Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.02.1900
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-02-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000224022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900022402
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900022402
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-02
- Tag 1900-02-24
-
Monat
1900-02
-
Jahr
1900
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugs-Preis der Hauptexpedition oder den im Stadt' kezirk und den Vororten errichteten AuS- rpvestellen abgeholt: vierteljährlich.L 4.50, ort zweimaliger täglicher Zustellung i»S Hau« 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vicrteljäbrlich 6.—. Direkte tägliche ttreuzbandicndung ins Ausland: monatlich 7.50. Die Morgen-Ausgabe erscheint um '/.7 Uhr, die Abrnd-AuSgabe Wochentags um 5 Uhr. Ne-aclion und Erpeditio«: Jobannisgasse 8. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abend» 7 Uhr. Filialen: Alfred Hahn vorm. O. klemm'» Lortim. UniversitütSstraße 3 (Paulinum,, Louis Lösche, Lalharinenstr. 14. Part, und Königsplatz 7« Abend-Ausgabe. NiWMr TagMatl Anzeiger. Amtsblatt des Hömglichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes nnd Notizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Nazeigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzelle 20 Pfg. Reklamen unter dem Redactlonsstrich (4g»« spalten) 50-^, vor den Familiennachrtchtr» (6gespalten) 40^. Gröbere Schriften laut unserem PreiS- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffttnsatz nach höherem Tarif. — Extra »Beilagen (gesalzt), nur mit des Morgen - Ausgabe. ohne Postbesörderung ^ll 60.—, mit Postbeförderung ^l 70.—. ^nnahmrschlnß siir Inzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ei» halb« Stund« früher. Anzeigen sind stets au die Expedition zu richten. Druck nnd lvrrlag von S. Polz tn Lelpjt» Illl. Sonnabend den 24. Februar 1900. 9t. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 24. Februar. Während der Reichstag gestern die zweite Derathung des Militär etatS ohne Debatten von größerem politischen Interesse fortführte, kam cS im preustischen Rbgeordnctcn- Vanse bei der ersten Lesung der Commun al-Wahl novelle, deren Zweck und Inhalt wir am Montag dar gelegt haben, zu einer Debatte größeren Stils. Im Großen und Ganzen zeigten sich die Rechte und die Nation» l- liberalen mit der Borlage einverstanden, das Cent rum dagegen erklärte, wie man nach den Auslassungen seiner Presse hatte voraussehen können, auS parteipolitischen Gründen dagegen und machte kein Hehl daraus, daß es mit Hilfe der Communalwahlreform eine größere Macht in den rheinischen Städten erreichen möchte. Immerhin stellten sich die Redner auch dieser Fraction auf den Stantpunct, daß für die Communen das geeignete Wahlsystem das Dreiclassensystem sei; nur die Freisinnigen behaupteten, sie hielten dringend die Ein führung des gleichen und geheimen Wahlrechts für nothwendig; nur darin würden sie eine wirkliche Reform dcS kommunalen Wahlrechts erblicken. AuS der Rede des Ministers Freiherrn v. Nheinbaben, der die Borlage sachlich einsührte, ist hervorzuheben, daß die Regierung bei der Vorbereitung dieses dritten Versuchs einer Communal-Wahlrcform Confcrcnzen abgehalten hat, um die Wirkung des Entwurfs in Richtung der socialdeniokratischcn Agitation und der Verhältnisse in den gemischtsprachigen Bezirken zu prüfen. Nachdrücklich betonte der Minister, daß die Regierung das Dreiclassensystem als die unabänderliche Grundlage des kommunalen Wahlrechts anschen werde, und ent wickelte dann die Nothivendigkeit, der Socialdcmokratie bei ihren Versuchen, in den Communen Einfluß zu gewinnen, entgegcn- zntreten. Von den Nationalliberalen sprach für die Vorlage sachlich nnd objektiv der Abg. I)r. Schnitzler, der vor asten Dingen betonte, daß seine Freunde ohne parteipolitische Nebenabsichten an diese Reform heranträten. Nachdem von den Conservativen der Abg. v. Hey de brand und von den Freiconservativen der Abg. v. Zedlitz sich im Großen nnd Ganzen freundlich für die Vorlage ausgesprochen und dem Anträge der Nationalliberalen auf Commissionsbcrathung beigetrcten waren, enthüllte der Centrnmsabgeordnete I)r. Bachem die Absichten dcS CentrumS bezüglich der rheinischen Städte. Er forderte dadurch den Abgeordneten v. Evnern heraus, der nachwics, daß es sich in den rheinischen Gemeinden um eine Auseinandersetzung zwischen Centrum und Nationalliberalen allein, sondern zwischen Centrum und asten übrigen Parteien, einschließlich ter Freisinnigen, handelt und daß diese Parteigruppen noch immer darauf bedacht gewesen sind, dem Centrum den ihm wegen seiner Stärke zukommenden Einfluß auf die Communalverwaltnng zu gewähren. Die Freisinnigen ließen ihre bereits bezeichneten Forderungen, die in Berlin an ihrer Stelle die Socialdemokratie zur Herrscherin der Stadtverordnetenversammlung machen würden, durch den Abgeordneten Wintermeycr um so unbefangener vertreten, als keine Gefahr vorliegt, daß etwaige Anträge angenommen werden würden. Von der freisinnigen Ver einigung sprach der Abg. Ehlers, der sich aber weniger gegen die Vorlage selbst, als gegen einzelne ihrer Bestimmungen wandte. Der weitere Verlauf der Debatte war ein Nach gefecht zwischen den nationalliberalcn Abgeordneten Faurileton» Hane Eickstedt. Roman in zwei Bänden von Anna Maul (M. Gerhardt). Nachdruck »erbolcn. „Wohin gehen wir morgen?" fragte Hans auf dem Rück wege. Irmgard schlug Schlachtensee vor. Gertrud aber hatte den folgenden Nachmittag zur Einlösung eines längst gegebenen Versprechens bestimmt, und übermorgen blieb ihr gerade Zeit, einige nothwcndige Abschiedsbesuche zu machen und ihre Sachen zu packen. Ohne sie konnten aber die Anderen verständiger Weise nichts unternehmen. So nahe hatten sie sich das Ende dieser freien Frühlings-Glückseligkeit nicht vorgestellt. In nach denklich gedämpfter Stimmung trennten sie sich. Zu Hause angelangt, fand Irmgard einen Brief von ihrer Mutter vor, was ein seltenes Ereigniß war. Aufgeregt kam sie damit, so bald sie ihn überflogen, zu Gertrud auf deren Zimmer gelaufen. „Das ist unerhört! Das ist zu schlecht! Das last' ich mir nicht gefallen!" — rief sie, hochroth bis in den Nacken, die Augen voll Thränen, und stampfte zornig den Fußboden. „Alles zerstört! All' unsere schönen Pläne! Unsere ganze Freude verdorben! Oh!" — Gertrud hatte Mühe sie einigermaßen zu beruhigen und zu verständlichen Mittheilungen zu bewegen. Auf Herrn Tietjens' Rath hatte die Commerzienräthin die Reise nach Paris aufgegeben, dagegen einen berühmten Straß burger Arzt consultirt. Dieser Herr hatte ihren kranken Sohn in seine Klinik genommen und einer sehr eindringlichen Be handlung unterzogen, der »in stärkender Aufenthalt tn einem Nordseebade folgen sollte. Man hatte sich für Helgoland entschieden. Da aber der Kranke sehr abaespannt und niedergedrückt war und der Auf heiterung und Unterhaltung bedurfte, wozu die Mutter in ihrer sorgenvollen Stimmung nach so anhaltender Krankenpflege sich unfähig fühlte, ko hatte sie beschlossen, Irmgard nach Helgoland mitzunehmen. Diese solle sich bereit halten, in wenigen Tagen zu reisen. Frau Steinhäuser käme nach Berlin, um Einkäufe zu machen und die Garderobe ihrer Tochter in Stand zu sehen. Dann würden sie Hermann von Straßburg abholen. Tietjens würde sich dort — oder schon in Berlin — ihnen anschließen. v. Eynern und vr. van der Borght einerseits und dem klerikalen Abg. Fuchs andererseits, das die Schärfe der Gegensätze grell hervortretcn ließ. Der letztere Herr erklärte u. A.: „Wer nicht nltramvntan ist, ist nicht katholisch. Wer den Ultramonlanismus bekämpft, bekämpft den KatboliciS- mus. Ultramontan sein heißt, den katholischen Glauben prakticiren. Wir Katholiken halten fest an dem Mittelpunkte der Kirche, an Rom. Das Wellwerk der Kirche ist unser GlaubenSbekcnntniß." Der Abgeordnete van der Borght verstärkte den Eindruck dieser Worte noch durch die Mittheilung eines Vorkommnisses in Aachen, wo man Bedenken getragen hatte, einen Herrn als Direktor der Wasser werke anzustellen, weil seine Frau protestantisch war. Wenn in der Commission, der endlich die Vorlage überwiesen wurde, die Centrumsmitglieder ihre Hcrrschastsgelüste ebenso unbeugsam wie im Plenum die Herren vr. Bachem und Fuchs als geheiligte Forderungen ihrer Kirche verfechten, so ist an eine Einigung mit ihnen nicht zu denken. Immerhin dürfte daS Zustandekommen des Gesetzes ohne wesentliche Abänderungen gesichert sein, wenn nicht die Conservativen dem Ccntrum zur Erfüllung seiner Forderungen die Hand reichen und die Regierung zu klerikal-konservativen Abänderungsanträgen Ja und Amen sagt, um das Centrum der Flottenvorlage halber bei guter Laune zu erhalten. Da die Budgctcommission des Reichstags noch mit dem Etat zu tbnn hat und dann die Flottenvorlagc sicherlich nicht im Handumdrehen erledigen wird, so bleibt dem Bundcsrathc Zeit genug zu der Ueberlegung, wie weiter dem ausschlaggebende» Centrnm entgczcnkvmmen will und kann. Nickt umsonst hat das sozusagen amtliche Centralorgan des CentrumS, die „Germania", unmittelbar vor derFlottenver- handlung dem BundcSrath in der Frage des Jesuiten gesetzes die Pistole auf die Brust gesetzt. Man kann sich darüber nicht täuschen: die Versuchung für die Negierungen ist groß. ES wäre möglich, daß um den Preis der Wiedcrzulassung des Jesuitenordens das Centrnm die Verdoppelung der Flotte guthieße, wenn nicht in der Form, so doch in der Sache. Und die Regierungen könnten sich, wenn sie das Jesuiten gesetz prcisgeben wollten, einfach auf die wiederholt mit großer Mehrheit gefaßten Beschlüsse des Reichstags be rufen. Aber eS ist selbstverständlich, daß diese Reichstags beschlüsse die Regierungen von ihrer schweren Verantwortung nicht entlasten. Und deshalb bleiben wir, bis wir durch die Thatsacken eines Anderen belehrt werden, der Ueber- zeugung, daß das Centrum den lange erstrebten großen Triumph auch diesmal nicht feiern werde. Ob das seit Jahren in der Luft liegende Geschenk der Zulassung der Congregation vom heiligen Herzen und der Lazaristen bei dieser Gelegenheit zur Wahrheit wird, ist eine mehr unter geordnete Frage. Allzuviel Eindruck auf die Stimmung des CentrumS würde damit wohl nicht gemacht werden. Läßt man also die Eventualität eines Tausch geschäfts bei Seite, so liegt der Schwerpunkt darin, waö daS Centruin seinerseits anbieten wird. So viel Lärm auch über die Deckungsfrage gemacht wird, so wenig ist es wahrscheinlich, daß sie zu einem entscheidenden Differen^punct werden könnte. Das Verbot der Einführung oder Erhöhung von indirekten, den Massenverbrauch belastenden Steuern bleibt bestehen, und dabei wird sich das Centrum beruhigen müssen. Auf die Absurdität, Steuern auf Vorrath zu be willigen, wird sich der Reichstag nickt einlassen, und daS Centrum selbst wird nicht im Ernste darauf be stehen. Der Kern des Streits wird in der Starke Gertrud faltete den Brief der Commerzienräthin zusammen, den Irmgard ihr zu lesen gegeben, und heftete nachdenkliche Blicke auf diese, die mit zurückgelehntem Kopfe und schlaff niederhängenden Armen in dein grünen Plüschsessel saß, während eine Thräne nach der anderen über ihre Wangen schlich. „Wissen Sie, Irmgard", nahm sie in herzlichem Tone das Wort, „ich hätte es Ihnen und Hans gegönnt, noch ein paar Wochen beisammen zu sein. Aber als Ihre und seine verständige Freundin sage ich, es ist besser, daß Ihr Euch jetzt eine Weile trennt." „Warum?" entgegnete Irmgard, sich aufrichtend, heftig. „Warum sollen Zwei, die sich lieben, nicht beisammen sein, so lange es möglich ist? Die Trennung kommt immer früh genug." „Ist es nicht sicher, daß Sie zum Herbste wieder nach Berlin kommen?" „Was ist sicher für mich? Sie sehen, es war Alles fest. Die Mutter bestimmt anders. Ich bin aber kein kleines Kind, auch kein willenloser Sklave!" brach sie stürmisch lo». „Ich gehe nach Oberbeken" „Seien Sie nicht so ungeberdig, Irma. Die Mutter bedarf Ihres Beistandes. Sie werden natürlich thun, was sie wünscht. Und ohne Sträuben und Murren, nicht wahr? AuS eigenem, selbstlosem, liebevollem Entschluß." Gertrud war zu Irmgard getreten und zog deren Kopf an ihre Brust. Irmgard umfaßte sie, schmiegte sich an sie wie ein krankes Kind und brach in Schluchzen aus. „Ach, Gertrud, verlassen Sie mich nicht! Sie sind der einzige Freund, den ich auf der Welt habe! Ich bin so un glücklich — so grenzenlos unglücklich!" — Gertrud streichelte sanft ihr Haar. „Unverständiges, un geduldiges Kind! Sie — Sie, unglücklich! — Weil Sie kurze Zeit auf die Erfüllung Ihrer Wünsche warten müssen. Wie wenn Ihnen von vornherein jede» Glück versagt, jede Hoffnung abgeschnitten wäre?" Irmgard drückte sich fester und inniger an Gertrud. „Hätte ich Hans lieber nie gesehen! Dann wüßte ich gar nicht, was Glück ist. Oder, wäre ich mein eigener Herr wie Sie! — Ich bin nur ein Gefangener, der mit einer langen Kette am Fuße herumläuft. Gefällt e» dem Kerkermeister, so faßt er mich und setzt mich fest." „Uebertreiben Sie nicht so, Sie kleiner Sturmwind", tröstete Gertrud. „Es wird noch Alles aut werden." Irmgard schüttelte den Kopf, richtete sich auf und trocknete ihre Thräne^. der Flotte und ihrer gesetzlichen Festlegung liegen. Ist daS Centrnm entschlossen, einig zu bleiben, so wird sein Angebot in dieser Beziehung beträchtlich unter dem Niveau der RegicrungSforderung liegen. Die Frage ist dann, ob und wie weit die Regierung ihrerseits nach geben will. Die Regierungsvorlage erscheint dem Laien, was die Stärke und Organisation der Schlachtflotte anlangt, als ein festgefügte- Ganzes, aus dem kein Thril herauSgebrochen werden kann. Aus technischen wie politischen Gründen wird der größte Werth darauf gelegt, dieses Ganze gesetzlich festzulegen. Geschieht daS, so ist der Reichstag an die Durchführung deS Plans mittel« der jährlichen Etatsfcstsetzung allerdings nur moralisch gebunden. Dies hat auf den Gedanken geführt, ob eS der Negierung nicht mindestens ebenso werthvoll sein könne, für einige Jahre die Mittel für die Flottenvermebrung, wie es für daS jetzt laufende Sexennat geschah, im Voraus fest bewilligt zu erhalten. Es liegt auf der Hand, daß damit die Vorlage gerade in ihrer nack der Ansicht der Regierung wesentlichsten Bedeutung vernichtet sein würde. Weder batte die Marineverwaltung die durch die gesetzliche Festlegung ihres Plans bezweckte Sicherheit erhalten, noch wäre der Eindruck auf das Ausland erzielt worden, den man durch die Festlegung bewirken wollte. Jndcß, eS ist unnütz, sich über Auswege den Kopf zu zerbrechen, von denen man nicht weiß, ob irgend einer der entscheidenden Faktoren geneigt wäre, sie zu betreten. Auch ist eS nicht die Aufgabe anderer Parteien, dem Centrum Vorschläge zu machen. Schließlich kommt Alles darauf an, was die Negierung glaubt ver antworten zu können. Ist sic bereit, sich vom Centrum mehr oder weniger abhandeln zu lassen, so ist es lediglich ihre Sache, sich mit der „ausschlaggebenden Partei" zu ver ständigen. Andere Parteien, insbesondere die National liberalen, haben unseres Erachtens nicht den Beruf, sich dabei als Vermittler anzubieten. Das ossieiöse „Wiener Fremdenblatt" weist darauf hin, die jungtschechische „Narodni Listy" hatten vor Kurzem ihr Befremden 'darüber ausgesprochen, daß der hiesige kaiserlich deutsche Botschafter anläßlich eines Dejeuners, daS zu Ehren des Prinzen Heinrich von Preußen auf der deutschen Botschaft stattfand, geäußert habe, es gereiche ihm zum besonderen Vergnügen, Seine königliche Hoheit auf deutschem Boden begrüßen zu können. Das genannte Blatt hat hieran in unverkennbarer Absicht die Bemerkung geknüpft, es habe bisher geglaubt, Wien und das Gebäude der hiesigen deutschen Botschaft befänden sich anf österreichischem Boden. Das „Fremdenblatt" fährt fort: „Deutsche Prager Blätter beeilen sich, die „Narodni Listy" darüber aufzuklären, daß der vom deutschen Botschafter gebrauchte Ausdruck zu treffend sei, da sich die Exterritorialität nach aner kannten völkerrechtlichen Grundsätzen auf das Bot- schaftShotel erstrecke und dieses somit als zum Territorium deS betreffenden Staates gehörig angesehen werde. Trotzdem kommen die „Narodni Listy" neuer ding« auf den Gegenstand zurück und stellen die Be hauptung auf, die Lehre von der Erterritorialität der Ge sandtschaftsgebäude sei längst überholt, die Exemption gelte nur der Person des Gesandten, aber nicht dem Gesandt- schaftsgebäude.» Die Auffassung des Blattes entspringt einer so krassen Unkenntniß der Principien des internationalen Rechtes, daß wir eS uns erlassen können, darauf weiter einzugehen. Insofern aber die „Narodni Listy" in die Aeußerung des Fürsten Eulenburg eine Tendenz zu legen „Würden Sie einen Mann heirathen, den Sie nicht lieben, blos weil Ihre Eltern es so bestimmen?" fragte sie plötzlich. „Niemals", versetzte Gertrud betroffen. „So weit gehen die elterlichen Rechte nicht. Bei mir kann das übrigens gar nicht in Frage kommen. Und bei Ihnen hoffentlich auch nicht, Irmgard. Sie thun Ihren Eltern Unrecht. Nur dürfen Sie nicht verlangen, daß Ihnen ungeboten alles Glück der Welt in den Schooß fällt. Sie müssen darum kämpfen, dafür leiden. Dann wissen Sie erst, welchen Werth es für Sie hat." Irmgard fiel Gertrud um den Hals und küßte sie heftig. „Wir müssen uns Du nennen, Gertrud! Ich wollte Dich längst darum bitten. Sei mir gut, Gertrud, hilf mir, ich habe keinen Menschen auf der Welt, dem ich vertrauen kann." „Irma, liebstes Herz, ich bin Dir wirklich gut und möchte Dir gern helfen, aber — aufrichtig gesagt — ich habe das Ge fühl, daß Du auch mir nur halbes Vertrauen schenkst." „Ach, Du wirst schon Alles erfahren, es nützt ja nichts, darüber zu reden", seufzte Irmgard. Am folgenden Tage kam Hans in der Mittagsstunde zu Gertrud, eilig und aufgeregt. „Sie wissen ja, es ist Alles umgestoßen, Irmgard reist mit ihrer Mutter, es ist heut? wahrscheinlich der letzte Tag für uns. Wir müssen heute Abend zusammen sein, Gertrud. Wir fahren nach Wannsee, fünf Uhr, Potsdamer Bahnhof. Sie werden pünktlich fein, nicht?" . „Wie haben Sie denn erfahren?" fragte Gertrud erstaunt. „Haben Sie Irmgard heute gesehen?" „Ja, warum denn nicht? Sie schickte mir einen Dienst mann herauf, als sie in ihre Stunde ging und ließ mich herunter rufen. Dabei ist hoffentlich nicht» Unerlaubte»?" „Aber Sie wissen ja, Han», ich bin nicht frei. Ich habe Luise Zimmer versprochen, heute Nachmittag ihre Au»steuer mit ihr einzukaufen." „Diese hochwichtige Angelegenheit wird Aufschub ver tragen." „Aber ganz abgesehen davon, Irma darf heute gar nicht fort, denn ihre Mutter kann ebenso gut heute wie morgen kommen." „Das ist nicht onzunehmen", versetzte Han» und schlug ner vös mit seinem Hut an sein Kni«. „Um GottkSwillen, Gertrud, machen Sie mir keine Schwierigkeiten; St« können sich ja denken, wie mir zu Muth ist." „O ja, aber die ganze Welt kann doch nicht still stehen, damit Sie und Irma sich keine Freude versagen dürfen", ent« geneigt sind, die dem deutschen Botschafter gänzlich fern gelegen hat, sehen wir un« genöthigt, dergleichen tendenziösen Unterstellungen mit Entschiedenheit entgegeazutreten und können nur unser Bedauern darüber ausdrücken, daß sich die Blätter in ihrer auf Gründen der inneren Politik beruhen den Opposition nicht scheuen, fremde Vertreter in die Dis kussion zu ziehen. AuS Tanger wird uns vom 11. Februar geschrieben: Vor wenigen Tagen ist hier die Nachricht eingetroffen, daß französische Truppen die Stadt Jnsalah be setzt haben. Jnsalah, im Hinterlande des westlichen Algeriens gelegen, auf halbem Wege zwischen Ocean und Timbuktu, ist von der marokkanischen Regierung immer als marokkanisches Gebiet betrachtet worden, und es hat darum in hiesigen Regierungskreisen dessen Besetzung durch das benachbarte Frankreich einen peinlichen Eindruck hervor gerufen. Da es ausgeschlossen ist, daß die marokkanische Re gicrung in einem so entfernten Landestheil durch Waffengewalt ihre Hoheitsrechte vertheidigen kann, so wird sie sich darauf be schränken, den Nationen, welche den Madrider Vertrag mit unterzeichnet haben, einen Protest zu unterbreiten. Obgleich cs Thatsache ist, daß die Autorität des Sultans in dem erwähnten Gebiete fast nur eine nominelle gewesen ist, so ist doch das Vor gehen der französischen Regierung von weittragender Bedeutung für die hiesigen Verhältnisse. Durch die Besetzung von Jnsalab ist der stutus guo verletzt worden, dessen Aufrecht- erhaltung bisher von den europäischen Mächten streng beobachtet wurde. Die ganze Existenz des Sultanats Marokko basirt auf der Respectirung des Status quo. Hat dieser Status mit den v» weitgehenden Rechten der Europäer viele Vortheile, so bringen doch, so Paradox dies klingen mag, diese Rechte auch Nachtheile mit sich. Der Europäer ist zwar gegen Missethaten von Eingeborenen geschützt, da die Ge sandten die strengste Bestrafung eingeborener Uebelthäter durch setzen ; aber cs fehlt ihm an Schutz gegen den Euro päer. Dies haben wir im vergangenen Monat hier bitter empfinden müssen. Es besteht hier ein anarchistischer Arbeiter- Verein, dem außer spanischen Mitgliedern auch einige englische und französische Unterthanen angehören. Vor einigen Wochen begannen die Schuhmacher zu streiken, und bald schlossen sich ihnen Arbeiter anderer Geschäftszweige an. Zu verschiedenen Malen veranstalteten sie, etwa 300 Mann stark und begleitet von einer Musikcapelle, Umzüge in der Stadt und präsentirten sich bei den hauptsächlichsten Arbeitgebern, um durch Gewalt ihre Forderungen durchzusetzen. Sie verletzten das Hausrecht und bedrohten selbst einige ihrer seitherigen Brodherren mit dem Tode. Die betheiligten Consulate ließen alles dies ungestraft geschehen, die Arbeiter blieben die Herren der Situation, indem sie ihre Forderungen durchdrückten, und es ist zu befürchten, daß es bei einer Wiederholung der neuerlichen Vorfälle zu schlimmeren Excessen kommt. Die einheimischen Behörden haben keine Juris diction Uber die im Lande befindlichen Europäer. Dieselben unterstehen der Consulargerichtsbarkeit, die in ihrer jetzigen Form, wenigstens was die 8000 bi» 10 000 Seelen betragende spanische Kolonie angeht, sich als unzureichend erweist. Organe der öffentlichen Sicherheit sind hier nicht vorhanden. gegnete Gertrud nicht ohne Bitterkeit. „Ich muh mein längst gegebenes Versprechen halten; Luise heirathet in der nächsten Woche, und ich reise nach Hause, jede Stunde ist im Voraus besetzt." „Sie wollen also nicht? Sie verweigern mir einen Freund schaftsdienst, an dem mir — Sie wissen, wie unendlich viel liegt?" „Sie sollten so weise sein, Hans, über den heutigen Tag hinauSzudenken, an Ihre und Jrma's Zukunft. Glauben Sie mir, es ist besser, der Ausflug unterbleibt. Und daher be daure ich gar nicht, daß ich Ihnen nicht dazu verhelfen kann." „Adieu!" sagte Hans und ging davon, ohne Gertrud die Hand zu reichen. Nachmittags, während Gertrud mit Luise draußen an der Nosenthaler Vorstadt in einer großen Tischlerwerkstatt um Stühle und Schränke feilschte und Han» und Irmgard, Trennungsweh und Liebeslust im Herzen, froh ihres un gestörten Beisammenseins, Arm in Arm am Seegeftade hin schweiften, scheu und kühn den Blicken der Vorübergehenden Trotz boten, endlich gar im Gastgarten an einem Tischchen beisammensaßen, aus einem Seidel tranken und darüber räthselten, ob man fir für ein Brautpaar oder ein junges Ehe paar hielte — rin Drittes kam natürlich nicht in Frage —, während dessen stieg eine stattliche schwarzgekleidete Dame stöhnend, auf jedem Absatz zögernd, die drei Treppen zu dem Kunze'schen Pensionat hinaus, läutete und fragte nach Fräulein Steinhäuser. Fräulein Steinhäuser sei ausgegangen, ward ihr zur Ant wort, ob etwa eine Bestellung auszunchten sei. Die imposante Dame überlegte, man nöthiate sie ln den Salon. Die Baronin erschien, und e» erfolgte Vorstellung und Begrüßung. Mit ihrer bekannten hinreißenden LievtnSwiirdig- leit nöthigte die Baronin die Commerzienräthin Steinhäuser auf das Sopha. Sie war zu glücklich, die Mutter ihre» lieb reizenden, talentvollen Fräulein Irmgard kennen zu lernen. Die Eommerzienräthin war «ine große umfangreiche Dame von feierlichem Wesen. Sie konnte noch immer für schön gelten und machte in ihrem schweren, schwarzen Seidenkleide und kostbaren Spitzenmantel einen majestätischen Eindruck. Ihre regelmäßigen Züge hatten etwa» Starre», ihre dunkeln Augen bewegten sich langsam über ihre Umgebung hin. Sie stammte aus einer reichen Bremenser Patri'cierfamilie, war sich de» Antheiles wohl bewußt, den der Zufluß ihre» vermögen» seiner zeit an den großartigen Erfolgen ihre» Gatten gehabt, fühlte sich aber nichtsdestoweniger immer als die Zurückgesetzte und behauptete mit zäher Eifersucht die Recht» ihrer Stellung im
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite