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Mcheritz-Mung ÄMitW M Anzeiger siir HpMM, Stznekberg u. ll. Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmannschaft, das Königliche Amtsgericht und den Stadtrat zu Dippoldiswalde. Mit achtseitigem „Illustrierten Unlerhaltungsblatt" und täglicher Unterhaltungsbeilage. Für die Aufnahme eines Inserats an bestimmter Stelle und an bestimmten Tagen wird leine Garantie übernommen. Verantwortlicher Redakteur: Paul Jehne. — Druck und Verlag von Carl Jehne in Dippoldiswalde. Nr7lS9 ' Montag den 18. Juli 1914 abends 80- Jahrgang' , , I 1 " ' -—E-ESS!- M Die Melherltz - Zeitung" erscheint täglich mit Aus- nähme der Sonn- und Feiertage und wird am Spätnachmittag ausae- geben. Preis vierteljähr lich 1 M. 50 Pf., zwei- monatlich 1 Mark, ein monatlich 50 Pf. Ein zelne Nummern 10 Pf. Alle Postanstalten,Post boten, sowie unsere Aus träger nehmen Bestel lungen an. Inserate werden mit 15 Pf., solche aus unserer Amtshauptmannschaft mit 12 Pf. die Spaltzetle oder deren Raum berech net. Bekanntmachungen aus der ersten Seite (nur von Bchoroen) die zwei gespaltene Zeile 35 bez. 30 Pf. — Tabellarische undkomplizierteJnserate mit entsprechendem Auf schlag. — Eingesandt, im redaktionellen Teile, die Spaltenzeile 30 Pf. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Vorüber ist das Markt fest des Dresdner Handwerkervercins und, abgesehen von dem ganz unprogrammgemäßen Eingriff höherer Gewalten, von dem mit recht ausgiebigem Regen begleiteten schweren Gewitter, dürste das Fest die Note „gut" erhalten. Zur angesetzten Zeit entstiegen die Mitglieder und Angehörigen des genannten Vereins, es mögen schätzungsweise 400 Personen gewesen sein, in Malter dem Zuge und marschierten, soweit sie nicht die Walserfahrt mit einem der Motorboote als das bessere Teil bevorzugten, unter Vorantrttt unserer Stadtkapelle in heihem Sonnenbrand an der Sperre entlang nach dem Ziele, nach Dippoldis- walde. Da — am Tännichgrunde — kam der Zug ins Stocken. War ein Unglück geschehen? O nein! Am Felsenhange z-igten sich niedliche Gnomen, tätig als Berg- mann, Holzknecht, gemütlich, den Feierabend markierend, die Pfeife rauchend oder das Trinkhorn den Gästen ent gegenhaltend. Und aus des Waldes Düstern trat der leibhaftige Dippold (dargestellt von Herrn Riedel) und sprach die „großstädtischen Nachbarn" also an: „Aus tausendjährgem Schlaf in diesen Heilgen Wäldern schreckt mich ein Lärmen auf. Ich möcht euch zürnen, euch Störern meiner Ruh', und übersann schon baß die Straf', die ich euch ausgelassnem Völkchen auferlegte. Da kamen meine Gnomen, Elfen, Zwerge und baten: „Heilger Vater Dippold, du Schutz- und Schirmherr aller Guten, Fleihgen und Gerechten, sieh gnädig an das Lachen froher Gäste! Nach der Dippolda turmgekrönten Mauern wolln diese frohen Menschen alle pilgern, sie sind geladen von den Bürgern deiner Stadt!" Und als ich fragte, weisen Stand und Land ihr wäret, erfuhr ich, daß ihr ebenso beflissen der Handwerkskunst wie meine braven Dippser all. Des freu ich mich! Erlaß euch drum die Straf' und geb euch meinen Segen! Mag meine Dippoldstadt und alle ihre Bürger euch lieb und teuer sein! Heut und in allen Zeiten!" Bon hier übernahm Dippold selbst die Führung nach seiner beflaggten Stadt. Auf dem Marktplatze herrschte schon vorher reges Leben. Nach kurzem Verschnaufen der Fremden brachte der Männergesangverein den ersten Willkommengruß mit dem schönen „Grüß Gott", woran sich folgende Ansprache des Herrn Bürgermeister Jahn anschloß: „Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bon hoher Felsenwarle herab hat Sie vorhin der greise Dippold, der sagenhaste Begründer unserer Stadt, um- geben von seinen Gnomen, an der Grenze des Weichbildes von Dippoldiswalde begrüßt. Lassen Sie jetzt mich Sie auf unserem schönen Marktplatze zu Füßen des alt ehrwürdigen Rathauses im Namen der Stadt herzlich willkommen heißen. Wir freuen uns aufrichtig, daß Sie aus den dumpfen Mauern der Großstadt heraus Ihre Schritte hierher gelenkt haben, um zusammen mit uns allen eine leider nur kurz bemessene Zeit fröhlich zu sein. Möchten Sie sich bei uns recht wohl fühlen und eine schöne Erinnerung an Dippoldiswalde mit nach Hause nehmen. Meine sehr geehrten Herrschaften! Vor N/2 Stunde haben Sie vor einem glänzenden Zeugnis der Vollkommenheit unserer heutigen Technik, der gewaltigen. Sperrmauer bei Malter, gestanden, welche den Weißeritz- fluten ein gebieterisches Halt zurust und sie der Industrie des Plauenschen Grundes dienstbar macht. Sie lind dann an den Ufern des Staubeckens entlang gewandert; mancher von Ihnen wohl in trauerndem Gedenken an die dem Gemeinwohle zum Opfer gefallenen blühenden Gefilde und schmucken Häuser, die bis vor kurzem auf dem Grunde der jetzigen Wasserfläche sich befunden haben. Und nun haben Cie Einkehr gehalten in ein Gemeinwesen, dessen Wurzeln in einem wohlentwickelten und leistungsfähigen Handwerk verankert sind. Gewiß haben wir in unserer Stadt eine verhältnismäßig große Anzahl Landwirte, gewiß hat sich eine, wenn auch zurzeit bedauerlicherweise teilweise in schwerer Krisis sich befindliche, nicht «nbe- bedeutende Industrie hier seßhaft gemacht, aber den Kern unserer Bürgerschaft bildet doch nach wie vor noch immer das strebsame Handwerk. Und ich meine, des dürfen wir von ganzem Herzen froh sein. Wenn wir zurückschauen in die Vergangenheit, so finden wir, daß neben dem landwirtschaftlichen Grundbesitz und Sette an Seite mit ihm allezeit das Handwerk es gewesen Ist, welches sich als die stärkste Stütze von Thron und Vaterland erwiesen und ans dem die Gemeinwesen nach den schwersten Zeiten des Kriegs, des Aufruhrs und sonstigen von Gott ge schickten Schicksalsschlägen immer wieder Kraft zu neuem Streben gewonnen haben. So ist es gottlob noch heute bei uns und, wir wissen es, auch bei Ihnen in der Groß stadt. Wie wäre es sonst auch zu erklären, daß unser allergnädigster König das Protektorat über Ihren Verein übernommen hat? Sicherlich hätte er dies nicht getan, wenn er nicht gewußt hätte, daß er dadurch den Dresdner Handwerkerverein auf feste Füße stellte und damit der Stadt Dresden und zugleich seinem geliebten Sachsenlande einen unschätzbaren Nutzen bringe. Sie haben dieses königliche Vertrauen, wie ich nicht näher auszusühren brauche, niemals getäuscht und dürfen deshalb mit Recht stolz sein auf diese Huld unseres geliebten Landesherrn. Aber Stolz kann weiter Ihre Brust schwellen, wenn Sie der Erfolge gedenken, welche das Dresdner Handwerk in allen seinen Zweigen in einem infolge der großstädtischen Verhältnisse wohl doppelt schweren Ringen zu verzeichnen hat; und wenn Sie sich vergegenwärtigen, daß aus Ihren Kreisen zu allen Zeiten führende Männer, ich nenne nur einen Naumann, einen Türk, einen Wendschuch, der heute an Ihrer Spitze steht und sowohl im politischen Leben als in der Gemeindeverwaltung Ihrer Vaterstadt eine hervorragende Stellung einnimmt, hervorgegangen sind. Möge dies in alle Zukunft so bleiben; möge der Dresdner Handwerker-Verein weiter blühen, wachsen und gedeihen. Lassen Sie uns dem Ausdruck geben, indem wir rufen: Der Dresdner Handwerker-Verein, er lebe hoch, hoch, hoch!" Das wieder vom Männergesangverein gesungene stimmungsvolle „Sonntag ists" bildete den Uebergang zu einer Ansprache des Landtagsabgeordneten Herrn Wetzlich in seiner Eigenschaft als Vorstandsmitglied des Dresdner Allgemeinen Handwerkeroereins, in der er zunächst dankte für den so unerwartet festlichen Empfang, und erläuterte, wie man bei einem Besuche der Talsperre Malter im Vorjahre auf den Gedanken gekommen sei, in Dippoldis walde ein Marktfest zu feiern, was man durchaus nicht bereue angesichts des freudigen Willkommens aus allen Kreisen, der zeige, daß hier die Standesgcgensätze noch nicht so scharf aufeinanderstießen wie in der Großstadt; in der er dann weiter hinwies auf die für das Handwerk goldenen, aber entschwundenen Zeiten der Zünfte, auf den kaum zu übertreffenden Tiefstand, auf den das Hand werk bis in die letzten Jahrzehnte gesunken war, aber auch betonte, daß seine Angehörigen seitdem Mittel und Wege suchten zur Besserung dieser Verhältnisse, daß sie manches schon erreichten und, wenn auch die alte goldene Zeit nicht wiederkehre, doch noch manches erreichen würden, wenn das Zusammengehörigkeitsgefühl gepflegt werde, was ja mit der Zweck der heutigen Beranstaitung sei. Ein Hoch auf unsre Stadt endete die Ansprache. Die Musik setzte ein, aber auch das Gewitter und der Regen, der das zahlreiche Publikum rasch in die ver schiedenen Restaurants der Stadt trieb zum Leidwesen der Inhaber der Verkaufsstände. Das Unwetter war so heftig und anhaltend, daß es den Anschein hatte, als wäre für diesen Tag alles zu Ende. Aber — auf Regen folgt Sonnenschein! Von der Ralsmühle nach der Reichs- kröne zu bewegte gegen 6 Uhr sich ein geschmückter Wagen, das hiesige Handwerk verkörpernd, wenn auch nicht vollständig, was — wenigstens zum Teil — auch der Witterung in die Schuhe geschoben werden darf. Außer dem Bienenkörbe, den Handwerkersleiß verkörpernd, trug der Wagen resp. folgten ihm mit entsprechenden Ab- Zeichen Angehörige des Schmiede-, Schlosser-, Klempner-, Fleischer-, Bäcker-, Maler- und — das Beste sei zuletzt genannt — des Gerbergewerbes. Letzteres sei deshalb hervorgehoben, weil die Gerberinnung, die die älteste aber schwächste Innung des Bezirks ist und zurzeit nur sechs Meister und drei Gesellen zählt, bi» auf zwei Meister voll vertreten war. Gefolgt von „Deutschlands Zukunft" unter Führung des Bonbon-Onkels und In Begleitung des dadurch wieder auf den Plan gerufenen Publikums be wegte sich der die Aufschrift „Wenn an jeden losen Mund ein Schloß müßt angelegt werden, dann wär die Schlosserei das Beste auf Erden" tragende Festwagen nach dem Marklplatze, wo Herr Stadtrat Gietzolt als Vorsitzender des Jnnungsausschusses die Gäste namens des hiesigen Handwerks nochmals herzlich willkommen hieß, was wiederum entsprechende Dankesworte de» Herrn Wetzlich auslöste. Abgelöst von Gesängen de» Männergejang- vereins führten nunmehr auf dem Podium die Damen liege des alten Turnvereins Stabübungen und der Turn verein „Jahn" ebenfalls Stabübungen sowie Gruppen vor, woran sich ein von 12 Paaren (Angehörigen des Dresdner Vereins) ausgeführter, sehr effektvoller „Hand werksburschenreigen" und ein längliches Tänzchen an schlossen, das unterbrochen wurde durch das Aufsteigen eines schönen roten „Zeppelin". Es war interessant zu beobachten, wie das „Luftschiff" bet seinem raschen Steigen die Fahrtrichtung änderte. Nahm es den Kurs anfangs nördlich, als habe es Heimweh, so fuhr es bald östlich, kehrte dann nach dem Marktplatze zurück und stieg, lang- sam in südwestlicher Richtung sich bewegend, immer höher, bis nur sehr guten Augen noch ein kleiner Strich sich zeigte und bald auch dieser verschwand. Vielleicht hört man noch etwas davon. Damit war das Programm be endet. Schon seit dem späten Nachmittag entführte uns jeder Zug liebe Gäste, ein großer Teil wartete aber bis zum berühmten „letzten Zuge". Und hätte man den Worten Glauben nicht geschenkt, so wäre schon dieser Um stand allein Beweis gewesen, daß es den Residenzlern bei uns gefiel. Und das freut uns alle! Wir aber wollen den Bericht schließen in der Hoffnung, daß die ge sprochenen schönen Worte in die Tat umzusetzen doch wenigstens zum Teil möglich sein möge, und mit dem Wunsche: Auf Wiedersehen! — Von den Gruppenstellungen des Turnvereins „Jahn" und vom Turnen der Damenriege sind von Herrn Photograph Paust verschiedene Aufnahmen gemacht worden, die als sehr gut gelungen zu bezeichnen sind. — Eine Glanzleistung vollführte am gestrigen Sonntag der Dauerschwimmer Ferdinand Ohme aus Deuben. Er durchschwamm die Talsperre zu Malter bei heftigem Ge wittersturm mit Hagelschlag, gegen die Strömung, von der Sperrmauer bis an die Anlegestelle Dippoldiswalde in l Stunde und 30 Minuten. Der Wellenschlag, gegen den der Schwimmer anzukämpfen hatte, betrug zeitweilig 50 cm Höhe. — Die Schulferien und der Tierschutz. Zum Beginn der Ferienzeit sei an alle Eltern und Erzieher, namentlich an die Führer und Führerinnen der Ferien kolonien die herzliche Bitte gerichtet: die Zeit des fröh lichen Zusammenseins zu benutzen, den Sinn der Kinder auch auf den Tierschutz zu lenken. Nicht nur die Schonung der Vögel, der Käser, der Schmetterlinge, der Kröten und Frösche, der Waldschnecken und des sonstigen Getiers sollte man ihnen anempsehlen, sondern auch ihre Aufmerksam keit sowohl den gut als den schlecht gehaltenen Haus und Zugtieren zuwenden. An den oft ohne Streu und Wasser an der Kette liegenden unglücklichen Hofhunden und an den oft überlasteten und mißhandelten Pferden sollte nicht ohne ein Wort der Teilnahme vorüberge gangen werden. Auch auf die in engen Käsigen manch mal übereinander in der Sonnenglut an den Häusern hängenden Finken und anderen Vögel sollte man die Kinder aufmerksam machen und sein Mißfallen äußern. Dagegen dürfte nie unterlassen werden, über wohlge pflegtes, sich auf der Weide austummelndes Vieh freudigen Beifall zu äußern, überhaupt die Teilnahme an der Tier welt, die den Stadtkindern ost ganz fehlt, in jeder Weise zu erwecken. — Nach dem Genuß von Kirschen Wasser zu trinken kann, wie in der Zeit der Kirschenernte immer wieder heroorgehoben werden muß, überaus verhängnisvoll wirken. Eine 20jährige Arbeiterin in der Gegend von Aschersleben hatte sich bei der Arbeit an Kirschen gelabt und darauf reichlich Wasser getrunken. Es stellten sich bald heftige Magenschmerzen ein und kurze Zeit darauf verschied das Mädchen. Dippoldiswalde, 12. Juli. Zu der für heute an gesetzten Geländeübung der freiwilligen Sanitätskolonnen Dippoldiswalde, Freiberg, Tharandt und Wilsdruff hatten die vorbezeichneten vier Kolonnen nachmittags ein Uhr am Obertorplatze hier gestellt. Die Führung lag in den Händen des Kolonnenführers Herrn Stadtkrankenhaus verwalters Fickert, Dippoldiswalde, unter Leitung des Herrn Stabsarztes der Reserve vr. meck. Voigt, Dippol diswalde. Bom Direktorium des Landesoereins vom Roten Kreuz waren erschienen Herr Lanitätsrat vr. Menzel als prüfender Arzt und einige andere Vertreter. Ferner nahmen als Gäste teil Herr Bürgermeister Jahn, Dippol diswalde, und der Vorsteher des Militärverein» Dippol diswalde. Der Uebung lag folgender Gedanke zugrunde: