Volltext Seite (XML)
Großenhainer Unterhaltungs- L AnztigkblM Ailitg^ait ller Rölligs Riiäskilluptiiianll^li^t, lies Königs Amisgcrichts unä lieg Äatitmis>8 zu Ero^enkmin. Erscheinen: Dienstag, Donnerstag, Sonnabend. Vierteljährliches Abonnement: am Schalter 1 M„ durch den Boten ins Haus 1 M. 25 Pf., durch die Post l M. 25 Pf., durch die Post ins Haus l M. 50 Pf. Druck und Verlag von Herrmann Starke in Großenhain. Verantwortl. Nedacteur: Herrmann Starke sen. Inserate für die am Abend auszugebende Nummer werden bis früh s Uhr angenommen und Gebühren für solche von auswärts, wenn dies der Einsender nicht anders bestimmt, durch Postnachnahme erhoben. Nk. 130. Sonnabend, den 1. November 1884. 72. Jahrgang. Sonnabend, den 8. November 1884, Vormittags 11 Uhr wird im kleinen Saale des Hotel de Saxe hier Bezirkstag abgehalten. Die Sitzung ist öffentlich. Die Tagesordnung hängt im Anmeldezimmer der Canzler zur Einsichtnahme aus. Großenhain, am 25. October 1884. Die Königliche Amtshauptmannschast. von Weissenbach. O. ArmenansschuHsitzung Montag, den 3. November e. Nachmittags 4 Uhr im Nathhause, I. Etage; Eingang durch das Anmeldezimmer. Bekanntmachung. Die städtischen Anlagen Pro 4. Termin 1884 sind den 1. November n. e. fällig und bis längstens , den 2S. November a. e. an die Stadthauptkaffe zu bezahlen. Großenhain, am 30. October 1884. Dkl Slädlräth. Vogel, Stdtr. Im Gasthofe zu Böhla b. G. kommt Donnerstag, den U. November 1884, Mittags 12 Uhr 1 Pferd — brauner Wallach — gegen Baarzahlung zur Versteigerung. Großenhain, am 29. October 1884. Der Gerichts-Vollzieher. Höpfner. Gestellungen aus das Großenhainer Wlcrhaltungs- und Anzeigeblatt für die Monate November nnd December nehmen alle Postanstalten und Boten, sowie die Expedition dieses Blattes entgegen. Die Einwirkung des deutschen IVesens aus die amerikanischen Verhüttnisse. Bei der vor Kurzem von den Deutschen in New-Uork zu Gunsten der Präsidentschasts-Eandidatur des Gouver neurs Cleveland veranstalteten Volksversammlung hielt der frühere Gesandte der Vereinigten Staaten am deutschen Kaiserhofe, Andrew D. White, eine treffliche Rede, in welcher die Einwirkung des deutschen Wesens auf die ameri kanischen Verhältnisse in unbefangenster Weise erörtert wurde. Der Redner erinnerte zunächst an viele Deutsche, welche sich in der Zeit der Colonisirung und der Revolutions kriege in Amerika hervorgethan haben, an Jakob Leisler auf der Insel Manhattan, den Märtyrer im Kampfe wider- britische Despotie, an die muthigen Thaten der Steuben, Kalb und Hertheimer in den amerikanischen Befreiungs kriegen, sowie daran, daß der große Preußenkönig Fried rich II. zuerst den amerikanischen Freistaat anerkannte. Andrew D. White schrieb aber in seiner Rede den Deut schen auch das Verdienst zu, die Erkenntniß verbreitet zu haben, daß die politische Freiheit nicht nur Rechte verleihe, sondern auch Pflichten auferlege. Diese alte, ursprünglich germanische Idee ergänzte in nützlichster Weise den neu englischen Gedanken, daß jedes Individuum, welches eine Macht ausüben soll, sich auf diese Machtausübung vor bereiten müsse. Infolge dieser letzteren unbestreitbaren Wahrheit hat eine gediegene Volksschulbildung dem all gemeinen Stimmrecht voranzugehen, weil nur Erziehung und Bildung verhüten können, daß die Volköherrschaft sich in die engste Bedrückung verwandelt. Ohne die entsprechende Aufklärung schlägt die Hingabe an republikanische Grund sätze gar leicht in sclavische Abhängigkeit von wüsten aber wortgewandten Demagogen um und statt einer gesunden Entwickelung im Sinne der edelsten Denker aller Zeiten entstehen krampfhafte Anstrengungen und Gegenanstrengungen im Sinne überspannter Träumer und eitler Projecten- macher. Nach der Meinung White's liegt ein derartiges Treiben dem deutschen Wesen völlig fern. Sonderbar in der That wäre es aber auch, wenn die Mehrheit der Deutschen, wenn die Nachkommen derjenigen, welche unter den Reformen des Ministers Stein, dem be redten Lehrer Fichte's, bei den wahrhaft freien Gesängen Arndt'S und Körner's herangewachsen sind, jemals vergessen könnten, daß man zur Freiheit erst erzogen werden muß. Der amerikanische Redner, der dnrch seine frühere Berufs stellung in Berlin im «stände war, einen tieferen Einblick in deutsches Wesen zu thun, beschwor die Deutschen, bei diesen Ideen auszuharreu und nimmer zu dulden, daß das jetzige, durch das Volk und für daö Volk geschaffene aus gezeichnete deutsche Erziehungssystem untergraben werde. Die deutsche Nation solle darauf bestehen, daß nach wie vor das einzige Ziel dieses bewährten Systems die Förde rung des sittlichen, geistigen und politischen Wachsthums i des ganzen Volkskörpers bleibe. Aus diesem System sei j der echtdeutsche leitende Gedanke emporgewachsen, daß daö letzte Ziel eines großen Culturvolles nicht in einer groß artigen Waarenerzeugung und bedeutendem Güteraustausch allein zu suchen sei, sondern daß Kunst, Wissenschaft und der Geist in seinem höchsten Aufschwünge und weitesten Umfange höher und wichtiger sind, als alle materiellen Errungenschaften. Die Auffassung herrsche glücklicherweise in Deutschland noch vor, daß das höchste Ideal, dem aller Wohlstand zu dienen hat, in der Entwickelung des Menschen zur möglichsten Vollkommenheit beruhe, nicht nur in seiner Ausbildung zum Arbeiter, Waarenbeförderer, Speculanten, Käufer oder Verkäufer, sondern zum Träger wahrer Humanität. In keinem Lande hat eine solche ideale Anschauung so tiefe und feste Wurzel gefaßt, wie in Deutschland, und diese ist eö, von welcher der amerikanische Patriot White wünscht, daß sie mehr und mehr auch das Denken und Handeln seiner nur allzu praktischen Landsleute durchdringe. Er heißt den wachsenden Einfluß deutschen Denkens und deut scher Lebensanschauungen nicht etwa deshalb willkommen, weil er einen Niedergang des amerikanischen Volkes be fürchtet, sondern vielmehr, weil er dem letzteren die Fähig keit zu noch höherem Aufschwung zutraut. Sein ernstes Studium des Volkslebens und seine genauen Beobachtungen der Dinge in den Vereinigten Staaten bestimmen ihn eher zum Optimismus als zur Schwarzseherei. Wenn er auch fortwährend Vielem begegne, was ihn belästige und an widere, so lebe er doch der Ueberzeugung, daß die großen Lebensströmungen des nordamerikanischen Freistaates unver dorben seien. Wer über Uebelstände im amerikanischen Leben klage, dem antworte er: „Jeder große zischende und brodelnde Kessel wirft das Schlechteste seines Inhalts an die Oberfläche und wir erblicken auf derselben nichts als trüben Schaum. Ein armseliger Beurtheiler des Volks lebens wäre es aber, der daraus schließen würde, daß der Kessel nichts weiter als Schaum enthalte. Auf dem Boden, unter der täuschenden Oberfläche dieses siedenden, brodeln den und zischenden amerikanischen öffentlichen Lebens, be findet sich eine Fülle edlen Strebens, ernster Absichten und wahrhaft lobenswerther Anstrengungen zum Guten." Wäre diese Annahme White's eine willkürliche und nicht wirklich, trotz der wenig verlockenden Außenseite, ein ge sunder Kern im Volksleben der Vereinigten Staaten vor handen, so hätten die letzteren sicher nicht die furchtbaren Krisen der Anti-Sclaverei-Agitation und des Bürgerkrieges so glücklich überwunden und seitdem sich immer mehr als Nation machtvoll entwickelt. Der deutsche Einfluß in Amerika hat sich deshalb nicht etwa zur erneuten Anregung einer stehengebliebenen Civilisation, zur Auffrischung eines abgelebten Volkes oder zur Galvanisirung des Leichnams einer todten Cultur gellend zu machen, sondern vielmehr zur günstigen Einwirkung auf eine zum Theil noch unvoll kommene Civilisation, die jedoch auf großen Grundlagen beruht, von kräftiger Erfassung des Rechtes durchdrungen ist und sich stetig einer besseren Zukunft zuneigt. Es wäre hoch erfreulich und gewiß höchst ehrenvoll für die Leistungs fähigkeit der deutschen Cultur, wenn sich die von Andrew D. White am «Schlüsse seiner Rede ausgesprochene Hoffnung erfüllte — wenn nämlich der kräftige Factor deutschen Den kens mächtig mitwirkte, aus dem großen Unterbau des jetzigen amerikanischen öffentlichen Lebens für dieses Land eine bessere Zukunft zu entwickeln, welche in ihrer Politik reiner, in ihrer Lebensanschauung umfassender, an Kunst- blüthe reicher und im Heraureifen edler Charaktere frucht barer sein wird, als die Gegenwart. Tagesnachrichlen. Sachsen. Ihre Majestäten der König und die Königin, sowie Le. königl. Hoheit der Prinz Georg nebst hoher Fa milie wohnten am 29. October Vormittags 11 Uhr dem in der katholischen Hofkircke zum Jahresgedächtnisse für Se. Majestät den hochseligen König Johann ('s 1873) ab gehaltenen feierlichen Requiem bei. Deutsches Reich. In diplomatischen Kreisen wird neuerdings angenommen, daß die westafrikanische Conferenz in Berlin ungefähr am 10. Novbr. versammelt sein werde. Man rechnet darauf, daß Fürst Bismarck den Vorsitz in ' Person führen werde, und glaubt daher nicht, daß der Kanzler, wie Berliner Blätter wissen wollen, in kurzer Frist wieder seine Waldeinsamkeit von Friedrichsruhe oder Varzin aufsuchen werde. Die Conferenz dürfte im Kanzler palais stattfinden, und für den Fall, daß statt Bismarck's Graf Hatzfeldt die Verhandlungen leiten sollte, im aus wärtigen Amte des deutschen Reiches. Da übrigens nicht blos England, sondern fast alle Mächte außer ihren stän digen Gesandten noch einen oder mehrere Sachverständige als Beiräthe abordnen werden, so dürfte die Conferenz gegen 30 berathende Mitglieder zählen. Die genauen Resultate der Wahlen zum Reichstage lassen jich zwar noch nicht angeben, zumal eine große An zahl Stichwahlen vorgenommen werden müssen, als sicher kann aber angenommen werden, daß der allgemeine Ansturm der Oppositionsparteien, namentlich der fortschrittlichen, von den regierungsfreundlichen Parteien abgeschlagen worden ist. Die radicalen Liberalen oder Deutsch-Freisinnigen dürften sogar 10—20 Sitze verlieren, während die oppositionelle Centrumspartei ihren Besitzstand behaupten, vielleicht auch noch einige Sitze gewinnen dürfte. Für die arg befehdeten Nationalliberalen ist das Wahlresultat dagegen entschieden günstig. Recht betrübend ist das sich zeigende Anwachsen der socialdemokratischen Umsturzpartei; denn diese dürfte einige 20 Abgeordnete in den Reichstag bringen, wenn die Ordnungsparteien in den Fällen, wo die Socialdemokraten zur Stichwahl kommen, nicht wie ein Mann für ihren Candidaten einstehen. Der Kaiser soll dem Generalfeldmarschall Moltke, der am 26. October sein 84. Lebensjahr vollendet und sich noch einer bewundernswerthen Rüstigkeit erfreut, ein überaus huldvolles Glückwunschschreiben zu diesem Tage übersandt haben. Der Kronprinz wohnte am 29. October einer mehr stündigen Sitzung von Mitgliedern des preußischen Staats- ratheö bei. Im Hotel der chinesischen Gesandtschaft zu Berlin fand am Dienstag Nachmittag der feierliche Act der formellen und factischen Uebergabe der käsigen chinesischen Gesandtschaft seitens des seitherigen Gesandten Li-Fong-Pao an seinen Nachfolger bei den Höfen von Berlin, Wien, Nom und dem Haag, den neuen Gesandten Shu-Tsin-Tchen, unter- außergewöhnlich großem Ceremoniel statt. Nur der Ge- sandtschastS- und Dolmetsch-Secretär I)r. Kreyer und der Oberst Tcheng-Ki-Tong wurden von dem neuen Gesandten in ihren bisherigen Stellungen bestätigt. Braunschweig. Der „Nordd. Allg. Ztg." wird aus Braunschweig, 28. October, berichtet: Schon am Sonntag begannen Mittheilungen über das Testament des Herzogs in das Publikum zu dringen. Heute bin ich iin Stande, Ihnen Folgendes darüber zu schreiben, und ich habe Grund, meine Nachrichten, so seltsam sie klingen, für genau zu halten. Daö ganze Testament steht, von der Hand Sr. Hoheit selbst geschrieben und ohne irgend welche gerichtliche Beglaubigung, offenbar auch ohne Rechtsbeistand verfaßt, auf einem gewöhnlichen Octavbriefbogen. Der Wortlaut des Schriftstückes ist ungefähr folgender: „Ich, Wilhelm, Herzog von Braunschweig :c., vermache: 1) Lr. königl. Hoheit dem Herzoge von Cumberland meine Schlösser im Herzogthum Braunschweig und zu Hietzing, sowie mein gesammteS Baarvermögen. 2) Sr. Majestät König Albert von Sachsen meine Allodialgüter in Schlesien. 3) Der Frau v. Hodenberg 50,000 Thaler, dem «Lohne" hier ist die erste Seite des Briefbogens zu Ende, die zweite Seite ist leer, dann geht es auf der orttten Seite weiter: „4> Dem Kammerpräsidenten v. Hantelmann 20,000Thaler, bi Den beiden Kammerdienern Hauke und Voituret jedem 10,000 Thaler. Die Beamten meines Hofes zu bedenken, bleibt dem Ermessen des Herzogs von Cumberland über lassen. — Das ist Alles. Allgemein hatte man eine reiche Zuwendung für Stadt und Land erwartet, Legate für die