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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.01.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-01-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930123023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893012302
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893012302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-01
- Tag 1893-01-23
-
Monat
1893-01
-
Jahr
1893
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E« ist geradezu herausfordernd, wenn dieser social, politisch und zu gutem Thril in Bezug aus luxuriöse LebcnSballung bevor zugte Stand unausgesetzt über seine gedrückte Lage klagt, So lange die Herren jedoch Andere aus dem Spiel lassen, mögen sie sich an dem geschmacklosen Treiben immerhin ergötzen. Wenn sie sich aber als die geborenen und un eigennützigen Vertreter der Landwirthschajk im Allgemeinen ausspielen und als solche von anderen Parteien aus drücklich anerkannt werden wollen, so muß solche An maßung zurückgewiesei, werden. Der nationalliberalc Abg, Sombart, dessen Kenntniß der Landwirthschaft ebenso wenig Jemand bezweifelt, wie sein Wohlwollen für diesen Lrwerbszweig, hatte am Sonnabend einige Bemerkungen gemacht, die den Großgrundbesitzern nicht gefiele», Es war das gute Recht des Frhrn. von Minnigerove, seinem Miß behagen über die Aeußerungen, die ihm gar nicht gefallen sollten, Ausdruck zu geben, Ter genannte Abgeordnete hielt cS aber für angezeigt, die nationalliberale Partei vor der Be kundung von Auffassungen zu warnen, wie sie Herr Sombarl verrrthen hat, ja, die Partei aufzufordern, sich solcher Mit glieder zu „erwehren". Andernfalls, so drohte der conservativc Führer, „werden die Nalionalliberalen einen Gegensatz uns (den Eonscrvativrn) gegenüber herbeiführen, der sich vielleicht auch für sie empfindlich gellend machen könnte." Freiherr r, Minnigerove muß während seiner Zurückgezogenheit vom parlamentarischen Leben geschlafen haben und seit seiner Rückkehr noch nicht ganz munter geworden sein, sonst könnte er taS Bestehen eines Gegensatzes zwischen Eonservativen und Nationalliberalen nicht als etwas Zukünftiges und noch dazu sür die letztere Partei bedrohliches Zukünftiges anschen. Der.Gegensatz" ist durch die Stellung der Eonservativen zum Eeutrum, zur Schulvorlage, durch ihre Abstimmung über die Landgemeinde-Ordnung und die Begünstigung polnischer Eaadidaturen klar genug als ein bereit» vorhandener nach- gewiesen worden. Nicht minder täuscht sich der warnende „reiherr, wenn er meint, der Gegensatz werde den National- liberalen empfindlich werden. Sehr im Gegentheil ist ihnen >m preußische» Osten die Verdunkelung LeS Gegensatzes zu den Deutschconservalivcn empfindlich geworden. Dir Kahlen in Stolp und Tilsit sollten übrigens die Herren be lehrt haben, daß ihnen ein Ohr für Warnungen nöthiger wäre al« ein Mund, Frbr. v, Miunigerode muß sich schon daraus gefaßt machen, daß Herr Sombart nicht gemaßregelt wird, weil er gesagt hat, daß die conscrvativen Großgrund besitzer Sonde rinte ressen in der Politik vertreten. Er dal een Beweis dafür erbracht, und zu allem Ucbcrslnß hat der sehr konservative LandwirtbschaftSminister v, Heyden dasselbe gethan und den Herren, die dahin kommen, „wohin kein vernünftiger Mensch kommen kann", überdies zugerusen: .Sorgen Sie dafür, daß das Land durch Ihre Ucberlrcibnngen keinen Schaden leidet," Dir manckesterlichen llebertreibungen leS Herrn Rickcrt fanden eine weit wirksamere Zurückweisung, al» durch Herrn v. Minnigerove, seiten- de- iialivnallidcralen Abg. Tannen, der die schwierige Lage der Landwirthschaft und die Nothwrndigkeit eine« Zollschutzes überzeugend betonte: „Nur, was wir selber glauben, glaubt man uns," Sachlicher al« die Anrufung de- Antisemitismus durch Frhr. v, M»»ii- gervte war auch jedensallS die Bemerkung de» Herrn Tannen, daß er sich weder von den Ahlwardt noch von den Eohn etwa» für die Landwirthschaft versprecht. Gegen diese Auf sagung in ihren beiden Theilen wird selbst Herr llr. Hildes heimer nicht» eiuzuwcnben haben. Der böhmische Hochadel bat von jeher einen Hcmm- sibuh für eine fortschreitende Entwickelung in Oesterreich ge bildet, Neuerding- hat er diesen Charakter wieder dadurch bekundet, daß er einen Feldzug gegen die von der Regierung eiugeleitete Mehrheitsbildung eröffnet bat. Die Stellung der böhmischen Fürsten und Grafen bei Hose, ihr persön licher Einfluß, befähigen sie, sich über den Willen der je weiligen Regierung hinwegzusetzen und ihren Sonder- interrssen Geltung zu verschaffen. Die Geschickte Oesterreich« iekrt u»s, wie osl sie um ihrer StandcSiutcrrsseu willen den Staat in Gefahr gebracht haben, und auch im Verlause der versassungSniäßigcii Aera waren sie es wiederholt, die im Verein mit den Klerikalen und nationalen Rückschrittlern einer Gesundung der inneren Verhältnisse feindlich cut- gegenständen. Von der liberalen Aera für eine Zeit lang urückgcdrängt, habe» sie in der Aera Taasse wieder estcn Fuß gefaßt und an Einfluß gewönne». Von ihrer Zustimmung hing in den letzten Iabren jede Entwickelung i»i Staate ab. Heule sind sie mächtiger denn je und operiren über den Kopf de- Grafen Taaffe hinweg, so daß eS den Anschein hat, als wollle» sie ihn zwingen, auch fernerhin sich ihrem Willen zu beugen oder de» Platz zu räume». In dieser Richtung erscheint namentlich der eben jetzt zur Ver öffentlichung gelangte Briefwechsel zwischen dem Ob mann des feudalen ElubS in Böhmen, dein Grasen Buquoy, und deni Führer der deutschen Landtags- ab geordneten Dr. Schi» eukal als ein Zeichen, daß die hohen Adelsgeschleckter Böhmens eiiierMehrhcliob'ilduiig abhold sind, welche sie zwingen würde, sich den Bestrebungen der Linken z» fügen, wäre cS auch nur formell durch Anerkennung deö Rcgie- ru»gsprogrammS, welche» aus staatsrechtliche»! und nationalem Boten den «tutus >>uo feststelleii will, I>r, Sch»,eukal bat es obgelehnt, einer Einladung der Feudalen zu einem neuen Ausgleich über die Sprackenfrage in Bobinen Folge zu leiste», i» der richtigen »nt von der deutschen Partei längst sest- estelllen Erwägung, daß die Regelung der sprachliche» Ber- älliiisse einzig und allein aus dem Boden der Reicksgesetz- aebung erfolge» dürfe, soll nicht durch einseitige Lösung der selbe» im böhmische» Landtag den staatsrechtliche» Souder- intercssen der Czeche» »nd der mit denselben verbündete» Fcudatderrrn Vorschub geleistet werden. Geschah »un die Aussorderung zu diesem neuen Ausgleich auch z» einer Zeit, wo die gegenwärtigen Verhandlungen über eine neue Mebr- beilSbildung »och nicht ini Zuge waren, so muß eS ui» so ausfallender erscheinen, daß der Fendaladcl aus der Ver öffentlichung des bezcichiietcn SchristenweckselS, gerade i»i gegenwärtigen Momente bestand, wo die Regierung bestrebt ist, die Parteien einander näher zu bringen. Roct> schärfer aber markirt der Feudaladel seine ablehnende Haltung zur stegierungSaction durch die Bemerkungen, mit denen er in einem Organe, dem „Vaterland", Liesen den Deutsch-Liberalen kindlichen Schritt begleitet, indem er ausdrücklich erklärt, er >atte sich von nun ab jeder AilSgleichS-Verpslichlung den Deutschen in Böhmen gegenüber als ledig. Ma» fragt sich daber mit Recht, ob dieses kampflustige Aiinretci, de« Grasen Buquen und seiner SlandeSgeiiosseii die Zustimmung des Miuisterpräsidtiitc» finden könne. Vorläufig bezweifelt man die- und cs wäre dann nicht uiiwahrscyeinlich, daß wir vor einem Eonflict ernsterer Art sieben. Vom Pa namascan d al liegen beule nur Nachrichten in geringem Umfange vor. DaS Plaidoyer des General- slaatSanwalteS gegen die Herren LrsscpS, Vater und Sohn, wird in Paris allgemein zwar als streng, aber a>S gereckt betrachtet. Es sei traurig, so meint mau, zu sehen, wie ein Mann, der sich so viel Rubin erworben bat, ihn dadurch verliert, Laß er durch geheime Manöver ungeheure Summen an sich reißt und sie in sinnloser Weise verschleudert. Es sei noch trauriger, sagen zu müssen, baß er sich selbst auf diese Weise bereichert hat. DaS große Vermögen, das sich in dieser Angelegenheit Einzelne so rasch erworben haben, sei ein Hob» aus den Ruin der vielen Opfer, — Nachdem die Enquöte-Commission ClSinenceail.Laguerre.Delabayc und den Bankier Schwabe vernommen hat, ist sie aus DienSUrg vertagt worden. Clsmenceau bestritt enlschieden die Aeußerungen des SecretairS LeS Baron Rcinach, Merneix, welcher von der Commission gleichfalls ver nommen worden ist. gab zu, mit Arton genau bekannt gewesen zu sein; er kenne aber besten augenblicklichen Aiikentbalt nicht und würde denselben, auch wenn es der Fall wäre, nicht verratbcn. Der Untersuchungsrichter erließ gegen Arton, von dem man glaubt, daß er nach Ru mänien geflüchtet sei, einen Haftbefehl. Die .Libre Parole" erzählt, daß Aröne und Clsiiieiiceau, bevor sie sich zum Unlersiichungsrichter begeben, erst bei Andrieur versprachen, Aröne war furchtbar aufgebracht, indessen gelang eö Clömen- ceau, ihn z» beruhigen und ih» z» einer Aussprache mit Andrieur zu bewegen. In der Wohnung de» Letzteren fand dann eine erregte Auseinandersetzung zwischen den Dreien Feisilletsn. Für die Ehre der Familie. Stoma» vou Llarissa Lohde. St-ibtnick rnbokni. (Fortsetzung.) »WaS treibt nur Ihr Schwager? Wir haben ihn heute den ganzen Abend vergeblich im Künstlerverein erwartet, er batte versprochen, seine Reiseskizzen vorzulegen. Er ist doch nicht etwa krank —?" .Soviel ich weiß, nicht", entgegnetc Arnold und lenkte da» ibm peinliche Gespräch auf ein andere» Thema. .Also auch dort nicht", meinte der Commerzienrath, der die Bemerkung de« jungen Künstlers über Paul gehört hatte, leise zu Adele. Ich bin doch neugierig, zu erfahren, waS sür eine Tändelei wieder dahinter steckt " .Wäre Fra» von Hegener nicht verreist, wie Arnold er zählte", entgegnete dieser verdrossen, .ich wüßte, wo er zu juchen wäre." .Aber, da er nicht dort sein kann —" .So wird er aus irgend ein andere» Liebesabenteuer auSgegangen sein. — Sein ganzes Sinnen und Denken ist ja nur darauf gerichtet. Die Frauen haben ihn ver dorben." „Und so sprichst Du, Adele, eine Fra» von den Frauen?" schüttelte die Commerrienrätbin verweisend den Kops. „Ich dächte doch, man sollte bester von dem eigene» Geschlecht» denken —" Adele zuckte die Achseln. „Soll eS besser werden und die gesunlenc» Sitten sia, wieder beben, so fällt meines Erachtens nach der Frau die größte Ausgabe zu. Der Mann muß sie achten lernen und ihre Liebe der Preis werden, der ibm nickt ungesuchl ent gegen gebracht, sondern um den er sich mühen, den er sich verdienen muß," „Bravo, bravo!" rief Arnold, der wieder seinen Platz an ElSbeth« Seite eingenommen batte, und reichte der Schwägerin die Hand liker den Tisch bin, .Sie spreche» mir ganz au» der Seele, liebe Adele. Da« sittliche Bewußt sein der Frau muß sich mehr kräftigen, und hält sie fest an Treue »»d Glauben, tan» wird auch Treue und Glaube» im Volke wieder wachse» und all' taS widerwärtige Gerede über Vererbung und so weiter ausbören, da« dock nur zur Entschuldigung sür die eigene Schwäche gebraucht wird. Wer mit Ernst »ach dem Guten strebt, der hat wahrlich keine Vererbung zu fürchte» und stammle, er von Mördcrii und Dieben ab." Er blickte dabei ElSbeth an, die mit weit geöffneten Augen ihm zuhörtc. Auch Adele war seinem Blicke gefolgt und ein Zug der Sorge breitete sich über ihr Gesicht, .In ElObeth geht etwas vor", äußerte sie beim Nach hause,zehen zu der an ihrer Seile schreitenden Commerzien- rälhin, .da« mich beunruhigt. Möchtest Du mir gestalten, daß ich sie morgen zu mir hole? Ich möchte einmal ein ernstes Wort mit ibr sprechen. Eie soll mir Alle« beichten, wa« sic in jenem schrecklichen Ilfeld erlebt hat- Da« wird sie erleichtern," Die Commerzienrälhin seufzte. „Gern," sagte sie, „und ich wünsche Dir bessere« Ge- tatt, — In Bezug aus Cornelius Herz verlautet, daß er sich neulich in Bourncinoutb, dem bekannten englischen Seebad, ei» großes möblirrcS Hau». Boscembc Tower, kaufte, das vormals Sir Henry Drnmmond Wclff innc batte Herz ist in Bollrncinoutd vor 14 Tage» einget,offen, batte aber, als er Donnerstag Nackt verhaftet wurde, das Hotel noch nickt verlassen, weil der Tower z» seinem Empfange »och nickt i» Stand gesetzt war. Als die in großer Stille sich rollzicdcnke Verhaftung stattfand, hielt sich I>r, Herr, der Frau und Tochter bei sich balle, im Schlafzimmer auf. Es war 10 Uhr Abends, und der Arzt des Verhafteten, l>r, Pbrascr, befand sich gerade bei ibm. Er bestätigte, daß Herz an Diabetes und auch unter sonstige» Functionsstörungc» leite, so daß ein Verlassen des Zinimers bei seiner Schwäche leben-gefährlich werden könne Ein Kraii>eiizc»gniß wurde nach Paris gesandt Iw. Her; sagte, daß er für alle Anklagen gegen ihn Antworte» bereit habe, die seine Ankläger sehe» — nickt hören! — werden, wen» sie nur Gekillt haben wollten. — Zwei französische Geheimpolizisten nahmen ini Beisein eines englische» EommissarS eine Hausdurchsuchung in der Wohnung des EorncliuS Herz in Bcuriicuicinb vor und beschlagnahmten alle Vor gefundenen Papiere, Herz, der aiiicrilaniscbcr Staals bürger ist, rief die Einmischung des aiiicrikanischcn Gesandien in London an, wodurch die Angelegenheit der Auslieferung verwickelt wurde. CriSpi leugnet, daß er jemals zu EorncliuS Herz in Beziehungen gestanden habe, welche das Lickt der Oesientlickkeil scheutenj er sehe mit voller Seelen ruhe der Veröffentlichung der Briese rulgegeii, welche er seiner zeit an Herz gerichtet. In Italien schweigt gegenwärtig aller politischer Streit, Ma» spricht »ur von den Banken, vo» der Flucht Euci» »iello'S, LeS Directorö der „Banca di Napoli", und der Ver haftung Tanlogo's und der LazzaroniS, des DireclorS und deö EassirerS der „Banca Romana". Der crstere wollte, al» die Polizei bei ihm erschien, einen schriftliche» Protest gegen seine Verhastung aussctzeli, da er als Senator »ur »ach Zustimmung deö Senats arrelirt werden tonnte. Man ge stattete ihm jedoch nicht, die- Schriftstück abzusassrn. E>» Blatt bemerkt etwas naiv, es falle Tanlongo „nicht- AndercS" al- di« Uebcrsckrcituug der gesetzlich bestimmte» Notenausgabe zur Last, Ganz cigenlbümlich berührt k»e von mehreren Journalen gegebene Versicherung, man habe seit Jahren gewußt, baß viel mehr Note» der „Banca Rviiiana" im U,»lause seicn, als bas Gescy gestalte. Die .Italic" behauptet, allen Minister». von Deprctis bis Crispi, vv» Miceli biS Cbuuirri, von Grimaldi bis Finali, sei die« genau bekannt gewesen, aber Alle hätten die Augen zu gedrückt, Ob dies richtig ist oder ob es nur zur Verhcrr lictiung Giolitti s geschrieben wird, können wir nicht entscheiden. Jedenfalls bleibt der fatale Umstand bestehen, baß der schon so lauge verdächtige Baiikrircclor Tanlongo just von <^io- litli zum Senator vorgesch lagen ward. Die „Italic" behauptet ferner, daß Herr Tanlongo eine» Brief EriSpi'S in Hände» habe, durch welchen ibn der Letztere ausdrücklich ermächtigte, die gesetzlich vorgeschriebene Notenausgabe zu überschreite», (Crispi hat diese Be hauptung inzwischen als eine grobe Unwahrheit bezeichnet.) Herr Tanlongo besitze auch noch manche ander« Papiere, durch die niedrere einstige Minister »nd Unter-StaatSsecrctaire, Abgeordnete und Journalisten schwer dloßgesleUt wurden. Diese Papiere seien in sicherer Obbut, und Herr Tanlongo würde sich ihrer in dem bevor stehenden Prvccsse rücksichtslos bedienen, klebrige»- hätten die Banca di Napoli und die Banca di Sicilia ganz das Gleiche gcthan wie die Banca Romaua uud ebenfalls viel mehr Noten auSgegeben, al« ibnen das Gesetz erlaubte. Die RkgiernngS-Coniiiiissare bei allen drei Banken bätte» in ihren Berichten wirterboll auf diese unerlaubten Vorgänge aus merksam gemacht, die früheren Ministerien aber dazu ge schwiegen. Die gegenwärtigen socialen Zustände in den Nieder landen sind solcher Art, daß sich auch da- allgemeine Interesse im AiiSlaiidc ihnen znwcndet. Täglich werden a»S den verschiedenen Theilen de« Lande» Ansammlungen und Aufzüge von Arbeitslosen gemeldet und ihre Anzahl nimmt noch iuimcr zu Den von svcialdemokratisck'er Seite gegebenen Rath, in dichte» Hausen durch dir Straßen und an den „Palästen" der Reichen vorbeizuzieben, haben die Arbeitslosen in Amsterdam treulich befolgt. Ehe der Aufzug durch bi« Stadt begann, richteten mehrere Redner an tie Menge bas Wort und machten verschiedene Mittet nauibast, durch welche dem traurigen Zustand «in Ende gemacht werde» könnte; der eine schlug vor, eine Brücke über da« zu bauen und am senjeitigen User ei» gesunkeS Arbeiterviertel anzulcaen, als ob man solche riesenbasle Pläne »ur so ohne Weitere- aus dem Aermcl schütteln und über Nacht aussübre» könnte: ein zweiter erging sich in bitteren Klagen darüber, baß die Statt zwar Gelb genug sür de» Enipsaiia sremter Fürsten — bannt ist der Besuch des deutschen Kaisers gemeint — übrig habe, aber sür die Arbeiter uichtS thun wolle, wobei nur übersehen wird, daß da« bei dieser Gelegenheit ausgcgcbcne Gold zu neun Zehntel in Gestalt von Löhne» i» tic Taschen der Arbeiter floß; endlich trat der aus dem Norden zugereiste Socialtemokrat LilitjcS aus, der das uuscblbarste Mittel nannte: man ckfassc das Privatcigcntbum ab, uud die Arbeitslosig keit wird verschwinde»; eö seien, sübrte er aus, i» der Stakt o viele Magazine und prächtige Laken, und aller darin aiisgekpeicherto Reichst'»»» gehöre von RccbtS wegen den Arbeitern, die denselben mit ihrer Hände Arbeit ge schaffen hätte». Nachdem der Auszug, au dem sich etwa 15,00 Mann belhciligtcn, vor dem ^tadlbause angclomiucn war, erhielt ciuo Abordnung bei dem Bürgcrmcislcr Znlrilt, der alsbald erklärte, daß er auch beim beste» Willen keine Arbeite» sinke» könne, welche von Gemeinde wegen in Angriff genommen werte» könnte», Unordnungen kamen während des Auszugs nicht vor. die Ansührcr batten selbst die driiigcntstc» Ermahnungen gegeben, sich leine Ausschreitungen zu schulte» koiiimc» zu lassen und uanicntlich halbwüchsige Bursche» »icbl in ihre» Reiben zu dulteii. Der Zustand ist ein wirklich trostloser; sür Aiuslertain tritt noch der er schwerende Uiustaud hinzu, daß hier ein beträchtlicher Tbeil' der Arbeitslosen aus allen Provinzen am Anfang de« Winters zusaiiiuienslröiiit, und was das schlimmste cjt und der Sacke der Nolhlcitciite» auch uiigebcuren Abbruch tbut, ist die Bereitwilligkeit, inil der sic jich von gewissenlosen Hetzern gebrauchen lassen. Uebcr die neuen egyplischen Minister werden einige persönliche Mitthciliingcn gemacht. Der Premier und Finanz- niinislcr Niaz Pascha ist im Besitz einer vollständigen Kennlniß von Land und Leuten und gilt für einen ehren hafte». charakterfesten »nd unabhängigen Man». Der Minister de« Innern, ButroS Pascha, ist ein kleiner Mann »lit rundem, glatlrasirlci» Gesicht, dessen Züge sich kaum erhellen und verschlafen erscheine». Er bat sich während langjähriger Dienstzeit im Justizministerium ausgezeichnet und seine Earriöre verdient, ButroS Pascka ist Kopte und bat die den Kopte» cigciilbünsticbc ar>tbu,cl>schc Begabung. — Der nen- ernannte Iustlzminisler, MaSlumPascba, ist ein Verhältnis! mäßig jungcrMau», von gewinnenden Manieren, er spricht aus- aezeichuct französisch und stellt so jene ucuc Sclnilc guterzogencr Egyptor dar, die ibre Bildung >» Europa erworben habe». Im Gegensatz z» ButroS ist Maslum lang und dünn. Von ihm erwartet man, trotz seiner französischen Erziehung, kein sciudjeligc» Verhalten gegen England, — Der bekannteste und vorzüglichste Man» de« Miiiistcriums ist vor schon dem früheren Cabinet aiigekörcnde Minister des Auswärtigen, Tigranc Pascha, Armenier vo» Geburt, Nesse Nubar Pa'chas, batte er eine lauge Lehrzeit im Ministerium der auswärtige» Angelegenheiten hinter fick, als er da»» Minister wurde. Fast Ietcri»«»» kennt ihn persönlich. Mit Intelli genz verbindet or Freunblichkeit und ungewöhnliche» Tack. Deutsches Reich. Q Berlin. 22. Januar. Die drei Stcurrvorlagen im Reich haben jetzt die erste Lesung diirchgciiiachl und sind sämmllich i» die große Mililaircoiiiiiiisslou verwiese» worden. Diese Commissi»» ist au sich nicht für Steuers,agcn, zumal sür die technische» Einzelheiten, zugeschnitle»; sie wirb sich auch, falls eS wirklich zur eingehende» Bcraihung dieser Vor lagen kommen sollte, voraussichtlich wesentlich ander« zusaiiimc»- sctzc». Vorläufig soll sic die Frage entscheiden, ob und in welchem klmsang »c»e Steuern neibwcndig sind, d. b das Schicksal de« MilitairgesctzcS muß sich vorher übersehe» lassen. E« kann sein, daß neue Einnabiiicu überhaupt ent bcbrlick, daß sie nur i» beschränktem Umfang »olbwendig werben Sehr viel wird in letzterem Fall allerdings nicht abzumindern sein. Und wenn wir eben »euer liuzeii als mir; denn gegen mich ist sie von einer merk würdige» Zurückhaltung. WaS ich über die Begebnisse der letzten Tage weiß, habe ich nur a»S dem Munde Margot'«," Auch die Unterhaltung des Eoiiinicrzienrath« und de« BarvnS Spcrner behandelte dasselbe Thema, ElSbeth sei verändert, klagte der Comiuerzienratb. „Sie war imiiicr »ervöö und reizbar und von Kindheit au niiißtc» wir sic von jeder heftigen Erregung jern halten — Und »un diese Erschütterung ibres jungen Gemülhs, „Sie wird sich allniälig davon erbolen", tröstete Sperner. „Mehr Sorge niacbt mir jener Heralk. Eie Kälten ihm dock nicht so obne Weiteres die Thür weise» sollen, Welsen könne» wir uns »icbt Alle- vo» diesem Menschen versehen? Weiß er dock am besten, wie er un« treffen kann. Er kam, uni sein Schweigen an unö zu verlausen, und vcr sicherte sich vorher der Märchen, um de» Kaufpreis recht hockzuschrauben. Und nun Alle« erfolglos," „Sie haben reckt", sagte der Conimerzienralh, „und ich habe mir schon selbst den Vorwurf gemrcht, übereilt gehan delt zu haben. Aber ker Mensch reizte mich Lurch die Rübe, mit der er seine Schurkerei auSzusühre» suchte In dessen ich denkr, er wird sich finden lasse», und jetzt, da er. wie Sie richtig sagen, die Kinder nickt mehr hinter fick bat, seine geradezu unverschämten Forderungen etwa« mäßigen." .Möglich — wenn ihn nicht dir Bosheit schon vorher dazu treibt, >i»S irgend einen Streich zu spielen." „Sie sehe» »u schwarz, lieber Sperner. — Glauben Sie mir, der Mensch pscist auf dem letzten Loch und in solcher Lage ist man nickt unvernünstig, sondern überlegt weiSlich, ehe man dir letzte Karte au»sp>elt. — Welche Teufelei steckt aber nur wieder hinter der Unsichtbarkeit unseres genialen Paul! Denn das da etwa« dahinter steckt, dessen bin ich sicher. So machte er cö vo» Kindheit an. Hatte er etwa» aus dem Gewissen, dann ließ er sich bei keinem von unö scheu, bi» ihm taS Feuer auf de» Nägeln brannte, »nd er am liebsten schriftlich, was natürlich leichter ist, sein Geständniß ablegte und unsere Hilsc anries. Ick wette darauf, ich finde auch heule noch z» Hause irgend eine HiobSpcst von ibm vor." Der Commerzienrath batte recht vcriiiuthct. I» der Tbat fand er aus seinem Arbeitstische eine» Brief von Paul liegen. Derselbe enthielt indessen keine Beichte irgend eines Ver geben«, keine Bitte um die Bezahlung irgend einer coutrahirten Schult, sondern nur einige kurze istbschietsworke, — Er habe leiber, ohne sich über das Schicksal ker Schwestern ver gewissern z» könne», eine nolbwendige Reise antreten müsse». Er hoffe, dieselben würden schon wieder, trenn der Onkel diese Zeilen erhielte, woklbebalten i» scinciii Hause weilen, Dock, bäte er aus alle Fälle »m eine Nachricht »ach Zürich, postlagernd. „Er ist und bleibt dock ein leichtsinniger Junge!" rief der Eomiiierzieiirath. den Brief mit einer unwilligen Be wegung seiner Gattin hinreichend, „der an nichts denkt »nd den ii» Grunde »icki« intereffirl als seine eigene Person. Wenn Eine« der Kinder, so hat er die Erbschaft von der Mutter rnipsangen," „O. ich bitte Dich, Karl, sprich nickt von der unseligrn Erbschaft. Laß ihn macken, was er will, den auöbiindigen Menschen. Wir haben genug zu tbun. unsere Elsbelb wieder in Schick zu bringen und sie da» böse Erlcdniß der letzten Tage vergessen zu machen." (Fortsetzung folgt.)
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