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Ausaabe » und v SüchstWe volkssettuns Dienslag, den 30. August 1SS2 MerlaaSortr Dresden 4inc«>Se«vreise: Die lyeivaitene peUIzeiie llt» Z. gamtiiei« aniei^en «.Stellengesuche !it» Z. Di« petilrellaniezeile. Kamm, breit. I .V. gllr »l«,eigen avtzerbaib de? Verbreitimyk-geb et«? 4<> Z. dle petitseliamezeilc I.NO .cc. Brietyeb.itnq. Im galt« HSderer Gewalt erlischt >ede Verpilichtiviy aus Vteseruug sowie Llslllluug v. Sluzeige» . Stustritgeu «. Lelsimip v. Lchadeueitab WelchiUtitcher Lei! v,. Wt,,l„. Dresden. Nummer 203 — 31. Jahrgang Vischel«! »mal wvchtt. mit tltustr. Gratisbeilagen.Heimat und Beit' und der Ninderbeilage .Für unsre Netnen vente', sowie den rertbeilagen .Unterhaltung und Wissen', .Die vraltlsche Haut» rau', .Dar gut» such'. Monatlicher BegugSpretS Nu»gabe N mit S».«Benno>Blatt glt 2,70 ituSgabe v ohne St.-Benno-rltatt ^c 2L0 linjelnummcr 1V Sonnabend- u. Sonntagnummer tt« Hauptschristleiter Dr. G. DeSczyk. Dresden. Geschäftsstelle, Drutt und Beetag- Germania, Buchdrucker«! und «erlag Dresden.«, l, polierst». 17. zemriit 2I0I2. Postscheckkonto Dresden 10S5. Bank konto Stadtbank Dresden r>Ir. !N7cr7. Für chrüttiche Politik und Kultur Redaktion der Sächsischen DolkSreitnng vreSden-UItstadt l Polierstratze 17. gernnii 2MN und Sli)l2. Das Echo -er Kanzlerrede Sttmmen aus Paris und London Paris, 2«. August. Di« Blätter heben bei Besprechung der gestrigen Rede des Neichslanzlers von Papen in Münster allgemein hervor, sie lege davon Zeugnis ab, das, die Regierung von Pape» im Amte bleiben wolle, denn sie habe ein Programm entwirkelt, dessen Durchführung eine grössere Zeitspanne zur Boraussehung habe, Grosze Be- achtung sindet ausserdem die Stelle, die sich gegeu den Rational sozialismus wendet. Auch der sozialistische Populaire schreibt, die Negierung werde am Ruder bleiben und ihr Programm durchführen, gleich viel welche Haltung die politischen Parteien einnchmen werden. Nach rwrschiedenen Mutmassungen über die weitere Gestaltung der Dinge erllnrt das Blatt. ein neues Kapitel der Geschichte Deutschlands beginne. Das rechtsstehende Echo de Paris schreibt, der Reichs kanzler habe sich für die Grundsätze ausgesprochen, denen schon Preussen unter seinen grossen Herrschern gefolgt sei. Die Rede richte sich an eine nationale Elite, die fähig sei, nachzudenken und auch Andeutungen zu begreifen. Die Ausschreitungen der Hitler- bewegung hätten die Gefahr mitgebracht, unter den Deutschen Uneinigkeit Hervorzurusen und das Ausland zu erschrecken. Die Reichsregierung finde ein Mittel, um sich aussenpolitisch« Sympathien zu erwerben. Die Welt hatte sehr viel Mühe gehabt, um die deutsche Macht zu brechen. Jetzt werde sie denen Beifall zollen, die diese Macht wieder Herstellen. Werde Frankreich dieser Illusion widerstehen? Avenir meint: Wie auch das Deutschland von morgen aussehen möge, so sei es für seine Nachbarn besser, es mit einer effektiven Regierung zu tun zu haben, als mit einem politischen Klub ohne Mandat und ohne Verantwortung. Rian könne zwar kaum die Hoffnung haben, das, Pazren für Frankreich ein fick>erer Freund werde, aber man wisse wenigstens, wer im Namen Deutschlands spreche und mit wem Frankreich zu sprechen habe. London, 2l>. August. Die rechtskonservative Moruiug Post schreibt zu der gestrigen Rede des Reichskanzlers, dieser sei nicht nur ein mutiger, sondern auch ein geschickter Mann. Demokratie und Sozialismus hätten im deutschen Boden niemals Wurzel ge schlagen. <?> Herr von Papen zeige, das; er seine Deutschen, oder auf jeden Fall seine Preuszen kenne, lieber das W ir > s cha f t s p r o g r a m m des Reichskanzlers sagte Moruing Post, die vorliegenden Informationen erlaubten noch kein llrteil darüber. Herr v. Papen rechne damit, dajz Deutschland den tiefsten Punkt feiner Wirtschastsdepressiou erreicht habe. Er plane eine Poli tik der Ausgaben und der Erzmnsionen. Auch der Berliner Korrespondent der T i in e s ist der Mei nung. dasz die bisher bekannten Einzelheiten des Planes der Arlreitsbeichafsung noch leine Kritik ermöglichten. Man müsse, sagt das Blatt, nämlich Angaben und die heutige Reaktion der Londoner Börse wid der Finanzwelt abwarteu. Financial Ne w s erklärt in einem Leitartikel. Herrn von Papens Rede werde dis etwa vorhanden gewesenen Besorg nisse beseitigen. Es würden keine Masznahmen ins Auge gefasst, die die Stabilität der Währung schädigen könnten und es sei auch keine Rede von Autarkie. — Dail» Telegraph meint in einem Leitartikel u. a. das Programm habe sozialistische Merkmale und wenn die sozialistische Seite des Hiilertums ernst zu nehmen wäre, so wäre eine theoretische Reichslagsmehrheit zumin destens für einige der Masznahmen denkbar. Dieses ungeheure und kostspielige Programm für die Wiederbelebung der In dustrie und die Mkänipfttng der Arbeiislojigkeit habe aber, so meint das Blatt zusammensasjend, viele sehr Zweifel- hafte Seiten. Die Konferenz von Neudeck Papen, Schleicher und Gayl bei Hindenburg Berlin. 2S. August. Der Reichskanzler begibt sich Montag, wie bereits mit geteilt wurde, nach Neudeck, um dem Reichspräsidenten noch vor dem Tagungsbeginn des neuen Reichstage» über die politische Lag« zu berichten. Die besondere Bedeutung dieser Reise wird durch die Tatsache unterstrichen, dasi der Rcichs- lonzler vom Reichswehrminister von Schleicher, dem Rcichsiiinenminister von Gayl und dem Staatssekretär Meissner begleitet sein wird. Die masigebenden Persön- lichleitcn der Reichsregierung — diese hat ja die Bezeichnung „Kabinett Papen-Schlcnher-Gayl" — find es also, die sich mit dcm Reichspräsidenten in einer wichtigen Stunde zu einer wich tigen Konferenz treffen. In dieser Konferenz dürfte es sich weniger um die Sanktion des Reichspräsidenten für die wirt schaftlichen Maßnahmen handeln, die in der kommenden Woche durch Notverordnung verkündet werden sollen. Obwohl auch dicke Dinge selbstverständlich zur Sprache kommen werden, liegt die Bedeutung der Ncudecker Konferenz doch einzig und allein in der Aussprache Uber die innerpolitisch« Situation und die Folgerungen, die nach dem Willen der Reichsregierung aus ihr gezogen werden sollen. Die These, di« in Neudeck vorgetragen wild, ohne dass sie bisher auch begründet werden könnte, ist be kanntlich die von der Arbeitsunfähigkeit des Reichstages, aus der die Reichsregierung bekanntlich für sich das Recht ableitet. die Regierungsgewalt unabhängig von der Volksvcrtretuug und deren verjasinngsmähigcn Befugnissen zu etablieren. Aus dieser noch völlig unbegründeten Auffassung hält sich die Reichs regierung weiter für befugt und genötigt, Zien Reichstag losort wieder aufzulösen. ' Bei oer Bedeutung der hier gesuchten Wege und Entschei düngen ist es mehr als verwunderlich, dah die Reichsregierung am eine Klärung der Arbeitsmöglichkeiten des neuen Reichs tages anscheinend gar kein Gewicht legt, sondern seine Aus schaltung sozusagen » priori zum Prinzip erhebt. Die Auf fassung, das, nur die gegenwärtige Regierung in dieser Zeit zur Führung geeignet und berufen fei, und dah dieser Anspruch selbst um den Preis sehr gewagter Experiment« durchzuhalten sei, ist doch wohl zu subjektiv, al» dah sie Uber den Kreis der Regierenden hinaus auf Geltung rechnen tönnte. Wir könne» «ns schlecht vorsteken, dah sich der Reichspräsident ohne iveiterea einer solchen Auffassung anschlöss« und nicht das Bedürfnis empfände, in einer solch schwerwiegenden Situation neben dem Rat der Regierung auch vle Auffassungen des Reichstages zu hören und die von ihm etwa gebotenen Möglichteiten einer normalen Staatosiihrung mit grösstem Ernste in Erwägung zu ziehen. Es geht doch wahrhaftig etwas weit, die Existenz und Zusammcnschnng einer Regierung, zu der ungefähr das ganze Volk in Opposition steht, und schlicszlich auch noch ihre subjek tiven Ziele und lleberzeugnngcn für eine objektive Staatsnot- wcndigkcit zu halten. Das wäre eine Verwechslung, sür die selbst ein in gewissem Mage verständliches Prestigcbediirsnis keine ausreichende Begründung zu geben vermöchte. In dieser Richthung äugert sich auch die „Kölnische Zeitung", die der Meinung Ausdruck gibt, dah das Zustandekommen einer arbeitsfähigen Mehrheit im Reichstage nicht ohne Konsequen zen bleiben könne. „Der Reichspräsident", so führt das Blatt aus, „würde damit vor eine völlig neue und andre Lage gestellt werden und darauf seine weitern Beschlüsse gründen müssen. In gutunterrichteten Kreisen wird angenommen, dah er sich in diesem Fall nicht länger der Aussajfnng anschliehen könne, der Reichstag sei von vornherein arbeitsunfähig. Vielmehr würde er wohl, getreu seinem Eid aus die Verfassung und streng nach deren Wortlaut und Sinn, das Angebot der Par teien annehmcn und eine Persönlichkeit mit der Kabinetts bildung beauftragen, dir sein Vertrauen geniesst." Was die „Kölnische Zeit» n g" über die weiteren Pläne der Reichsregierung mitteilt, kann uns nur veranlassen, unser« Warnung vor verfassungswidrigen Wegen nochmals mit allem Nachdruck zu wiederholen. Nach d'csen Plänen soll zwar der Reichstag ausgelöst, aber augesichts der „sortdaueruden po litischen Beunruhigung des Volkes und nach vier Wahlen in diejem Jahre" nicht innerhalb der versassungsmähigen Frist von tii> Tagen wiedergewählt werden. Im Frühjahr hoffe man dann so weit zu sein, dah Neuwahlen nach einem neuen Wahl recht stattsind.-n könnten. Die Auffassung, die politische Benin, rnhigung mit Methoden zu überwinden, die von fast dem ge samten Volke bestritten werden, scheint uns, non allem anderen abgesehen, reichlich kühn zu sein. Hinzu kommt, dah im Falle einer Auflösung des Reichstages der Anflösnngsatt selbst in seiner versassungsmähigen Korrektheit vroblematisch wäre. ' Das Lustschiss „Graf Zeppelin" ist Montag früh um n Uhr mit Dr. Eckener und sechs Passagieren an Bord zur Fahrt nach Südamerika aufgestiegen. Papens Plan Sehr verschieden wird die grosze Prag ramm rede, dke der Reichskanzler von Papen am Sonntag in Münster ge halten hat, innerhalb der verschiedenen Parteien und In teressengruppen in Deutschland beurteilt werden. Eines aber werden dem Kanzler auch seine politischen Gegner nicht bestreiten: d a sz er gesprochen hat wie cin M a n u. der entschlossen ist, sich dnrchzuselzcii. Einen Plan für 12 Monat e hat der Kanzler entwickelt, und auch nicht einen Augenblick während seiner Rede konnte man das Gefühl haben, dasz er bereit ist. das Steuer während dieser 12 Monate aus der .Hand zugeben. Das'Spiel der innerpolitischen Entscheidungen, das am Dienstag mit dem Zusammentritt des Reichstages und des Preuszischen Landtages beginnt, hat damit einen au- szerordentlichen interessanten Auftakt erhalten. Finanzierung nach feudalem Muster. Eine endgültige Beurteilung des Wirtschastsplaues, den die Regierung Papen in 12 Monaten durchführen will, wird erst möglich sein, wenn genaue Einzelheiten dieses Planes vorliegcn. Der Plan enthält zweifellos sehr viele brauchbare Gedanken: aber an entiiheidendeu Stel len doch auch recht bedenllicbe Dinge. Das Kernstück des Wirtschaitsprogramms bildet das Sn st em der Steueranrc cb n u ngss rli e i n e. die bis zu einem Betrage von lötist Millionen im laufenden Rechnungsjahr zur Ausgabe gelangen sollen. Für Teilbeträge gewisier Steuern — näheres darüber bringen wir au anderer Stelle — werden mit der Quittung Anrecbnnngsfcheine ausgegeben, die in den nächsten Jahren bei Bezahlung der gleichen Steuern an Geldes Statt angenommen wer den. Diese Anrechnnngsscheine werden aber gleichzeitig mit einem Änfgeld versehen, das «j„er lprozeniigen Ver zinsung entspricht. Sie erhalten damit den Elmralter eines diskontfähigen Papiers, aus Grund denen der Inhaber in der Lage ist, sich bei einer Baut einen Kredit zu verschaf fen. Eine K r e d i t a u s w e i t n n g bedeutet dieses Sn stein also zweifellos. Aber diese Kreditausweitnng ist so vorsichtig vorgezeichnet, dasz eine Erschütterung der 'Wäh rung dabei zunächst nicht einlreten kann Das wird schon durch die Tatsache bewiesen, dasz die Reicbsbaul diesem Plan ihre Zustimmung gegeben hat. Die Krediiauswei tung erfolgt nickst in dem Sinne, das; zusätzliche Zablnngs mittel geschossen werde», sondern das; die vorhandenen Zahlungsnuttel und Kreditmöglichkeiten bester ansgewer- tel werden. Die Ausweise der Banken zeia-m. das; beute er liebliche Beträge flüssigen Kapitals brachliegen, weil die Wirtschaft nicht in der Lage ist. entsprechende Kredite auszunehnitii. Durch das Sisttem der Sleueranrechnungs- scheine soll die Wirtschaft dazu instand gesetzt werden. Die Bedenken gegen dieses System der Skenelanrecb- nnngsscbeine sind dagegen gellend zu machen hinsichtlich ihrer A u s wirk n n gen ans di e n ä ch st e n I a b r e. Letzten Endes bedeutet die ganze Masinalnne dock', das; ein Teil der Steuertrast der nächsten Jahre vorweg genom men und zur Bckebuna der Winscban in diesem Jahre eingesetzt wird. Es ist sehr interessant, das; Herr von Pa pen. der sich ja mit Betonung zu konservativen Anschau ungen bekennt, hier aus ein Sustem der Finanzierung zn- rückgegrifsen hat, das unter der F e n d a l b e r r s a> a s t allgemein üblich war: Damals pflegte man in schlimmen Zeiten die Steuer und Einteerlräge lammender Jahre im Voraus zu verpfänden. Die Negierung boist. das; durch die erwartete Belebung der Wirtschaft das Steueraus kommen so ansteigeu wird, das; die Einlösung der Anrecb unngsscheine keine Schwierigkeiten macht. Was aber geschieht, wenn diese E r w a r t n u g n i cb t ein tritt? Dann mns; entweder das Stenerauikommen um den Betrag der Anrechnnngsscheine erhöbt werden oder es tritt das ein. was beute die Steneranrecbnnngsscheiue noch nickst bedeuten: Gefahr sür die Währung. Einseitig« Belastung der Arbeiterschaft. Das zweite Bedenken mns; sich gegen die Art rich ten, in der die Regierung von der Seite der Arbeit her die Privatwirtschaft zu beleben gedenkt. Die ans diesem Gebiet angekündigtcn Magna Innen bedeuten den weitge hendsten Eingriff in das Tarifreckst, der bisher überhaupt erfolgt ist. Eine weit stärkere Anpassung an die regioua len und örtlichen 'Verhältnisse soll erfolgen Danibe« Inn ans soll sogar die Unabdingbarkeit der Taritvertrage m seiligt werden unter der Vorausvhung, dasz m den bette' senden Betrieben mehr Arbeiter eingestellt weiden, als