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W HWWe H ^86., j1872 Mittwoch, de« 30. Qetober. Es liegt in dieser Behauptung ein gänzliches Verkennen des logischen Ganges der Weltgeschichte, die endlich sich anschickl, den furchtbaren bläS- phcmirenden Uebermuth, der den Unfehlbarkeits- Beschluß kennzeichnet, zu bestrafen. Das ist der Unterschied zwischen sonst und jetzt und darin liegtdie Sicherheit des vollständigen Sieges der Staatsgewalt. Die glänzende Finanzlage Preußens kouyte wohl kaum einen prägnanteren Ausdruck erhallen, als durch das kurze Resumö, mit welchem Finanz minister v. Camphausen in der ersten Sitzung des Abgeordnetenhauses auftrat. Für das Jahr 1871 einen Netto-Ueberschuß von circa 10 Millionen Thaler, für das laufende Jahr einen Ueberschuß von ungefähr 20 Millionen Thaler, das sind in der That vielversprechende Resultate einer geordneten Finanzverwaltung. Daß dieses Fortschreiten zum Guten nicht blos eintägig nnd vorübergehend ist, geht aus dem Staatshaushaltsetat - pro 1873 unzweifelhaft hervor. Im Ganzen beziffert sich die Einnahme auf 206,702,643 Thlr., zeigt also gegen ab, um in Gemeinschaft mit den Vertretern hes gesammten Volkes die Gesetze zu berathen, dutch welche den muthwillkgen Angriffen der. Hierarchie begegnet werden kann. Während er auf diese Weise jegliche Willkür ausschließt, hat er die große Majorität des Volkes, auch der Katholiken, auf seiner Seite, denn jeder Halbwegs vernünftige und denkende Mensch , gleichviel welcher Religion und welcher Confession er auch angehöre, jagt sich, daß der gaNze Conflict einzig und allein durch die in ganz Unge setzlicher Weise herbeigeführte Proklamation der päpstlichen Unfehlbarkeit, die einmal kein Staat sich gefallen lassen kann, provozirt worden fei. Mit pem kirchlichen Gesetze über die gemischten Ehen, konnte der Staat allenfalls fortexistiren, wenn er auch seine Würde mit Füßen treten ließ; gelangt aber heute die päpstliche Unfehlbarkeit zur vollen Geltüng und brechen sich die in der bischöflichen DenkschM aufgestellten Forderungen Bahn, so existirt der Staat nur noch, so weit es die Kirche erlaubt und so* weit er deren Forderungen als gehorsamer Knecht erfüllt. Es ist eine ebenso große Frechheit äls Dummheit, mit Herrn v. Ketteler zu behaupten, Politische Umschau. Mit einer gewissen Siegeszuversicht blicken im gegenwärtigen Kampfe des Staates mit der Kirche unsere ultramontanen Organe auf die religiösen Zerwürfnisse früherer Zeiten zurück, wo freilich der Staat den Kürzeren zog. Allein zwischen sonst und jetzt liegt ein gewaltiger Unterschied, wenn auch die Gegner stillschweigend über ihn hinweggehen, als sei er überhaupt nicht vorhanden. Der Angriff kam damals, wie heute, so zu sagen aus heiterem Himmel; das Verhältniß zwischen Staat und Kirche war vor dem Jahre 1837 ebenso ungetrübt, wie vor 1870. Damals fiel es dem Erzbischof von CKn ein, das kirchliche Gesetz über die gemischten Ehen zu verkündigen, also das Verlangen zu stellen, daß sämmtliche Kinder aus gemischten Ehen katholisch erlogen würden. Der Staat ließ sich dies nicht ge fallen, sondern griff scharf zu. Die Erzbischöfe von Cöln und Posen wurden, da sie sich nicht fügten, verhaftet. Trotzdem siegte die Kirche und der Staat kroch zu Kreuze. Woher kam dies? Er hatte einen Gewaltsstreich der Kirche mit einem Gewaltsstreich des staatlichen Absolutismus beantwortet, denn die daß Fürst Bismark sich gewissermaßen den Verhaftung der beiden Bischöfe konnte durch kein Spaß gemacht habe, den Conflict herbeizuführen. Gesetz gerechtfertigt werden. Das lag eben im * ' ' " " Wesen des Absolutismus; als absoluter Staat konnte er nicht anders. Dadurch verlor er aber die Stütze der öffentlichen Meinung, die sich der scheinbar schwächeren Seite zuwandte, um so mehr, als der Absolutismus im Volke verhaßt war und die frei sinnigeren Parteien im, Staate eine iinmer größere Bedeutung gewannen. Jeder Angriff gegen den absoluten Staat, von welcher Seite er auch kommen mochte, wurde als eine Schwächung des absoluten Systems mit Freuden begrüßt. Ja man war nahe daran, die verhafteten Erzbischöfe nicht nur als religiöse, sondern auch als politische Märtyrer zu feiern. Heute findet das geradezu entgegengesetzte Ver- hältniß statt. Der Staat denkt nicht daran, absolut zu verfahren; im Gegentheil, obwohl er in seiner Wurzel angegriffen und ohne alle Veranlassung ge schädigt ist, wartet er ruhig gegenüber allen Hetzereien und Provokationen, die in einer wahrhaft großartigen Weise vom UltramontaniSmuS in Scene gesetzt werden, den Znfammentritt der gesetzgebenden Körper Siebenundzwanzkgster Jahrgang. . für. . ... ';' Bifckofsrverda, Stolpen nnd Umgegend. Amtsblatt des Königlichen Gerichtsamtto and des «Ktadtratheo za Sischofswerda. vtrse Zeitschrift erscheint wöchentlich Zwei Mal, Mittwochs und TonnadenvL, und rottet einschließlich der «ovn- «twd» erscheinenden „belletristischen Beilage" vierteljährlich 12'!, Ngr. Inserate werden bi« Dienstag« and Hretchg« früh N Uhr «ngenommxn.. ..