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zu denen namentlich die geistreich veränderte Reprise des ersten Satzes gehört, verläuft alles klar und wohlgegliedert. Der Grundcharakter des Konzertes ist schwungvolle Heiterkeit, die sich im Schlußrondo unter Vorantritt eines alten, schon in einem früheren Divertimento (KV 252) benutzten Volksliedes zu necki schem Humor steigert. Das Orchester verrät in Behandlung und Dynamik Mann heimer Einfluß und verhält sich nach französischem Vorbild den Solisten gegen über ziemlich zurückhaltend, bringt jedoch mit seinen gehaltenen Bläserakkorden in der Begleitung einen neuen, wirksamen Zug hinein." (H. Abert). Das Klavierkonzert Nr. 1 d-Moll op. 15 von Johannes Brahms gehört zu den Jugendwerken des Meisters. Es wurde in seiner Ur form als Sonate für zwei Klaviere entworfen (1854), auch Pläne für eine Sinfonie hatte der Komponist ursprünglich damit verbunden. Die ersten Aufführungen des dann endgültig zum Klavierkonzert umgestalteten Werkes fanden mit Brahms als Solisten kurz nacheinander Anfang 1859 in Hannover und im Leip ziger Gewandhaus statt, wobei es allerdings besonders in Leipzig zu einem völligen Durchfall des Konzertes kam. Der Komponist äußerte sich darüber in einem Brief an seinen Freund, den berühmten Geiger Josef Joachim, recht sarkastisch: „Ohne irgend eine Regung wurden der erste Satz und der zweite angehört. Zum Schluß versuchten drei Hände, langsam ineinanderzufallen, wor auf aber von allen Seiten ein ganz klares Zischen solche Demonstrationen ver bot. Weiter gibt’s nun gar nichts über dieses Ereignis zu schreiben, denn auch kein Wörtchen hat mir noch jemand über das Werk gesagt! Dieser Durchfall machte mir übrigens durchaus keinen Eindruck ... Ich glaube, es ist das beste, was einem passieren kann; das zwingt die Gedanken, sich ordentlich zusammen zunehmen, und steigert den Mut. Ich versuche ja erst und schaffe noch. Aber das Zischen war doch zuviel . . ." Die Gründe für diese überaus schlechte Aufnahme der ersten bedeutenden Orchesterschöpfung des jungen Brahms bei seinen Zeitgenossen mögen be sonders darin zu suchen sein, daß es sich hier nicht um eines der üblichen Virtuosenkonzerte, sondern um ein rein sinfonisch angelegtes Werk handelte, bei dem das Klavier — kein virtuos konzertierendes Soloinstrument mehr — ebenso wie die anderen Orchesterinstrumente der sinfonischen Entwicklung nutzbar gemacht wird. Daneben mögen auch die Monumentalität und die dramatische Schroffheit besonders des ersten Satzes, der unter dem Eindruck des Selbstmordversuches des verehrten Robert Schumann geschrieben sein soll, zunächst befremdet haben. Und doch müssen wir in diesem Werk, bei dessen Entstehung wohl persönliches Erleben des jungen Komponisten eine wicntige Rolle spielte, eines der großartigsten Beispiele seiner Gattung erblicken, das uns durch seine Einheitlichkeit und Intensität, durch seine düstere Größe und seinen starken Gefühlsreichtum aufs tiefste zu fesseln vermag. Der erste Satz (Maestoso) wird mit dem großartigen Hauptthema des Orche sters eröffnet. Nach einem Zwischenspiel und einer kontrapunktischen Steigerung setzt das Klavier piano espressivo mit klagenden Terzen- und Sextengängen ein. Sparsam begleitet das Orchester. Die ernste, schmerzliche Stimmung kon zentriert sich. Dann erklingt — im Klavier allein - das edle zweite Thema, das zu Brahms' schönsten Einfällen gehört. Das Orchester greift die Melodie auf, das Klavier umspielt sie figurativ. Die Durchführung bemächtigt sich dieses Materials und mündet in einer Verarbeitung des Hauptthemas. Düster klingt die Reprise aus. Wie faszinierend die melodischen Entfaltungen, der großflächige Aufbau, der herbe Mollklang des Satzes wirken, läßt sich kaum mit Worten sagen. Der Einsatz des Soloklavieres erfolgt sinfonisch-konzertant und stellt an den Solisten höchste physische Anforderungen. Andere Gefühlsbereiche eröffnen sich schon mit dem zweiten Satz (Adagio), den Brahms ursprünglich — wohl im Gedanken an Schumann — mit „Benedictus, qui venit in nomine Domini" überschrieben hat. Ein innig-gesangvolles Geigen thema steht im Vordergrund des Satzes. Einen weiteren edlen Gedanken bringt das Klavier. Die Anlage des Adagios ist dreiteilig. Der mittlere Teil wird von elegischen und schmerzlich-trotzigen Stimmungen beherrscht. Die variierte Wie derholung des ersten Teiles - mit einer Kadenz des Klavieres - schließt im Pianissimo. Das Rondo-Finale (Allegro non troppo) steht inhaltlich im Gegensatz zu den vorangegangenen Sätzen. Rhythmisch und melodisch begegnet fast ungarischer Schwung. Kraftvoll, stürmisch setzt das rhythmisch pointierte Hauptthema ein. Welch einen Kontrast schafft dazu das wunderschöne zweite Thema in F-DiÄ das besonders wirkungsvoll in einer fugierten Episode mit Klavier und HoW zum Ausdruck kommt. Die Gestaltung des Rondos meidet insgesamt belastende Problematik. Nach einer konzertanten Kadenz verklingt das Werk mit hellem Dur-Klang. Dr. Dieter Härtwig VORANKÜNDIGUNGEN : 9. und 10. Dezember 1967, jeweils 19.30 Uhr, Köngreßsoal 8. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Lothar Seyfarth Solistin: Masuko Ushioda, Japan, Violine Werke von Grieg, Sibelius und Tschaikowski 25. und 26. Dezember 1967, jeweils 19.30 Uhr, Kongreßsaal 9. AU S S E ROR DE NTLICH ES KONZERT Dirigent: Kurt Masur Solistin: Anna Kojabovä-Penäskovä, CSSR, Sopran Werke von Corelli, Monteverdl, Mozart und Rimski-Korsakow Freier Kartenverkauf Freier Kartenverkauf 30. Dezember 1967, 19.30 Uhr, und 31. Dezember 1967, 19 Uhr, Kongreßsaal 10. AU S S E RO R DE N TLI CH E S KONZERT Dirigent: Heinz Bongortz Solistin: Assia Slatkowa, Bulgarien, Klavier Werke von Boris Blacher, Mozart und Brahms Freier Kartenverkauf Programmblätter der Dresdner Philharmonie — Spielzeit 1967/68 — Chefdiriger.t: Kurt Masur Redaktion: Dr. Dieter Härtwig Druck: Grafischer Großbetrieb Völkerfreundschaft Dresden, Zentrale Ausbildungsstätte •hihamnoni 7. AUSSERORDENTLICH ES KONZERT 1967/68