Volltext Seite (XML)
Erscheint täglich mit Ausnakme der Tage Filialen: in Nltstadiwaldenbnrg bei Herrn nach Sonn- und Festtagen. Nnnahme von Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis nachmittags 2 Uhr. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 25 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Pt. Expedition: Waldenburg, Kirchgasse 255. —— Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenstein-Callnberg und in dm Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Bräunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursaors, Langen leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Obergräfenhain, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. S., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und Ziegelheim. Waldenburger Anzeiger Amtsblatt für de« Ktadtrath Kaufmann Beruh. Schuppe; in Penig bei Herrn Kaufmann Rob. Härtig, Mandelgafse ; in Rochsburg bei Herrn Buchhalter Fauth; in Lunzenau bei Hrn. Buchhdlr. E. Dietze, in Wechselburg bei Herrn Schmied Weber; in Lichtenstein b. Hrn.Buchh. I. Wehrmann. 25V. Donnerstag, den 27. October 1837. Witternngsaussichteu für den 27. October: Vorwiegend heiteres und trockenes Frostwctter. Barometerstand am 26. October, nachmittags 3 Uhr: 772 mm. Die französischen Kammern eröffnet. *Wa!denburg, 26. October 1887. Kaum ist die Aufregung über die Skandale ein wenig gewichen, so wagen sich die Revanche- und Hetz apostel wieder hervor. Paul Döroulöde kündigt jetzt in den Blättern unter dem Titel „Drövs rompus" (gebrochener Waffenstillstand) dem „erschreckten Europa" an, daß er aus seiner bisherigen Zurückhaltung heraus trete, da man den General Boulanger auf so schmäh liche Weise behandelt und dadurch den Waffenstillstand gebrochen habe. „Man hat," erklärt der eifervolle Apostel der Rache, „einen moralischen Mordversuch gegen einen Soldaten gemacht, der sich nicht verteidigen konnte und durfte. Seine Verleumder stellten ihn auf geschickte Weise in die Zwangswahl, entweder streng bestraft zu werden, wenn er spreche, oder für immer entehrt zu werden, wenn er schweige. Der General zog die Züchtigung der Schande vor. Er that wohl daran. Er, den j man beseitigen wollte, steht aufrecht da und ist größer i geworden. Gestern war die Rückkehr des Generals r Boulanger an die Gewalt nur ein Act rechtmäßiger ; Unabhängigkeit Deutschlands gegenüber, heute ist stein i den Augen Frankreichs ein Act nothwendiger Gerech- l tigkeit und Genugtuung." Die Welt mag also zit tern, denn der schreckliche Paul Dßroulöde hat semen Feldzug zu Gunsten Boulangers auch bereits tatsäch lich wieder ausgenommen. Er fand sich nämlich, wie wir bereits berichteten, am Sonntag in Bougival, wo eine Feier zu Ehren der drei 1870 wegen Zerschnei dens der Feldtelegraphen und unerlaubter Betheiligung am Kampf gegen die Deutschen standrechtlich erschosse nen französischen Bauern stattfand, an der Spitze der Patriotenliga ein und hielt eine sehr ausgiebige Rede, in welcher er es als seinen Herzenswunsch aussprach, daß Boulanger wieder an die Spitze der französischen Arme komme. Ueber den Verlauf der Feier berichtet man der „Köln. Ztg.": „Es hatten sich ungefähr 5000 bis 6000 Perso nen, Mitglieder der Patriotenliga, der Turn-, Schützen-, Gesang- und anderer Vereine versammelt. Die Be hörden, sowie die Deputirten und Senatoren waren abweichend von der Uebung früherer Jahre nicht ge kommen. Der Bürgermeister von Bougival, der die erste Rede hielt, bedauerte die Abwesenheit der Depu tirten und Senatoren. Preußen, Deutschland beweist seinen Haß gegen Frankreich durch Hinterhalte, Mord- thaten, Verbannungen u. s. w. Die Deutschen bilde ten sich ein, daß sie die Herren der Welt seien, Frankreich habe ihnen nur mit den Worten des Generals zu antworten: „Wir sind bereit!" (Rufe: Es lebe Boulanger! Nieder mit Ferron! Andere Stimmen riefen dagegen: Hoch die Republik! Nieder mit den Cäsaren!) Der Bürgermeister meinte schließlich unter ungeheurem Jubel des versammelten Chors der Rache, Frankreich müsse seine frühere Grenze zurückerobern, die Franzosen seien bereit, und man frage deshalb, weswegen man warte? Döroulöde ergriff hiernach das Wort, um auszusprechen, daß man das Beispiel der drei Bauern befolgen müsse. Man habe seit 17 Jahren nicht darum so viel Geld für die Armee her gegeben, um sich ruhig zu verhalten. Es sei Zeit, den Patrioten begreiflich zu machen, daß die Worte: Was wird Preußen dazu sagen? nicht mehr am Platze seien. (Rufe: Hoch Frankreich! Nieder mit Preußen!) An statt zu fragen, was Preußen denke, müsse man fra ¬ gen, was Rußland denke. (Beifall.) „Wer ist übri- s gens der Unterdrücker Rußlands, wenn es nicht Deutsch- ! land ist? Frankreich ist heute stark und wohl einge- ' richtet! Die Mobilmachung hat es bewiesen. Die Armee ist rechtschaffen, ungeachtet der Unwürdigkeit j eines ihrer Mitglieder (Caffarelli). Während meiner Reise in Rußland fand ich überall das Echo: „Hoch Frankreich! Hoch Rußland! Nieder mit Preußen!" Ich empfehle Ihnen dieses Echo. Man sagt uns, daß Rußland dieser oder jener politischen Persönlichkeit Rechnung trage. Das ist falsch. Das russische Kai serreich kennt nur einen französischen Wahrspruch: „Frei bei uns, Herr bei uns!" Ein einziger Zweck muß uns vereinen: das Niederwerfen Deutschlands und die Erhebung Frankreichs. (Stürmischer, lang anhalten der Beifall.) Nach einigen anderen Rednern erhielt Lepelletier, Chefredacteur des „Mot d'Ordre", das Wort. Ganz Europa, erklärte er, sei gegen Frank reich, als Wiege der Revolution, verbündet. Der ein zige Kultus, den man heute haben müsse, sei der Kul tus der Unsterblichkeit des Patriotismus und der Rache, die bis zum Wahnsinn gehen müsse. Zahlreiche Stim men rufen: Es lebe Boulanger! Andere rufen: Nie der mit Boulanger, die aber durch das „Lu rsve- uaub äs la Levus" übertönt werden, das die Mu sik auf ein Zeichen des Bürgermeisters spielt. Nach der Feier ging an Boulanger ein telegraphischer Be richt ab." Politische Rundschau. Deutsches Reich. Kaiser Wilhelm erschien am Montag Abend bei der Tafel in Wernigerode im schwarzen Frack. Dem Kaiser gegenüber hatte der Hausherr Oberstkämmerer Graf Stolberg, neben diesem die Gräfin Theodor Stolberg und Prinz Hugo von Schönburg-Walden burg Platz genommen. Nach der Tafel unterhielt der Kaiser sich längere Zeit mit den Gästen und verweilte den Rest des Abends inmitten der Herrengesell schaft. Der Monarch spielte längere Zeit dabei Bil lard. Dienstag Mittag begab sich der Kaiser zu dem angesetzten Jagen auf Schwarz- und Rothwild. Der Kaiser schoß hierbei 4 Rothhirsche, 2 Damhirsche, 1 Rothwild, 6 Damwild, 11 grobe, sowie 1 geringe Sau, Prinz Wilhelm 1 Rothwild, 1 Damhirsch, 4 grobe und 4 geringe Sauen. Nach der Jagd erfolgte die Heim kehr ins Schloß. Die Rückreise nach Berlin findet erst am Mittwoch Vormittag statt. Auf und von der Fahrt zur Jagd wurde der Kaiser von der weit und breit zusammengeströmten Bevölkerung mit lebhaften Hoch rufen begrüßt. Am Freirag soll eine Hosjagd in der Schorfhaide bei Berlin stattfinden, an welcher der Kai ser ebenfalls Theil zu nehmen gedenkt. An den Herzog von Meiningen hat der deutsche Kronprinz in Erwiderung einer Glückwunschdepesche zum Geburtstag folgendes Antworttelegramm gerich tet: „Deine Worte haben uns Beide sehr erfreut und danken wir von Herzen für den Ausdruck Deiner Theil- nahme und Freundschaft. Die Aerzte sind vollkommen zufrieden, wenn auch die Fortschritte nur langsam sein können. Der lebhafte Antheil der Heimath rührt mich tief. Friedrich Wilhelm." Vor Kurzem war die Nachricht verbreitet worden, so schreibt die „Nat.-Ztg.", daß der leitende rumäni sche Minister Bratiano sich nach Friedrichsruhe zum Fürsten Bismarck begeben würde. Die Angabe ist bis jetzt noch nicht bestätigt worden; ihre Bewahrhei ¬ tung würde indessen bei den herrschenden Beziehungen kaum überraschen können. Wir lassen dahin gestellt, ob es richtig ist, daß die Abmachungen Rumäniens, anschließend an das deutsch-österreichische Bündniß in nächster Zeit ablaufen und auf Antrag der rumäni schen Regierung erneuert werden sollen. Vor etwa zwei Jahren war der rumänische Minister zu gleichem Zweck in Berlin anwesend. Man erwartet jetzt bestimmt noch für dieses Jahr die Einbringung einer Getreidezollerhöhungsvor lage im Reichstage. Der Zoll soll angeblich von 30 Mark auf 45 Mark erhöht werden. Aus Paris wird telegraphirt: Die Meldung des Wolff'schen Bureau, es habe hier am Montag Nach mittag die Unterzeichnung der Suezkanalconven tion stattgefunden, verdient eine Berichtigung. Es ist nur die officielle Mittheilung von englischer Seite gemacht, es sei zwischen Paris und London eine volle Einigung über die Convention erzielt, die nunmehr den Großmächten unterbreitet worden ist. Von den Einzeletats pro 1888/89 sind jetzt die ersten zur Ausgabe gelangt. Es sind dies der Etat für den Reichskanzler und die Reichskanzlei, der Justiz etat, der Reichseisenbahnetat und einige kleine Etats. Irgendwelche wesentliche Abänderungen gegen das Vor- ! fahr sind nicht vorhanden. Papst Leo Llll. wird kurz vor dem Jubiläums tage ein Consistorium abhalten und neue Kardinale ernennen. Gegenwärtig arbeitet der Papst an einem Jubiläums-Rundschreiben an die Bischöfe. Zur Eröffnung der französischen Kammern schreibt die „Nordd. Allg. Ztg.": Der Beginn der parlamentarischen Session findet die Regierung, die Parteien, sowie endlich die Bevölkerung in einer Lage, wie sie durch Mangel an Zufriedenheit mit der Ge genwart und an Vertrauen zu der Zukunft bedingt zu werden pflegt. Das Cabinet kann wenigstens mit den Conventionen betr. die Neutralisirung des Suezkanals und die Neuhebridenfrage vor die Kammern treten; was aber die Parteien angeht, so werden deren Be ziehungen zu den weiteren Volkskreisen immer lockerer, denn letztere wollen von dem, was den Parteien zu meist am Herzen liegt: politischen Fehden und persön lichen Ehrgeizgelüsten, nichts wissen, sondern verlangen nach Stetigkeit der Entwicklung und positiven Refor men, unter den Auspizien einer entschlossenen zielbe wußten Regierung. Dem Cabinet Rouvier sind diese Wünsche der öffentlichen Meinung nicht unbekannt, freilich auch die Schwierigkeiten, mit welchen die Ver wirklichung derselben angesichts des Treibens der In transigenten in steigendem Maße zu kämpfen hat. Die Garnison von Metz soll um ein Kavallerie- Regiment vermehrt werden. Jetzt liegen dort 6 In fanterie-, 2 Kavallerie-, 2'/r Fuß-Artillerie-Regimen- ter, 1 Abtheilung Fuß-, 1 Abtheilung reitende Artillerie, 1 Pionierbataillon. Die amtliche „Landesztg. für Elsaß-Lothringen" be hauptet in ihrer neusten Nummer auf Grund von Pri vatnachrichten, daß Sch nebele Senior noch immer Spionagege sch äste an der Grenze betreibe. (Das wäre ja recht heiter!) Oesterreich-Ungarn. Der österreichische Reichsrath wird sich Ende dieser Woche vertagen, doch wird vorher noch die provisorische Verlängerung der Handelsverträge mit Deutsch land und Italien beschlossen werden. Gleich darauf treten in Wien die Delegationen zusammen.