine anzumelden. Eine Uebersicht der auf dem Grundstücke lastenden Ansprüche und ihres Ranqverhältnisses kann nach dem Anmeldetermine in der Gerichtsschreiberei des unterzeichneten Amtsgerichts eingesehen werden. " " Pulsnitz, am 17. Februar 1890. Das Königliche Amtsgericht. Dr. Hempel. Söhnel, G.-S. Bekanntmachung. Montag, den 3. März 1890, Vormittags 9 Uhr zweite diesjährige öffentliche Sitzung des Bezirksausschusses. Die Tagesordnung ist aus dem im amtshauptmannschaftllchen Gebäude befindlichen Anschläge zu ersehen. Kamenz, am 20. Februar 1890. Königliche Amtshauptmannschaft. Von Zezschwitz. Bekanntmachung, Wegesperre betreffend. Für die Zeit des jetzt mit der Anfuhre des Steinmaterials beginnenden Neubaues der Uhyst-Siebitzer Straße in Kleinhänchener Flur wird dieselbe von heute ab bis zur Beendigung des Baues für den öffentlichen Verkehr gesperrt von der Uhyst-Kleinhänchener Grenze ab bis zur Kreuzung mit dem Jiedlitz-Kleinhänchener öffentlichen Ver kehrsweg; der Durchgangsverkehr zwischen Uhyst und der Kamenz-Bautzener fiscalischen Straße wird auf die von Uhyst über Jiedlitz und Schweinerden nach dieser Straße führenden öffentlichen Verkehrswege, bez. von Jiedlitz ab über den Jiedlitz-Kleinhänchener Weg nach Siebitz gewiesen. Zuwiderhandlungen gegen diese Sperre werden mit Geldstrafe bis zu 60 Mark nach H 366a. des Reichsstrafgesetzbuchs bestraft. Kamenz, am 18. Februar 1890. Königliche Amtshauptmannschaft. von Zezschwitz. Die Lage der deutschen Provinzen Rußlands. Die Ostseeprovinzen zeichneten sich vor den übrigen bisher durch ihr germanisches Staatsleben aus. Erst durch die Deutschen wurden jene zivilisirt. Die Deutschen selbst fühlten sich dort glücklich und waren auch eifrig bestrebt, ihre Nationalität stets aufrecht zu erhalten. Deutsch hatten sie sich erhalten, als sie mit Peter dem Großen jene Ver träge schlossen, in welchen sie sich ausbedungen, daß die deutsche Nationalität in diesen Landen immerhin gewahrt bleibe, daß sie dafür aber auch treue Unterthanen sein würden. Ein Jahrhundert später noch, als man nach Niederwerfung Napoleons über die Zugehörigkeit zu Ruß land frohlocken konnte, wurde in den deutschen Provinzen doch nicht die Stammesabkunft vergessen und blieb der deutsche Sinn erhalten. Als mit dem Abschluß des Krim- krieges die Fesseln sich lösten, welche jedes geistige Leben in Rußland gefangen hielten, fand man bei dem ersten baltischen Sängerfeste in Riga im Jahre 1861 nichts Son derbares darin, als plötzlich unter freiem Himmel aus mehr als 10,000 Kehlen das Lied „Was ist des Deutschen Vaterland" erscholl. Es erregte dies damals so wenig Anstoß, daß nur wenige Wochen später Alexander ll. sich äußerte, wie wohl er sich in seinen treuen deutschen Pro vinzen befinde, und daß er deren Deutschthum als berech tigt und dem Staatswohl zuträglich anerkannte. Wie schnell sollte sich das ändern! Nach dem Prager Frieden verkündete Alexander II. in russischer Sprache, das Staatswohl bedinge die Zusammen schmelzung des russischen und deutschen Elementes in eine Faniilie. Allmählich vollzog sich dann auch diese Anord nung. In den baltischen Provinzen war die Gemeinde-, Stadt- und Landesverwaltung deutsch. Dieser Zustand wurde 1877 durch Einführung der russischen Städtever waltung zerstört. Im gleichen Jahre wurden Livland, Esthland und Kurland durch ein Gesetz überrascht, welches sie zu den Steuern von Grund und Boden des gesammten Landes heranzog. Bald wur e es noch schl'inmer und zwar als nach dem unseligen Kaisermorde vom 13. März 1881 Kaiser Alexander auf den Thron gelangte. Diesem war von Jugend auf von seinen Erziehern ein Widerwille gegen alles Deutsche eingeflößt worden. Während der Monate lang währenden seelischen Niedergeschlagenheit des neuen Kaisers wurde von gewisser Seite Alles angewendet, ihn in dieser Zurückgezogenheit zu erhalten, damit er über die wahren Zustände Rußlands im Unklaren bleibe. Es kam bald eine Periode, wo Mord, Brandstiftung u. s. w. gut geheißen wurden, wenn sie nur gegen die Nihilisten aus gebeutet werden konnten. Alles das wirkte auch auf die deutschen Lande zurück. Ein allerhöchster Befehl entzog bald den Richtern in den deutschen Marken die Aburtheilung über alle Vergehen, welche bei der Untersuchung für politische erklärt wurden. Und in dieser Weise ging es immer weiter. Die Gouverneure thaten natürlich auch das Ihrige. Schließlich wurde der wirksamste Hebel angesetzt, um deutschen Sinn und deutsche Sitte zu unterdrücken: Kirche und Schule wurden russifizirt. Mischehen zwischen An hängern griechischer und evangelischer Konfession wurden für ungültig und die Kinder aus solchen Ehen für außer ehelich erklärt, wenn die Eltern sie nicht der griechischen Kirche überließen. Die Schulen werden russifizirt, indem die deutsche Sprache verboten, die russische dagegen einge führt ist. Wenn es so fort geht, wird bis zum August 1892 die Dorpater alma mator, die einzige deutsche in Rußland verschwunden sein. Zwar hat man versucht, durch Privatschulen das Deutschthum zu erhalten. Allein die Regierung entzog diesen die Konzession, als sie sah, daß durch solche Privatschulen die Landesschulen entvölkert wurden. Die Schulen werden russisch gemacht, damit die Kinder auf ihre deutsche Abstammung nach und nach ver gessen. Schon an der Wiege müssen schließlich nur noch russische Schlummerlieder klingen. Es ist daher begreiflich, daß sich die Leute in den baltischen Ländern unglücklich fühlen, um!omehr als sie alle Vergewaltigungen geduldig und scksweigsam über sich ergehen lassen müssen. Es wird indessen vielleicht doch einmal die Stunde der Befreiung kommen! Sollte dereinst wieder einmal der Kriegsruf tönen, dann tönt mit ihm vielleicht auch der Glockenschlag jener Stunde, welche für die Balten den Zaubernamen „Befreiung" führt!