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Ker sächsische Frzähler, Tageblatt für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend. Amtsblatt der Kgl. Amtshauptmannschast, der Kgl. Schulinspektton m»d des Kgl. Hauptzollamtes zu Bautzen, sowie des Kgl. Amtsgerichts und des Stadtrates zu Bischofswerda. Fernsprecher Nr. 22. Aüttfmrdsechzigfter Jahrgang. Telezr.-Adr.: Amtsblatt. Ml beir wöchentlichen Beilage«: Jeden Mittwoch: Belletristische Vellage; jeden Freitag: Der sSchfische Landwirt; jeden Sonntag: Illustriertes SomttagSblatt. Erscheint jeden Werktag Abend« für den folgende« Lag. Der Bezugspreis ist rmschließliL der drei wöchentlich« Beilagen bei Abholung vierteljährlich 1 uk vü bet Zustellung in« Hau» 1 7v «!, bet allen Postanstalt« 1 u» öS «l exklusive Bestellgeld. —Einzelne Nummern kosten 10 Bestellung« werd« angenommen: Für Bischofswerda und Umgegend b« unsere« ZettmegS- nnte», sowie i« der Geschäftsstelle, Altmarkt IS, ebenso auch bet all« Postanstaltm. Nummer der ZeitungSltste SSS7. Schluß der Erschüft,stelle abends 8 Uhr. Inserate, welch« in diesem Blatte die weiteste Verbreitung Llden, werd« biS vorm. 10 Uhr angenommen, größere und komplizierte Anzeigen tag, vorher. Die viergespaltme Kor. puSzelle 12 «t, dir Reklamezeile 30 Geringster Jnse» ratenbetrag 40 Für Rückerstattung unverlangt rmgr- sandtrr Manuskript« Lbemehm« wir keine Bewähr. 24. vr»rmitt«ßs V Ilkr sollm mehrere größere Posten aus der Haferstoppel hinter der Eibenstein'schen Glasfabrik an der BelmSdorferstraße versteigert werden. Mannöver»Proviantamt. DaS Neueste vom Tage. Römische Blatter kündigen an, daß der Drei bund unverändert bis -um 31. Dezember 1920 verlängert worden sei. Der Ausschuß des Gesamtverbaudes deutscher Metallindustrieller hat eine Aussperrung von 60 Prozent sämtlicher Metallarbeiter Deutschlands für de« 8. Oktober beschlossen. (Siehe Deutsches Reich.) . O AvS dem Riesengebirge und der Schweiz wer- den Schneefälle gemeldet. Im Harz uud in Thü ringen find Überschwemmungen ««getreten. Siehe Sonderbericht.) D In der Wohnung eines verhafteten Schlossers in Lissabon fand man 171 Bomben, deren Metall- Wandungen bereits hergestellt waren, um sie mit Explosivstoffe« zu fülle«. Der Regent vou Persien, Ali Reza-Chan ist, 69 Jahre alt, in Teheran gestorben. El« Interview mit dem neuen Priifi- veute« der Eöuigl. SSchs. StaatS- eiseubahuen, Geheimrat Professor Dr. Ulbricht. Zum ersten Male seit dem Bestehen des Säch sischen Staatseisenbahnwesens tritt am 1. Oktbr. d. I. an die Spihe der Generaldirektion der Kgl. Sächsischen Staatseisenbahnen ein Techniker, der Geheimrat Professor Dr. Ulbricht. Die ser Systemwechsel wird ganz besonders freudig von der Industrie begrüßt. — Der Vertreter un seres Blattes in Dresden hatte am Donnerstag die Ehre, von dem neuen Leiter des Sächsischen Staatsbahnwesens im Königlichen Finanzmini sterium, wo der neue Präsident zur Zeit noch als Vortragender Rat und Regierungs-Kommissar tä tig ist, empfangen zu werden. Während der am 1. Oktober d. I. aus dem Amt, das er seit 1899 verwaltet, ausscheidende Präsident Hans F. Karl v. Kirchbach dem Äußern und Auftreten nach als früherer Offizier kenntlich ist, macht sein Nachfolger, Geh. Baurat Prof. Dr. Ulbricht, mehr den Eindruck eines Gelehrten, aber durchaus keines verknöcherten, sonderneines modernen Gelehrten. Die Gestalt ist kräftig und untersetzt, das Gesicht von einem kurz- geschnittenen, grauen Bollbart umrahmt. — Na türlich könne er, so sagte der neue Präsident, im Anfang des Gesprächs, sich auf kein Pro grammfestlegen, nach dem er sein Amt ver walten oder gar etwa reformieren werde. Das hieße ja seinen Vorgänger, den er sehr hoch schätze, in bezug auf dessen Amtsführung, mißbilligen. Er werde die Geschäfte so führen, wie er eS nach seinem Gewissen und seiner Erfahrung zum Wohle des Landes und der Verwaltung für am besten halte. Das Publikum möge sich dann sein Urteil nach der Art seiner Geschäftsführung bil den. Soviel könne er sagen: „Er werde sich bemühen, den Interessen der Indu strie soweit als möglich entgegen zukommen!" Den Beamten gegenüber hege er selbstverständlich das größte Wohlwollen. — Da Geh. Rat Prof. Dr. Ulbricht jetzt Regie rungskommissar für elektrische Bahnen ist, richtete der Interviewer die nahe liegende Frage an den neuen Präsidenten, ob in absehbarer Zeit an eine Umwandlung der sächsischen Staatseiseubahne» in solche mit elektrischem Betrieb zu denken sei. Herr Präsident Ulbricht erwiderte darauf, daß ein Zeitpunkt hierfür sich nicht an geben lasse. Jedoch werde diese wichtige Frage fortdauernd in Erwägung gezogen und es fänden in gewissen Zeitabschnitten Be ratungen darüber innerhalb der Generaldirektion statt. — Der Inter viewer wies dann daraufhin, daß in den letzten Jahren infolge der Verteuerung der Eisenbahn fahrpreise eine große Verschiebung im Bahnverkehr eingetreten sei, indem die obe» ren Klassen, besonders aber die erste Klasse, noch weniger als früher, die 4. Klasse dafür noch weit stärker als sonst schon benützt würden und fragte, ob nicht gewissermaßen eine Verschmelzung der ersten und zweiten Wagenklasse eintreten und man mit drei Klassen aus- kommen könne, was doch, da es das Mit- führen der unrentablen, weil schwach besetzten Wagen der l. und II. Klasse erübrige, in das lei der nötige Sparsystem von Exzellenz Rüger passe. — Mit feinem Lächeln entgegnete hierauf Präsi- deut Dr. Ulbricht, er könne sich über diese Frage, soweit sie das Sparsystem betreffe, nicht äu- ßern, dies könne nur der neue Finanzminister von Seydewitz tun. — Was die Frage der Vereinfachung des Betriebes in der Zugführung anlange, so werde er diese natürlich stets im Auge behalten, übrigens sei es auch bisher schon das Bestreben gewesen, eine Vereinfachungein- tretenzulasseninBezugaufdieWa- genklassen. Diesem Bestreben nachkommend, habe man die „Ein - Klassen - Züge" einge- führt, von denen zurzeit schon mehrere im Vor ortverkehr eingelegt sind. Es sind dies Züge, die nur eine Klasse, und zwar die dritte Klasse führen. Es sei nicht ausge schlossen, fuhr der neue Präsident fort, daß in dieser Richtung weitergeschrit- ten und daß die, wie gesagt, bisher schon einge- leitete Vereinfachungsmethode imBe- triebe weiter fortgesetzt werde. Geheimrat Prof. Dr. Ulbricht hat vor kurzem, nach seiner Ernennung zum Präsidenten, wieder einige Wochen in der Generaldirektion der Staatsbahnen zu seiner Information gearbeitet, verfügt auch sonst in seinem neuen Wirkungskreis über reiche Erfahrungen, da er bereits früher Jahre lang im Eisenbahndienst tätig war. Er ist 1849 in Dresden geboren, besuchte hier das An- nenrealgymnasium, studierte an der Dresdener Technischen Hochschule Ingenieur-Wissenschaften, legte 1874 die höhere technische Staatsprüfung ab, promovierte mit einer mathematisch-technischen Dissertation zum „Dr. Phil." und trat am 1. Ja nuar 1875 in den Dienst der König!. Sächs. Staatseisenbahnen. 1878 wurde er als Leiter des Eisenbahntelegraphenwesens nach Dresden beru fen und trat am 1. Januar 1898 in die General direktion ein, der er vier Jahre lang angehörte. Am 1. Januar 1902 wurde er zum Vortragenden Rat im Finanzministerium ernannt und ist hier auf als Regierungskommissar für elektrische Bah- nen tätig. Als ProfessorderTechnischen Hochschule liest er über Telgraphen- und Sig nalwesen und wurde für mannigfache Verdienste von der Technischen Hochschule zum „Dr. ing. honoris causa" ernannt. Er ist außerordentliches Mitglied der Preußischen Akademie für Bauwesen, seit 1899 Mitglied der Studiengesellschaft für elektrische Schnellbahnen und war 1902—1904 Vorsitzender des Verbandes der Elektrotechniker. Durch Studienreisen in anderen Ländern hat er seine Kenntnisse fremdländischen Eisenbahnwesens erweitert und war auch 1893 Juror der Elektro technischen Abteilung der Chicagoer Weltausstel lung. 1896 bis 1897 war er Vorsitzender des Sächs. Ingenieur- und Architekten-Vereins, — Alles in Allem gewinnt man nach persönlicher Bekanntschaft mit Herrn Ulbricht die Überzeu gung, daß der neue Leiter des sächsischen Eisen bahnwesens nicht nur ein Fachmann ersten Ran ges, sondern auch ein Mann von wohlvollendeter Welt- und Menschenkenntnis ist, unter dessen Leitung sowohl das Eisenbahnwesen wie die Be amtenschaft und das Publikum gut fahren wer- den: Der rechte Mann am rechten Platze. Frhr. v. Hf. Eine Spaltung i« der Sozialdemokratie. Infolge des Antrages in der Budgetbewil- ligungsfrage, welchen wir in unserer Donners- tags-Nummer veröffentlichten, kam es auf dem Magdeburger Parteitag zu heftigen Auseinan dersetzungen und stürmischen Szenen. Nach An nahme der Vorstandsresolution verließen 70 süd deutsche Delegierte wegen Wiederaufnahme des Verschärfungsantragcs Zubeil den Sitzungssaal, nachdem sich auch Abg. Bebel noch vorher ent fernt hatte. Die Debatte hatte sich im Verlauf des Nachmit tags so zugespitzt, daß alle Bemühungen und Nei- gungen, den Budgetkampf versöhnlich abzuschlie- ßen, erfolglos blieben. Der Beschluß, der am Ende des zweiten Verhandlungstages gefaßt wurde, kann für die Partei das endgültige Auseinander fallen in einen norddeutschen und einen süddeut- schen Flügel bedeuten. Die Tragweite dieses Be schlusses wird dadurch allein schon hinreichend ge-