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Dresdner Journal : 29.01.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-01-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189001298
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18900129
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18900129
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1890
-
Monat
1890-01
- Tag 1890-01-29
-
Monat
1890-01
-
Jahr
1890
- Titel
- Dresdner Journal : 29.01.1890
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Mittwoch, den 29. Januar, abends. 18S0. Hsg. Vrviäso viertaljLkrlicb S LV kk, d«i äev L»i«r1. äsutiobea vi«rt«I ^Ldrtict» 8 »u»,orl>»lb 6«, cleutiekeo Itsict»«« tritt?o»t- uoä Ktewpvlruicklnss bmru. Lwrviov lsawwera: 10 kk. X»kv»cklx»ox»8vkvlir«» r t'ür äea Kaum eioer ^e»p»Iter>eo Leil« tllsinsr 8vkri1t SO ?k. Vvt«r „8>llsss»»Lät" äis Avils bü kk. Lsi I>»belle»- uuU Aikvrustdtr votspr ^uksoblax. Lrsekeluvnr p^ütb mit XsioLltM» 6sr Lova- o. r«iert»8« »dsos». ' ksroiprecb-Xoioblu«! Ikr. 1-vä. DnsLnerMurnal. ^ür die Gcsamtleitung verantwortlich: L^ofrat Gtto Vanek, Professor der (itteratur- und Runstgeschichte. -»nabm» von Lokvn-ixiiaxr» »u»nLrt»: »ipriU: H Lra»ck»t«tter, Looum—iovLr cis» Drssäoer ^ouin»I»; N»»darff L«rll» Visa v»»»l ». ».: 7/aa«r«xtrin <- ^0A»^, »«rlio Vi«L N»«lkarU ?r»U -krArUttarl L. N. Nüock«»: ^uri. ^Uo««,' k«rt» La»äo» S«rIU> »nulkeort ». ». 8t»tt^»rt: /)a«-« «8 <>0 , L«rU»t Lr»,l»o: Luworsr 6 ^/>ü«/rr, S«U« Laret ct ('s Nvrau^xvdvrr Itüoixl. ^rpvilitioo 6v, Drerclvsr 1ourv»I». Vreräea, Aviozsritr. 20. t'ervspreek-^vicklui«: !^r. 12SL. Machtstellungen auf daS „Dresdner Journal" für die Monate Februar und März werden zum Preise von l M. 70 Pf. angenommen fiir DreSde«: bei der unterzeichneten Expedition (Zwingerstraße Nr. 20), für auöwärtS: bei den betreffenden Postanstalten zum Preise von 2 M. Lomgl. Expedition des Dresdner Journals. fZwingerstrahe Nr. 20, in der Nähe des neuen Postgebäudes.) Ferusprech-Anschluß Nr. 1285. Amtlicher Teil. Aeroi diulHss, dlk Ernennung dir Wahllommissme zu den l evoi stehenden Neichstagswahlen betreffend. AuS Anlaß der durch Kaiserliche Verordnung vom > laufenden Monats auf den 20. Februar dieses Wahres festgesetzten Wahlen zum Reichstage hat das Ministerium des Innern fiir die Wahlkreise des Lan des die nachstehend unter H namhaft gemachten Wahl kommissare ernannt. Unter Bezugnahme auf die Verordnung des Mini stcriums deS Innern vom 10. lfdn Mts. wird dies hier durch zur Rachachtung bekannt gemacht und zugleich darauf hingewiesen, daß die Wahlkreise für die bevorstehenden Wahlen ganz in derselben Zusammensetzung wie früher und namentlich wie bei den Wahlen im Fahre 1887 verbleiben. Im Ucbrigen ist bezüglich der bevorstehenden Wah len der vorgcdachten Ministerial-Verordnung sowie den Vorschriften des Wahlgesetzes vom 31. Mai 1869 Bundesgesetzblatt S. I45f) und des Wahlrcglemeuts vom 28. Mai 1870 (Bundesgesetzblatt S. 27üf.) nach- zugehrn. Gegenwärtige Verordnung ist in allen Amtsblättern zum Abdruck zu bringen. Dresden, am 24. Januar 1890 Ministerium des Innern. v. Nostitz Wallwitz. Paulig Zu Kommissaren sür die Wahlen zum Deutschen Reichstage sind ernannt worden: für den 1 Wahlkreis: der Amtshauptmann vvnSchlie den zu Zittau. 2 der Regierungsasscssvr Königs ¬ heim zu Löbau. 3 . - der Amtshauptmann Ur von Boxberg zu Bautzen. - 4 - der Amtshauptmann Freiherr von Weissenbach zu Dres den-Neustadt - - 5. - der Stadtrath Grabowsky zu Dresden. 6. - derAmtshanplmann Ur.Schm idt zu Dresden-Altstadt. - 7. der Amtshauptmann von Kirch ¬ bach zu Meißen. - 8. - der Amtshauptmann Le Ma istre zu Pirna. - 9. - der Amtshauptmann Vr.Haber ¬ korn zu Freiberg. 10. - der Amtshauptmann Wittgen ¬ stein zn Döbeln. Feuilleton. für den 1 l. Wahlkreis der Amtshauptmann vonSchrö - ter xu Oschatz. « - 12. der Stadtrath Heßler zu Leipzig. » - 13 der Amtshauptmann, Geheime Regierungsrath Ur. Platz- mann zu Leipzig. - 14 der Amtshauptmanu, Geheime Regierungsrath Schäffer zu Rochlitz. - -15. der Amtshauptmann vr v. Gehe zu Flöha. - - u: der Bürgermeister Stadler zu Chemnitz - 17 dcr Amtshauptmann Merz zu Glauchau. 18. dcrAmtshauptmann vgff Bose zu Zwickau. , 19 der Amtshauptmann Freiherr v. Wirsing zu Schwarzen berg. 20. der Amtshauptmann voi» Wi lncki zu Marienberg. - 2l der Amtshauptmann I)r v. Meyer zu Anuabcrg. 22 der Bezirksasscssor Ur. Roth zu Auerbach. - - 23 der Amtshauptmauu Freiherr von Welck zu Plauen. NiMmuttichcr Teil. TetegvcrphiscUe ^erchrichteir. Paris, 29. Januar. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Die große Zollkommission der Dcputierkenkammer hielt gestern ihre erste Sitzung ab. Der Abg. Nibot sagte, die Frage, welche die Debatte be herrsche, sei, zu wissen, ob Frankreich l"92 die volle Tariffrcihcit zurücknekmen oder bestrebt sein solle, neue Handelsverträge abzusckließcn Er er innerte an 11881, wo die Majorität der Vertreter der Industrie sich für eine E Neuerung der Ver träge ausgesprochen Hütte, um strenge Maßnah men des Auslandes zu vermeiden. Nibot erklärte sich entschieden für die Schutzzollpolitik. Gewisse Tarife seien geradezu dic Prämii rung der fremden Einfuhr. Paris, 29. Januar. (Tcl. d. Dresdn. Journ.» Nachdem gestrigen Boulangistenbankett wurden 2 Personen wegen Beleidigung der Wache und wegen aufrührerischer Nufc verhaftet. Dem „Tcmps" wird auS Kairo gemeldet, daß die Unterhandlungen zwischen dem französischen Vert'kter und Niaz Mascha über die Konversion der ägyptischen Schuld noch fortdaucrten. Die Zeitungsmitteilungen über eine voraussichtliche Zu stimmung Frankreichs entsprächen demnach nicht der Wirklichkeit. Dresden, 29 Januar Zcituugsstimmen über den Schluß des Reichs tages und die bevorstehenden Neuwahlen Der Schluß des Reichstages, die kaiserliche Thron rede und die durch die Ablehnung des Sozialisten gesctzes für die Wahlen geschaffene Lage werden gegen wärtig in der Prcffc zum Gegenstände sehr lebhafter Erörterungen gemacht In den konservativen Blättern kommt betreffs dieses letzteren Punktes fast ansnahms los die Ansicht zum Ausdruck, daß sich die Wahlbc- wegung in erster Linie um die Frage drehen werde, ob der Regierung die zur Bekämpfung der Sozial demokratie erforderlichen Wassen in die Hand gegeben werden sollen oder nicht. „Für oder gegen die sozial (Rosse) sind schon mehrfach besprochen worden. Neu cingctretcn ist allein Hr. Gunz: derselbe spielt den Lenox mit gutem Verständnis. K. Hoftheater. — Altstadt. - Am 28. Januar: ,Macbeth". Trauerspiel in fünf Akten von Shake speare. Nach den Übersetzungen von Schiller, Tieck und Kaufmann von Dingelstedt bearbeitet (Zu er mäßigten Preisen.) Sehr zahlreich waren gestern die Freunde der klassischen Dichtung erschienen, nm sich dem erschüttern den und erhebenden Eindruck dieser gewaltigen Tra gödie des Ehrgeizes andachtsvoll hinzngcben. Solche umfassende Teilnahme des Publikum- bedeutet ein wenigsten- momentan gutes Zeichen ^ür dessen Gc schmack, belohnt das Entgegenkommen der Bühnen leitung und giebt den Schauspielern Anregung nnd erhöhte Sicherheit in ihren dramatischen Wirkungen. Abgesehen von dem Mißverhältnis, daS sich durch unmittelbar nelvu einander geltend gemachte idealistische und modern realistische Auffassung bildet, ist unsere Darstellung bei tüchtiger Jnseenesetzung fleißig und fließend im Ensemble nnd wird durch die künstle rischen Leistungen des Hrn Porth und des Frl Ulrich als Macbeth und Lady Macbeth über ein mittleres Weltniveau hiuauSgchobe». Beide mühen sich mit warmer Begeisterung, dem Zuhörer das schwierig zn erfassende Stimmungsbild nahezubringeu, welche- der Dichter von dem mörderischen Ehepaar zu geben wünscht, und finden dafür die lebhafte Antiken n«mg des Publikums Di» znm Teil recht befriedigen den Leistungen der Herren v. d. Osten (Macduff), Jasf^ (Pförtner), Dettmer (Malcolm) und Bauer Ledige Mädchen. Erzählung von H Billinger 5 (Fortsetzung) Die Karlin stand da mit geballten Händen, cs lag ihr auf der Zunge: er — er ist schuldig — aber da traf ihr verzweiflung-voller Blick das Paar, wie sic ihn umklammerte, nnd er über ihr Haupt hin zur Erde blickte, schamrot, mit zusammengeprcßtcn Lippen „Erbärmlich bist und bleibst — so oder so —", murmelte sic, l'alltr daS Tuch, das ihr die Amale über die Schulter geworfen hatte, zu einem Knänel zusammen und schritt davon. Kurze Zeit darauf werden der Mathis und die Amale als Brautleute ausgcrustn, und die Eva und der Frieder folgten so schnell als möglich ihrem Bei spiel. Die Karlin saß zu Haus und pflegte ihren Vater, den der Schlag getroffen: der Tod raffte ihn gerade am Hochzeitstage der Amale hinweg. Nach einen, Jahr waren von den sieben Mädels des Ortes nur noch drei übrig. Die Marei hatte es schleckt zn Hause, seit ihr Brnder die Leue geheiratet, eS kränkte sie, daß sie schaffen sollte, ohne etwas andere- dafür zu haben, als harte Worte Sic klagte der Karlin ibre Not, und diese nahm die Kameradin in ihr .Hans; die Gundel hatte schon vorher ein Unterkommen bei ihr gefunden. Die drei wirtschafteten nun mit einander; erst lachten die Leute über die Ledigen, nach nnd nach ließen sie'- aber demokratische Umsturzbewegung und ihre Begünstiger", so allein kann nach der Meinung derselbe» das Schlag wort lauten, unter den, sich alle vaterlandsliebenden und reichstreuen Elemente zusammcnzufcharcn haben, um für die Wahl einer Volksvertretung zu wirken, welche zur wirksamen Bekämpfung der Umstürzler' entschlossen ist Daß die Sozialiftenfrage die Wahlen beherrschen wird, dürfte wohl als zweifellos anzuschen sein, wenn auch die Losung dafür nicht von der Regierung ausgegeben ist. Die Frage ist eine zu wichtige, als daß es an derS sein könnte. Diese Anschauung wird auch von den uationalliberalen und deutschfreisinnigen Blättern vertreten, wenn schon, wie begreiflich, die daran gc knüpften Erwartungen oder Befürchtungen in den Auslassungen derselben sehr von einander abweichen. Während die nationalliberale Presse vielfach ihr Be dauern darüber änßcn, daß das Sonalistciwesetz ab gelehnt worden mw sich über den Erfolg des bevor stehenden Wahlkampfes etwas zurückhaltend ausspricht, macheu die deutschfreisinnigen Blätter aus ihrer Sieges Zuversicht kein Hehl. Wir geben in nachstehendem die Stimmen einer Reihe von hervorragenden Preß organen wieder: In der „K ölnischen Zeitung" lesen wir: „Das dentschc Volk wird nun am Wahltisch unmittelbar da rüber zu entscheiden haben, ob das Sozialistengesetz am 90. September ds. Js. erlöschen soll, oder in welcher Form die bürgerliche Gesellschaft gegen jene wüste sozialdemokratische Umsturzbewegung geschützt werden soll, deren wilde Brandung jedes Ohr mit ihrem donnernden Getöse füllt. Ter Wähler hat cs hier in der Hand, durch seine Abstimmung in nach haltiger Weise die praktische Lösung einer Frage zu beeinflussen, welche tief in alle Verhältnisse unseres gewerblichen Lebens einschneidet. Manche doktrinäre Schrulle wird vor der schweren Verantwortlichkeit, welche der Bürger damit seinem eigenen Fleisch gegen über übernimmt, wie Märzschnec unter der Frühlings sonne hinwegschmelzcn In national liberalen Kreisen hat die rätselvolle Behandlung der Angelegenheit, welche auf Störungen in der einheitlichen Staats leitung hinzndcuteu schien, vielfach Unbehagen erregt Tiefe Empfindungen, wie die Mcinungsvcrschiedcn heiten über untergeordnete Einzelfrogcu treten jetzt zu rück gegenüber der Gewalt, mit der die Frage des Schatzes der bürgerlichen Gesellschaft alle Geister ans rütteln nürd. Der Kartellrcichstag hat, wie die Thronrede aussührt, das Reich militärisch nach außen gesichert, er hat durch eine großgedachte sozialpolitische Gesetzgebung, welche den besitzenden Klassen schwere Opfer auserlegt, sür den Frieden im Innern gearbeitet Das deutsche Volk wird nunmehr in einer Zeit, da unterirdische Riesen mit rohen Fänsten an den Grundlagen jeglicher Kultur nnd Gesittung rütteln, in Ausübung seines höchsten und schönsten Bürgerrechts nach freier, un beeinflußter Überzeugung an der Wahlurne zu ent scheide« haben, ob die schützenden Dämme, welche eine weise Gesetzgebung gegen dräuende Springfluten auf geführt hat, mit jähem Entschluß niedcrgcrissen werden sollen." Die „Hamburger Nachrichten" schreiben: „Für den ununterbrochenen Fortbestand des Sozialisten gesctzes mit der Answcijungsbcsngnis entsteht zunächst keine Gefahr, denn bis zu seinem Ablauf am 30. Sep tember d. Js. kann der neuzuwählcnde Reichstag es längst nach Wunsch der Regierung erneuen haben und wird dies auch wohl thun. Denn nach unserer Kennt nis der Verhältnisse im deutscken Reiche denkt das Gros der Kartellumhler sehr viel kühler über die Answeisungsbcfugnis, als ihre Abgeordneten; cs wird wcnig Gewicht darauf legen, ob sich die Kandi dateu zur Ablehnung derselben verpflichten, oder nicht Dies ist sehr wichtig, denn eine mit Rücksicht auf die Stimmung der Wähler auch sür die Wahl no» bleiben. Die Karlin hatte ihren Milchhandcl ver größer! und fuhr selbst täglich mit ihrem Gespann Kühe hinab ins Dorf Sie mußte da allerlei hören: wie die Bäckerin unznfrieden war mit der Schwieger tochter, die nichts that als sich putzen, und daß der Mathis mehr Geld ausgebc, als er verdiene. Sie kümmerte sich aber wenig um das Gerede; wenn sie an der Bäckerei vorbcifuhr, saß sie so stramm und finster da, daß weder der Mathis noch die Amale den Mut hatten, auch nur den Blick zu ihr zu erbeben Es war als ob alles Gcsühl in ihr erloschen wäre mit dem Erlebten Sic hatte den Vater znr letzten Ruhe geleitet, ohne eine T dräne zu vergießen; sie schaffte, sie Kalf, eS kam ihr kein Mensch im ganzen Ort an Tüchtigkeit gleich, aber sie war kalt und stumm wie von Stein Wohl fuhr die Marei zuweilen auf, wen» ihr die Anforderungen, die an sie gestellt wurden, zn groß dünkten, denn was es Unangenehmes zu thun gab im Ort, war's im Krankenrimmer oder auf dem Feld draußen, eS brauchte nur zu heißen: „Wer kann helfen so erklärte die Karlin: „Wir Ledigen!" — Und sie sagte da- mit dem Ausdruck so stolzer Festigkeit, daß der Marei gewöhnlich nicht« anderes übrig blieb, als sich zu fügen Sie und die Gundel sahcn in ihren gntcn Stunden wohl cin, dcß, obgleich sie nick» die Hälfte von dem leisteten, wa- die Karlin »ha», sie doch den ganzen Ruf ihrer Tüchtigkcit mitgcnossen ES kant daher, daß die Karlin nie eine Sache ans sich allein nahm, sondern mit dcm Ausspruch: „Wir Ledigcn" alle persönliche Anerkennung von sich wie- Allein sie arbeitete nicht allein nm der Lecke willen, fic bedurfte der Betäubung: manckmal regten sich Stimmen in ihrem Innern, auf die sic nickt wendige Beibehaltung des in» Reichstage stattgehabten Auseinandergehens der Kartellparteien in einer auf die Sozialdemokratie bezüglichen wichtigen Frage wäre nur zu geeignet gewesen, den Gegnern des Kartells in einem Wuhlkampfe, der notorisch unter der Parole: „Gegen die Sozialdemokratie und ihre Begünstiger!" stattfindet, Waffen in die Hände zu liefern." Die Münchner „Allgemeine Zeitung" hebt die segensreiche Thätigkeit des Reichstages während der letzten drei Jahre folgendermaßen hervor: „Aus der Wirtschafts- und Waffengemeinschaft, wie der Zoll verein, dann die Schutz und Trntzbündnisse sie boten, ist das heutige Reich hervorgcgangen; der im Volke lebende Einheitsgedauke goß in mächtiger nationaler Bewegung diese Gemeinschaft in die heutige Form, zu der Gemeinsamkeit der wirtschaftlichen Interessen, dein gemeinsamen Einstehen für Ehre nnd Unabhängigkeit, Pie Gemeinschaft des Rechts gesellend. Auf diesen drei Säulen ruht das Reich; ihrer Festigung ist die legislative Arbeit bisher vorzugsweise gewidmet wesen. So auch in bicscr abgelaufcnen Legislatnr- pcriode: auf dem Gebiete des Heerwesens die nam hafte Vermehrung des Heeres unter Verallgemeine rung der Wehrpflicht und neuer zeitgemäßer Aus rüstung, sowie die Neuschöpfung der Flotte; aus dem wirtschaftlichen Gebiete: die Alters- und Invalidität- Versicherung, die Neuregelung des Genossenschafts wesens, die Förderung des deutschen Kolonialbesitzes, die Errichtung der Reichspostdampfcrlinien; auf dem eigentlichen Gebiete des Rechts schritt inzwischen das bürgerliche Gesetzbuch des Reiches seiner Vollendnng entgegen Hat der Drei Kaiser Reichstag die Schutz mauern wescnilich rervollkommnct, hinter welchen die deutsche Wirtschafts- und Rechtsgemeinschaft sich in ungestörtem Frieden entwickeln kann, so wird der kommende, aus eine fünfjährige Legislaturperiode zu wählende Reichstag den EiNwurf des bürgerlichen Gesetzbuches zum Gesetz zu erheben, die Arbcitcrgesetz- gebung auszubauen und den inneren Frieden auf so dauernden Grundlagen zu sichern haben, wie seine Wahl sich — im Gegensatz zu derbes vorigen Reichs tages — unter einem nach menschlichem Ermessen ge sicherten äußeren Frieden vollzieht." In ähnlichem Sinne äußert sich die „Magde burgische Zeitung" über die Ergebnisse der abgc laufencn Legislaturperiode Sie schreibt: „Der Reichs tag, dessen Mandal jetzt abläuft, ist Gegenstand harter Angriffe gewesen und sie werden in den nächsten Tagen sicher noch schärfer wiederholt werden. Man wird denselben die wannen Worte des Tankes ent gegcnhalten müssen, mit denen der Kaiser die Ver treter dcs deutschen Volks in die Heimat entlassen hat; vielleicht wird manchem diese Anerkennung aus kaiser lichem Munde bedeutsamer erscheinen, als Anklagen und Vorwürfe, die ihre Quelle meist in persönlicher Verstimmung oder getäuschten Erwartungen finden, nnd er wird in ihr zugleich einen Fingerzeig erblicken sür die Entscheidung, die in wenigen Wochen zw treffen ist. Ein Angstvrodukt soll der Reichstag ge wesen sein, der am 21. Februar 1887 gewählt worden Es ist noch nicht der schlimmste Vorwurf, der den Wählern gemacht wird von Leuten, die sonst zu ver sichern pflegen, daß dem Ausdruck des Volkswillens sich jeder beugen müsse Offenbar gilt für sie dieser Grundsatz nur so lange, als der Volkswille sich mit dem eigenen Willen deckt Trifft das nicht mehr zu, so glauben sie sich zu Spott und Hohn und Anklagen berechtigt, so wie dcr Neger gegen den Fetisch wütet, der ihm die Erfüllung seiner Wünsche versagt hat. Dadurch wird sich niemand beirren lassen . . . Aller dings haben die Maßnahmen, die zur Sicherung der Grenzen unseres Landes getroffen worden, dem Volke neue, schwere Lasten auserlegt Aber die Not- Wendigkeit derselben wird schon zur Genüge durch die hören wollte. Es gab Waldwege, die sie nicht mehr gehen konnte, »veil jeder Banm, jeder Strauch ihr Vergangenes ins Gedächtnis rief; es gab Augenblicke, da erschien es ihr wie ein ferner Traum, daß sie sich einst stundenlang mit dem Vater herum gezankt, um sür die Amale einen Pntz heraus zu pressen. Was hatte sie ihr denn viel gearbeitet, eS war nicht der Rede wert — aber sie war der Feiertag ihres Lebens gcwcsen Und sie konnte der Versuchung nicht widerstehen und ging eines Tages am Häuschen von AmalenS Mutter vorbei und sckaute durchs Fenster in die Stube. An den Wänden über den Bildern hingen noch die Zweige herunter, aber sie waren dürr geworden nnd welk und machten den trübseligsten Eindruck Ju tiefen Gedanken ging die Karlin dahin; die Kindheit stieg vor ihr ans, die Jugendzeit — cs war ihr doch ganz anders zu Mute gewesen, als sie da- liebliche Gesicht dcr Kameradin noch zur Seite hatte — öd' und leer flossen ihr die Tage hin, seit ihr beim Aufftehen kein Mensch mehr cinfiel, dcm sie was Liebes thun mochte —. „Ta- ist's — znm Freuen hab' ich sie halt ge braucht", sckoß cS ihr durck den Linn, „jetzt bin ich alt und einsam —." Aber eS fiel ihr dock» nicht ein, eine»» Blick nach dein Fenster des Bäcker Hanse- zu thun, als sie am an dern Morgen vorüberfuhr DaS hätte ja au-gesehen, al- fühle sie sich schuldig; an den andern war'«, ihr Unrecht einzugesteden Sie dachte nicht daran, daß es ihre finstrr Miene war, die den andern den Mut nahm, sie anznsprechen. Und da- herrische barsche Wesen, da- sie immer mehr brrau-kehrte, je übler ihr im Innersten zn Mute war. kielt auch dir Burschen
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