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Freitag. Nr. SV. 5. August 1870. Weißerih-Ieitung. Amts- und Anzeige-Matt der Königlichen Gerichts-Ämter und Stadträthe z« Dippoldiswalde und /raucusteiu. Preis pw Quartal 10 Ngr. Inserate die Spalten-Zeile 8Pfg- Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Postanstalten. Verantwortlicher Redakteur: Lari Zehne in Dippoldiswalde. 7 —" Tagesgefchichte. Dippoldiswalde. Der beim gestrigen allgemeinen Bettage in unserer Stadtkirche gehaltene Gottes dienst war sehr zahlreich besucht, und blieb während desselben der bürgerliche Verkehr geschlossen. Die von Herrn Superintendent Opitz über Jer. 17, 14 ge haltene Predigt ist gedruckt an den Kirchthüren zum Besten des „Internationalen HülfSvereinS" verkauft worden. — Auch bei uns sind leider in den letzten Tagen falsche Kriegönachrichten geradezu erfunden und weiter verbreitet worden. Man faselte von in Dresden in großer Zahl angekommenen Verwundeten, nannte Leute, die mit solchen gesprochen und anderen Unsinn. Wir warnen vor solchem Gebühren ernstlich und machen auf Artikel 130 des Strafgesetzbuches aufmerksam, welcher lautet: „Gefängnißstrafe bis zu 6 Monaten hat Derjenige zu erwarten, wer wissentlich falsche Nachrichten, welche im Publikum Besorgniß vor Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Wohlfahrt, des Friedens oder der bürgerlichen Freiheit, oder Unzufriedenheit mit Maßregeln der Regierung zu erregen geeignet sind, mündlich oder durch Schriften ausstreut oder verbreitet." Dies allen müßigen und — böswilligen Köpfen zur heilsamen Warnung. Dresden. In welch umfassender Weise für die Verproviantirung des sächsischen ArmeerorpS gesorgt ist, ergiebt sich daraus, daß der Armeelieferant Lustig contractlich verbunden ist, aller 3 Tage 200 Ochsen zu liefern. — Durch die an der alten Elbbrücke und auf der Terrasse veranstalteten „Pfennigsammlungen" (durch junge Mädchen) sind bis zum 30. Juli bereits über 1500 Thaler gespendet worden. Man hat in den Büchsßn auch Goldstücke und CassenbilletS von größrem Werthß^efunden. -- Den Etappen-CommandoS ist aus Berlin der Befehl zugegangen, in allen schriftlichen Ausfertigungen den Titel „norddeutsche Bundesarmee" nicht mehr an zuwenden. Der officielle Titel sei jetzt:„Dasdeutsche Heer." * Dresden, 3. Aug. Der heutige Bet tag sah alle unsere Kirchen von Andächtigen gefüllt. Die der Weihe des Tages gewidmet gewesenen Predigten machten einen tiefen Eindruck. Superintendent Meyer in der Frauenkirche, indem er die Schmach der französischen Urheber des Krieges aufdeckte, erklärte gleichwohl, die eine Frucht ihres Treibens preisen zu müssen, die Deutschland zur bewundernSwerthen Einheit zusammen geführt habe. In anderer Weise gedachte Hofprediger vr. Rüling in der Hofkirche des TageS; er wies auf die Wenigen hin, welche wohl gar den Franzosen den Sieg wünschen und aus unserem Könige statt eines treuen Bundesfürsten, den Vasall eines Napoleon machen möchten. Knieend vereinte sich überall die Gemeinde zum Gebet für den Sieg der deutschen Waffen und für das Heil der Söhne des Landes. Die königliche Familie wohnte dem feierlichen Gottesdienste in der kath. Hof kirche bei. Leipzig. Außer der dritten Bürgerschule, der städtischen Turnhalle und einem Flügel des Schlosses Pleißenburg, die zu Lazarethen eingerichtet werden, sollen auch noch eine Anzahl (im Freien stehender) Barak en auf deut Exerzierplatz bei Gohlis errichtet werden. Berlin. Bei der am 31. Juli erfolgten (auch in vor. Nr. bereits gemeldeten) Abreise des Königs zur Armee hat sich derselbe mit folgenden Worten verabschiedet: An Mein Volk! Indem Ich heute zur Armee gehe, um mit ihr für Deutschlands Ehre und für Erhaltung unserer höchsten Güter zu kämpfen, will Ich, im Hinblicke auf die einmüthige Er hebung Meines Volkes, eine Amnestie für politische Verbrechen und Vergehen ertheilen. Ich habe das Staatsministerium beauftragt, Mir einen Erlaß in diesem Sinne zu unterbreiten. Mei» Volk weiß mit Mir, daß Friedensbruch und Feind schaft wahrhaftig nicht auf unserer Seite war. Aber herausgefordert, sind wir entschloßen, gleich unseren Vätern und in fester Zuversicht auf Gott den Kampf zu be stehen, zur Errettung des Vaterlandes. Berlin, den 31. Juli 1870. gez. Wilhelm. — Aus Mainz vom Dienstag, 2. August, erließ der König folgende Proclamation an die Armee: Ganz Deutschland steht einmüthig in den Waffen gegen einen Nachbarstaat, der uns überraschend und ohne Gruud den Krieg erklärt hat. Es gilt die Vertbeidigung des bedrohten Vaterlandes, unsrer Ehre und des eigenen Heerdes. Ich übernehme heute das Kommando über die gesummten Armeen und ziehe getrost in einen Kampf, den unsere Väter in gleicher Lage einst ruhmvoll bestanden. Mit Mir blickt das ganze Vaterland vertrauensvoll auf Euch. Gott der Herr wird mit unserer gerechten Sache sein! Wilhelm. — Vor seiner Abreise ist der König noch durch eine direct vom Kaiser von Rußland an ihn gerichtete telegraphische Depesche verständigt worden, daß die Neutralität Oesterreichs unter allen Umständen